Allgemeiner Gleichheitssatz
Ausprägungen
Rechtsanwendungsgleichheit
Rechtsetzungsgleichheit
Beispiele aus der Rechtsprechung
Steuerrecht
"Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, daß die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Die Besteuerungsgleichheit hat mithin als ihre Komponenten die Gleichheit der normativen Steuerpflicht ebenso wie die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung. Daraus folgt, daß das materielle Steuergesetz in ein normatives Umfeld eingebettet sein muß, welches die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet. Hängt die Festsetzung einer Steuer von der Erklärung des Steuerschuldners ab, werden erhöhte Anforderungen an die Steuerehrlichkeit des Steuerpflichtigen gestellt. Der Gesetzgeber muß die Steuerehrlichkeit deshalb durch hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abstützen. Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip. Gesamtwirtschaftliche Gründe können einen Verzicht des Gesetzgebers auf eine hinreichende Kontrolle der im Veranlagungsverfahren abgegebenen Erklärungen des Steuerpflichtigen verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen. Wirkt sich eine Erhebungsregelung gegenüber einem Besteuerungstatbestand in der Weise strukturell gegenläufig aus, daß der Besteuerungsanspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann, und liegen die Voraussetzungen dafür vor, daß dieses Ergebnis dem Gesetzgeber zuzurechnen ist, so führt die dadurch bewirkte Gleichheitswidrigkeit zur Verfassungswidrigkeit auch der materiellen Steuernorm."<ref>BVerfG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89 Amtliche Leitsätze 1 bis 4</ref>
Normen
Deutschland
Grundgesetz (GG)
Verfassung des Freistaates Bayern (BV)
- BV Art. 118 Abs. 1
Frankreich
- Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August 1789 Art. 1: Die Menschen sind und bleiben von Geburt frei und gleich an Rechten. Soziale Unterschiede dürfen nur im gemeinen Nutzen begründet sein. (heute noch gültiges Verfassungsrecht Frankreichs)
Rechtsprechung
- BVerfG, Beschluss vom 19.06.2012 - 2 BvR 1397/09 = BVerfGE 131, 239 - Lebenspartnerschaft von Beamten
- BVerfG, Beschluss vom 21.06.2011 - 1 BvR 2035/07 = BVerfGE 129, 49 - Mediziner-BAföG
- BVerfG, Urteil vom 02.03.1999 - 1 BvL 2/91 = BVerfGE 99, 367 - Montan-Mitbestimmung
- BVerfG, Beschluss vom 24.01.1995 - 1 BvL 18/93; 1 BvL 5/94; 1 BvL 6/94; 1 BvL 7/94; 1 BvR 403/94; 1 BvR 569/94 = BVerfGE 92, 91 - Feuerwehrabgabe
- BVerfG, Beschluss vom 26.01.1993 - 1 BvL 38/92; 1 BvL 40/92; 1 BvL 43/92 = BVerfGE 88, 87 - Transsexuelle II
- BVerfG, Urteil vom 28.01.1992 - 1 BvR 1025/82; 1 BvL 16/83; 1 BvL 10/91 = BVerfGE 85, 191 - Nachtarbeitsverbot
- BVerfG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89 = BVerfGE 84, 239 - Kapitalertragssteuer
- BVerfG, Beschluss vom 30.05.1990 - 1 BvL 2/83; 1 BvL 9/84; 1 BvL 10/84; 1 BvL 3/85; 1 BvR 764/86; u.a. = BVerfGE 82, 126 - Kündigungsfristen für Arbeiter
- BVerfG, Beschluss vom 12.03.1986 - 1 BvL 81/79: "Bei der Erfüllung des ihm in Art. 14 GG I 2 GG erteilten Auftrags, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, muß der Gesetzgeber beiden Elementen des im Grundgesetz angelegten Verhältnisses von verfassungsrechtlich garantierter Rechtsstellung und dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung in gleicher Weise Rechnung tragen; er muß die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung steht mit den verfassungsrechtlichen Vorstellungen eines sozialgebundenen Privateigentums nicht in Einklang. Dem entspricht die Bindung des Gesetzgebers an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Wohl der Allgemeinheit ist nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die dem Eigentümer aufzuerlegenden Beschränkungen. Um vor der Verfassung Bestand zu haben, müssen sie vom geregelten Sachbereich her geboten und auch in ihrer Ausgestaltung sachgerecht sein. Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse dürfen nicht weiter gehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient. In jedem Fall fordert die verfassungsrechtliche Gewährleistung die Erhaltung der Substanz des Eigentums und die Beachtung des Gleichheitsgebots des Art. 3 I GG<ref>BVerfGE 52, 1, (29 f.) = NJW 1980, 985 m. w. Nachw.</ref>."<ref>BVerfG, Beschluss vom 12.03.1986 - 1 BvL 81/79</ref>
- BVerfG, Urteil vom 08.04.1987 - 1 BvL 8/84; 1 BvL 16/84 = BVerfGE 75, 40 - Privatschulfinanzierung I
- BVerfG, Beschluss vom 07.10.1980 - 1 BvL 50, 89/79, 1 BvR 240/79 = BVerfGE 55, 72 - Präklusion im Zivilprozess: "Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, daß in zivilrechtlichen Streitigkeiten Angriffsmittel und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, im Berufungsverfahren ausgeschlossen werden (§ 528 Abs. 3 ZPO). "<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
- BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70; 1 BvL 25/71 = BVerfGE 33, 303 - Numerus clausus I
- BVerfG, Beschluss vom 24.04.1953 - 1 BvR 102/51 = BVerfGE 2, 237 - Hypothekensicherungsgesetz
- BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 = BVerfGE 1, 14 - Südweststaat
Publikationen
Lehrbücher
- Volker Epping, Grundrechte (eBook), Springer Verlag Berlin, 6. Aufl. 2015, ISBN 9783642546587 Pos. 11396
Fachaufsätze
- Marion Albers, Gleichheit und Verhältnismäßigkeit, JuS 2008, 965
- Arno Scherzberg, Matthias Mayer, Die Prüfung des Gleichheitssatzes in der Verfassungsbeschwerde, JA 2004, 137-140
Zitate
- "Lasst uns immer für die Freiheit, für den Frieden, für soziale Gerechtigkeit kämpfen. Freiheit ohne soziale Gerechtigkeit ist nichts als eine brüchige Errungenschaft, die für viele nur in die Freiheit, vor Hunger zu sterben, führt." (Sandro Pertini, Rede zum Jahreswechsel, 31. Dezember 1983)
Links
Siehe auch
Fußnoten
<references/>