Kategorie:Vergabegrundsatz: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 12. Dezember 2020, 11:21 Uhr
Für den Oberschwellenbereich regelt GWB § 97 folgende Grundsätze der Vergabe:
Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden nach GWB § 97 Abs. 1 Satz 1
- im Wettbewerb und
- im Wege transparenter Verfahren vergeben.
Dabei werden die Grundsätze
- der Wirtschaftlichkeit und
- der Verhältnismäßigkeit
gewahrt (GWB § 97 Abs. 1 Satz 2).
Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind
- gleich zu behandeln<ref>Siehe auch Nichtdiskriminierung</ref>, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet (GWB § 97 Abs. 2).
Bei der Vergabe werden
- Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt (GWB § 97 Abs. 3).
sind nach GWB § 97 Abs. 4 Satz 1 bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.
- Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen (GWB § 97 Abs. 5).
- Unternehmen haben nach (GWB § 97 Abs. 6 Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden<ref>Siehe auch Öffentlichkeit</ref>.
UVgO § 2 und VOB/A § 2 enthalten entsprechende Regelungen für den Unterschwellenbereich.
Wettbewerb
Nach GWB § 97 Abs. 1 Satz 1 werden öffentliche Aufträge und Konzessionen im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben.
Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass das Hauptziel der Gemeinschaftsvorschriften über das öffentliche Auftragswesen die Gewährleistung des freien Dienstleistungsverkehrs und die Öffnung für einen unverfälschten Wettbewerb in allen Mitgliedstaaten ist<ref>(vgl. Urteil vom 11. Januar 2005, Stadt Halle und RPL Lochau, C-26/03, Slg. 2005, I-1, Randnr. 44)</ref>. Dieses doppelte Ziel wird im zweiten, sechsten und zwanzigsten Erwägungsgrund der Richtlinie 92/50 ausdrücklich genannt.<ref>EuGH, Urteil vom 19. 6. 2008 – C-454/06 Rdnr. 31</ref>
Die Praxis der Vergabe eines unbefristeten öffentlichen Dienstleistungsauftrags ist an und für sich der Systematik und den Zielen der Gemeinschaftsvorschriften über öffentliche Dienstleistungsaufträge fremd. Eine solche Praxis kann auf lange Sicht den Wettbewerb zwischen potenziellen Dienstleistungserbringern beeinträchtigen und die Anwendung der Vorschriften der Gemeinschaftsrichtlinien über die Öffentlichkeit der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge verhindern.<ref>EuGH, Urteil vom 19. 6. 2008 – C-454/06 Rdnr. 73</ref>
Transparenz
Öffentliche Auftraggeber beschaffen Waren, Bau- und Dienstleistungen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren (GWB § 97 Abs. 1). Das Vergabegrundsatz der Transparenz in seiner Ausprägung als Gebot der Klarheit der Vergabeunterlagen ist grundsätzlich bieterschützend nach GWB § 97 Abs. 6<ref>Weyand, ibr-online-Kommentar Vergaberecht (Stand: 14.09.2015), Rdnr. 218/1 mit Verweis auf OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.05.2013 - 11 Verg 6/13; OLG München, Beschluss vom 20.03.2014 - Verg 17/13; VK Nordbayern, Beschluss vom 19.02.2014 - 21.VK-3194-58/13</ref>. Das Transparenzgebot soll die Gefahr von Günstlingswirtschaft oder von willkürlichen Entscheidungen des Auftraggebers ausschließen.<ref>EuGH, Urteil vom 02.05.2019 - C-309/18 Rz. 19</ref>
Wirtschaftlichkeit
Die Wirtschaftlichkeit ist Haushalts<ref>GO Art. 61 Abs. 2 Satz 1</ref>- und Vergabegrundsatz<ref>GWB § 97 Abs. 1 Satz 2</ref>.
Die Haushaltswirtschaft ist sparsam und wirtschaftlich zu planen und zu führen (GO Art. 61 Abs. 2 Satz 1).
Der Zuschlag wird nach GWB § 127 Abs. 1 Satz 1 auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Das wirtschaftlichste Angebot bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis (GWB § 127 Abs. 1 Satz 3). Zu dessen Ermittlung können neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigt werden (GWB § 127 Abs. 1 Satz 4).
Verhältnismäßigkeit
Der EuGH weist darauf hin, dass nach dem zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18 die durch sie geschaffenen Koordinierungsbestimmungen nach Maßgabe der Grundsätze des AEU-Vertrags, insbesondere des Grundsatzes des freien Warenverkehrs, des Grundsatzes der Niederlassungsfreiheit und des Grundsatzes der Dienstleistungsfreiheit sowie der davon abgeleiteten Grundsätze wie z. B. des Grundsatzes der Gleichbehandlung, des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung, des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung, des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Grundsatzes der Transparenz, auszulegen sind, denen die Vergabe öffentlicher Aufträge in den Mitgliedstaaten unterliegt.<ref>EuGH, Urteil vom 02.06.2016 - Rs. C-410/14 Rdnr. 34</ref>
Gleichbehandlung
Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind nach GWB § 97 Abs. 2 gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes<ref>Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)</ref> ausdrücklich geboten oder gestattet. Ausnahmen finden sich etwa in GWB § 97 Abs. 4 Satz 1 (Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen.) sowie GWB § 118<ref>Öffentliche Auftraggeber können das Recht zur Teilnahme an Vergabeverfahren Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Unternehmen vorbehalten, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist, oder bestimmen, dass öffentliche Aufträge im Rahmen von Programmen mit geschützten Beschäftigungsverhältnissen durchzuführen sind.</ref>.
Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte
Bei der Vergabe werden gemäß GWB § 97 Abs. 3, UVgO § 2 Abs. 3 Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte berücksichtigt. Entgegen dem Wortlaut ist die Vorschrift nicht zwingend.<ref>Jan Ziekow /Uwe-Carsten Völlink, Vergaberecht, 4., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 2020, Verlag C.H. Beck, München, ISBN 9783406747113 § 97 Rn. 61</ref> Verpflichtende Vorschriften finden sich zum Beispiel bei der Beschaffung energieverbrauchsrelevanter Liefer- oder Dienstleistungen (VgV § 67) oder der Beschaffung von Straßenfahrzeugen (VgV § 68).
Berücksichtigung mittelständischer Interessen
Mittelständische Interessen sind nach GWB § 97 Abs. 4 Satz 1 bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind demzufolge nach GWB § 97 Abs. 4 Satz 2 grundsätzlich in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben.<ref>Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern (GWB § 97 Abs. 4 Satz 3).</ref> KMU haben Anspruch darauf, dass diese Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden (GWB § 97 Abs. 6).
Elektronische Kommunikation (Vergabegrundsatz)
Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich verwenden Auftraggeber und Unternehmen nach GWB § 97 Abs. 5 grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des GWB § 113 erlassenen Verordnungen. Der öffentliche Auftraggeber gibt in der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung eine elektronische Adresse an, unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können (VgV § 41 Abs. 1).
Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden der öffentliche Auftraggeber und die Unternehmen grundsätzlich Geräte und Programme für die elektronische Datenübermittlung (elektronische Mittel) (VgV § 9 Abs. 1).
Für die Beschaffung von Bauleistungen im Unterschwellenbereich gibt der Auftraggeber nach VOB/A § 11 Abs. 1 Satz 1 in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen an, auf welchem Weg die Kommunikation erfolgen soll. Für den Fall der elektronischen Kommunikation gelten VOB/A § 11 Absätze 2 bis 6 sowie VOB/A § 11a. Eine mündliche Kommunikation ist jeweils zulässig, wenn sie nicht die Vergabeunterlagen, die Teilnahmeanträge oder die Angebote betrifft und wenn sie in geeigneter Weise ausreichend dokumentiert wird. (VOB/A § 11 Abs. 1) Vergabeunterlagen sind elektronisch zur Verfügung zu stellen (VOB/A § 11 Abs. 2).
Nach UVgO § 7 Abs. 4 gelten die VgV § 10 bis VgV § 12 der Vergabeverordnung (VgV) für die Anforderungen an die verwendeten elektronischen Mittel und deren Einsatz entsprechend. Für Bauleistungen siehe VOB/A § 11a.
Normen
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
Unterschwellenvergabeordnung (UVgO)<ref>Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer-und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte</ref>
Publikationen
- Ziegler, Wettbewerb ohne Wettbewerb? - Zur Beschaffung in „defekten“ Märkten, ZfBR 2018, 37
- Terwiesche, Ausschluss und Marktzutritt des Newcomers, VergabeR 2009, 26
- Willenbruch, Transparenzgebot, Erfordernisse an die Dokumentation eines Vergabeverfahrens, VergabeR 2005, 544
Fußnoten
<references/>
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