Durchgriffshaftung: Unterschied zwischen den Versionen

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Für die Verbindlichkeiten des eingetragenen Vereins haftet regelmäßig nur dieser selbst und nicht die hinter ihm stehenden Vereinsmitglieder.<ref>{{BGH II ZR 239/05}} Amtlicher Leitsatz 1</ref> Eine Durchbrechung dieses [[Trennungsgrundsatz|Trennungsgrundsatzes]] ist nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die Ausnutzung der rechtlichen Verschiedenheit zwischen der juristischen Person und den hinter ihr stehenden natürlichen Personen [[Rechtsmissbrauch|rechtsmissbräuchlich]] ist (sog. [[Durchgriffshaftung]]).<ref>{{BGH II ZR 239/05}} Amtlicher Leitsatz 2</ref>  
 
Für die Verbindlichkeiten des eingetragenen Vereins haftet regelmäßig nur dieser selbst und nicht die hinter ihm stehenden Vereinsmitglieder.<ref>{{BGH II ZR 239/05}} Amtlicher Leitsatz 1</ref> Eine Durchbrechung dieses [[Trennungsgrundsatz|Trennungsgrundsatzes]] ist nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die Ausnutzung der rechtlichen Verschiedenheit zwischen der juristischen Person und den hinter ihr stehenden natürlichen Personen [[Rechtsmissbrauch|rechtsmissbräuchlich]] ist (sog. [[Durchgriffshaftung]]).<ref>{{BGH II ZR 239/05}} Amtlicher Leitsatz 2</ref>  
  
Auch der BGH<ref>{{BGH ZR 28/69}} Abs. 10</ref> "hält an dem vom Reichsgericht und vom Bundesgerichtshof mehrfach<ref>RGZ 156, 271, 277; 169, 240, 248; BGHZ 20, 4, 11 [BGH 30.01.1956 - II ZR 168/54];  26, 31, 37) [BGH 07.11.1957 - II ZR 280/55]</ref> ausgesprochenen Grundsatz fest, daß über die Rechtsfigur einer juristischen Person nicht leichtfertig und schrankenlos hinweggegangen werden darf. Regelmäßig haften daher für Schulden eines eingetragenen Vereins nur dieser selbst und nicht die hinter ihm stehenden Vereinsmitglieder. Eine Ausnahme muß jedoch dann gelten, wenn die Anwendung dieses Grundsatzes zu Ergebnissen führen würde, die mit Treu und Glauben nicht in Einklang stehen, und wenn die Ausnutzung der rechtlichen Verschiedenheit zwischen der juristischen Person und den hinter ihr stehenden natürlichen Personen einen Rechtsmißbrauch bedeutet. Es ist Aufgabe des Richters, einem treuwidrigen Verhalten der hinter der juristischen Person stehenden natürlichen, Personen entgegenzutreten und die juristische Konstruktion hintanzusetzen, wenn die Wirklichkeiten des Lebens, die wirtschaftlichen Bedürfnisse und die Macht der Tatsachen eine solche Handhabung gebieten<ref>RGZ 99, 232, 234; 103, 64, 66; 129, 50, 53, 54; BGHZ 20, 4, 14 [BGH 30.01.1956 - II ZR 168/54];  29, 385, 392) [BGH 12.03.1959 - II ZR 180/57]</ref>. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Abweichung als notwendig erweist, um einem mit der juristischen Person in Rechtsbeziehungen getretenen Dritten zu der ihm nach Treu und Glauben zukommenden Leistung zu verhelfen<ref>RGZ 156, 271, 277</ref>."
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Auch der BGH<ref>{{BGH ZR 28/69}} Abs. 10</ref> "hält an dem vom Reichsgericht und vom Bundesgerichtshof mehrfach<ref>RGZ 156, 271, 277; 169, 240, 248; BGHZ 20, 4, 11 [BGH 30.01.1956 - II ZR 168/54];  26, 31, 37) [BGH 07.11.1957 - II ZR 280/55]</ref> ausgesprochenen Grundsatz fest, dass über die Rechtsfigur einer juristischen Person nicht leichtfertig und schrankenlos hinweggegangen werden darf. Regelmäßig haften daher für Schulden eines eingetragenen Vereins nur dieser selbst und nicht die hinter ihm stehenden Vereinsmitglieder. Eine Ausnahme muß jedoch dann gelten, wenn die Anwendung dieses Grundsatzes zu Ergebnissen führen würde, die mit Treu und Glauben nicht in Einklang stehen, und wenn die Ausnutzung der rechtlichen Verschiedenheit zwischen der juristischen Person und den hinter ihr stehenden natürlichen Personen einen Rechtsmißbrauch bedeutet. Es ist Aufgabe des Richters, einem treuwidrigen Verhalten der hinter der juristischen Person stehenden natürlichen, Personen entgegenzutreten und die juristische Konstruktion hintanzusetzen, wenn die Wirklichkeiten des Lebens, die wirtschaftlichen Bedürfnisse und die Macht der Tatsachen eine solche Handhabung gebieten<ref>RGZ 99, 232, 234; 103, 64, 66; 129, 50, 53, 54; BGHZ 20, 4, 14 [BGH 30.01.1956 - II ZR 168/54];  29, 385, 392) [BGH 12.03.1959 - II ZR 180/57]</ref>. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Abweichung als notwendig erweist, um einem mit der juristischen Person in Rechtsbeziehungen getretenen Dritten zu der ihm nach Treu und Glauben zukommenden Leistung zu verhelfen<ref>RGZ 156, 271, 277</ref>."
  
 
===[[Überschreitung des Nebenzweckprivilegs und Durchgriffshaftung]]?===
 
===[[Überschreitung des Nebenzweckprivilegs und Durchgriffshaftung]]?===

Version vom 25. April 2020, 11:37 Uhr

Für die Verbindlichkeiten des eingetragenen Vereins haftet regelmäßig nur dieser selbst und nicht die hinter ihm stehenden Vereinsmitglieder.<ref>BGH, Urteil vom 10.12.2007 - II ZR 239/05 = BGHZ 175, 12, WM 2008, 358 Amtlicher Leitsatz 1</ref> Eine Durchbrechung dieses Trennungsgrundsatzes ist nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die Ausnutzung der rechtlichen Verschiedenheit zwischen der juristischen Person und den hinter ihr stehenden natürlichen Personen rechtsmissbräuchlich ist (sog. Durchgriffshaftung).<ref>BGH, Urteil vom 10.12.2007 - II ZR 239/05 = BGHZ 175, 12, WM 2008, 358 Amtlicher Leitsatz 2</ref>

Auch der BGH<ref>BGH, Urteil vom 08.07.1970 - VIII ZR 28/69 Abs. 10</ref> "hält an dem vom Reichsgericht und vom Bundesgerichtshof mehrfach<ref>RGZ 156, 271, 277; 169, 240, 248; BGHZ 20, 4, 11 [BGH 30.01.1956 - II ZR 168/54]; 26, 31, 37) [BGH 07.11.1957 - II ZR 280/55]</ref> ausgesprochenen Grundsatz fest, dass über die Rechtsfigur einer juristischen Person nicht leichtfertig und schrankenlos hinweggegangen werden darf. Regelmäßig haften daher für Schulden eines eingetragenen Vereins nur dieser selbst und nicht die hinter ihm stehenden Vereinsmitglieder. Eine Ausnahme muß jedoch dann gelten, wenn die Anwendung dieses Grundsatzes zu Ergebnissen führen würde, die mit Treu und Glauben nicht in Einklang stehen, und wenn die Ausnutzung der rechtlichen Verschiedenheit zwischen der juristischen Person und den hinter ihr stehenden natürlichen Personen einen Rechtsmißbrauch bedeutet. Es ist Aufgabe des Richters, einem treuwidrigen Verhalten der hinter der juristischen Person stehenden natürlichen, Personen entgegenzutreten und die juristische Konstruktion hintanzusetzen, wenn die Wirklichkeiten des Lebens, die wirtschaftlichen Bedürfnisse und die Macht der Tatsachen eine solche Handhabung gebieten<ref>RGZ 99, 232, 234; 103, 64, 66; 129, 50, 53, 54; BGHZ 20, 4, 14 [BGH 30.01.1956 - II ZR 168/54]; 29, 385, 392) [BGH 12.03.1959 - II ZR 180/57]</ref>. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Abweichung als notwendig erweist, um einem mit der juristischen Person in Rechtsbeziehungen getretenen Dritten zu der ihm nach Treu und Glauben zukommenden Leistung zu verhelfen<ref>RGZ 156, 271, 277</ref>."

Überschreitung des Nebenzweckprivilegs und Durchgriffshaftung?

Bei einer zweckwidrigen Überschreitung des Nebenzweckprivilegs durch wirtschaftliche Betätigung des eingetragenen Idealvereins sind die gesetzlichen Sanktionen der Amtslöschung gemäß §§ 159, 142 FGG und der behördlichen Entziehung der Rechtsfähigkeit nach BGB § 43 Abs. 2 sowie der durch sie bewirkte mittelbare Zwang zu dessen Auflösung oder Umwandlung nach derzeitiger Gesetzeslage grundsätzlich zum Schutz des Rechtsverkehrs ausreichend.<ref>BGH, Urteil vom 10.12.2007 - II ZR 239/05 = BGHZ 175, 12, WM 2008, 358 Amtlicher Leitsatz 3; soweit nicht ausnahmsweise eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung des Trennungsprinzips durch die Vereinsmitglieder (vgl. BGHZ 78, 318, 333) hinzukommt (vgl. auch K. Schmidt, JR 1987, 177, 178; ders. in Gedächtnisschrift R. Walz, 677, 680; Segna, Rpfleger 2006, 449, 454)</ref> Für die zusätzliche Sanktion einer (rückwirkenden) persönlichen Durchgriffshaftung der Mitglieder des eingetragenen Idealvereins wegen Duldung bzw. Nichtverhinderung einer Überschreitung des Nebenzweckprivilegs ist – schon wegen Fehlens einer regelungsbedürftigen Gesetzeslücke – kein Raum.<ref>BGH, Urteil vom 10.12.2007 - II ZR 239/05 = BGHZ 175, 12, WM 2008, 358 Amtlicher Leitsatz 4; Abs. 30: abl. auch: v. Hippel, NZG 2006, 537; K. Schmidt, ZIP aaO S. 605; Bamberger/Roth/Schwarz/Schöpflin aaO § 21 Rdn. 22; Schöpflin in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB 2. Aufl. § 21 Rdn. 8; offen gelassen bei: Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB 67. Aufl. Einf. v. § 21 Rdn. 12; MünchKommBGB/Reuter, § 21 Rdn. 48; jurisPK-BGB/Otto § 22 Rdn. 41, die aber jeweils auf die kritische Urteilsanmerkung von v. Hippel verweisen</ref>

"Die gesetzlichen Sanktionen der Amtslöschung ... und der behördlichen Entziehung der Rechtsfähigkeit nach BGB § 43 Abs. 2 sowie der durch sie bewirkte mittelbare Zwang zur Auflösung oder Umwandlung des das Nebenzweckprivileg überschreitenden Idealvereins sind nach derzeitiger Gesetzeslage grundsätzlich - d.h., soweit nicht ausnahmsweise eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung des Trennungsprinzips durch die Vereinsmitglieder im oben beschriebenen Sinne<ref>vgl. BGHZ 78, 318, 333</ref> hinzukommt - zum Schutz des Rechtsverkehrs ausreichend<ref>vgl. auch K. Schmidt, JR aaO S. 178; ders. in Gedächtnisschrift R. Walz, 677, 680; Segna, Rpfleger 2006, 449, 454</ref>.

Angesichts dieser eindeutigen Gesetzeslage ist für den ... Versuch, im Wege einer Rechtsfortbildung die Duldung bzw. Nichtverhinderung einer Überschreitung des Nebenzweckprivilegs durch Vereinsmitglieder zusätzlich mit der Sanktion ihrer (rückwirkenden) persönlichen Haftung zu belegen, schon wegen Fehlens einer - regelungsbedürftigen - Gesetzeslücke kein Raum<ref>abl. auch: v. Hippel, NZG 2006, 537; K. Schmidt, ZIP aaO S. 605; Bamberger/Roth/Schwarz/Schöpflin aaO § 21 Rdn. 22; Schöpflin in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB 2. Aufl. § 21 Rdn. 8; offen gelassen bei: Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB 67. Aufl. Einf. v. § 21 Rdn. 12; MünchKommBGB/Reuter, § 21 Rdn. 48; jurisPK-BGB/Otto § 22 Rdn. 41, die aber jeweils auf die kritische Urteilsanmerkung von v. Hippel verweisen</ref>. Überdies trifft die Ausgangsthese des Berufungsgerichts, es entspreche "allgemeinen korporationsrechtlichen Grundsätzen, dass die Mitglieder bzw. Gesellschafter einer Körperschaft grundlegenden strukturellen Fehlentwicklungen durch nachhaltige Maßnahmen entgegenzutreten haben und sie bei der Verletzung einer solchen Pflicht einer persönlichen Haftung unterworfen" sind, nicht zu; ein derartiger Durchgriffstatbestand ist dem geltenden Recht fremd<ref>so zutreffend: K. Schmidt, ZIP aaO S. 609; ders. Gedächtnisschrift aaO S. 687</ref>".<ref>BGH, Urteil vom 10.12.2007 - II ZR 239/05 = BGHZ 175, 12, WM 2008, 358 Abs. 26 f.</ref>

Normen

Rechtsprechung

Fußnoten

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