Nicht rechtsfähiger Verein: Unterschied zwischen den Versionen

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* {{BGH II ZR 111/05}}: "1. Der nicht rechtsfähige Verein ist aktiv parteifähig. 2. a) Einer rechtlich unselbständigen Untergliederung eines eingetragenen Vereins fehlt das Feststellungsinteresse, von dessen Mitgliedern gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Kontrolle zuzuführen. Die Beschlussanfechtung setzt auch im Vereinsrecht grundsätzlich voraus, dass das klagende Mitglied dem Verein sowohl im Zeitpunkt der Beschlussfassung als auch dem der Rechtshängigkeit angehört. b) Ist der Gegenstand der Beschlussfassung in der Einladung zu einer Mitgliederversammlung nicht oder so ungenau bestimmt, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung und eine Entscheidung, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen, nicht möglich ist, so sind die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse nichtig."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
 
* {{BGH II ZR 111/05}}: "1. Der nicht rechtsfähige Verein ist aktiv parteifähig. 2. a) Einer rechtlich unselbständigen Untergliederung eines eingetragenen Vereins fehlt das Feststellungsinteresse, von dessen Mitgliedern gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Kontrolle zuzuführen. Die Beschlussanfechtung setzt auch im Vereinsrecht grundsätzlich voraus, dass das klagende Mitglied dem Verein sowohl im Zeitpunkt der Beschlussfassung als auch dem der Rechtshängigkeit angehört. b) Ist der Gegenstand der Beschlussfassung in der Einladung zu einer Mitgliederversammlung nicht oder so ungenau bestimmt, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung und eine Entscheidung, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen, nicht möglich ist, so sind die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse nichtig."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
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* {{BGH II ZR 385/98}}: "a) Ein im Gründungsstadium befindlicher, nichtrechtsfähiger [[kommunaler Zweckverband]] kann – trotz Fehlens entsprechender Regelungen in öffentlich-rechtlichen Normen des Zweckverbandsrechts – bei Teilnahme am Privatrechtsverkehr Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten, insbesondere Partei eines privatrechtlichen Vertrages, sein. Auf ihn findet hinsichtlich einer solchen privatrechtlichen Betätigung – je nach dem Grad der körperschaftlichen Verselbständigung – das Recht der [[Gesellschaft bürgerlichen Rechts]] oder des [[Nichtrechtsfähiger Verein|nichtrechtsfähigen]] [[Wirtschaftlicher Verein|wirtschaftlichen Vereins]] Anwendung. b) Die Gründungsmitglieder eines gescheiterten öffentlich-rechtlichen Zweckverbandes haften für dessen im Gründungsstadium begründete Darlehensverbindlichkeiten wie Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft oder diesen gemäß § 54 Satz 1 BGB gleichgestellte Mitglieder eines wirtschaftlichen Vorvereins unbeschränkt und gesamtschuldnerisch.""<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
 
* {{BGH II ZR 168/83}}: [[Untergliederung|Untergliederungen]] eines Vereins können die Rechtsform eines [[nicht-rechtsfähiger Verein|nicht-rechtsfähigen Vereins]] haben, wenn sie auf Dauer Aufgaben nach außen im eigenen Namen durch eine eigene, dafür handlungsfähige Organisation wahrnehmen. Nicht erforderlich ist, daß Zweck und Organisation der Untergliederung in einer von dieser beschlossenen Satzung festgelegt sind; sie können sich auch aus der Satzung des Hauptvereins ergeben.<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
 
* {{BGH II ZR 168/83}}: [[Untergliederung|Untergliederungen]] eines Vereins können die Rechtsform eines [[nicht-rechtsfähiger Verein|nicht-rechtsfähigen Vereins]] haben, wenn sie auf Dauer Aufgaben nach außen im eigenen Namen durch eine eigene, dafür handlungsfähige Organisation wahrnehmen. Nicht erforderlich ist, daß Zweck und Organisation der Untergliederung in einer von dieser beschlossenen Satzung festgelegt sind; sie können sich auch aus der Satzung des Hauptvereins ergeben.<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
 
* {{BGH VII ZR 63/66}}
 
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Version vom 27. Mai 2020, 08:46 Uhr

Auf Vereine, die nicht rechtsfähig sind, finden nach BGB § 54 Satz 1 die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung. Aus einem Rechtsgeschäft, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde nach BGB § 54 Satz 2 persönlich; handeln mehrere, so haften sie als Gesamtschuldner. Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann nach ZPO § 50 Abs. 2 klagen und verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.

Vorverein

Der Vorverein ist ein nicht rechtsfähiger Verein.<ref>BayObLG, Beschluss vom 26.01.1972 - BReg. 2 Z 135/71</ref> Als Vorstufe kann eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehen.<ref>Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 21 Rn. 12</ref>

Parteifähigkeit

Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann nach ZPO § 50 Abs. 2 klagen und verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.

Anwendbarkeit von Vereinsrecht auf den nicht rechtsfähigen Verein


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Die Vorschrift des BGB § 54 Satz 1 ist vor dem historischen Hintergrund des Misstrauens gegenüber Gewerkschaften überholt. Der Gesetzgeber verfolgte seinerzeit das voreinspolizeiliche Ziel, auch über das Zivilrecht Komntrolle über die aufstrebenden Gewerkschaften auszuüben. Die nichtrechtsfähigen Vereine unterstellte der Gesetzgeber dem Gesellschaftsrecht (BGB § 54), obwohl dies ihrer körperschaftlichen Struktur und ihren Bedürfnissen nicht entspricht. Dadurch erstrebte er, sie am Erwerb eines größeren Vermögens zu hindern und ihre gesellschaftliche Einflußmöglichkeit zu schwächen.<ref>(Mugdan, Materialien zum BGB I S. 401, 637, 640; Staudinger-Coing BGB 11. Aufl. § 54 Rz. 1; Boehmer, Grundlagen der bürgerlichen Rechtsordnung, Teil II 2 S. 168 ff; Habscheid AcP 155 S. 375, 379 ff; Stoll, Die Reichsgerichtspraxis im Deutschen Rechtsleben II, 1929, S. 50 ff; Enneccerus-Nipperdey, BGB Allgemeiner Teil I 15. Aufl. § 116; Fabricius, Relativität der Rechtsfälligkeit, 1963 S. 187 ff)</ref>. Haftungsrechtlich hat die herrschende Lehre in entsprechender Anwendung des BGB § 31 dem nichtrechtsfähigen Verein als solchen die Handlungen seiner Organe und Hilfspersonen zugerechnet und die Mitglieder von der im Gesellschaftsrecht vorgesehenen gesamtschuldnerischen Haftung freigestellt<ref>(Schumann, Zur Haftung der nichtrechtsfähigen Vereine, 1956 S. 33 ff, 58; Habscheid AcP 155, 407 ff, Denecke in RGR-Kommentar 11. Aufl. § 54 Anm. 15; Soergel-Siebert a.a.O. § 54 Rd. Nr. 54; Fabricius a.a.O. S. 192; Enneccerus-Nipperdey aaO, § 116 S. 708 ff; Wapler NJW 1961, 439 [BGH 21.12.1960 - VIII ZR 214/59]; vgl. auch BGHZ 42, 216 [BGH 06.10.1964 - VI ZR 176/63]; a.A. Palandt-Danckelmann, BGB, 27. Aufl. § 54 Anm. 2) A) im Anschluß an RGZ 143, 212)</ref>. Die veränderte, nunmehr bejahende Haltung von Staat und Gesellschaft zu den Gewerkschaften hat vor allem auch im Grundgesetz Ausdruck gefunden, nämlich in Art. 9 Abs. 3 GG, der das Grundrecht der Koalitionsfreiheit normiert<ref>(vgl. dazu BVerfGE 4, 96, 101 f, 106 [BVerfG 18.11.1954 - 1 BvR 629/52]; 17, 319, 329, 333 [BVerfG 14.04.1964 - 2 BvR 69/62]; 18, 26 [BVerfG 06.05.1964 - 1 BvR 79/62]; 19, 303, 312 [BVerfG 30.11.1965 - 2 BvR 54/62]; 20, 312, 317 [BVerfG 19.10.1966 - 1 BvL 24/65]; BGHZ 42, 210, 216 [BGH 06.10.1964 - VI ZR 176/63]-217)</ref>. Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG erklärt ferner alle Maßnahmen für rechtswidrig, welche das Recht der Koalitionsfreiheit einzuschränken oder zu behindern suchen. Der BGH entschied in , dass eine Beschränkung der Gewerkschaften auf die passive Parteifähigkeit mit dem Wertsystem der geltenden materiellen Rechtsordnung nicht mehr vereinbar ist. Sie wird der seit Anfang dieses Jahrhunderts fortschreitend vollzogenen sozialen und vor allem Rechtsentwicklung nicht mehr gerecht.<ref>(vgl. auch BGHZ 26, 349; 35, 363, 367 [BGH 19.09.1961 - VI ZR 259/60]; 39, 124, 131 [BGH 05.03.1963 - VI ZR 55/62]; dazu Hauß LM Nr. 18 und 23 zu § 847 BGB)</ref>."<ref>BGH, Urteil vom 11.07.1968 - VII ZR 63/66 = BGHZ 50, 325 Abs. 9 ff.</ref> Die Frage, ob die volle Parteifähigkeit etwa nicht nur für Gewerkschaften, sondern für alle nichtrechtsfähigen Vereine, oder jedenfalls für solche mit sehr großer Mitgliederzahl ("Massenorganisationen") zu bejahen ist (vgl. dazu Wapler, NJW 1961, 439 [BGH 21.12.1960 - VIII ZR 214/59]; Fabricius a.a.O. S. 187 ff;. 216-217), ließ der BGH<ref>BGH, Urteil vom 11.07.1968 - VII ZR 63/66 = BGHZ 50, 325 Abs. 9 ff.</ref> zunächst offen.

Seit BGH, Urteil vom 02.07.2007 - II ZR 111/05 = NJW 2008, 69 ist in der BGH-Rechtsprechung anerkannt, dass der nicht rechtsfähige Verein aktiv parteifähig ist. Dies wurde mit dem Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlicher Änderungen vom 24.09.2009 auch in ZPO § 50 Abs. 2 ausdrücklich verankert.

Untergliederung eines eingetragenen Vereins

Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Untergliederung eines eingetragenen Vereins als nicht rechtsfähiger Verein anzusehen, "wenn er auf Dauer Aufgaben nach außen im eigenen Namen durch eine eigene, handlungsfähige Organisation wahrnimmt<ref>(BGHZ 90, 331, 333)</ref>. Die Untergliederung muss eine körperschaftliche Verfassung besitzen, einen Gesamtnamen führen, vom Wechsel ihrer Mitglieder unabhängig sein und neben ihrer unselbständigen Tätigkeit für den Hauptverein Aufgaben auch eigenständig wahrnehmen<ref>(Senat aaO 332; BGHZ 73, 275, 278; BGH, Urt. v. 21. März 1972 – VI ZR 157/70, LM ZPO § 50 Nr. 25)</ref>."<ref>BGH, Urteil vom 02.07.2007 - II ZR 111/05 = NJW 2008, 69 Abs. 86</ref>

Normen

Grundgesetz (GG)

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Zivilprozessordnung (ZPO)

  • ZPO § 50 Abs. 2: Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann klagen und verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.

Rechtsprechung

Reichsgericht (RG)

  • RG, Urteil vom 18.01.1934 - IV 369/33 = RGZ 143, 213: "1. Haftet die Gesamtheit der Mitglieder eines nichtrechtsfähigen Vereins, wenn sie sich zur Erfüllung einer gegenüber einem Mitglied bestehenden Vereinsverpflichtung des Vorstandes bedient, für dessen fahrlässige Nichtbeachtung der im Verkehr erforderlichen oder nur der Sorgfalt, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt? 2. Kann § 708 BGB. durch die Vereinssatzung auch stillschweigend ausgeschlossen werden?"<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>

Bundesgerichtshof (BGH)

  • BGH, Urteil vom 02.07.2007 - II ZR 111/05 = NJW 2008, 69: "1. Der nicht rechtsfähige Verein ist aktiv parteifähig. 2. a) Einer rechtlich unselbständigen Untergliederung eines eingetragenen Vereins fehlt das Feststellungsinteresse, von dessen Mitgliedern gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Kontrolle zuzuführen. Die Beschlussanfechtung setzt auch im Vereinsrecht grundsätzlich voraus, dass das klagende Mitglied dem Verein sowohl im Zeitpunkt der Beschlussfassung als auch dem der Rechtshängigkeit angehört. b) Ist der Gegenstand der Beschlussfassung in der Einladung zu einer Mitgliederversammlung nicht oder so ungenau bestimmt, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung und eine Entscheidung, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen, nicht möglich ist, so sind die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse nichtig."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BGH, Urteil vom 18.12.2000 - II ZR 385/98 = NJW 2001, 748: "a) Ein im Gründungsstadium befindlicher, nichtrechtsfähiger kommunaler Zweckverband kann – trotz Fehlens entsprechender Regelungen in öffentlich-rechtlichen Normen des Zweckverbandsrechts – bei Teilnahme am Privatrechtsverkehr Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten, insbesondere Partei eines privatrechtlichen Vertrages, sein. Auf ihn findet hinsichtlich einer solchen privatrechtlichen Betätigung – je nach dem Grad der körperschaftlichen Verselbständigung – das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder des nichtrechtsfähigen wirtschaftlichen Vereins Anwendung. b) Die Gründungsmitglieder eines gescheiterten öffentlich-rechtlichen Zweckverbandes haften für dessen im Gründungsstadium begründete Darlehensverbindlichkeiten wie Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft oder diesen gemäß § 54 Satz 1 BGB gleichgestellte Mitglieder eines wirtschaftlichen Vorvereins unbeschränkt und gesamtschuldnerisch.""<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BGH, Urteil vom 19.03.1984 - II ZR 168/83 (DLRG) = BGHZ 90, 331: Untergliederungen eines Vereins können die Rechtsform eines nicht-rechtsfähigen Vereins haben, wenn sie auf Dauer Aufgaben nach außen im eigenen Namen durch eine eigene, dafür handlungsfähige Organisation wahrnehmen. Nicht erforderlich ist, daß Zweck und Organisation der Untergliederung in einer von dieser beschlossenen Satzung festgelegt sind; sie können sich auch aus der Satzung des Hauptvereins ergeben.<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BGH, Urteil vom 11.07.1968 - VII ZR 63/66 = BGHZ 50, 325

Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG)

Landgerichte

Siehe auch

Fußnoten

<references/>