Rügeobliegenheit

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Der Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens ist nach GWB § 160 Abs. 3 unzulässig, soweit

  1. der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach GWB § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
  2. Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
  3. Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
  4. mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.

Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

Nachprüfungsverfahren

Unternehmen haben nach GWB § 97 Abs. 6 im Oberschwellenbereich Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden. Die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Vergabe von Konzessionen nehmen nach GWB § 156 Abs. 1 die Vergabekammern des Bundes für die dem Bund zuzurechnenden öffentlichen Aufträge und Konzessionen, die Vergabekammern der Länder für die diesen zuzurechnenden öffentlichen Aufträge und Konzessionen wahr.

Gegen Entscheidungen der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie steht den am Verfahren vor der Vergabekammer Beteiligten zu. (GWB § 171 Abs. 1) Die sofortige Beschwerde ist auch zulässig, wenn die Vergabekammer über einen Antrag auf Nachprüfung nicht innerhalb der Frist des GWB § 167 Absatz 1 entschieden hat; in diesem Fall gilt der Antrag als abgelehnt. (GWB § 171 Abs. 2)

Über die sofortige Beschwerde entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Vergabekammer zuständige Oberlandesgericht. Bei den Oberlandesgerichten wird ein Vergabesenat gebildet. (GWB § 171 Abs. 3)

Das Nachprüfungsverfahren ist als Verwaltungsverfahren im Sinne des VwVfG § 9 zu beurteilen<ref>vgll auch GWB § 168 Abs. 3 S. 1: Die Entscheidung der Vergabekammer ergeht durch Verwaltungsakt.</ref>

Normen

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

  • GWB § 127 Abs. 5: Die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung müssen in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufgeführt werden.
  • GWB § 160 Einleitung, Antrag

Vergabeverordnung (VgV)

Rechtsprechung

  • VK Nordbayern, Beschluss vom 27.01.2021 - RMF-SG21-3194-5-50
    • "1. Lediglich für möglich gehaltene oder vermutete Rechtsverstöße lösen keine Rügeobliegenheit aus. In der Regel ist ein Bieter, der einen Vergaberechtsverstoß vermutet, auch nicht gehalten, seine in rechtlicher Hinsicht ungenügenden Kenntnisse zu vervollständigen und dazu rechtlichen Rat einzuholen. Die Erkennbarkeit ist auf die einen Rechtsverstoß begründenden Tatsachen und auf deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstoß zu beziehen.
    • 2. Es ist vergaberechtlich nicht zulässig, die auf der Grundlage der ursprünglich veröffentlichten Wertungskriterien ausgewählten Bieter zum Verhandlungsgespräch einzuladen, anschließend diese Zuschlagskriterien áuszutauschen und auf dieser Basis den Zuschlagsdestinär zu bestimmen, zumal wenn die Begrenzung der Bieter nach Abgabe der Erstangebote nicht in den Vergabeunterlagen festgelegt wurde. Der öffentliche Auftraggeber muss alle Zuschlagskriterien und deren Gewichtung vorab angeben. Die Zuschlagskriterien wie auch ihre Gewichtung müssen bereits in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen enthalten sein. Nur so wird die Objektivität der Vergabeentscheidung und ihre Nachprüfbarkeit gewährleistet.
    • 3. Die Erwartungshaltung des öffentlichen Auftraggebers an die eingehenden Angebote ist so zu konkretisieren, dass die Bieter vorhersehen können, worauf es dem öffentlichen Auftraggeber bei den Angeboten ankommt. Nur so können die Bieter die Zielstellung und die Wünsche des öffentlichen Auftraggebers bei der Angebotserstellung berücksichtigen und ihre Angebote "zuschlagsfähig" gestalten."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>

Siehe auch

Fußnoten

<references/>