Abgrenzung des wirtschaftlichen Vereins vom Idealverein

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Es ist "von drei Grundtypen von Vereinen auszugehen, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist:

  • Nicht nach BGB § 21 eintragungsfähig ist zunächst der Volltypus des unternehmerischen Vereins, der an einem äußeren Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet.
  • Ferner betrifft dies den Verein mit einer derartigen unternehmerischen Tätigkeit an einem inneren, aus den Mitgliedern bestehenden Markt.
  • Schließlich ist auch ein Verein auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, der eine genossenschaftliche Kooperation betreibt, also von seinen Mitgliedern mit ausgegliederten unternehmerischen Teilaufgaben betraut wird<ref>vgl. nur Senat, jeweils a. a. O.; K. Schmidt, a. a. O., S. 45 ff.; Weick in: Staudinger, 2005, § 21 Rn. 6 ff.</ref>.

Nicht maßgeblich für die Abgrenzung zwischen Wirtschaftsvereinen und Idealvereinen ist jedenfalls, ob der Verein eine Gewinnerzielungsabsicht hat<ref>Senat, OLGR Schleswig 1997, S. 12; Rpfleger 2010, S. 669 f.; BayObLGZ 1985, S. 283 ff.; 1989, S. 124 ff.; OLG Frankfurt, NJW-RR 2006, S. 1698 f.; K. Schmidt, a. a. O., S. 46 f.</ref>. Maßgeblich ist vielmehr, dass Wirtschaftsgüter planmäßig und gegen Entgelt angeboten werden, und zwar unabhängig davon, ob das Entgelt nur Kosten deckend oder sogar Verlust bringend ist<ref>Senat, OLGR Schleswig 1997, S. 12; BayObLGZ 1985, S. 283 ff.; OLG Celle, Rpfleger 1992, S. 66 f.; KG, DNotZ 2011, S. 632 ff.; zu der besonderen Ausgestaltung der Entgeltlichkeit beim dritten Typus des wirtschaftlichen Vereins vgl. Senat, Rpfleger 2010, S. 669 f., juris Rn. 27; K. Schmidt, a. a. O., S. 46</ref>.

Wenn nach der Einordnung in einen der drei Typen von einer wirtschaftlichen Tätigkeit auszugehen ist, steht dies nur dann der Eintragung in das Vereinsregister nicht entgegen, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit als bloßer Nebenzweck in den Dienst des Hauptzwecks gestellt wird (so genanntes Nebenzweckprivileg<ref>vgl. nur BGHZ 85, 84; Senat, NJW-RR 2001, S. 1478; K. Schmidt, a. a. O., S. 46</ref>."<ref>{{OLG Schleswig, Beschluss vom 18.04.2012 - 2 W 28/12 = NZM 2012, 623, FGPrax 2012, 212, Rpfleger 2012, 693, NZG 2013, 145 Abs. 31 ff.]</ref>

Wirtschaftlicher Verein (unternehmerisch tätige Vereine)

Äußerer Markt<ref>Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 21 Rn. 5</ref>

Innerer, aus den Mitgliedern bestehender Markt (Binnenmarkt)<ref>Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 21 Rn. 5</ref>

Genossenschaftliche Kooperation<ref>Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 21 Rn. 5 f.</ref>

Ist es der Zweck eines Vereins, mit einem kaufmännisch organisierten Betrieb Hilfsgeschäfte für die gewerblichen Unternehmungen der Mitglieder auszuführen, so kann er die Rechtsfähigkeit nicht durch Eintragung ins Vereinsregister erwerben, wenn er bei Ausführung der Hilfsgeschäfte dauernd und planmäßig in rechtsgeschäftlich verbindlicher Weise am Rechtsverkehr mit Dritten teilnehmen soll; auf die Entgeltlichkeit der Rechtsgeschäfte kommt es für die Frage, ob ein "wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb" bezweckt ist, in einem solchen Falle nicht an.<ref>BGH, Beschluss vom 14.07.1966 - II ZB 2/66 = BGHZ 45, 395 Amtlicher Leitsatz</ref>

Beispiele

Idealverein

Bei rechtlicher und organisatorischer Trennung

Der BGH<ref>BGH, Urteil vom 29.09.1982 - I ZR 88/80 = BGHZ 85, 84</ref> hatte im Fall der ADAC-Rechtsschutzversicherung AG entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß durch Rechtsbruch oder Mißbrauch der Rechtsform des Idealvereins schon deshalb ausscheidet, weil es insoweit bereits an einem Gesetzesverstoß, der für sich allein oder im Zusammenwirken mit weiteren Umständen das beanstandete Verhalten als unlauter erscheinen lassen könnte, fehle<ref>vgl. Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 13. Aufl., Einl. Rdn. 114; § 1 Rdn. 534 ff, 559; Schricker, Gesetzesverletzung und Sittenverstoß, S. 34 ff, 239 ff, 274</ref>.

Die Gründung und das Betreiben des Versicherungsgeschäfts stünde zu den Vorschriften des Vereinsrechts (§§ 21, 22 BGB) nicht in Widerspruch. Insoweit sei entscheidend, dass das Rechtsschutzversicherungsgeschäft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft betrieben werde, d.h. als eine rechtsfähige Person des Handelsrechts, die gegenüber dem Verein juristisch und organisatorisch selbständig sei. Dem entspreche die tatsächliche Ausgestaltung des Geschäftsbetriebs hinsichtlich der Versicherten. Diese würden nur mit der Aktiengesellschaft in versicherungsvertraglicher Beziehung stehen, und nur sie würde beim Eintritt des Versicherungsfalls tätig.

Die rechtliche und organisatorische Trennung schließe es aus, die Geschäftstätigkeit der Aktiengesellschaft vereinsrechtlich als eine eigene unternehmerische Betätigung des Idealvereins anzusehen, d.h. als einen eigenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne der §§ 21 und 22 BGB, der mit den Zwecken eines Idealvereins möglicherweise nicht zu vereinbaren wäre. Den Vorschriften der §§ 21 und 22 BGB liege der gesetzgeberische Gedanke zugrunde, aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs, insbesondere des Gläubigerschutzes, Vereine mit wirtschaftlicher Zielsetzung auf die dafür zur Verfügung stehenden handelsrechtlichen Formen zu verweisen und die wirtschaftliche Betätigung von Idealvereinen zu verhindern, soweit es sich nicht lediglich um eine untergeordnete, den idealen Hauptzwecken des Vereins dienende wirtschaftliche Betätigung im Rahmen des sogenannten Nebenzweckprivilegs handele<ref>RGZ 133, 170, 174, 175; BGHZ 45, 395, 397, 398</ref>.

"Diese gesetzgeberischen Erwägungen tragen der Tatsache Rechnung, dass bei einer nach aussen gerichteten wirtschaftlichen Betätigung Gläubigerinteressen in besonderem Maße berührt werden und dass diese Interessen in den für juristische Personen des Handelsrechts und andere Kaufleute geltenden Vorschriften eine weit stärkere Berücksichtigung gefunden haben als in den Bestimmungen des Vereinsrechts. Denn während sich bei einem Idealverein Gläubigerschutzbestimmungen auf die Vorschriften über die Konkursantragspflicht des Vorstands und die Liquidation des Vereins beschränken<ref>vgl. § 42 Abs. 2, §§ 51-53 BGB</ref>, unterliegt eine juristische Person des Handelsrechts in erster Linie im Interesse der Gläubiger zwingenden Vorschriften über eine Mindestkapitalausstattung, über Bilanzierungs-, Publizitäts- und Prüfungspflichten sowie über die - unbeschränkbare - Vertretungsmacht ihrer organschaftlichen und bevollmächtigten Vertreter<ref>siehe für die Aktiengesellschaft §§ 7, 36 Abs. 2, 37, 57 ff, 82, 148 ff, 162 ff AktG</ref>. Darauf beruht es, dass nach den §§ 21 und 22 BGB ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist (Idealverein), bereits durch Eintragung in das Vereinsregister Rechtsfähigkeit erlangt und dass der Erwerb der Rechtsfähigkeit durch einen wirtschaftlichen Verein nur ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn es für diesen wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls unzumutbar ist, sich in einer der für rechtsfähige wirtschaftliche Zusammenschlüsse bundesgesetzlich bereitstehenden Rechtsformen wie beispielsweise der AG oder GmbH zu organisieren und auf diese Weise Rechtsfähigkeit zu erlangen<ref>BVerwGE 58, 26 = NJW 1979, 2261</ref>.
Diesen vereinsrechtlichen Bestimmungen ist genügt, wenn das Versicherungsgeschäft durch eine juristisch und organisatorisch selbständige Gesellschaft des Handelsrechts betrieben wird, auch wenn diese von einem Idealverein gegründet worden ist und dem Versicherungsgeschäft auf dessen Betreiben und mit dessen Unterstützung nachgeht. Insoweit ist wesentlich, dass die Aktiengesellschaft ihren Gläubigern, insbesondere den Versicherten, alle Sicherheiten bietet, die mit der Rechtsform einer solchen Gesellschaft verbunden sind. Ist das aber der Fall und ist der den §§ 21 und 22 BGB zugrunde liegenden gesetzgeberischen Zielsetzung damit Rechnung getragen, kann nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung der Geschäftsbetrieb der Aktiengesellschaft dem Idealverein nicht als eigener wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne der §§ 21 und 22 BGB zugeordnet werden."<ref>BGH, Urteil vom 29.09.1982 - I ZR 88/80 = BGHZ 85, 84</ref>

Betriebliche Sozialeinrichtungen<ref>BayObLG, Beschluss vom 12.11.1973 - BReg. 2 Z 36/73</ref>

Betriebliche Sozialeinrichtungen sind Idealvereine, wenn sich ihr Angebot ausschließlich Betriebsangehörige richtet<ref>Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 21 Rn. 6</ref>.

Beispiele

Nebenzweckprivileg

Den Vorschriften der BGB § 21 und BGB § 22 liegt der gesetzgeberische Gedanke zugrunde, aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs, insbesondere des Gläubigerschutzes, Vereine mit wirtschaftlicher Zielsetzung auf die dafür zur Verfügung stehenden handelsrechtlichen Formen zu verweisen und die wirtschaftliche Betätigung von Idealvereinen zu verhindern, soweit es sich nicht lediglich um eine untergeordnete, den idealen Hauptzwecken des Vereins dienende wirtschaftliche Betätigung im Rahmen des sogenannten Nebenzweckprivilegs handelt<ref>RGZ 133, 170, 174, 175; BGHZ 45, 395, 397, 398</ref><ref>BGH, Urteil vom 29.09.1982 - I ZR 88/80 = BGHZ 85, 84 Abs. 17, 22 mit Verweis auf RGZ 83, 232, 237; 133, 170, 176; 154, 343, 354; BGHZ 15, 315, 319; BGB-RGRK, aaO, § 21 Rdn. 7; Soergel/Schultze- v. Lasaulx, aaO, §§ 21, 22 Rdn. 17, 19; Palandt-Heinrichs aaO, § 21 Anm. 1 b; K. Schmidt, Rpfleger 1972, 343, 351 ff m.w.N.; Hemmerich, aaO, S. 78; abw. Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, 1970, S. 124 ff; Sack, ZGR 1974, 179, 193, 206 </ref>.

Rechtsprechung

Bundesgerichtshof (BGH)

Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG)

Oberlandesgerichte

Landgerichte

Fußnoten

<references/>