Rechtsdienstleistungen
Vergabe von Rechtsdienstleistungen
Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist nach GWB § 116 Abs. 1 Nr. 1<ref>vgl. Richtlinie 2014/24/EU Artikel 10 lit.d</ref> nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, wenn diese Aufträge Folgendes zum Gegenstand haben:
- 1. Rechtsdienstleistungen, die eine der folgenden Tätigkeiten betreffen:
- a) Vertretung eines Mandanten durch einen Rechtsanwalt in
- aa) Gerichts- oder Verwaltungsverfahren vor nationalen oder internationalen Gerichten, Behörden oder Einrichtungen,
- bb) nationalen oder internationalen Schiedsgerichts- oder Schlichtungsverfahren,
- b) Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt, sofern diese zur Vorbereitung eines Verfahrens im Sinne von Buchstabe a dient oder wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen und eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Angelegenheit, auf die sich die Rechtsberatung bezieht, Gegenstand eines solchen Verfahrens werden wird,
- c) Beglaubigungen und Beurkundungen, sofern sie von Notaren vorzunehmen sind,
- d) Tätigkeiten von gerichtlich bestellten Betreuern, Vormündern, Pflegern, Verfahrensbeiständen, Sachverständigen oder Verwaltern oder sonstige Rechtsdienstleistungen, deren Erbringer durch ein Gericht dafür bestellt oder durch Gesetz dazu bestimmt werden, um bestimmte Aufgaben unter der Aufsicht dieser Gerichte wahrzunehmen, oder
- e) Tätigkeiten, die zumindest teilweise mit der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen verbunden sind.
- a) Vertretung eines Mandanten durch einen Rechtsanwalt in
Für diese Ausnahmen gilt allgemeines Haushaltsrecht, z.B. BHO § 55<ref>Angela Dageförde, Holger Thärichen, et al., Handbuch für den Fachanwalt für Vergaberecht (Schriftenreihe des forum vergabe), Bundesanzeiger Verlag, 3. Januar 2019, ISBN 9783846206836, Seite 204</ref>. Dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen muss etwa nach BHO § 55 Abs. 1 Satz 1 eine Öffentliche Ausschreibung oder eine Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände werden hier aber regelmäßig angenommen, so dass diese Rechtsdienstleistungen im Ergebnis unabhängig vom Auftragswert "freihändig"<ref>Angela Dageförde, Holger Thärichen, et al., Handbuch für den Fachanwalt für Vergaberecht (Schriftenreihe des forum vergabe), Bundesanzeiger Verlag, 3. Januar 2019, ISBN 9783846206836, Seite 204</ref> vergeben werden können<ref>Angela Dageförde, Holger Thärichen, et al., Handbuch für den Fachanwalt für Vergaberecht (Schriftenreihe des forum vergabe), Bundesanzeiger Verlag, 3. Januar 2019, ISBN 9783846206836, Seite 204</ref>.
Handelt es sich um besondere Dienstleistungen im Sinne von Richtlinie 2014/24/EU Anhang XIV bzw. Richtlinie 2014/24/EU Artikel 74<ref>vgl. auch GWB § 130 Abs. 1 Vergabe von öffentlichen Aufträgen über soziale und andere besondere Dienstleistungen, VgV § 64 Vergabe von Aufträgen für soziale und andere besondere Dienstleistungen</ref>, ist gemäß GWB § 106 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Richtlinie 2014/24/EU Artikel 4 lit. d der Schwellenwert von 750.000 Euro maßgeblich<ref>vgl. die in Anhang XIV genannten CPV-Codes 79110000-8 bzw. 79111000-5 und 79112000-2, vgl. Verordnung (EG) Nr. 213/2008)</ref>. Dies betrifft z.B. vergabe-und vertragsrechtliche Beratungsleistungen für ein bestimmtes Bauvorhaben<ref>VK Bund, Beschluss vom 01.06.2017 - VK 1-47/17)</ref>.
Im Unterschwellenbereich richtet sich die Vergabe dieser Dienstleistungen grundsätzlich nach der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO)<ref>Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer-und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte</ref><ref>vgl. Angela Dageförde, Holger Thärichen, et al., Handbuch für den Fachanwalt für Vergaberecht (Schriftenreihe des forum vergabe), Bundesanzeiger Verlag, 3. Januar 2019, ISBN 9783846206836, Seite 205</ref>. Die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO)<ref>Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer-und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte</ref> ist jedoch nach UVgO § 1 Abs. 2 ungeachtet des Erreichens des jeweiligen Schwellenwerts gemäß GWB § 106 nicht auf Sachverhalte anzuwenden, für die das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in den §§ 107, 108, 109, 116, 117 oder 145 Ausnahmen von der Anwendbarkeit des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorsieht. Zu beachten ist an dieser Stelle wiederum GWB § 116 Abs. 1, so dass die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO)<ref>Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer-und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte</ref> auf die dort genannten Ausnahmen ebenfalls nicht anwendbar ist. Im Unterschwellenbereich gilt für die nicht von GWB § 116 Abs. 1 erfassten Fälle die Sonderregelung zur Vergabe von freiberuflichen Leistungen des UVgO § 50. Öffentliche Aufträge über Leistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen angeboten werden, sind danach gemäß UVgO § 50 Satz 1 grundsätzlich im Wettbewerb zu vergeben. Dabei ist so viel Wettbewerb zu schaffen, wie dies nach der Natur des Geschäfts oder nach den besonderen Umständen möglich ist (UVgO § 50 Satz 2). Gerade im Bereich der Rechtsdienstleistungen werden jedoch "besondere Umstände" anerkannt, die eine Vergabe im Wettbewerb einschränken<ref>Angela Dageförde, Holger Thärichen, et al., Handbuch für den Fachanwalt für Vergaberecht (Schriftenreihe des forum vergabe), Bundesanzeiger Verlag, 3. Januar 2019, ISBN 9783846206836, Seite 205</ref>. Wenn die Leistung nach Art und Umfang, insbesondere ihre technischen Anforderungen, vor der Vergabe nicht so eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann, dass hinreichend vergleichbare Angebote erwartet werden können, kann der Auftraggeber Aufträge im Wege der Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb vergeben (UVgO § 8 Abs. 4 Nr. 3) Letztlich führt dies dazu, dass Rechtsdienstleistungen auch im Unterschwellenbereich grundsätzlich "freihändig"<ref>Angela Dageförde, Holger Thärichen, et al., Handbuch für den Fachanwalt für Vergaberecht (Schriftenreihe des forum vergabe), Bundesanzeiger Verlag, 3. Januar 2019, ISBN 9783846206836, Seite 206</ref> vergeben werden können<ref>Angela Dageförde, Holger Thärichen, et al., Handbuch für den Fachanwalt für Vergaberecht (Schriftenreihe des forum vergabe), Bundesanzeiger Verlag, 3. Januar 2019, ISBN 9783846206836, Seite 206</ref>.
Ein Bieterrechtsschutz außerhalb des GWB Teil 4 - Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen (§§ 97 - 184) existiert faktisch nicht.
Siehe auch
Fußnoten
<references/>