Pressefreiheit
"Die Presse soll den Regierten dienen, nicht den Regierenden.“ ("The press was to serve the governed, not the governors.")
Die Pressefreiheit ... [wird] gewährleistet (GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2). Die Presse hat die Aufgabe, im Dienst des demokratischen Gedankens über Vorgänge, Zustände und Einrichtungen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wahrheitsgemäß zu berichten (BV Art. 111 Abs. 1).
Schutzbereich
Systematik
"Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates; insbesondere ist eine freie, regelmäßig erscheinende politische Presse für die moderne Demokratie unentbehrlich. Soll der Bürger politische Entscheidungen treffen, muß er umfassend informiert sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwägen können, die andere sich gebildet haben. Die Presse hält diese ständige Diskussion in Gang; sie beschafft die Informationen, nimmt selbst dazu Stellung und wirkt damit als orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung. In ihr artikuliert sich die öffentliche Meinung; die Argumente klären sich in Rede und Gegenrede, gewinnen deutliche Konturen und erleichtern so dem Bürger Urteil und Entscheidung. In der repräsentativen Demokratie steht die Presse zugleich als ständiges Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern in Parlament und Regierung. Sie faßt die in der Gesellschaft und ihren Gruppen unaufhörlich sich neu bildenden Meinungen und Forderungen kritisch zusammen, stellt sie zur Erörterung und trägt sie an die politisch handelnden Staatsorgane heran, die auf diese Weise ihre Entscheidungen auch in Einzelfragen der Tagespolitik ständig am Maßstab der im Volk tatsächlich vertretenen Auffassungen messen können.
So wichtig die damit der Presse zufallende "öffentliche Aufgabe" ist, so wenig kann diese von der organisierten staatlichen Gewalt erfüllt werden. Presseunternehmen müssen sich im gesellschaftlichen Raum frei bilden können. Sie arbeiten nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen und in privatrechtlichen Organisationsformen. Sie stehen miteinander in geistiger und wirtschaftlicher Konkurrenz, in die die öffentliche Gewalt grundsätzlich nicht eingreifen darf.
...Der Funktion der freien Presse im demokratischen Staat entspricht ihre Rechtsstellung nach der Verfassung. Das Grundgesetz gewährleistet in Art. 5 die Pressefreiheit. Wird damit zunächst - entsprechend der systematischen Stellung der Bestimmung und ihrem traditionellen Verständnis - ein subjektives Grundrecht für die im Pressewesen tätigen Personen und Unternehmen gewährt, das seinen Trägern Freiheit gegenüber staatlichem Zwang verbürgt und ihnen in gewissen Zusammenhängen eine bevorzugte Rechtsstellung sichert, so hat die Bestimmung zugleich auch eine objektiv-rechtliche Seite. Sie garantiert das Institut "Freie Presse". Der Staat ist - unabhängig von subjektiven Berechtigungen Einzelner - verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen. Freie Gründung von Presseorganen, freier Zugang zu den Presseberufen, Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden sind prinzipielle Folgerungen daraus; doch ließe sich etwa auch an eine Pflicht des Staates denken, Gefahren abzuwehren, die einem freien Pressewesen aus der Bildung von Meinungsmonopolen erwachsen könnten.
Die in Art. 5 GG gesicherte Eigenständigkeit der Presse reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen<ref>BVerfGE 10, 118 [121]; 12, 205 [260]</ref>. Deshalb gehört zur Pressefreiheit auch ein gewisser Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Presse und privaten Informanten. Er ist unentbehrlich, da die Presse auf private Mitteilungen nicht verzichten kann, diese Informationsquelle aber nur dann ergiebig fließt, wenn sich der Informant grundsätzlich darauf verlassen kann, daß das "Redaktionsgeheimnis" gewahrt bleibt.
...Die Pressefreiheit birgt die Möglichkeit in sich, mit anderen, vom Grundgesetz geschützten Werten in Konflikt zu geraten; es kann sich dabei um Rechte und Interessen Einzelner, der Verbände und Gruppen, aber auch der Gemeinschaft selbst handeln. Für die Regelung solcher Konflikte verweist das Grundgesetz auf die allgemeine Rechtsordnung, unter der auch die Presse steht. Rechtsgüter anderer wie der Allgemeinheit, die der Pressefreiheit im Rang mindestens gleichkommen, müssen auch von ihr geachtet werden. Die in gewisser Hinsicht bevorzugte Stellung der Presseangehörigen ist ihnen um ihrer Aufgabe willen und nur im Rahmen dieser Aufgabe eingeräumt. Es handelt sich nicht um persönliche Privilegien; Befreiungen von allgemein geltenden Rechtsnormen müssen nach Art und Reichweite stets von der Sache her sich rechtfertigen lassen.
Die Verweisung auf die allgemeine Rechtsordnung kommt in Art. 5 Abs. 2 GG zum Ausdruck, wonach die Pressefreiheit ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen findet. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in der Entscheidung vom 15. Januar 1958<ref>BVerfGE 7, 198 [208 ff.]</ref> über das Verhältnis der Meinungsfreiheit zu den allgemeinen Gesetzen geäußert. Danach wird zwar die Meinungsfreiheit durch die allgemeinen Gesetze begrenzt; diese selbst sind aber stets im Blick auf die Meinungsfreiheit auszulegen und daher in ihrer diese beschränkenden Wirkung gegebenenfalls selbst wieder einzuschränken. Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Pressefreiheit; sie gewinnen hier sogar besondere Bedeutung, da Äußerungen in der Presse in der Regel zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen wollen, also zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich haben, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren<ref>a.a.O.. Seite 212</ref>. Der Sinn dieses Urteils, angewandt auf die Pressefreiheit, liegt also darin, diese vor einer Relativierung durch die allgemeinen Gesetze - und die sie anwendenden Gerichte - zu bewahren und durch den Zwang, die Auslegung der allgemeinen Gesetze stets an dem Grundwert der Pressefreiheit zu orientieren, ihr den angemessenen Raum zu sichern und jede Einengung der Pressefreiheit zu verhindern, die nicht von der Rücksicht auf mindestens gleichwertige Rechtsgüter unbedingt geboten ist. Die objektiv-rechtliche, institutionelle Seite der Pressefreiheit, ihre Auswirkung als Wertmaßstab und Auslegungsgrundsatz für die allgemeine Rechtsordnung, tritt hier besonders hervor."<ref>BVerfG, Teilurteil vom 05.08.1966 - 1 BvR 586/62; 1 BvR 610/63; 1 BvR 512/64 Rdnr. 35 ff. - Spiegel ("Bedingt abwehrbereit")</ref>
Presse
Einzelfälle
Werkzeitungen
"Zur Presse im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gehören auch Werkszeitungen. Gegenstand verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung waren bisher zwar nur Zeitungen oder Zeitschriften, die dem Publikum allgemein zum Kauf angeboten werden. Werkszeitungen unterscheiden sich von solchen Presseerzeugnissen vor allem dadurch, daß sie lediglich unternehmensintern verteilt werden. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG läßt aber nicht erkennen, daß es für die Pressequalität eines Druckerzeugnisses auf diesen Unterschied ankommen soll. Für die Funktion des Grundrechts, eine staatlich nicht reglementierte, offene Kommunikation zu gewährleisten, ist er unerheblich. Die Ermöglichung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung, die Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisten will<ref>vgl. BVerfGE 57, 295 [319]</ref>, wird nicht nur von allgemein zugänglichen, sondern auch von gruppeninternen Publikationen erfüllt. Dementsprechend hat auch das Bundesverfassungsgericht den Schutz der Pressefreiheit nicht von besonderen Eigenschaften der Publikation abhängig gemacht, solange diese nur in gedruckter und zur Verbreitung geeigneter und bestimmter Form am Kommunikationsprozeß teilnimmt. Vielmehr ist es stets von einem weiten und formalen Pressebegriff ausgegangen<ref>vgl. BVerfGE 34, 269 [283]; 66, 116 [134]</ref>. Das muß auch für die Verbreitungsmodalitäten gelten. Entscheidend für den Grundrechtsschutz der Presse ist allein das Kommunikationsmedium, nicht der Vertriebsweg oder Empfängerkreis.
...Der Schutz der Pressefreiheit erstreckt sich auch auf das "Offen-Gesagt-Programm" als Bestandteil der Werkszeitung. Eine Unterscheidung zwischen geschützten und nicht geschützten Teilen einer Zeitung läßt Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht erkennen. Das Grundrecht schützt den gesamten Inhalt eines Presseorgans<ref>vgl. BVerfGE 21, 271 [278 f.]</ref>. Das folgt schon daraus, daß zur Pressefreiheit nicht nur die Bestimmung des Inhalts einer einzelnen Ausgabe oder des Themas eines einzelnen Artikels, sondern erst recht die Grundentscheidung über Ausrichtung und Gestaltung des Publikationsorgans insgesamt gehört. Darin ist auch die Entscheidung eingeschlossen, ob Zuschriften von Dritten in die Publikation aufgenommen werden. Geschützt sind daher nicht nur eigene Beiträge der Herausgeber oder redaktionellen Mitarbeiter. Der Schutz der Pressefreiheit umfaßt auch die Wiedergabe von Beiträgen Außenstehender, die sich nicht beruflich im Pressewesen betätigen."<ref>BVerfG, Beschluss vom 08.10.1996 - 1 BvR 1183/90 Rdnr. 26/27</ref>
Autorenangabe
"Das Grundrecht der Pressefreiheit schützt schließlich auch die Entscheidung, Zuschriften Dritter anonym zu veröffentlichen. Damit wird dem Grundsatz Rechnung getragen, daß sich die Freiheitsgarantie nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Form der Publikation bezieht<ref>vgl. BVerfGE 60, 234 [239 f.]</ref>. Zur Form gehört es auch, ob die Veröffentlichung eines Beitrags mit oder ohne Autorenangabe erfolgt. Soweit die Anonymität den Zweck hat, Autoren vor Nachteilen zu bewahren und der Zeitung den Informationsfluß zu erhalten, fällt ins Gewicht, daß sich die Pressefreiheit auch auf das Redaktionsgeheimnis sowie das Vertrauensverhältnis zwischen Presse und Informant erstreckt<ref>vgl. BVerfGE 20, 162 [176]</ref>. Ob es besondere arbeitsrechtliche Gründe geben kann, die Publikation anonymer Zuschriften in Werkszeitungen zu unterbinden, ist keine Frage des Schutzbereichs der Pressefreiheit, sondern ihrer Schranken."<ref>BVerfG, Beschluss vom 08.10.1996 - 1 BvR 1183/90 Rdnr. 28</ref>
Presse-Grossist
"Das Grundrecht der Pressefreiheit gewährleistet als subjektives Recht den im Pressewesen tätigen Personen und Unternehmen Freiheit von staatlichem Zwang; als objektives Recht garantiert es die Freiheit des Pressewesens insgesamt. Dieser Schutz reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung<ref>BVerfGE 10, 118 [121]</ref>. Er beschränkt sich nicht auf die unmittelbar inhaltsbezogenen Pressetätigkeiten, sondern erfasst im Interesse einer ungehinderten Meinungsverbreitung auch inhaltsferne Hilfsfunktionen von Presseunternehmen<ref>vgl. BVerfGE 25, 296 [304] - Buchhaltung; BVerfGE 64, 108 [114 f.]- Anzeigenaufnahme</ref>. Im einzelnen kommt es für die Definition des Schutzbereichs darauf an, was notwendige Bedingung des Funktionierens einer freien Presse ist<ref>BVerfGE 66, 116 [134]</ref>.
Damit wird allerdings nicht jede selbständige Dienstleistung in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG einbezogen, die der Presse zugute kommt und für diese funktionswichtig ist. Der Grundrechtsschutz des Art. 5 Abs. 1 GG besteht im Interesse der freien Meinungsbildung<ref>BVerfGE 57, 295 [319]</ref> und kann deswegen nur durch einen ausreichenden Inhaltsbezug ausgelöst werden. Dieser ist bei presseinternen Hilfstätigkeiten durch den organisatorischen Zusammenhalt des Presseunternehmens regelmäßig gegeben. Für presseexterne Hilfstätigkeiten bleibt es dagegen in der Regel beim Schutz anderer Grundrechte, namentlich des Art. 12 Abs. 1 GG. Etwas anderes kann jedoch ausnahmsweise im Interesse eines freiheitlichen Pressewesens dann gelten, wenn eine selbständig ausgeübte, nicht die Herstellung von Presseerzeugnissen betreffende Hilfstätigkeit typischerweise pressebezogen ist, in enger organisatorischer Bindung an die Presse erfolgt, für das Funktionieren einer freien Presse notwendig ist und wenn sich die staatliche Regulierung dieser Tätigkeit zugleich einschränkend auf die Meinungsverbreitung auswirkt.
So verhält es sich unter den gegenwärtigen Bedingungen im Pressewesen mit dem Presse-Grosso. Der Presse-Grossist ist zwar nicht in ein Presseunternehmen eingegliedert, wie das für die Träger derjenigen Hilfsfunktionen zutrifft, die nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG genießen. Auch fehlt ihm ein unmittelbarer Bezug zum Inhalt der von ihm vertriebenen Publikationen, um dessentwillen der Schutz der Pressefreiheit besteht. Sie stellen sich für ihn vielmehr als Ware dar, die er ohne Rücksicht auf den Inhalt vom Erzeuger an den Einzelhändler verteilt. Indessen rechtfertigt sich in der vorliegenden Konstellation die Einbeziehung der Tätigkeit des Grossisten in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, weil sowohl der enge organisatorische und funktionale Pressebezug seiner Dienstleistung als auch die Auswirkung der an ihn gerichteten Gesetzespflicht auf die Meinungsverbreitung gegeben sind.
Außerhalb des Abonnements werden die sogenannten Publikumszeitschriften heute ganz überwiegend von selbständigen Zwischenhändlern abgesetzt. Daher sind die Presseunternehmen für den freien Verkauf ihrer Erzeugnisse auf Grossisten angewiesen. Das gilt in gesteigertem Maß für neue, finanzschwache oder minderheitenorientierte Presseunternehmen, die zum Aufbau eines eigenen Vertriebsnetzes außerstande wären und ihr Publikum allein durch Grossisten zu erreichen vermögen. Andererseits haben sich die Verleger durch Preisbindung, Mengenbestimmung, Gebietszuweisung und Alleinauslieferungsverträge einen erheblichen Einfluss auf die Vertriebstätigkeit verschafft und im Gegenzug den Grossisten von dem unternehmerischen Risiko durch ein Rückgaberecht für nicht verkaufte Exemplare wesentlich entlastet. Durch diese Ausgestaltung der Beziehungen ist der Grossist in den Funktionszusammenhang der Herstellung und Verbreitung von Presseerzeugnissen derart eingegliedert, dass sich eine gesetzliche Regelung seiner Tätigkeit, die eine inhaltliche Kontrolle und gegebenenfalls die Nichtauslieferung von Presseerzeugnissen verlangt, auf die Tätigkeit der freien Presse insgesamt beschränkend auswirkt. Aus diesem Grunde ist es hier geboten, die ihrem Schutz dienende Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auch auf die Tätigkeit des Grossisten zu erstrecken."<ref>BVerfG, Beschluss vom 13.01.1988 - 1 BvR 1548/82 Rdnr. 37 ff.</ref>
Beschaffung von Informationen durch strafbare Handlungen
"in der Tat [wird] bei Aufdeckung wirklicher Missstände das Informationsinteresse der Öffentlichkeit in der Regel höher sein ... als das Interesse der Behörde, Informationen nicht nach außen dringen zu lassen. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber nicht um die Geheimhaltung einer Informationsquelle, sondern um die Aufklärung über die Mittel, mit deren Hilfe die Reporter möglicherweise die Beamten veranlasst hatten, die Untersuchungsgefangenen vorübergehend, jedoch ohne einen sich aus dem Ermittlungsverfahren selbst ergebenden Anlass, der Untersuchungshaft zu entziehen. Informanten waren nur die Untersuchungsgefangenen; sie waren bereits bekannt und legten offensichtlich keinen Wert auf Geheimhaltung ihrer Urheberschaft an den Artikeln. Auch die Namen und die Mitwirkung der die Zusammenkünfte vermittelnden Beamten waren bekannt; aufzuklären blieb nur die Frage, ob ihnen Vorteile gewährt worden waren. In diesem Fall bestand der Verdacht, dass die Geheimhaltung nicht einem höheren, die Sauberkeit des öffentlichen Lebens fördernden Interesse dienen sollte, sondern dem Gegenteil, nämlich der Korruption und Bestechlichkeit. Gerade wenn die Bedeutung der Pressefreiheit für das öffentliche Leben ernstgenommen wird, ist in diesem Fall vom Grundgesetz her ein besonderes Zeugnisverweigerungsrecht der Presse nicht geboten. Die Pressefreiheit darf nicht allein vom Blickpunkt der Presseverleger gesehen und nicht als Privilegierung für jegliche der Nachrichtensammlung und -verbreitung dienende Handlung verstanden werden; vielmehr findet sie, auch bei Berücksichtigung der geschäftlichen Interessen der Presseunternehmen, ihre Grenze dort, wo sie auf andere gewichtige Interessen des freiheitlichen demokratischen Staates stößt und die Erfüllung der publizistischen Aufgabe der Presse nicht den Vorrang der Pressefreiheit erfordert. Ein wichtiges allgemeines Interesse dieser Art besteht insbesondere an der gerechten Ahndung schwerer Straftaten des öffentlichen Dienstes<ref>vgl. BVerfGE 20, 162 [176 f.; 186 ff.]</ref>."<ref>BVerfG, Beschluss vom 11.03.1969 - 1 BvR 665/62; 1 BvR 152/69Rdnr. 29 f.</ref>
Inhalte von Presseerzeugnissen
"Verfassungsrechtlicher Maßstab" [für die einzelne Meinungsäußerung in einem Presseerzeugnis]<ref>ergänzt durch Red.</ref> "ist das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG."<ref>BVerfG, Beschluss vom 09.10.1991 - 1 BvR 1555/88 Rdnr. 37</ref>
"Die Pressefreiheit ist weder ein Spezialgrundrecht für drucktechnisch verbreitete Meinungen noch eine auf die Presse gemünzte verstärkende Wiederholung der Meinungsfreiheit. Wäre es nur darum gegangen sicherzustellen, daß auch die gedruckte Meinung grundrechtlich geschützt ist, so hätte es einer eigenen Garantie der Pressefreiheit nicht bedurft. Vielmehr wäre die Beibehaltung des Mediums "Druck", das bereits in Art. 143 Abs. 1 Satz 1 der Paulskirchen-Verfassung und Art. 118 Abs. 1 der Weimarer Verfassung neben Wort, Schrift und Bild stand, ausreichend gewesen. Auch aus den Debatten im Parlamentarischen Rat ergibt sich, daß der Verzicht auf das Wort "Druck" im Rahmen der Meinungsfreiheit und die Schaffung einer eigenen Garantie der Pressefreiheit nicht den Sinn haben sollte, gedruckte Äußerungen aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit auszuschließen und statt dessen dem Schutzbereich der Pressefreiheit zuzuweisen. Das Wort "Druck" wurde vielmehr nur deswegen aus dem Entwurf gestrichen, weil es nach Auffassung des Parlamentarischen Rats bereits im Tatbestandsmerkmal "Schrift" enthalten war<ref>vgl. JöR N.F. 1, S. 80 ff.</ref>.
Während die in einem Presseerzeugnis enthaltene Meinungsäußerung bereits durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt ist, geht es bei der besonderen Garantie der Pressefreiheit um die einzelne Meinungsäußerungen übersteigende Bedeutung der Presse für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung, die Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisten will<ref>vgl. BVerfGE 20, 162 [175 f.]</ref>. Daher bezieht sich der Schutz von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vor allem auf die Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit die Presse ihre Aufgabe im Kommunikationsprozeß erfüllen kann. Das ist gemeint, wenn das Bundesverfassungsgericht von einem weiten Pressebegriff gesprochen und festgestellt hat, das Grundrecht schütze die institutionelle Eigenständigkeit der Presse von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung<ref>vgl. BVerfGE 10, 118 [121]</ref>. Wenn es bei dieser Gelegenheit heißt, die institutionelle Sicherung der Presse schließe das subjektive öffentliche Recht der im Pressewesen tätigen Personen ein, ihre Meinung in der ihnen geeignet erscheinenden Form ebenso frei und ungehindert zu äußern wie jeder andere Bürger, so waren damit nicht einzelne Äußerungen in der Presse gemeint. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht auf der Grundlage dieser Formulierung die Verfassungsmäßigkeit eines Landesgesetzes geprüft, das der Regierung das Recht einräumte, Redakteuren unter bestimmten Voraussetzungen die Berufsausübung zu untersagen<ref>vgl. BVerfG, a.a.O.</ref>.
Der Schutzbereich der Pressefreiheit ist daher berührt, wenn es um die im Pressewesen tätigen Personen in Ausübung ihrer Funktion, um ein Presseerzeugnis selbst, um seine institutionell-organisatorischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen sowie um die Institution einer freien Presse überhaupt geht. Handelt es sich dagegen um die Frage, ob eine bestimmte Äußerung erlaubt war oder nicht, insbesondere ob ein Dritter eine für ihn nachteilige Äußerung hinzunehmen hat, ist ungeachtet des Verbreitungsmediums Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG einschlägig. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht auch bisher schon die Zulässigkeit von Meinungsäußerungen in Büchern oder Flugblättern, also Publikationen, die nach allgemeiner Auffassung dem Pressebegriff unterfallen, am Grundrecht der Meinungsfreiheit gemessen<ref>vgl. BVerfGE 43, 130 [137]; 71, 162 [179 ff.]</ref>. Ob daneben auch das Grundrecht der Pressefreiheit Prüfungsmaßstab sein kann, bedarf hier keiner Entscheidung."<ref>BVerfG, Beschluss vom 09.10.1991 - 1 BvR 1555/88 Rdnr. 38 ff.</ref>
Eingriffe
Verfassungsschutzbericht
"Nicht jedes staatliche Informationshandeln und nicht jede Teilhabe des Staates am Prozess öffentlicher Meinungsbildung ist als Grundrechtseingriff zu bewerten<ref>vgl. BVerfGE 105, 252 [265 ff.] -- zu Art. 12 Abs. 1 GG; 105, 279 [294 ff., 299 ff.] -- zu Art. 4 Abs. 1 GG</ref>. Maßgebend ist, ob der Schutzbereich eines Grundrechts berührt wird und ob die Beeinträchtigung einen Eingriff oder eine eingriffsgleiche Maßnahme darstellt. Das ist bei der Nennung der Beschwerdeführerin im Verfassungsschutzbericht zu bejahen.
aa) Der Schutzbereich des Grundrechts der Pressefreiheit bestimmt sich unter Berücksichtigung des Zwecks der grundrechtlichen Verbürgung. Die Pressefreiheit ist grundrechtlich im Hinblick darauf besonders geschützt, dass eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für eine Demokratie unentbehrlich ist<ref>vgl. BVerfGE 20, 162 [174]</ref>. Aufgabe der Presse ist es dementsprechend, umfassende Information zu ermöglichen, die Vielfalt der bestehenden Meinungen wiederzugeben und selbst Meinungen zu bilden und zu vertreten<ref>vgl. BVerfGE 52, 283 [296]</ref>. Dies setzt ihre Unabhängigkeit vom Staat voraus. Die Pressefreiheit schützt die Grundrechtsträger daher vor Einflussnahmen des Staates auf die mit Hilfe der Presse verbreiteten Informationen, insbesondere vor negativen oder positiven Sanktionen, die an Inhalt und Gestaltung des Presseerzeugnisses anknüpfen<ref>vgl. BVerfGE 80, 124 [133 f.] -- zu Subventionen</ref>.
Der Schutz vor inhaltsbezogenen Einwirkungen betrifft nicht allein Eingriffe im traditionellen Sinne<ref>zum herkömmlichen Eingriffsbegriff siehe BVerfGE 105, 279 [300]</ref>, sondern kann auch bei mittelbaren Einwirkungen auf die Presse<ref>vgl. BVerfGE 52, 283 [296]</ref> ausgelöst werden, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Eingriffen gleich kommen<ref>vgl. BVerfGE 105, 252 [273]</ref>. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt den Trägern der Pressefreiheit daher ein subjektives Abwehrrecht auch gegen Beeinträchtigungen, die mittelbar über eine Einflussnahme des Staates auf Dritte eintreten, etwa dadurch, dass das Verhalten dieser Dritten die publizistischen Wirkungsmöglichkeiten oder die finanziellen Erträge des Presseorgans in einer Weise nachteilig beeinflusst, die einem Eingriff gleichkommt. Dass über faktische Nachteile des Informationshandelns hinaus rechtliche Auswirkungen an die staatliche Maßnahme geknüpft sein müssen -- wie der Zweite Senat im Jahre 1975 für den Bereich des Art. 21 GG angenommen hat<ref>BVerfGE 40, 287 [293]</ref> -- ist demgegenüber nicht Voraussetzung dafür, dass die Kommunikationsfreiheit beeinträchtigt sein kann.
...
Der Verfassungsschutzbericht ist kein beliebiges Erzeugnis staatlicher Öffentlichkeitsarbeit. Er zielt auf die Abwehr besonderer Gefahren (§ 1 VSG NRW) und stammt von einer darauf spezialisierten und mit besonderen Befugnissen (vgl. §§ 5 ff. VSG NRW), darunter der Rechtsmacht zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel, arbeitenden Stelle. Insofern geht eine Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht über die bloße Teilhabe staatlicher Funktionsträger an öffentlichen Auseinandersetzungen oder an der Schaffung einer hinreichenden Informationsgrundlage für eine eigenständige Entscheidungsbildung der Bürger, etwa als Marktteilnehmer<ref>vgl. BVerfGE 105, 252 [267 ff.]</ref>, hinaus. Sie ist eine an die verbreiteten Kommunikationsinhalte anknüpfende, mittelbar belastende negative Sanktion gegen die Beschwerdeführerin.
...Die Äußerung im Verfassungsschutzbericht hat nach Auffassung des Verwaltungsgerichts zugleich den Charakter einer Warnung vor der Beschwerdeführerin und der von ihr verantworteten Zeitung<ref>zur Warnfunktion siehe auch OVG NRW, NVwZ 1994, S. 588 f.; Murswiek, NVwZ 2004, S. 769 [771] m.w.N. in Fn. 21</ref>. ... Potenzielle Leser können davon abgehalten werden, die Zeitung zu erwerben und zu lesen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass etwa Inserenten, Journalisten oder Leserbriefschreiber die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht zum Anlass nehmen, sich von der Zeitung abzuwenden oder sie zu boykottieren.
Eine solche mittelbare Wirkung der Verfassungsschutzberichte kommt einem Eingriff in das Kommunikationsgrundrecht gleich."<ref>BVerfG, Beschluss vom 24.05.2005 - 1 BvR 1072/01 Rdnr. 50 ff.</ref>
Rechtfertigung
Schranken (GG Art. 5 Abs. 2)
Nach GG Art. 5 Abs. 2 finden die in GG Art. 5 Abs. 1 genannten Kommunikationsgrundrechte ihre Schranken
- in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze,
- den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und
- in dem Recht der persönlichen Ehre.
Allgemeine Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG)
Gesetzliche Bestimmungen zum Schutze der Jugend
Recht der persönlichen Ehre
Schranken-Schranken
Zitate
- "Durchsuchungen und Beschlagnahmen in einem Ermittlungsverfahren gegen Presseangehörige sind verfassungsrechtlich unzulässig, wenn sie ausschließlich oder vorwiegend dem Zweck dienen, die Person des Informanten zu ermitteln (Bestätigung von BVerfGE 20, 162 [191 f., 217])."<ref>Amtlicher Leitsatz BVerfG, Urteil vom 27.02.2007 - 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06 - Cicero</ref>
- "Die bloße Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses im Sinne des § 353 b StGB durch einen Journalisten reicht im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht aus, um einen den strafprozessualen Ermächtigungen zur Durchsuchung und Beschlagnahme genügenden Verdacht der Beihilfe des Journalisten zum Geheimnisverrat zu begründen."<ref>Amtlicher Leitsatz BVerfG, Urteil vom 27.02.2007 - 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06 - Cicero</ref>
- "Soweit Meinungsäußerungen Dritter, die den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG genießen, in einem Presseorgan veröffentlicht werden, schließt die Pressefreiheit diesen Schutz mit ein: Einem Presseorgan darf die Veröffentlichung einer fremden Meinungsäußerung nicht verboten werden, wenn dem Meinungsträger selbst ihre Äußerung und Verbreitung zu gestatten ist. In diesem Umfang kann sich das Presseunternehmen auf eine Verletzung der Meinungsfreiheit Dritter in einer gerichtlichen Auseinandersetzung berufen. Das gilt auch in einem Zivilrechtsstreit über wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche."<ref>BVerfG, Urteil vom 12.12.2000 - 1 BvR 1762/95 und 1 BvR 1787/95 Rdnr. 39</ref>
Normen
Grundgesetz (GG)
- GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2
Verfassung des Freistaates Bayern (BV)
- BV Art. 111 Abs. 1: Die Presse hat die Aufgabe, im Dienst des demokratischen Gedankens über Vorgänge, Zustände und Einrichtungen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wahrheitsgemäß zu berichten.
Rechtsprechung
Bundesverfassungsgericht (BVerfG)
- BVerfG, Urteil vom 27.02.2007 - 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06 - Cicero
- BVerfG, Beschluss vom 24.05.2005 - 1 BvR 1072/01 - Junge Freiheit - Nennung eines Presseverlags im Verfassungsschutzbericht als Eingriff in die Pressefreiheit
- BVerfG, Urteil vom 24.01.2001 - 1 BvR 2623/95; 1 BvR 622/99 (n-tv) - Fernsehaufnahmen aus Gerichtsverhandlungen
- BVerfG, Urteil vom 12.12.2000 - 1 BvR 1762/95 und 1 BvR 1787/95 - Imagewerbung mit gesellschaftskritischen Themen
- BVerfG, Urteil vom 28.08.2000 - 1 BvR 1307/91 Grundbucheinsicht
- BVerfG, Beschluss vom 24.03.1998 - 1 BvR 131/96 - Namensnennung sexueller Mißbrauch
- BVerfG, Beschluss vom 14.01.1998 - 1 BvR 1861/93; 1 BvR 1864/96; 1 BvR 2073/97 - Caroline von Monaco I: Gegendarstellung auf der Titelseite
- BVerfG, Beschluss vom 08.10.1996 - 1 BvR 1183/90 - Werkszeitung
- BVerfG, Beschluss vom 09.02.1994 - 1 BvR 1687/92 Parabolantenne I
- BVerfG, Beschluss vom 09.10.1991 - 1 BvR 1555/88
- BVerfG, Beschluss vom 13.01.1988 - 1 BvR 1548/82 - Pressevertrieb
- BVerfG, Beschluss vom 25.01.1984 - 1 BvR 272/81 = BVerfGE 66, 116; NJW 1984, 1741 Walraff Informantenschutz
- BVerfG, Beschluss vom 10.05.1983 - 1 BvR 385/82 - Zeugnisverweigerungsrecht
- BVerfG, Beschluss vom 06.02.1979 - 2 BvR 154/78 = BVerfGE 50, 234; NJW 1979, 1400 Kölner Volksblatt
- BVerfG, Urteil vom 05.06.1973 - 1 BvR 536/72 = BVerfGE 35, 202; NJW 1973, 1226; NJW 1973, 1227; NJW 1973, 747 'Der Soldatenmord von Lebach'
- BVerfG, Beschluss vom 03.10.1969 - 1 BvR 46/65 = BVerfGE 27,71; NJW 1970, 235 Leipziger Volkszeitung
- BVerfG, Beschluss vom 11.03.1969 - 1 BvR 665/62; 1 BvR 152/69 -
- BVerfG, Teilurteil vom 05.08.1966 - 1 BvR 586/62; 1 BvR 610/63; 1 BvR 512/64 - Spiegel ("Bedingt abwehrbereit")
- BVerfG, Beschluss vom 25.01.1961 - 1 BvR 9/57 = BVerfGE 12, 113; NJW 1961, 819
- BVerfG, Beschluss vom 06.10.1959 - 1 BvL 118/53 = BVerfGE 10, 118; NJW 1960, 29
- BVerfG, Urteil vom 15.01.1958 - 1 BvR 400/51 Lüth
Bayerischer Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH)
Publikationen
- Haller, Recherchieren, 7. Aufl. 2008, UVK Verlag Konstanz, ISBN 9783896694348
- Soehring, Presserecht, 4. Aufl. 2010, Verlag Dr. Otto Schmidt Köln, ISBN 9783504671044
Siehe auch
- Öffentlichkeitsarbeit
- Presserecht
- Redaktionsgeheimnis
- Meinungsfreiheit
- Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung (Art. 98-123 BV)
Fußnoten
<references />