Behandlung fehlerhafter Beschlüsse der Mitgliederversammlung
Nach der Rechtsprechung des BGH "kommt im Vereinsrecht bei der Behandlung fehlerhafter Beschlüsse eine entsprechende Anwendung der AktG § 241 ff. wegen der Vielgestaltigkeit vereinsrechtlicher Zusammenschlüsse und der darum anders gelagerten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht in Betracht<ref>BGH, Urteil vom 09.11.1972 - II ZR 63/71 = BGHZ 59, 369, 371 f.; vgl. auch BGH, Urt. v. 3. März 1971 – KZR 5/70, NJW 1971, 879 f., insoweit bei BGHZ 55, 381 ff. nicht abgedruckt</ref>. An dieser Rechtsprechung ist trotz im Schrifttum geäußerter Kritik<ref>vgl. etwa MünchKommBGB/Reuter 5. Aufl. § 32 Rdn. 56 m. w. Nachw.</ref> insbesondere mit Rücksicht auf die geringeren Förmlichkeiten des Vereinsrechts, das gerade nicht zwischen rechtsgestaltender Beschlussanfechtung und deklaratorischer Feststellung der Nichtigkeit unterscheidet, festzuhalten. Mängel von Vereinsbeschlüssen sind daher mit Hilfe der allgemeinen Feststellungsklage zu verfolgen."<ref>BGH, Urteil vom 02.07.2007 - II ZR 111/05 = NJW 2008, 69 Abs. 70</ref>
Nichtigkeit des Beschlusses der Mitgliederversammlung
Ladungsmängel bei der Einberufung der Mitgliederversammlung können zur Nichtigkeit eines Beschlusses der Mitgliederversammlung führen. Dies kann der Fall sein bei Nichtladung von Mitgliedern eines Vereins zur Mitgliederversammlung, oder wenn
- durch ein unzuständiges Organ<ref>BayObLG, Beschluss vom 13.07.1989 - BReg. 3 Z 85/89 = BayObLGZ 1989, 298 zum Notvorstand; BGH, Urteil vom 26.10.1955 - VI ZR 90/54 = BGHZ 18, 334 zur Genossenschaft, BGH, Urteil vom 07.02.1983 - II ZR 14/82 = BGHZ 87,1, NJW 1983, 1677 zur Befugnis zum Einberufen der Gesellschafterversammlung einer GmbH
</ref>,
- zur Unzeit<ref>vgl. BGH, Urteil vom 13.02.2006 - II ZR 200/04 = NJW-RR 2006, 831</ref>,
- an einem unzumutbaren Ort,
- ohne ordnungsgemäße Mitteilung der Tagesordnung<ref>"Ist der Gegenstand der Beschlussfassung nicht oder so ungenau bestimmt, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung und eine Entscheidung, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen, nicht möglich ist, so sind die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB nichtig."(Sen. Urt. v. 17. November 1986 – II ZR 304/85, NJW 1987, 1811 f.; Waldner in Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein 18. Aufl. Rdn. 213; Soergel/Hadding, BGB 13. Aufl. § 32 Rdn. 15)</ref><ref>BGH, Urteil vom 02.07.2007 - II ZR 111/05 = NJW 2008, 69 Abs. 73</ref>,
- ohne ordnungsgemäßen Vorstandsbeschluss oder
- als unzulässige Eventualeinberufung<ref>BayObLG, Beschluss vom 18.09.2002 - 3Z BR 148/02 = NJW-RR 2002, 1612</ref>
geladen wird. Weitere Nichtigkeitsgründe<ref>vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 32 Rn. 9</ref> können sein:
- Teilnahme von Nichtmitgliedern an der Beschlussfassung der Mitgliederversammlung<ref>BGH, Urteil vom 18.12.1967 - II ZR 211/65 = BGHZ 49, 209, NJW 1968, 543</ref>
- Unbefugte Leitung der Mitgliederversammlung<ref>KG, Urteil vom 30.10.1987 - 13 U 1111/87 = NJW 1988, 3159</ref>
- Satzungswidrige Blockwahl des Vorstands<ref>OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26.06.2013 - 3 W 41/13 = FGPrax 2013, 276, Rpfleger 2014, 209</ref>.
Ein Beschluss ist ferner dann nichtig, wenn er
- gegen die guten Sitten
- gegen ein gesetzliches Verbot oder
- gegen die Vereinssatzung verstößt.
"Mängel von Vereinsbeschlüssen sind mit Hilfe der allgemeinen Feststellungsklage zu verfolgen."<ref>BGH, Urteil vom 02.07.2007 - II ZR 111/05 = NJW 2008, 69 Abs. 70</ref>
Widerspruch des in seinen Rechten verletzten Mitglieds
"Die Auffassung, die Nichtigkeit eines Beschlusses sei abhängig vom Widerspruch des in seinen Rechten verletzten Mitglieds, wird nur vertreten für Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, die nicht übergeordneten Interessen, sondern dem Schutz einzelner Mitglieder dienen<ref>(so Palandt/Heinrichs/Ellenberger § 32 Rn. 10; Sauter/Schweyer/Waldner Rn. 214; vgl. auch OLG Hamm NJW-RR 1997, 989 zur Verwirkung des Klagerechts gegen disziplinarische Vereinsmaßnahmen gegen ein Mitglied)"</ref>.<ref>OLG München, Beschluss vom 29.01.2008 - 31 Wx 78/07, 31 Wx 81/07 = NJW-RR 2008, 993, NZG 2008, 351 Abs. 30</ref>
Normen
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Aktiengesetz
- AktG § 241 ff.<ref>im Vereinsrecht nicht anwendbar</ref>
Genossenschaftsgesetz (GenG)
- GenG § 51<ref>im Vereinsrecht nicht anwendbar</ref>
Rechtsprechung
- BGH, Urteil vom 02.07.2007 - II ZR 111/05 = NJW 2008, 69: "Nach der Rechtsprechung des Senats kommt im Vereinsrecht bei der Behandlung fehlerhafter Beschlüsse eine entsprechende Anwendung der AktG § 241} ff. wegen der Vielgestaltigkeit vereinsrechtlicher Zusammenschlüsse und der darum anders gelagerten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht in Betracht<ref>BGH, Urteil vom 09.11.1972 - II ZR 63/71 = BGHZ 59, 369, 371 f.; vgl. auch BGH, Urt. v. 3. März 1971 – KZR 5/70, NJW 1971, 879 f., insoweit bei BGHZ 55, 381 ff. nicht abgedruckt</ref>. An dieser Rechtsprechung ist trotz im Schrifttum geäußerter Kritik<ref>vgl. etwa MünchKommBGB/Reuter 5. Aufl. § 32 Rdn. 56 m. w. Nachw.</ref> insbesondere mit Rücksicht auf die geringeren Förmlichkeiten des Vereinsrechts, das gerade nicht zwischen rechtsgestaltender Beschlussanfechtung und deklaratorischer Feststellung der Nichtigkeit unterscheidet, festzuhalten. Mängel von Vereinsbeschlüssen sind daher mit Hilfe der allgemeinen Feststellungsklage zu verfolgen."<ref> Abs. 70</ref>
- BGH, Urteil vom 09.11.1972 - II ZR 63/71 = BGHZ 59, 369
Fußnoten
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