Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB

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Nach BGB § 823 Abs. 2 ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet, wer gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Ja

Nein

  • WHG § 39 ff.<ref>Ulrich Drost, Marcus Ell, Das neue Wasserrecht: Ein Lehrbuch für Ausbildung und Praxis in Bayern, Richard Boorberg Verlag; 2., vollständig überarbeitete Auflage, 2016 (31. Oktober 2016), ISBN 9783415057883, Seite 129</ref> (Gewässerunterhaltung)
  • § 324 StGB als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB?: "Die Definition des Schutzgesetzes setzt voraus, dass eine Norm zumindest auch dazu bestimmt ist, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Soweit eine Norm lediglich allgemeinschützenden Charakter hat, liegt demgegenüber kein Schutzgesetz vor<ref>(Sprau, in: Palandt, 74. Aufl. 2015, § 823, Rn. 58)</ref>. Der 29. Abschnitt des StGB, zu dem auch § 324 StGB gehört, soll bereits ausweislich der amtlichen Überschrift "die Umwelt" schützen, mithin legt bereits die systematische Stellung der Norm nahe, dass sie ausschließlich allgemeinschützenden Charakter hat. Entsprechend wird dem 29. Abschnitt des StGB auch insgesamt ein individualschützender Charakter abgesprochen<ref>(so ausdrücklich: Fischer, in: Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, vor § 324, Rn. 3)</ref>. Dies gilt auch für § 324 StGB. Dieser dient ganz allgemein dem Gewässerschutz. Hierdurch soll die Reinheit der Gewässer als Lebensgrundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen geschützt, also die Erhaltung ihres naturgegebenen Zustandes im Interesse der Allgemeinheit gewährleistet werden<ref>(Fischer, a.a.O., § 324, Rn. 2; ähnlich: Heine/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 324, Rn. 1)</ref>. In konsequenter Fortsetzung dieser Auslegung des §§ 324 StGB als ausschließlich allgemeinschützender Norm wird in der Literatur auch ausdrücklich verneint, dass § 324 StGB ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB darstellt<ref>(Knopp in Sieder/Zeitler, WHG AbwAG/StGB, 49. EL September 2015, § 324 Rn. 24)</ref>."<ref>LG Düsseldorf, Urteil vom 02.08.2016 - 7 O 242/15 Abs. 58 f.</ref>

Streitig

  • § 75 Abs. 2 BetrVG als Schutzgesetz im Sinne des BGB 823 Abs. 2?: "Ob der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der materiellen Schäden weiterhin auf § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 75 Abs. 2 BetrVG gestützt werden kann, kann dahinstehen. Bei der Haftung des Arbeitgebers wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers wird in der derzeitigen Diskussion um die sog. Mobbing- Problematik teilweise als Anspruchsgrundlage auch § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 75 Abs. 2 BetrVG in Betracht gezogen (HMR-Hänsch Teil 3 Rn. 60; Haller/Koch NZA 1995, 356). § 75 Abs. 2 BetrVG verpflichtet Arbeitgeber und Betriebsrat zum Schutz und zur Förderung der freien Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Allerdings ist streitig, ob die Vorschrift ein Schutzgesetz i.S.d.. § 823 Abs. 2 BGB ist."<ref>BAG, Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 Abs. 112 ff.</ref>

Normen

Rechtsprechung

  • BGH, Urteil vom 10.02.2011 - I ZR 213/08 Beihilfeverbot ist Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB
  • BGH, Urteil vom 10.02.2011 - I ZR 136/09: "a) Das beihilferechtliche Durchführungsverbot des AEUV Art. 108 Abs. 3 Satz 3 ist zugunsten der Wettbewerber des Beihilfeempfängers Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. b) Nimmt ein Wettbewerber den Beihilfegeber erfolgreich auf Rückforderung einer unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot gewährten Beihilfe in Anspruch, so kann es dem Beihilfeempfänger versagt sein, sich auf eine inzwischen eingetretene Verjährung des Rückforderungsanspruchs zu berufen, wenn der Beihilfegeber aufgrund des von dem Wettbewerber erwirkten Urteils die Rückzahlung der Beihilfe begehrt. c) Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. d) Kann die Rückforderung einer unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot gewährten Beihilfe nicht nur nach allgemeinem Deliktsrecht, sondern auch wettbewerbsrechtlich begründet werden, findet die kurze Verjährung des § 11 UWG auf die Abwehr- und Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV keine Anwendung."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BGH, Urteil vom 16.12.1958 - VI ZR 245/57 = BGHZ 29, 100: "a) § 64 Abs. 1 GmbHG ist ein Schutzgesetz zugunsten der Gläubiger der Gesellschaft. b) Den Schutz des Gesetzes genießen auch Personen, die erst nach dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens hätte gestellt werden müssen, Gläubiger der Gesellschaft mit beschränkter Haftung geworden sind. c) Das Gesetz will verhindern, daß das zur Befriedigung der Gläubiger erforderliche Gesellschaftsvermögen diesem Zweck entzogen wird. Sein Schutzbereich geht aber nicht soweit, daß jedermann vor allen Gefahren bewährt werden soll, die sich aus dem Fortbestehen einer überschuldeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung ergeben."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>

Fußnoten

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