Öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 25: | Zeile 25: | ||
===Oberlandesgerichte=== | ===Oberlandesgerichte=== | ||
− | * {{OLG München Verg 17/13}}: "1. Ein Verband in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins nach dem BGB kann öffentlicher Auftraggeber im Sinne des | + | * {{OLG München Verg 17/13}}: "1. Ein Verband in der Rechtsform eines [[eingetragener Verein|eingetragenen Vereins]] nach dem BGB kann [[öffentlicher Auftraggeber]] im Sinne des {{GWB 98}} Nr. 3 sein, wenn sich [[Gebietskörperschaft|Gebietskörperschaften]] nach {{GWB 98}} Nr. 1 seiner mit dem Zweck der Deckung eines gemeinsamen Beschaffungsbedarfs bedienen. 2. Im Rahmen einer Rüge gemäß {{GWB 107}} Abs. 3 kann auch von einem anwaltlich vertretenen Bieter nicht verlangt werden, bereits im Rügeschreiben alle denkbaren juristischen Aspekte aufzuzeigen, unter denen ein vergaberechtliches Problem gesehen werden kann. 3. Es stellt eine Verletzung des [[Transparenz (Vergabegrundsatz)|Transparenzgrundsatzes]] gemäß {{GWB 97}} Abs. 1 , § 2 EG Abs. 2 VOL/A und des [[Bestimmtheitsgrundsatz|Bestimmtheitsgrundsatzes]] gemäß § 8 EG Abs. 1 VOL/A dar, wenn die [[Vergabestelle]] hinsichtlich der Notwendigkeit des Vorliegens bestimmter Leistungsmerkmale (hier: [[Zertifizierungserfordernis von Digitalfunkgeräten]] nach dem BDBOSG) im [[Leistungsverzeichnis]] auf einen Zeitpunkt abstellt, der nach den Verdingungsunterlagen nicht eindeutig bestimmbar und einer einheitlichen Auslegung nicht zugänglich ist."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref> |
===Vergabekammern=== | ===Vergabekammern=== |
Version vom 10. Dezember 2020, 14:43 Uhr
Öffentliche Auftraggeber sind nach GWB § 99
- Gemeinden, z.B. die Stadt Burgkunstadt
- Landkreise, z.B. der Landkreis Lichtenfels
- Bezirke, z.B. der Bezirk Oberfranken
- Bundesländer, z.B. der Freistaat Bayern
- die Bundesrepublik Deutschland
Gebietskörperschaften sind Körperschaften des öffentlichen Rechts.</ref> sowie deren Sondervermögen<ref>Sondervermögen von Gebietskörperschaften sind z.B. deren Eigenbetriebe oder nichtrechtsfähige Stiftungen.</ref>,
- andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen<ref>z.B. Kliniken oder Entsogungsuntnerehmen als GmbH mit kommunalem Träger</ref>, sofern
a) sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b) ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c) mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat, - Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
- natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.
Anwendung des Vergaberechts
Funktionale öffentliche Auftraggeber
Öffentliche Auftraggeber sind nach GWB § 99 Nr. 2 auch andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen<ref>z.B. Kliniken oder Entsogungsuntnerehmen als GmbH mit kommunalem Träger</ref>, sofern
a) sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b) ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c) mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3. Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4. natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für
- Tiefbaumaßnahmen,
- für die Errichtung von Krankenhäusern,
- Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen,
- Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder
- für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe
von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.
Normen
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
Rechtsprechung
Europäischer Gerichtshof (EuGH)
- EuGH, Urteil vom 12.09.2013 - C-526/11: Art. 1 Abs. 9 Unterabs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen, dass eine Einrichtung wie eine berufsständische Körperschaft des öffentlichen Rechts weder das Kriterium der überwiegenden Finanzierung durch die öffentlichen Stellen erfüllt, wenn sich diese Einrichtung überwiegend durch Beiträge ihrer Mitglieder finanziert, zu deren Festsetzung und Erhebung sie durch ein Gesetz ermächtigt wird, das nicht den Umfang und die Modalitäten der Tätigkeiten regelt, die sie im Rahmen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben, die mit diesen Beiträgen finanziert werden sollen, ausübt, noch das Kriterium der Aufsicht öffentlicher Stellen über ihre Leitung allein deshalb erfüllt, weil die Entscheidung, mit der sie die Höhe der Beiträge festsetzt, der Genehmigung durch eine Aufsichtsbehörde bedarf.<ref>Amtlicher Leitsatz</ref> (Ärztekammer)
- EuGH, Urteil vom 11.06.2009 - C-300/07: Art. 1 Abs. 9 Unterabs. 2 Buchst. c erster Fall der Richtlinie 2004/18 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen, dass eine überwiegende Finanzierung durch den Staat vorliegt, wenn die Tätigkeiten der gesetzlichen Krankenkassen hauptsächlich durch Mitgliedsbeiträge finanziert werden, die nach öffentlich-rechtlichen Regeln, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, auferlegt, berechnet und erhoben werden. Derartige Krankenkassen sind für die Anwendung der Vorschriften dieser Richtlinie als Einrichtungen des öffentlichen Rechts und damit als öffentliche Auftraggeber anzusehen.<ref>Amtlicher Leitsatz 1</ref>
- EuGH, Urteil vom 13.12.2007 - C-337/06 - Bayerischer Rundfunk - Öffentlich-rechtlicher Rundfunk als öffentlicher Auftraggeber
Oberlandesgerichte
- OLG München, Beschluss vom 20.03.2014 - Verg 17/13: "1. Ein Verband in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins nach dem BGB kann öffentlicher Auftraggeber im Sinne des GWB § 98 Nr. 3 sein, wenn sich Gebietskörperschaften nach GWB § 98 Nr. 1 seiner mit dem Zweck der Deckung eines gemeinsamen Beschaffungsbedarfs bedienen. 2. Im Rahmen einer Rüge gemäß GWB § 107 Abs. 3 kann auch von einem anwaltlich vertretenen Bieter nicht verlangt werden, bereits im Rügeschreiben alle denkbaren juristischen Aspekte aufzuzeigen, unter denen ein vergaberechtliches Problem gesehen werden kann. 3. Es stellt eine Verletzung des Transparenzgrundsatzes gemäß GWB § 97 Abs. 1 , § 2 EG Abs. 2 VOL/A und des Bestimmtheitsgrundsatzes gemäß § 8 EG Abs. 1 VOL/A dar, wenn die Vergabestelle hinsichtlich der Notwendigkeit des Vorliegens bestimmter Leistungsmerkmale (hier: Zertifizierungserfordernis von Digitalfunkgeräten nach dem BDBOSG) im Leistungsverzeichnis auf einen Zeitpunkt abstellt, der nach den Verdingungsunterlagen nicht eindeutig bestimmbar und einer einheitlichen Auslegung nicht zugänglich ist."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
Vergabekammern
- VK Sachsen, Beschluss vom 12.11.2015 - 1/SVK/033-15: "Es spricht vieles dafür, dass die Industrie- und Handelskammer C. kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des GWB § 98 Nr. 2 ist. Nach den vom EuGH entwickelten Grundsätzen liegt weder eine überwiegende staatliche Finanzierung, noch eine überwiegende staatliche Aufsicht vor."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
Siehe auch
Fußnoten
<references/>