Gewässerverunreinigung

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Wer unbefugt ein Gewässer verunreinigt oder sonst dessen Eigenschaften nachteilig verändert, wird nach StGB § 324 Abs. 1 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist nach § 324 Abs. 2 StGB strafbar. Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe (§ 324 Abs. 3 StGB).

Nachteilige Veränderung eines Gewässers

Als „nachteilige Veränderung eines Gewässers“ gilt jede nicht unerhebliche Verschlechterung der natürlichen Gewässereigenschaften im physikalischen, biologischen oder chemischen Sinn. Es kommt darauf an, ob das Gewässer in seinem Status quo nachteilig verändert wurde <ref>(vgl. Joecks 2007: § 324 Rdnr.4)</ref>; auch ein bereits verschmutztes Wasser kann also ein taugliches Tatobjekt sein.<ref>Christian Dickenhorst, Gewässerschutz durch Umweltstrafrecht: Eine juristische und naturwissenschaftliche Betrachtung . Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, ISBN 9783842895133, Seite 39</ref>

§ 324 StGB als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB?

"Die Definition des Schutzgesetzes setzt voraus, dass eine Norm zumindest auch dazu bestimmt ist, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Soweit eine Norm lediglich allgemeinschützenden Charakter hat, liegt demgegenüber kein Schutzgesetz vor<ref>(Sprau, in: Palandt, 74. Aufl. 2015, § 823, Rn. 58)</ref>. Der 29. Abschnitt des StGB, zu dem auch § 324 StGB gehört, soll bereits ausweislich der amtlichen Überschrift "die Umwelt" schützen, mithin legt bereits die systematische Stellung der Norm nahe, dass sie ausschließlich allgemeinschützenden Charakter hat. Entsprechend wird dem 29. Abschnitt des StGB auch insgesamt ein individualschützender Charakter abgesprochen<ref>(so ausdrücklich: Fischer, in: Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, vor § 324, Rn. 3)</ref>. Dies gilt auch für § 324 StGB. Dieser dient ganz allgemein dem Gewässerschutz. Hierdurch soll die Reinheit der Gewässer als Lebensgrundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen geschützt, also die Erhaltung ihres naturgegebenen Zustandes im Interesse der Allgemeinheit gewährleistet werden<ref>(Fischer, a.a.O., § 324, Rn. 2; ähnlich: Heine/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 324, Rn. 1)</ref>. In konsequenter Fortsetzung dieser Auslegung des §§ 324 StGB als ausschließlich allgemeinschützender Norm wird in der Literatur auch ausdrücklich verneint, dass § 324 StGB ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB darstellt<ref>(Knopp in Sieder/Zeitler, WHG AbwAG/StGB, 49. EL September 2015, § 324 Rn. 24)</ref>."<ref>LG Düsseldorf, Urteil vom 02.08.2016 - 7 O 242/15 Abs. 58 f.</ref>

Normen

Strafgesetzbuch (StGB)

  • StGB § 324 Gewässerverunreinigung
  • StGB § 330 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Besonders schwerer Fall einer Umweltstraftat: In besonders schweren Fällen wird eine vorsätzliche Tat nach den §§ 324 bis 329 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. ein Gewässer, den Boden oder ein Schutzgebiet im Sinne des § 329 Abs. 3 derart beeinträchtigt, daß die Beeinträchtigung nicht, nur mit außerordentlichem Aufwand oder erst nach längerer Zeit beseitigt werden kann, ...

Wasserhaushaltsgesetz (WHG)

  • WHG § 89 Haftung für Änderungen der Wasserbeschaffenheit: Wer in ein Gewässer Stoffe einbringt oder einleitet oder wer in anderer Weise auf ein Gewässer einwirkt und dadurch die Wasserbeschaffenheit nachteilig verändert, ist nach WHG § 89 Abs. 1 Satz 1 zum Ersatz des daraus einem anderen entstehenden Schadens verpflichtet. Haben mehrere auf das Gewässer eingewirkt, so haften sie als Gesamtschuldner (WHG § 89 Abs. 1 Satz 2). Gelangen aus einer Anlage, die bestimmt ist, Stoffe herzustellen, zu verarbeiten, zu lagern, abzulagern, zu befördern oder wegzuleiten, derartige Stoffe in ein Gewässer, ohne in dieses eingebracht oder eingeleitet zu sein, und wird dadurch die Wasserbeschaffenheit nachteilig verändert, so ist der Betreiber der Anlage nach WHG § 89 Abs. 2 Satz 1 zum Ersatz des daraus einem anderen entstehenden Schadens verpflichtet. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch höhere Gewalt verursacht wird (WHG § 89 Abs. 2 Satz 3).
  • WHG § 100 Abs. 1 Satz 2 (Aufgaben der Gewässeraufsicht): Die zuständige Behörde ordnet nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen.
  • WHG § 103 Abs. 1 Nr. 1: Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. ohne Erlaubnis und ohne Bewilligung nach § 8 Absatz 1 ein Gewässer benutzt ...

Bayerisches Wassergesetz (BayWG)

  • BayWG Art. 58 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2: Die Gewässeraufsicht obliegt den Kreisverwaltungsbehörden. Sie ordnen nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG sicherzustellen.

Technische Normen

Rechtsprechung

Bundesgerichtshof (BGH)

  • BGH, Urteil vom 19.08.1992 - 2 StR 86/92: "1. Der Bürgermeister einer hessischen Gemeinde hat im Aufgabenbereich der Abwasserbeseitigung eine Garantenstellung, kraft derer ihn die Verpflichtung trifft, rechtswidrige, von ortsansässigen Grundstückseigentümern ausgehende Gewässerverunreinigungen abzuwenden; unterläßt er dies, ist er für dadurch verursachte Gewässerverunreinigungen unter Umständen selbst strafrechtlich haftbar. 2. § 326 I Nr. 3 StGB tritt hinter § 324 StGB zurück (Gesetzeskonkurrenz), wenn eine nachhaltige Gewässerverunreinigung durch (unbefugte) Beseitigung von Abwasser herbeigeführt worden ist."<ref>Amtliche Leitsätze</ref>

Oberlandesgerichte

Landgerichte

Publikationen

Fachbücher

Fachaufsätze

  • Lothar Knopp, Zur Strafbarkeit von Amtsträgern in Umweltverwaltungsbehörden unter besonderer Berücksichtigung der BGH-Rechtsprechung, DÖV 1994, S. 676 ff.
  • Christiane Geisler, Strafbarkeit von Amtsträgern im Umweltrecht, NJW 1982, S. 11 ff.

Presseberichte

  • top-fm.de vom Mittwoch, 13. April 2016 - Odelzhausen: Geldstrafe für Ex-Bürgermeister: "Der frühere Bürgermeister von Odelzhausen muss eine Geldstrafe wegen fahrlässiger Gewässerverunreinigung zahlen. Er hatte nach Ansicht des Gerichts nicht genügend unternommen, um ein Unternehmen zu kontrollieren. Das hatte deutlich mehr Abwasser in die örtliche Kläranlage gepumpt als ausgemacht. Dadurch wurde diese überlastet und schließlich lief vor rund zweieinhalb Jahren ungefiltertes Abwasser in die Glonn. Der frühere Bürgermeister muss daher knapp 4.000 Euro Geldstrafe zahlen. Der frühere Betriebsleiter der Kläranlage sogar über 12.000 Euro. Die Glonn hat sich nach dem Vorfall mittlerweile von den Umweltschäden erholt."

Siehe auch

Fußnoten

<references/>