Nichtigkeit
Arten
Nichtigkeit von Gesetzen
Z.B. Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen das Zitiergebot (Ausnahmen beachten).
Nichtigkeit einer Satzung
Die Nichtigkeit von Satzungen kann nur durch die Verwaltungsgerichte festgestellt werden. Der Verwaltung (auch der Rechtsaufsichtsbehörde) steht keine Normverwerfungskompetenz zu.<ref>Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 13. Aufl. 2014, Vahlen, ISBN 9783800647446, Rdnr. 1216</ref> Die Rechtsaufsichtsbehörde kann aber ggf. ein Normaufhebungsverfahren betreiben.<ref>Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 13. Aufl. 2014, Vahlen, ISBN 9783800647446, Rdnr. 1216</ref>
Die Verwaltungsgerichte können auch nur einzelne Bestimmungen für unwirksam erklären, wenn diese im Vergleich zum Gesamtinhalt der Satzung von nur untergeordneter Bedeutung sind, anzunehmen ist, dass die Satzung auch ohne diese jetzt beanstandeten Normen erlassen worden wäre und die Restregelung ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt<ref>(zu diesem Maßstab Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 47 Rn. 93)</ref>.<ref>BayVGH, Urteil vom 03.11.2014 - 4 N 12.2074 für ein Betretungsrecht ohne ausreichende Ermächtigungsgrundlage in einer kommunalen Entwässerungssatzung</ref>
Nichtigkeit eines Gemeinderatsbeschlusses
Ein rechtswidriger Gemeinderatsbeschluss ist grundsätzlich nichtig mit folgenden Ausnahmen:
- ein Verstoß gegen die Geschäftsordnung bleibt folgenlos, wenn nicht zugleich gegen Vorschriften der Gemeindeordnung oder eine andere gesetzliche Regelung verstoßen wurde
- Die Mitwirkung eines wegen persönlicher Beteiligung ausgeschlossenen Mitglieds hat die Ungültigkeit des Beschlusses nur zur Folge, wenn sie für das Abstimmungsergebnis entscheidend war, GO Art. 49 Abs. 4
- sontige gesetzliche Regelungen, die ausnahmsweise zur Wirksamkeit führen, z.B.
Nichtigkeit des Verwaltungsakts
Ein nichtiger Verwaltungsakt ist nach BayVwVfG Art. 43 Abs. 3 unwirksam.
Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (BayVwVfG Art. 44 Abs. 1).
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
1. der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen läßt,
2. der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt,
3. den eine Behörde in bezug auf unbewegliches Vermögen außerhalb ihres Bezirks oder in bezug auf ein Recht oder Rechtsverhältnis, das an einen Ort außerhalb ihres Bezirks gebunden ist, erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein,
4. den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann,
5. der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
6. der gegen die guten Sitten verstößt. (BayVwVfG Art. 44 Abs. 2)
Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
1. Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt,
2. eine nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3. ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuß den für den Erlaß des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluß nicht gefaßt hat oder nicht beschlußfähig war,
4. die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist. (BayVwVfG Art. 44 Abs. 3)
Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, daß die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. (BayVwVfG Art. 44 Abs. 4)
Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat. (BayVwVfG Art. 44 Abs. 5)
Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags
Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nach BayVwVfG Art. 59 Abs. 1 nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt.
Ein Vertrag im Sinn des BayVwVfG Art. 54 Satz 2 ist ferner nichtig, wenn
- ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre,
- ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinn des Art. 46 rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war,
- die Voraussetzungen zum Abschluß eines Vergleichsvertrags nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinn des Art. 46 rechtswidrig wäre,
- sich die Behörde eine nach BayVwVfG Art. 56 unzulässige Gegenleistung versprechen läßt. (BayVwVfG Art. 59 Abs. 2)
Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrags, so ist er im ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, daß er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre (BayVwVfG Art. 59 Abs. 3).
Nichtigkeit von Verträgen
Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit "sind ... als rechtliche Steuerungsnormen dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den gemeindlichen Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum dahin gehend zu bilden, solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlechthin unvereinbar sind<ref>OVG Rheinland-Pfalz DVBl. 1980, 767, 768; vgl. auch BVerwGE 59, 249, 252 f.; OVG Münster ZMR 1981, 224; OVG NRW DÖV 1991, 611 f.</ref>. Den darin enthaltenen Grundsatz, daß der Staat nichts "verschenken" darf<ref>BGHZ 47, 30, 39 f. m.w.N.</ref>, müssen alle staatlichen und kommunalen Stellen beachten, unabhängig davon, auf welcher Grundlage sie tätig werden. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz führt zur Nichtigkeit von Verträgen, die eine Zuwendung an Private ohne Gegenleistung zum Gegenstand haben und unter keinem Gesichtspunkt als durch die Verfolgung legitimer öffentlicher Aufgaben im Rahmen einer an den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit orientierten Verwaltung gerechtfertigt angesehen werden können<ref>BGH Urt. v. 17. September 2004 - V ZR 339/03 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt</ref>. Strafrechtlich gilt insoweit kein anderer Maßstab<ref>vgl. BGH NJW 1999, 1489, 1490</ref>. Eine strafrechtlich relevante pflichtwidrige Schädigung der zu betreuenden Haushaltsmittel kommt insbesondere in Betracht, wenn ohne entsprechende Gegenleistung Zahlungen erfolgen, auf die im Rahmen vertraglich geregelter Rechtsverhältnisse ersichtlich kein Anspruch bestand<ref>vgl. BGH NStZ-RR 2002, 237 f.</ref>."<ref>Quelle: BGH, Urteil vom 09.12.2004 - 4 StR 294/04</ref>
Nichtigkeit eines Beschlusses der Mitgliederversammlung eines Vereins
Ladungsmängel bei der Einberufung der Mitgliederversammlung können zur Nichtigkeit eines Beschlusses der Mitgliederversammlung führen. Dies kann der Fall sein bei Nichtladung von Mitgliedern eines Vereins zur Mitgliederversammlung, oder wenn
- durch ein unzuständiges Organ<ref>BayObLG, Beschluss vom 13.07.1989 - BReg. 3 Z 85/89 = BayObLGZ 1989, 298 zum Notvorstand; BGH, Urteil vom 26.10.1955 - VI ZR 90/54 = BGHZ 18, 334 zur Genossenschaft, BGH, Urteil vom 07.02.1983 - II ZR 14/82 = BGHZ 87,1, NJW 1983, 1677 zur Befugnis zum Einberufen der Gesellschafterversammlung einer GmbH
</ref>,
- zur Unzeit<ref>vgl. BGH, Urteil vom 13.02.2006 - II ZR 200/04 = NJW-RR 2006, 831</ref>,
- an einem unzumutbaren Ort,
- ohne ordnungsgemäße Mitteilung der Tagesordnung<ref>"Ist der Gegenstand der Beschlussfassung nicht oder so ungenau bestimmt, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung und eine Entscheidung, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen, nicht möglich ist, so sind die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB nichtig."(Sen. Urt. v. 17. November 1986 – II ZR 304/85, NJW 1987, 1811 f.; Waldner in Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein 18. Aufl. Rdn. 213; Soergel/Hadding, BGB 13. Aufl. § 32 Rdn. 15)</ref><ref>BGH, Urteil vom 02.07.2007 - II ZR 111/05 = NJW 2008, 69 Abs. 73</ref>,
- ohne ordnungsgemäßen Vorstandsbeschluss oder
- als unzulässige Eventualeinberufung<ref>BayObLG, Beschluss vom 18.09.2002 - 3Z BR 148/02 = NJW-RR 2002, 1612</ref>
geladen wird. Weitere Nichtigkeitsgründe<ref>vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 32 Rn. 9</ref> können sein:
- Teilnahme von Nichtmitgliedern an der Beschlussfassung der Mitgliederversammlung<ref>BGH, Urteil vom 18.12.1967 - II ZR 211/65 = BGHZ 49, 209, NJW 1968, 543</ref>
- Unbefugte Leitung der Mitgliederversammlung<ref>KG, Urteil vom 30.10.1987 - 13 U 1111/87 = NJW 1988, 3159</ref>
- Satzungswidrige Blockwahl des Vorstands<ref>OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26.06.2013 - 3 W 41/13 = FGPrax 2013, 276, Rpfleger 2014, 209</ref>.
Ein Beschluss ist ferner dann nichtig, wenn er
- gegen die guten Sitten
- gegen ein gesetzliches Verbot oder
- gegen die Vereinssatzung verstößt.
"Mängel von Vereinsbeschlüssen sind mit Hilfe der allgemeinen Feststellungsklage zu verfolgen."<ref>BGH, Urteil vom 02.07.2007 - II ZR 111/05 = NJW 2008, 69 Abs. 70</ref>
Rechtsprechung
Publikationen
- Dr. jur. Erich Röper, Nichtigkeit und Teilnichtigkeit kommunaler Beschlüsse und Normen, NVwZ 1982, 298
Fußnoten
<references />