Versammlungsfreiheit

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Schutzbereich

Persönlich

Nach GG Art. 8 Abs. 1 haben alle Deutschen<ref>s. GG Art. 116 Abs. 1</ref> das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Ausländer fallen somit in persönlicher Hinsicht nicht unter den Schutzbereich des GG Art. 8 Abs. 1. Die Grundrechte gelten nach GG Art. 19 Abs. 3 auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

Sachlich

Versammlung

Körperliche Zusammenkunft zum Zwecke der öffentlichen Meinungsbildung

"GG Art. 8 Abs. 1 schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke<ref>Hervorhebung durch die Redaktion; durch das Zweckerfordernis ist die Versammlung abzugrenzen von der bloßen Ansammlung</ref> einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen<ref>vgl. BVerfGE 104, 92 [104]; 111, 147 [154 f.]</ref>. Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend<ref>vgl. BVerfGE 69, 315 [344 f.]</ref>. In ihrer idealtypischen Ausformung sind Demonstrationen die gemeinsame körperliche<ref>Hervorhebung durch die Redaktion; "virtuelle" Zusammenkünfte, etwa im Internet, stellen keine Versammlung im Sinne des GG Art. 8 dar</ref> Sichtbarmachung von Überzeugungen, bei der die Teilnehmer in der Gemeinschaft mit anderen eine Vergewisserung dieser Überzeugungen erfahren und andererseits nach außen - schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und die Wahl des Ortes - im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen<ref>vgl. BVerfGE 69, 315 [345]</ref>.

bb) GG Art. 8 Abs. 1 gewährleistet auch das Recht, selbst zu bestimmen, wann, wo und unter welchen Modalitäten eine Versammlung stattfinden soll. Als Abwehrrecht, das auch und vor allem andersdenkenden Minderheiten zugute kommt, gewährleistet das Grundrecht den Grundrechtsträgern so nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung<ref>vgl. BVerfGE 69, 315 [343]</ref>. Die Bürger sollen damit selbst entscheiden können, wo sie ihr Anliegen - gegebenenfalls auch in Blick auf Bezüge zu bestimmten Orten oder Einrichtungen - am wirksamsten zur Geltung bringen können.

(1) Die Versammlungsfreiheit verschafft damit allerdings kein Zutrittsrecht zu beliebigen Orten. Insbesondere gewährt es dem Bürger keinen Zutritt zu Orten, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind oder zu denen schon den äußeren Umständen nach nur zu bestimmten Zwecken Zugang gewährt wird. Die Durchführung von Versammlungen etwa in Verwaltungsgebäuden oder in eingefriedeten, der Allgemeinheit nicht geöffneten Anlagen ist durch Art. 8 Abs. 1 GG ebenso wenig geschützt wie etwa in einem öffentlichen Schwimmbad oder Krankenhaus.

(2) Demgegenüber verbürgt die Versammlungsfreiheit die Durchführung von Versammlungen dort, wo ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist.

Dies betrifft - unabhängig von einfachrechtlichen Bestimmungen des Straßenrechts - zunächst den öffentlichen Straßenraum. Dieser ist das natürliche und geschichtlich leitbildprägende Forum, auf dem Bürger ihre Anliegen besonders wirksam in die Öffentlichkeit tragen und hierüber die Kommunikation anstoßen können. Vor allem innerörtliche Straßen und Plätze werden heute als Stätten des Informations- und Meinungsaustausches sowie der Pflege menschlicher Kontakte angesehen. In verstärktem Maß gilt dies für Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche; die Ermöglichung des kommunikativen Verkehrs ist ein wesentliches Anliegen, das mit solchen Einrichtungen verfolgt wird<ref>vgl. Stahlhut, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, S. 730</ref>. Das Versammlungsrecht knüpft an diese Funktion an. Dabei beachtet es die allgemeinen straßen- und straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen, die es jedoch partiell überlagert, sofern dies für eine effektive Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit erforderlich ist. Öffentliche Versammlungen und Aufzüge finden hier die Bedingungen, um Forderungen einem allgemeinen Publikum zu Gehör zu bringen und Protest oder Unmut sinnbildlich "auf die Straße zu tragen".

Entsprechendes gilt aber auch für Stätten außerhalb des öffentlichen Straßenraums, an denen in ähnlicher Weise ein öffentlicher Verkehr eröffnet ist und Orte der allgemeinen Kommunikation entstehen. Wenn heute die Kommunikationsfunktion der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze zunehmend durch weitere Foren wie Einkaufszentren, Ladenpassagen oder sonstige Begegnungsstätten ergänzt wird, kann die Versammlungsfreiheit für die Verkehrsflächen solcher Einrichtungen nicht ausgenommen werden, soweit eine unmittelbare Grundrechtsbindung besteht oder Private im Wege der mittelbaren Drittwirkung in Anspruch genommen werden können. Dies gilt unabhängig davon, ob die Flächen sich in eigenen Anlagen befinden oder in Verbindung mit Infrastruktureinrichtungen stehen, überdacht oder im Freien angesiedelt sind. Grundrechtlich ist auch unerheblich, ob ein solcher Kommunikationsraum mit den Mitteln des öffentlichen Straßen- und Wegerechts oder des Zivilrechts geschaffen wird. Ein Verbot von Versammlungen kann auch nicht als Minus zu der Nichtöffnung des Geländes und damit als bloße Versagung einer freiwilligen Leistung angesehen werden. Vielmehr besteht zwischen der Eröffnung eines Verkehrs zur öffentlichen Kommunikation und der Versammlungsfreiheit ein unaufhebbarer Zusammenhang: Dort wo öffentliche Kommunikationsräume eröffnet werden, kann der unmittelbar grundrechtsverpflichtete Staat nicht unter Rückgriff auf frei gesetzte Zweckbestimmungen oder Widmungsentscheidungen den Gebrauch der Kommunikationsfreiheiten aus den zulässigen Nutzungen ausnehmen: Er würde sich damit in Widerspruch zu der eigenen Öffnungsentscheidung setzen.

(3) Orte allgemeinen kommunikativen Verkehrs, die neben dem öffentlichen Straßenraum für die Durchführung von Versammlungen in Anspruch genommen werden können, sind zunächst nur solche, die der Öffentlichkeit allgemein geöffnet und zugänglich sind. Ausgeschlossen sind demgegenüber zum einen Orte, zu denen der Zugang individuell kontrolliert und nur für einzelne, begrenzte Zwecke gestattet wird. Wenn eine individuelle Eingangskontrolle wie an der Sicherheitsschleuse zum Abflugbereich für eine Einrichtung sicherstellt, dass nur bestimmte Personen - die Flugpassagiere, um ihre Reise anzutreten - Zutritt haben, ist dort kein allgemeiner Verkehr eröffnet. Die Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit kann an solchen Orten nicht beansprucht werden.

Zum anderen beantwortet sich die Frage, ob ein solcher außerhalb öffentlicher Straßen, Wege und Plätze liegender Ort als ein öffentlicher Kommunikationsraum zu beurteilen ist, nach dem Leitbild des öffentlichen Forums<ref>vgl. zu ähnlichen Kriterien: Supreme Court of Canada, Committee for the Commonwealth of Canada v. Canada, [1991] 1 S. C. R. 139; Supreme Court of the United States, International Society for Krishna Consciousness [ISKCON] v. Lee, 505 U. S. 672 [1992]</ref>. Dieses ist dadurch charakterisiert, dass auf ihm eine Vielzahl von verschiedenen Tätigkeiten und Anliegen verfolgt werden kann und hierdurch ein vielseitiges und offenes Kommunikationsgeflecht entsteht. Abzugrenzen ist dies von Stätten, die der Allgemeinheit ihren äußeren Umständen nach nur zu ganz bestimmten Zwecken zur Verfügung stehen und entsprechend ausgestaltet sind. Wenn Orte in tatsächlicher Hinsicht ausschließlich oder ganz überwiegend nur einer bestimmten Funktion dienen, kann in ihnen - außerhalb privater Nutzungsrechte - die Durchführung von Versammlungen nach Art. 8 Abs. 1 GG nicht begehrt werden. Anders ist dies indes dort, wo die Verbindung von Ladengeschäften, Dienstleistungsanbietern, Restaurationsbetrieben und Erholungsflächen einen Raum des Flanierens schafft und so Orte des Verweilens und der Begegnung entstehen. Werden Räume in dieser Weise für ein Nebeneinander verschiedener, auch kommunikativer Nutzungen geöffnet und zum öffentlichen Forum, kann aus ihnen gemäß Art. 8 Abs. 1 GG auch die politische Auseinandersetzung in Form von kollektiven Meinungskundgaben durch Versammlungen nicht herausgehalten werden. Art. 8 Abs. 1 GG gewährleistet den Bürgern für die Verkehrsflächen solcher Orte das Recht, das Publikum mit politischen Auseinandersetzungen, gesellschaftlichen Konflikten oder sonstigen Themen zu konfrontieren. Solche Möglichkeiten, Aufmerksamkeit zu erzielen, sind als Grundlage der demokratischen Willensbildung mit der Versammlungsfreiheit gewollt und bilden ein konstituierendes Element der demokratischen Staatsordnung."<ref>BVerfG, Urteil vom 22.02.2011 - 1 BvR 699/06</ref>

Keine Versammlung: Spaßveranstaltungen (Love Parade)

"Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, den Begriff der Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes in Anlehnung an den verfassungsrechtlichen Versammlungsbegriff zu deuten und auf Veranstaltungen zu begrenzen, die durch eine gemeinschaftliche, auf Kommunikation angelegte Entfaltung mehrerer Personen gekennzeichnet sind<ref>vgl. BVerfGE 69, 315 <343>; BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, DVBl 2001, S. 901 f.; BVerwGE 82, 34 <38 f.></ref>. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit erhält seine besondere verfassungsrechtliche Bedeutung in der freiheitlichen demokratischen Ordnung des Grundgesetzes wegen des Bezugs auf den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung. Namentlich in Demokratien mit parlamentarischem Repräsentativsystem und geringen plebiszitären Mitwirkungsrechten hat die Freiheit kollektiver Meinungskundgabe die Bedeutung eines grundlegenden Funktionselements. Das Grundrecht gewährleistet insbesondere Minderheitenschutz und verschafft auch denen Möglichkeiten zur Äußerung in einer größeren Öffentlichkeit, denen der direkte Zugang zu den Medien versperrt ist<ref>vgl. BVerfGE 69, 315 <346 f.></ref>. Dementsprechend sind Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Erörterung und Kundgebung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung. Die darauf bezogene Versammlungsfreiheit genießt einen gegenüber der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG gesteigerten Schutz. Insbesondere unterliegt die Versammlungsfreiheit wegen der konstitutiven Bedeutung des Grundrechts für die Demokratie nur den in Art. 8 Abs. 2 GG vorgesehenen Schranken. Für die Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 8 GG reicht es nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrem gemeinschaftlichen Verhalten durch irgendeinen Zweck miteinander verbunden sind."<ref>BVerfG, Beschluss vom 12.07.2001 - 1 BvQ 28/01 (Love Parade)</ref>

Abgrenzung: Ansammlung

friedlich und ohne Waffen

"Die Verfassung gewährleistet lediglich das Recht, sich "friedlich und ohne Waffen zu versammeln". Mit dem Erfordernis der Friedlichkeit, das schon in der Paulskirchen-Verfassung und ebenso in der Weimarer Verfassung enthalten war, wird etwas klargestellt, was bereits aus der Rechtsnatur der Versammlungsfreiheit folgt, soweit sie als Mittel zur geistigen Auseinandersetzung und zur Einflußnahme auf die politische Willensbildung verstanden wird<ref>vgl. auch BGH, NJW 1972, S. 1571 [1573]</ref>. ... Ein Teilnehmer verhält sich jedenfalls dann unfriedlich, wenn er Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen begeht. Auf deren Vermeidung muß eine Rechtsordnung, die nach Überwindung des mittelalterlichen Faustrechts die Ausübung von Gewalt nicht zuletzt im Interesse schwächerer Minderheiten beim Staat monopolisiert hat, strikt bestehen. Das ist Vorbedingung für die Gewährleistung der Versammlungsfreiheit als Mittel zur aktiven Teilnahme am politischen Prozeß und - wie die Erfahrungen mit den Straßenkämpfen während der Weimarer Republik gezeigt haben - für eine freiheitliche Demokratie auch deshalb unverzichtbar, weil die Abwehr von Gewalttätigkeiten freiheitsbegrenzende Maßnahmen auslöst. Von den Demonstranten kann ein friedliches Verhalten um so mehr erwartet werden, als sie dadurch nur gewinnen können, während sie bei gewalttätigen Konfrontationen am Ende stets der Staatsgewalt unterliegen werden und zugleich die von ihnen verfolgten Ziele verdunkeln.

Die Anordnung eines Versammlungsverbotes wirft verfassungsrechtlich auch bei Großdemonstrationen keine besonderen Probleme auf, wenn die Prognose mit hoher Wahrscheinlichkeit ergibt, daß der Veranstalter und sein Anhang Gewalttätigkeiten beabsichtigen oder ein solches Verhalten anderer zumindest billigen werden. Eine derartige Demonstration wird als unfriedlich von der Gewährleistung des Art. 8 GG überhaupt nicht erfaßt; ihre Auflösung und ihr Verbot können daher dieses Grundrecht nicht verletzen. Ähnlich klar erscheint die Rechtslage, wenn sich umgekehrt der Veranstalter und sein Anhang friedlich verhalten und Störungen lediglich von Außenstehenden (Gegendemonstrationen, Störergruppen) ausgehen. Für diesen Fall wird in der Literatur zutreffend gefordert, daß sich behördliche Maßnahmen primär gegen die Störer richten müssen und daß nur unter den besonderen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes gegen die Versammlung als ganze eingeschritten werden dürfe<ref>Hoffmann-Riem, a.a.O., RdNr. 23 und 53 zu Art. 8 GG; Dietel/Gintzel, a.a.O., RdNr. 14 zu § 15 VersG; vgl. v. Münch, a.a.O., RdNr. 39 zu Art. 8 GG; Drosdzol, Grundprobleme des Demonstrationsrechts, JuS 1983, S. 409 [414]; Frowein, a.a.O. [1084]</ref>.

Steht kollektive Unfriedlichkeit nicht zu befürchten, ist also nicht damit zu rechnen, daß eine Demonstration im Ganzen einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nimmt (vgl. § 13 I Nr. 2 VersG) oder daß der Veranstalter oder sein Anhang einen solchen Verlauf anstreben (vgl. § 5 Nr. 3 VersG) oder zumindest billigen, dann muß für die friedlichen Teilnehmer der von der Verfassung jedem Staatsbürger garantierte Schutz der Versammlungsfreiheit auch dann erhalten bleiben, wenn einzelne andere Demonstranten oder eine Minderheit Ausschreitungen begehen<ref>vgl. v. Münch, a.a.O., RdNr. 18 zu Art. 8 GG; Herzog, a.a.O., RdNr. 59 f., 89 f. zu Art. 8 GG; Hoffmann-Riem, a.a.O., RdNr. 23 zu Art. 8 GG; Blanke/Sterzel, a.a.O. [76]; Schwäble, a.a.O., S. 229 und 234; Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 6. Aufl, 1983, RdNr. 4 zu Art. 8</ref>. Würde unfriedliches Verhalten Einzelner für die gesamte Veranstaltung und nicht nur für die Täter zum Fortfall des Grundrechtsschutzes führen, hätten diese es in der Hand, Demonstrationen "umzufunktionieren" und entgegen dem Willen der anderen Teilnehmer rechtswidrig werden zu lassen<ref>so schon OVG Saarlouis, DÖV 1973, S. 863 [864 f.]</ref>; praktisch könnte dann jede Großdemonstration verboten werden, da sich nahezu immer "Erkenntnisse" über unfriedliche Absichten eines Teiles der Teilnehmer beibringen lassen.

Der sonach fortwirkende Schutz des Art. 8 GG muß sich auf die Anwendung grundrechtsbeschränkender Rechtsnormen auswirken<ref>für strafrechtliche und haftungsrechtliche Maßnahmen bei teilweise unfriedlich verlaufenen Demonstrationen vgl. BGHSt 32, 165 [169]; BGHZ 89, 383 [395]; vgl. ferner die Entscheidung der Europäischen Kommission für Menschenrechte, EuGRZ 1981, BVerfGE 69, 315 (361)BVerfGE 69, 315 (362)S 216 [217]</ref>. Die unter Gesetzesvorbehalt stehende Grundrechtsgewährleistung schließt es nicht aus, auf der Grundlage des § 15 VersG auch gegen die gesamte Demonstration behördliche Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit bis hin zu einem Verbot anzuordnen. Jedoch ist bevorzugt eine nachträgliche Auflösung zu erwägen, die den friedlichen Teilnehmern die Chance einer Grundrechtsausübung nicht von vornherein abschneidet und dem Veranstalter den Vorrang bei der Isolierung unfriedlicher Teilnehmer beläßt. Ein vorbeugendes Verbot der gesamten Veranstaltung wegen befürchteter Ausschreitungen einer gewaltorientierten Minderheit ist hingegen - das gebietet die Pflicht zur optimalen Wahrung der Versammlungsfreiheit mit den daraus folgenden verfahrensrechtlichen Anforderungen - nur unter strengen Voraussetzungen und unter verfassungskonformer Anwendung des § 15 VersG statthaft. Dazu gehört eine hohe Wahrscheinlichkeit in der Gefahrenprognose<ref>vgl. OVG Saarlouis, DÖV 1973, S. 863 [864]; BayVGH, DÖV 1979, S. 569 [570]; ähnlich Schwäble, a.a.O., S. 229 und Drosdzol, a.a.O. [415]</ref> sowie die vorherige Ausschöpfung aller sinnvoll anwendbaren Mittel, die eine Grundrechtsverwirklichung der friedlichen Demonstranten (zB durch die räumliche Beschränkung eines Verbotes) ermöglichen. Insbesondere setzt das Verbot der gesamten Demonstration als ultima ratio voraus, daß das mildere Mittel, durch Kooperation mit den friedlichen Demonstranten eine Gefährdung zu verhindern, gescheitert ist oder daß eine solche Kooperation aus Gründen, welche die Demonstranten zu vertreten haben, unmöglich war. Wird aufgrund der näheren Umstände ein allgemeines vorbeugendes Demonstrationsverbot erwogen, so erscheint es bei Großdemonstrationen mit weit überwiegend friedlich gesonnenen Teilnehmern in aller Regel geboten, daß eine solche außergewöhnliche und einschneidende Maßnahme zuvor unter Fristsetzung angekündigt wird, wobei innerhalb der Frist Gelegenheit zur Erörterung der befürchteten Gefahren und geeigneter Gegenmaßnahmen besteht."<ref>BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81; 1 BvR 341/81</ref>

Normen

Rechtsprechung

Publikationen

Lokalpresse

Fachartikel

Siehe auch

Fußnoten

<references/>