Angebot mit ungewöhnlich niedrigem Preis

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Erscheinen der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, verlangt der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung (VgV § 60 Abs. 1). Der öffentliche Auftraggeber prüft die Zusammensetzung des Angebots und berücksichtigt die übermittelten Unterlagen (VgV § 60 Abs. 2 Satz 1). Die Prüfung kann nach VgV § 60 Abs. 2 Satz 2 insbesondere betreffen:

  1. die Wirtschaftlichkeit des Fertigungsverfahrens einer Lieferleistung oder der Erbringung der Dienstleistung,
  2. die gewählten technischen Lösungen oder die außergewöhnlich günstigen Bedingungen, über die das Unternehmen bei der Lieferung der Waren oder bei der Erbringung der Dienstleistung verfügt,
  3. die Besonderheiten der angebotenen Liefer- oder Dienstleistung,
  4. die Einhaltung der Verpflichtungen nach GWB § 128 Absatz 1, insbesondere der für das Unternehmen geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften, oder
  5. die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an das Unternehmen.

Kann der öffentliche Auftraggeber nach der Prüfung gemäß den Absätzen 1 und 2 die geringe Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten nicht zufriedenstellend aufklären, darf er den Zuschlag auf dieses Angebot ablehnen. Der öffentliche Auftraggeber lehnt das Angebot ab, wenn er festgestellt hat, dass der Preis oder die Kosten des Angebots ungewöhnlich niedrig sind, weil Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 nicht eingehalten werden (VgV § 60 Abs. 3).

Stellt der öffentliche Auftraggeber fest, dass ein Angebot ungewöhnlich niedrig ist, weil der Bieter eine staatliche Beihilfe erhalten hat, so lehnt der öffentliche Auftraggeber das Angebot ab, wenn der Bieter nicht fristgemäß nachweisen kann, dass die staatliche Beihilfe rechtmäßig gewährt wurde. Der öffentliche Auftraggeber teilt die Ablehnung der Europäischen Kommission mit. (VgV § 60 Abs. 4)

Aufgreifschwelle

Rechtsprechung und Vergabepraxis haben zur Frage, ob der Preisabstand dem öffentlichen Auftraggeber unangemessen niedrig "erscheinen" musste, prozentuale Aufgreifschwellen herausgebildet, deren Erreichen einen entsprechenden Eindruck indizieren. Das OLG Düsseldorf hat in der Entscheidung vom 2. August 2017 (Verg 17/17) unter Berufung auf die Grundlagenentscheidung des BGH vom 31. Januar 2017 betont, "dass ein Auftraggeber zu einer Angemessenheitsprüfung nach VgV § 60 bzw. dem diesem entsprechenden § 16d Abs. 1 Nr. 2 VOB/A-EU bei einem Erreichen einer Aufgreifschwelle von mindestens 20% verpflichtet sei. Dies heißt nichts Anderes, als dass - jedenfalls - ein Preisabstand von mindestens 20% ein unangemessen niedriges Erscheinen indiziert, und dann auch ersteine entsprechende Aufklärungspflicht des öffentlichen Auftraggebers auslöst. Die Annahme einer Aufgreifschwelle entspricht dem prinzipiellwettbewerblichen Ansatz des Vergaberechts, mit dem es einem öffentlichen Auftraggeber gerade ermöglicht werden soll, das für seine Zwecke beste Angebot in einem funktionierenden wettbewerblichen Verfahren zu ermitteln. Dem entspricht es, dass die sich an einem sol-chen Verfahren beteiligenden Bieter, auch und in erster Linie über unterschiedliche Preisgestaltungen ihrer Angebote durchzusetzen versuchen. Dieser Ansatz des Vergaberechts bezweckt wettbewerblich motivierte Preise auch für bestimmte Angebotsteile wie hier die Instandhaltungsarbeiten."<ref>VK Bund, Beschluss vom 12.01.2018 - VK 2-148/17</ref>

Normen

Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (Vergaberichtlinie)

Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (Sektorenrichtlinie)

Vergabeverordnung (VgV)

Rechtsprechung

Europäischer Gerichtshof (EuGH)

Publikationen

Siehe auch

Fußnoten

<references/>