Nachbarschutz im nicht beplanten Innenbereich

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Schutznormtheorie

Die Schutznormtheorie definiert die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtssatz ein subjektives öffentliches Recht gewährt. <ref>Seite „Schutznormtheorie“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 26. Januar 2015, 19:23 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Schutznormtheorie&oldid=138195865 (Abgerufen: 14. Juni 2020, 20:59 UTC)</ref>

Drittschutz vermitteln nur solche Vorschriften des öffentlichen Baurechts, die - ggf. auch nur partiell, wie z.B. BauGB § 34 Abs. 1 - "auch der Rücksichtnahme auf individuelle Interessen oder deren Ausgleich untereinander dienen. Nicht jede Norm des materiellen öffentlichen Baurechts hat eine solche Zielrichtung. Vielmehr gibt es zahlreiche Normen des materiellen öffentlichen (Landes- und) Bundesbaurechts, die ausschließlich der Durchsetzung von Interessen der Allgemeinheit und gerade nicht dem Schutz individueller Interessen dienen<ref>(Beschluß des Senats vom 16. August 1983 - BVerwG 4 B 94.83 - <Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 56 = ZfBR 1983, 290>)</ref>. Deswegen bedarf es jeweils der Klärung, ob eine baurechtliche Vorschrift ausschließlich objektivrechtlichen Charakter hat oder ob sie (auch) dem Schutz individueller Interessen dient, ob sie also Rücksichtnahme auf Interessen Dritter gebietet. Das kann sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm ergeben, etwa dann, wenn sie Abwehrrechte Betroffener ausdrücklich begründet. In der Regel allerdings wird insoweit - da der Normgeber nur in Ausnahmefällen derartige Abwehrrechte ausdrücklich statuiert hat - eine Auslegung der Norm nach Sinn und Zweck in Betracht kommen; gelegentlich mag sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Wille des historischen Normgebers ermitteln lassen, die Interessen Dritter zu schützen.

Hieraus folgt zugleich, daß es nicht darauf ankommen kann, ob die Norm ausdrücklich einen fest "abgrenzbaren Kreis der Betroffenen" benennt. Insoweit ist die frühere Rechtsprechung des Senats<ref>(BVerwGE 27, 29 <33>[BVerwG 28.04.1967 - IV C 10/65] unter Hinweis auf BGHZ 40, 306 <307>[BGH 27.11.1963 - V ZR 201/61], und BVerwGE 32, 173 <177>[BVerwG 13.06.1969 - IV C 234/65], vgl. auch die Kritik von Marburger, Gutachten C zum 56. Dt. Juristentag, Berlin 1986, S. 33 f.)</ref> zu modifizieren: Es kommt weder darauf an, ob die Norm einen geschützten Personenkreis räumlich, etwa durch Bezeichnung eines Gebiets, abgrenzt, noch darauf, ob sie in ihrer vollen Reichweite auch dem Schutz individueller Interessen zu dienen bestimmt ist. So gebietet z.B. § 34 Abs. 1 BBauG das "Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung" sowohl aus Gründen des nachbarlichen Interessenausgleichs, also der Rücksichtnahme auf individuelle Belange, als auch - darüber hinausgreifend - aus Gründen der objektiven städtebaulichen Ordnung. Worauf es ankommt ist, daß sich aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen läßt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet. Die eindeutige räumliche Abgrenzung eines geschützten Personenkreises erweist sich ohnehin, soweit es etwa um Immissionsbelastungen geht, als praktisch nicht normierbar; allerdings gilt, daß z.B. die Erwähnung der "Würdigung der Interessen der Nachbarn" (§ 31 Abs. 2 BBauG) oder das Ziel, "in einem Baugebiet oder in dessen Umgebung unzumutbare Belästigungen oder Störungen" zu vermeiden (§ 15 Abs. 1 BauNVO), wichtige Indizien dafür sein können, daß eine Norm dem individuellen Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt ist.

Freilich ist Drittschutz nicht in jedem Fall ohne Rücksicht auf den Grad der Beeinträchtigung zu gewähren. Denn die Auslegung einer Vorschrift, die im Grundsatz Drittschutz vermitteln will, kann durchaus zu dem Ergebnis führen, daß Drittschutz nur zu gewähren ist, wenn eine bestimmte Schwelle der Beeinträchtigung erreicht wird."<ref>BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 8.84 = NVwZ 1987, 409, Tz. 11 ff.</ref>

Drittschützend

Abstandsflächen

Einfügensgebot<ref>Kröninger / Aschke / Jeromin (Hrsg.), Baugesetzbuch mit Baunutzungsverordnung, Kommentar, Nomos Verlag, 4. Auflage 2018, ISBN 9783848735785, § 34 Rn. 43</ref>

Gebietserhaltungsanspruch

Der Gebietserhaltungsanspruch ... "gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Der Anspruch ist eine Folge davon, dass Baugebietsfestsetzungen kraft Gesetzes dem Schutz aller Eigentümer der in dem Gebiet gelegenen Grundstücke dienen. Die weitreichende nachbarschützende Wirkung beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) hat jeder Eigentümer - unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung - das Recht, sich gegen eine schleichende Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen. Aus der Gleichstellung geplanter und faktischer Baugebiete im Sinne der Baunutzungsverordnung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB ergibt sich, dass in diesem Umfang auch ein identischer Nachbarschutz schon vom Bundesgesetzgeber festgelegt worden ist<ref>(grundlegend - dort zu § 34 Abs. 2 BauGB - BVerwG, U.v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 11 ff.; vgl. auch BVerwG, B.v. 18.12.2007 - 4 B 55.07 - NVwZ 2008, 427 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 15.10.2019 - 15 ZB 19.1221 - juris Rn. 5 m.w.N.; im Rahmen der Beschwerdeentscheidung des Senats im vorherigen Eilverfahren zum vorliegenden Fall vgl. BayVGH, B.v. 27.12.2017 - 15 CS 17.2061 - juris Rn. 16)</ref>."<ref>BayVGH, Beschluss vom 24.02.2020 - 15 ZB 19.1505 Tz. 6</ref>

Gebot der Rücksichtnahme, BauNVO § 15 Abs. 1

"Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, daß es vom Ergebnis

  • der am konkreten Einzelfall orientierten Abwägung der Schutzwürdigkeit der gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Betroffenen,
  • der Intensität der Beeinträchtigung und
  • dem, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, abhängt,

ob das Gebot der Rücksichtnahme, das in dem Begriff des Einfügens in BauGB § 34 Abs. 1 BauGB, gewahrt ist oder nicht<ref>(vgl. Urteile vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - und vom 10. Oktober 1905 - BVerwG 4 C 19.82 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 und Nr. 66)</ref>."<ref>BVerwG, Beschluss vom 24.04.1992 - 4 B 60.92 Tz. 6</ref>

"Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt eine maßgebende Rolle, ob es um ein Vorhaben geht,

  • das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder
  • ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann.

Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen ein Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat<ref>(BVerwG, U.v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn 8 und 9 m.w.N; U.v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris Rn. 22; U.v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4; B.v. 18.06.2018 - 15 ZB 17.635 - juris Rn. 33)</ref>."<ref>VG München, Beschluss vom 13.05.2020 - M 29 SN 20.684 Tz. 32</ref>

Das Gebot der Rücksichtnahme ist Bestandteil des BauGB § 34 Abs. 1; es kann in besonderen Fällen nachbarschützende Wirkung haben<ref>BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 = MDR 1981, 785 Amtlicher Leitsatz 2 im Anschluß an das Urteil vom 25. Februar 1977 - BVerwG IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122 [126]</ref>. Es geht nicht weiter als die entsprechenden Regelungen im Bundes-Immissionsschutzgesetz, es schützt allerdings auch vor Beeinträchtigungen, die nicht vom Bundes-Immissionsschutzgesetz erfaßt werden.<ref>Quelle: https://research.wolterskluwer-online.de/document/7a20d18f-82a6-4349-b375-d4aeedb1c858 - abgerufen am 09.06.2020 um 19:12 Uhr - Redaktioneller Leitsatz</ref>

BauNVO § 12 Abs. 2

In Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, sind Stellplätze und Garagen nach BauNVO § 12 Abs. 2 nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig.

Überbaubare Grundstücksfläche

Die überbaubaren Grundstücksflächen können nach BauNVO § 23 Abs. 1 durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. BauNVO § 16 Abs. 5 ist entsprechend anzuwenden.

Drittschützend in der Regel nur für den unmittelbaren Nachbarn.<ref>Kröninger / Aschke / Jeromin (Hrsg.), Baugesetzbuch mit Baunutzungsverordnung, Kommentar, Nomos Verlag, 4. Auflage 2018, ISBN 9783848735785, § 34 Rn. 45 mit Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 13.05.2014 - 4 B 38.13 = NVwZ 2014, 1246</ref>

Bauweise

Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden. (BauNVO § 22 Abs. 1)

Drittschützend im Einzelfall für den unmittelbaren Nachbarn.<ref>Kröninger / Aschke / Jeromin (Hrsg.), Baugesetzbuch mit Baunutzungsverordnung, Kommentar, Nomos Verlag, 4. Auflage 2018, ISBN 9783848735785, § 34 Rn. 45 mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 19.03.2015 - 4 C 12.14 = NVwZ 2015, 1769 sowie BVerwG, Beschluss vom 13.05.2014 - 4 B 38.13 = NVwZ 2014, 1246</ref>

Seveso-III-Richtlinie

auch Störfall-Richtlinie

Kein Drittschutzcharakter

Rechtsprechung

Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)

  • BVerwG, Beschluss vom 14.09.2015 - 4 B 16.15: "Für die Begriffe der Hausgruppe und des Doppelhauses ist in der Rechtsprechung bereits geklärt, dass es allein auf die wechselseitige Verträglichkeit der grenzständigen Gebäude ankommt. Bestehende oder fehlende Bebauungsmöglichkeiten sind danach unbeachtlich<ref>(BVerwG, Beschluss vom 19. März 2015 – 4 C 12.14 – BauR 2015, 1309)</ref>, ebenso die Größe der jeweiligen Grundstücke. Die Länge der einseitig grenzständigen Bebauung hat der Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung<ref>(vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 – 4 C 12.98 – BVerwGE 110, 355 [361])</ref> in den Blick genommen (UA Rn. 28). Das Verhältnis der Länge der einseitigen Grenzbebauung zur verbleibenden unbebauten Grenze ist dagegen für die Verträglichkeit der Gebäude nicht von Bedeutung."<ref>Tz. 7</ref>
  • BVerwG, Urteil vom 19.03.2015 - 4 C 12.14 = NVwZ 2015, 1769: "Ob zwei grenzständig errichtete Baukörper ein Doppelhaus bilden, lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual bestimmen<ref>(wie BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 – 4 C 12.98 – BVerwGE 110, 355 [360])</ref>. Es bedarf einer Würdigung des Einzelfalls unter Betrachtung quantitativer und qualitativer Gesichtspunkte."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BVerwG, Beschluss vom 13.05.2014 - 4 B 38.13 = NVwZ 2014, 1246: "1. Die nähere Umgebung ist für die in BauGB § 34 Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen. 2. Die Annahme, hinsichtlich des Merkmals der "Grundstücksfläche, die überbaut werden soll", erfasse die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in der Regel einen kleineren Bereich als hinsichtlich des Merkmals der Art der baulichen Nutzung, entbindet jedenfalls nicht von einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BVerwG, Urteil vom 05.12.2013 - 4 C 5.12 = BVerwGE 148, 290: "Ist ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen im Sinne von BauNVO § 22 Abs. 2 den maßgeblichen Rahmen bilden, so fügt sich ein grenzständiges Vorhaben im Sinne von BauGB § 34 Abs. 1 grundsätzlich nicht nach der Bauweise ein, das unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet wird, ohne mit dem verbleibenden Gebäudeteil ein Doppelhaus zu bilden. Ein solches Vorhaben verstößt gegenüber dem Eigentümer der bisher bestehenden Doppelhaushälfte grundsätzlich gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BVerwG, Beschluss vom 16.6.2009 - 4 B 50.08 = BauR 2009, 1564
  • BVerwG, Beschluss vom 20.08.1998 - 4 B 79.98 = NVwZ-RR 1999, 105, BauR 1999, 32: "1. Der die Erhaltung der Gebietsart betreffende Nachbarschutz wird durch die wechselseitige Prägung der benachbarten Grundstücke begrenzt und muß keineswegs alle Grundstücke in der Umgebung umfassen, die zu derselben Baugebietskategorie gehören. 2. Die Rechtsprechung zur Abgrenzung des Innen- und Außenbereichs kann auf die Abgrenzung der näheren Umgebung im Sinne von BauGB § 34 sinngemäß übertragen werden. Bei Berücksichtigung topographischer Gegebenheiten kann sich ergeben, daß unmittelbar aneinandergrenzende bebaute Grundstücke gleichwohl zwei unterschiedlichen Baugebieten angehören, etwa wenn einem Steilhang im Grenzbereich eine trennende Funktion zukommt."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BVerwG, Beschluss vom 19.10.1995 - 4 B 215.95 = NVwZ 1996, 888: "1. Der baurechtliche Nachbarschutz muß im nicht überplanten Innenbereich nicht denselben Grundsätzen folgen wie im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.2. Ob Festsetzungen eines Bebauungsplans über das Maß der baulichen Nutzung und über die überbaubaren Grundstücksflächen drittschützende sind, hängt vom Willen der Gemeinde als Planungsträger ab."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BVerwG, Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 = BVerwGE 94, 151:
    • "1. Soweit Festsetzungen eines Bebauungsplans dem Typenzwang für bauplanungsrechtliche Festsetzungen unterliegen, sind sie Gegenstand der revisionsgerichtlichen Auslegung und Überprüfung.
    • 2. Der Nachbar hat auf die Bewahrung der Gebietsart einen Schutzanspruch, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgeht.
    • 3. Ein Verstoß gegen das in BauNVO § 15 I enthaltene Rücksichtnahmegebot ist ausgeschlossen, wenn alle durch das Gebot geschützten, möglicherweise beeinträchtigten Belange auch durch spezielle bauordnungsrechtliche Regelungen geschützt sind und das Vorhaben deren Anforderungen genügt.
    • 4. Auch Festsetzungen nach BauNVO § 12 II sind nachbarschützend.
    • 5. § 12 II BauNVO stellt auf den gebietsbezogenen Bedarf an Stellplätzen und Garagen ab.
    • 6. Nachbarschutz besteht im unbeplanten Innenbereich, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht.
    • 7. Die Festsetzung von Baugebieten durch Bebauungspläne hat kraft Bundesrechts grundsätzlich nachbarschützende Funktion."<ref>Amtliche Leitsätze 1 bis 7</ref>
  • BVerwG, Urteil vom 15.02.1990 - 4 C 23.86 = BVerwGE 84, 322: "Bei der Ermittlung der Eigenart der näheren Umgebung i.S. von § 34 Abs. 1 und 2 BauGB sind singuläre Anlagen, die in einem auffälligen Kontrast zu der sie umgebenden im wesentlichen homogenen Bebauung stehen, regelmäßig als Fremdkörper unbeachtlich, soweit sie nicht ausnahmsweise ihre Umgebung beherrschen oder mit ihr eine Einheit bilden. Die Erweiterung eines Betriebes gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 2 BauGB ist städtebaulich vertretbar, wenn sie mit § 1 Abs. 5 und 6 BauGB vereinbar ist, also am konkreten Standort auch durch Bauleitplanung zugelassen werden könnte. Im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BauGB ist für einen selbständigen Genehmigungsanspruch auf der Grundlage des Bestandsschutzes kein Raum mehr."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BVerwG, Beschluss vom 11.07.1989 - 4 B 33.89 = NJW 1989, 2766: "Die Vorschriften des BauGBüber die Zulässigkeit von Vorhaben gewähren Drittschutz grundsätzlich nur dem Eigentümer benachbarter Grundstücke. Ein Mieter genießt auch dann keinen städtebaulichen Nachbarschutz, wenn er mit dem Grundeigentümer in der Form eines "aufgespaltenen Betriebes" wirtschaftlich eng verbunden ist (Fortführung der bisherigen Rechtsprechung)."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BVerwG, Urteil vom 23.05.1986 - 4 C 34.85 = NVwZ 1987, 128: "Das in dem Begriff des „Einfügens“ iSd BBauG § 34 Abs 1 aufgehende Gebot der Rücksichtnahme bezieht sich nur auf die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll. Fügt sich ein Vorhaben nicht ein, weil es die gebotene Rücksicht vermissen läßt, und wirkt das Rücksichtnahmegebot im Einzelfall drittschützend, so steht dem Erfolg der Nachbarklage nicht entgegen, daß das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften einhält."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BVerwG, Urteil vom 30.08.1985 - 4 C 50.82 = NJW 1986, 393: "1. Sowohl in einem durch Bebauungsplan festgesetzten reinen Wohngebiet als auch in einem im unbeplanten Innenbereich liegenden Gebiet, in dem nur gewohnt wird, kann auf hinreichend großen Grundstücken ein privater Tennisplatz zulässig sein, wenn er sich als untergeordnete Nebenanlage darstellt und nach seiner Lage auf dem Grundstück nicht zu Störungen der Wohnruhe der Nachbarn führt. 2. Führen die von einem privaten Tennisplatz ausgehenden Geräusche zu Störungen der Wohnruhe der Nachbarn, so kann das Vorhaben im Sinne des § 34 BBauG 1960 nach der vorhandenen Bebauung bedenklich sein (Maßstab des bodenrechtlich relevanten Widerspruchs, Urteil des Senats vom 29. November 1974 - BVerwG 4 C 10.73 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 46). Im Sinne des § 34 Abs. 1 BBauG 1976/79 wird sich ein Tennisplatz unter diesen Umständen nicht einfügen. In beiden Fällen kann das in diesen Vorschriften angelegte Rücksichtnahmegebot verletzt sein."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BVerwG, Urteil vom 05.08.1983 - 4 C 96.79 = BVerwGE 67, 334: "BauNVO § 15 Abs. 1 stellt sich u.a. als Ausprägung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots dar und kann nach Maßgabe der im Urteil vom 25. Februar 1977 - BVerwG 4 C 22.75 - BVerwGE 32, 122 [BVerwG 22.05.1969 - VIII C 14/68] dargestellten Grundsätze in Ausnahmefällen drittschützende Wirkung haben (Modifizierung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 14. Dezember 1973 - BVerwG 4 C 71.71 - DVBl. 1974, 358)."<ref>Amtlicher Leitsatz 2</ref>
  • BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 = MDR 1981, 785: "1. Zur nachbarschützenden Wirkung von in einem Bebauungsplan enthaltenen Festsetzungen der Geschoßzahl und der Geschoßflächenzahl und zur Befreiung von solchen Festsetzungen. 2. Das Gebot der Rücksichtnahme ist Bestandteil des§ 34 BBauG 1960/§ 34 Abs. 1 BBauG 1976/79; es kann in besonderen Fällen nachbarschützende Wirkung haben (im Anschluß an das Urteil vom 25. Februar 1977 - BVerwG IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122 [126])."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BVerwG, Urteil vom 13.06.1969 - IV C 234.65 = BVerwGE 32, 173: 1. § 34 BBauG hat keine nachbarschützende Funktion. 2. Durch eine gegen § 34 BBauG verstoßende Baugenehmigung kann ein Dritter in seinem Eigentumsrecht verletzt sein, wenn die Genehmigung bzw. ihre Ausnutzung die vorgegebene Grundstückssituation nachhaltig verändert und dadurch den Nachbarn schwer und unerträglich trifft. 3. Zur Umdeutung eines irrig auf Grund des § 24 Abs. 3 BNVO erteilten "Befreiungsbeschlusses" in einen Bauvorbescheid."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH)

Weitere Oberverwaltungsgerichte

Publikationen

Siehe auch

Fußnoten

<references/>