Vereinsstrafe
"Strafen, die eine Vereinssatzung zur Sicherung mitgliedschaftlicher Pflichten vorsieht, sind keine Vertrags-, sondern Vereinsstrafen und können vom ordentlichen Gericht nur in der Richtung nachgeprüft werden, ob
- der Strafbeschluss in der Satzung eine Stütze findet,
- das vorgeschriebene Verfahren beachtet ist,
- die Strafvorschrift gesetz- oder sittenwidrig ist und
- ob die Bestrafung etwa offenbar unbillig ist.
Ein Verein kann seinen Mitgliedern auch die Einhaltung eines mit öffentlicher Strafe belegten Gesetzes zur Pflicht machen und die Verletzung dieser Vereinspflicht mit Geldstrafe bedrohen."<ref>BGH, Urteil vom 04.10.1956 - II ZR 121/55 Amtliche Leitsätze 1 und 2</ref>
Arten<ref>Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 25 Rn. 13</ref>
Verschulden
Die Verhängung einer Vereinsstrafe erfordert nach BGH, Urteil vom 26.02.1959 - II ZR 137/57 = BGHZ 29, 352<ref>Amtlicher Leitsatz 2</ref> nicht unbedingt ein Verschulden.
Verfahren
Zuständigkeit
Zuständig für die Verhängung von Vereinsstrafen ist, soweit in der Vereinssatzung nichts anderes geregelt ist, nach BGB § 32 die Mitgliederversammlung.
Rechtliches Gehör
Nach GG Art. 103 Abs. 1 hat vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. GG Art. 103 Abs. 1 schützt nur das rechtliche Gehör vor staatlichen Gerichten.
Rechtliches Gehör bedeutet nicht, dass das Gericht den Verurteilten gehört haben muss, sondern nur, daß ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden muss<ref>RG JW 1937, 555</ref>.<ref>BGH, Urteil vom 26.02.1959 - II ZR 137/57 = BGHZ 29, 352 Abs. 11</ref>
Dass dem Beschuldigten auch vor Vereinsgerichten rechtliches Gehör zu gewähren ist, ergibt sich aus der Pflicht zur ordnungsmäßigen Untersuchung und ist ein Gebot der natürlichen Gerechtigkeit<ref>Meyer-Cording, Die Vereinsstrafe, §16, 5</ref>.<ref>BGH, Urteil vom 26.02.1959 - II ZR 137/57 = BGHZ 29, 352 Abs. 11</ref>
Gerichtliche Nachprüfung
"Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass Vereinsmaßnahmen grundsätzlich zur gerichtlichen Nachprüfung gebracht werden können und dabei die Feststellung der Unwirksamkeit einer Maßnahme Gegenstand des Antrags sein kann<ref>vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94, BGHZ 128, 93, 110 mwN</ref>. Dabei hat das Gericht gegebenenfalls auch eine in zweiter Vereinsinstanz erlassene Entscheidung zu überprüfen<ref>BGH, Urteil vom 27. Februar 1954 – II ZR 17/53, BGHZ 13, 5, 13</ref>."<ref>BGH, Urteil vom 23.04.2013 - II ZR 74/12 = NZG 2013, 713 Abs. 23</ref>
"Die gerichtliche Nachprüfung eines vereinsrechtlichen Ausschließungsbeschlusses [ist] grundsätzlich nur zulässig, wenn das Mitglied die satzungsmäßigen Rechtsmittel ausgeschöpft hat; denn es muß vermieden werden, daß die Gerichte unnötig angerufen werden und daß sie in die Selbstverwaltung des Vereins eingreifen, solange keine abschließende Entscheidung der zuständigen Vereinsorgane zustandegekommen ist<ref>BGHZ 13, , 16</ref>. Dieser Gedanke rechtfertigt es, das Mitglied zunächst auf das vereinsinterne Verfahren zu verweisen, es sei denn, dies wäre ihm im Einzelfall aus besonderen Gründen nicht zuzumuten <ref>RG JW 1915, 1424, JW 1932, 1197</ref>. Es erscheint aber sicht zulässig, dem Mitglied ohne weiteres die gerichtliche Nachprüfung des Ausschließungsbeschlusses zu versagen, wenn es versäumt hat, von dem vereinsrechtlichen Rechtsmittel Gebrauch zu machen und ihm dies auch nicht mehr möglich ist, weil die satzungsmäßige Ausschlussfrist abgelaufen ist."<ref>BGH, Urteil vom 23.04.2013 - II ZR 74/12 = NZG 2013, 713 Seite 8 f.</ref>
Rechtsprechung
- BGH, Urteil vom 20.09.2016 - II ZR 25/15 = NJW 2017, 402: Die Umsetzung einer von einem übergeordneten Dachverband vorgesehenen Disziplinarmaßnahme gegenüber dem Mitglied eines nachgeordneten Vereins, das selbst nicht Mitglied des Dachverbands ist, bedarf entweder einer Grundlage in der Satzung des nachgeordneten Vereins oder einer sonstigen Anerkennung dieser Möglichkeit durch dessen Mitglied.<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
- BGH, Urteil vom 23.04.2013 - II ZR 74/12 = NZG 2013, 713
- BGH, Urteil vom 30.05.1983 - II ZR 138/82
- BGH, Urteil vom 06.03.1967 - II ZR 231/64 = BGHZ 47, 172, NJW 1967, 1268: " Bei einem Verein ist die gerichtliche Nachprüfung eines Ausschließungsbeschlusses nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil das Mitglied innerhalb der satsungsmäßigen Ausschlußfrist keinen Gebrauch von einem vereinsinternen Rechtsmittel gemacht hat<ref>Abweichung von RGZ 85, 355 ff</ref> Das Verfahren, daß das satzungsmäßig zuständige Vereinsorgan beim Ausschluß eines Mitglieds einzuhalten hat, kann außerhalb der Satzung in einer Geschäftsordnung geregelt werden. Die Anordnung, ein Ausschließungsbeschluß sei im Mitteilungsblatt des Vereins zu veröffentlichen und das ausgeschlossene Mitglied habe die Kosten des Ausschließungsverfahrens zu tragen, muss, um rechtswirksam zu sein, eine satzungsmäßige Grundlage haben. BGB § 139 ist für vereinsrechtliche Normen nicht anwendbar. Bei ihnen ist die Rechtsfolge der Teilnichtigkeit danach zu beurteilen, ob der verbleibende Teil nach dem Vereinszweck und den satzungamaßigen Mitgliederbelangen eine in sich sinnvolle Regelung des Vereinslehens darstellt."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
- BGH, Urteil vom 26.02.1959 - II ZR 137/57 = BGHZ 29, 352
- BGH, Urteil vom 04.10.1956 - II ZR 121/55
Publikationen
Kommentierungen
- Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 25 Rn. 2, 13 ff.
Fachbücher
- Frank van Look, Vereinsstrafen, Duncker & Humblot, 1990, ISBN 3428067894
- Ulrich Meyer-Cording, Die Vereinsstrafe, Mohr (Siebeck) (1957)
Fachaufsätze
Siehe auch
Fußnoten
<references/>