Funktionaler öffentlicher Auftraggeber

Aus Kommunalwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Öffentliche Auftraggeber sind nach GWB § 99 Nr. 2 auch andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen<ref>z.B. Kliniken oder Entsogungsuntnerehmen als GmbH mit kommunalem Träger</ref>, sofern
a) sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b) ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c) mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,

3. Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,

4. natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für

von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

Im Allgemeininteresse liegende Aufgaben

nichtgewerblicher Art

Aufträge, die von öffentlichen Auftraggebern subventioniert werden

Die Bestimmungen der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (Vergaberichtlinie) finden nach deren Artikel 13 (Aufträge, die von öffentlichen Auftraggebern subventioniert werden) auf die Vergabe folgender Aufträge Anwendung:

a) Bauaufträge, die zu mehr als 50 % von öffentlichen Auftraggebern direkt subventioniert werden und deren geschätzter Wert ohne MwSt. mindestens 5 186 000 EUR beträgt, sofern diese Aufträge eine der folgenden Tätigkeiten umfassen:

i) Tiefbauarbeiten gemäß der Auflistung in Anhang II,

ii) Bauleistungen für die Errichtung von

b) Dienstleistungsaufträge, die zu mehr als 50 % von öffentlichen Auftraggebern direkt subventioniert werden und deren geschätzter Wert ohne MwSt. mindestens 207 000 EUR beträgt, wenn diese Aufträge mit einem Bauauftrag gemäß Buchstabe a verbunden sind.

Die öffentlichen Auftraggeber, die die in Unterabsatz 1 Buchstaben a und b genannten Subventionen gewähren, stellen die Einhaltung dieser Richtlinie sicher, wenn der subventionierte Auftrag nicht von ihnen selbst oder von ihnen im Namen und für Rechnung anderer Stellen vergeben wird.

Die Regelung wurde in GWB § 99 Nr. 4 umgesetzt.

Rechtsprechung

  • OLG München, Beschluss vom 10.11.2010 - Verg 19/10 = NZBau 2011, 253: "Die Antragsgegnerin ist aber öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 5 GWB<ref>jetzt GWB § 99 Nr. 4</ref>. Nach § 98 Nr. 5 GWB sind öffentliche Auftraggeber juristische Personen des privaten Rechts u.a. in den Fällen, in denen sie für ... die Errichtung von Hochschulgebäuden .. von Stellen, die unter Nr. 1 bis 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 vom Hundert finanziert werden. Sinn des § 98 Nr. 5 GWB ist es, sogenannte Drittvergaben dem Vergaberecht zu unterstellen, da es keinen Unterschied machen kann, ob staatliche Stellen Aufträge selbst aus ihren eigenen Mitteln vergeben oder ob sie diese Mittel als Subventionen an Dritte weitergeben, die damit Aufträge vergeben (Dreher in Dreher/Stockmann Kartellvergaberecht 4. Aufl. § 98 Rn. 193; Weyand Vergaberecht 2. Aufl. § 98 GWB Rn. 934). Die Antragsgegnerin ist eine juristische Person des privaten Rechts und erhält für das ausgeschriebene Projekt Mittel vom Freistaat Bayern, einer Gebietskörperschaft im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB.
b) Gegenstand der Ausschreibung ist ein Hochschulgebäude. Die Aufzählung der Baumaßnahmen in § 98 Nr. 5 GWB ist abschließend<ref>(BayObLG vom 29.10.2004 - Verg 22/04; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz GWB-Vergaberecht 2. Aufl. § 98 Rn. 342; Zeiss in jurisPK-VergR 2. Aufl. § 98 GWB Rn. 170)</ref>. Der Gesetzgeber wollte bei Drittvergaben nicht alle zu mehr als 50% von der öffentlichen Hand finanzierten Bauvorhaben dem Vergaberecht unterstellen, sonst hätte er dies ohne weiteres in § 98 Nr. 5 GWB so formulieren können. Doch hat im Interesse einer wettbewerbskonformen und den Gleichbehandlungsgrundsatz beachtenden Vergabe die Auslegung der verwendeten Begriffe nicht zu eng zu erfolgen<ref>(Weyand aaO Rn. 937)</ref>; erfasst werden deshalb auch alle diejenigen Bauwerke, welche in untrennbarem oder engem Zusammenhang mit den aufgezählten Bauwerken stehen, soweit sie auch Teil der staatlichen Daseinsvorsorge auf dem Gebiet der in § 98 Nr. 5 GWB aufgezählten Bauwerke sind.
Nach diesen Grundsätzen sind unter die Hochschulgebäude auch die Studentenwohnheime zu rechnen<ref>(Eschenbruch aaO § 98 Rn. 345; Zeiss aaO § 98 Rn. 180; Marx in Motzke/Pietzcker/Prieß GWB § 98 Rn. 2)</ref>. Sie hängen eng mit dem Hochschulbetrieb zusammen, da sie es einkommensschwachen Studenten bzw. deren Eltern erlauben, ein Hochschulstudium unter annehmbaren Bedingungen zu finanzieren. Dieser Bereich liegt im Aufgabenbereich des Staates, der ein Interesse daran hat, einem möglichst breiten Spektrum der Bevölkerung ein Studium zu ermöglichen, um die Bildungsreserven auszuschöpfen. Dies zeigt im konkreten Fall auch die 45-järige Zweckbindung der Fördermittel, welche eine Vermietung des zu errichtenden Wohnheims an andere bedürftige Personen faktisch verhindern. Studentenwohnheime dienen daher in erster Linie der Förderung des Studiums, so wie Sportlerwohnheime der Ermöglichung des Hochleistungssports und Altenwohnheime der Ermöglichung eines finanzierbaren Wohnens im Alter dienen, auch wenn alles unter den Oberbegriff sozialer Wohnungsbau gezogen werden kann. Entscheidend ist die Zweckbestimmung des Wohnungsbaus und nicht die Tatsache der Errichtung von Wohnraum als solchem."<ref>Abs. 41 ff.</ref>

Fußnoten

<references/>