Personalhoheit
"Zu dem vom Grundgesetz garantierten Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden, und zwar zu ihrem Recht auf eigenverantwortliche Führung ihrer Angelegenheiten<ref>vgl. BVerwGE 6, 19 [22]</ref> gehört auch die Personalhoheit<ref>BVerfGE 1, 167 [175]; 8, 332 [359]; 9, 268 [289]</ref>. Die Personalhoheit umfaßt vor allem die Befugnis, die Gemeindebeamten
- auszuwählen,
- anzustellen,
- zu befördern und
- zu entlassen<ref>vgl. Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Entscheidung vom 4. Februar 1956 - VGH 6/55 -, OVGE 10, 282 [286]; vgl. ferner BVerfGE 7, 358 [364]; 8, 332 [359]</ref>.
Nach GG Art. 28 Abs. 2 Satz 1 kann aber nicht die Gesamtheit der Normen und Grundsätze, die den historisch gewordenen, gemeindeutschen Begriff der Selbstverwaltung inhaltlich näher bestimmen, als unabänderlich gelten<ref>BVerfGE 1, 167 [178]</ref>. Beschränkungen der Selbstverwaltung der Gemeinden sind mit GG Art. 28 Abs. 2 Satz 1 vereinbar, wenn sie deren Kernbereich unangetastet lassen<ref>BVerfGE 1, 167 [175, 178]; 7, 358 [364]; 8, 332 [359]; 9, 268 [290]; 11, 266 [274]</ref>. Bei der Bestimmung dessen, was zu dem Bereich gehört, der durch die Verfassung gegen jede gesetzliche Schmälerung gesichert ist, muss der geschichtlichen Entwicklung und den verschiedenen historischen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung Rechnung getragen werden<ref>BVerfGE 11, 266 [274]</ref>."<ref>BVerfG, Beschluss vom 26.11.1963 - 2 BvL 12/62 Abs. 40</ref>
Schranken
"Gewisse Beeinträchtigungen der Personalhoheit der Gemeinden sind jedoch herkömmlich. Seit jeher spielen allgemeine Einstellungspflichten im kommunalen Dienstrecht eine große Rolle. Nach früheren Mannschafts- und Wehrmachtsversorgungsgesetzen in Verbindung mit sogenannten Einstellungsgrundsätzen waren bestimmte Stellen im Gemeindedienst ausnahmslos, andere Arten von Stellen zur Hälfte Versorgungsanwärtern vorbehalten.
Weitere Einstellungspflichten ergaben und ergeben sich für die Gemeinden aus einer nicht geringen Anzahl von Gesetzen z.B. für Schwerbeschädigte, Spätheimkehrer, Zusicherungsempfänger, Wiedergutmachungsberechtigte und Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheins, weiterhin aus dem G 131. Diese Verpflichtungen unterscheiden sich ihrer Art nach von der durch § 84 Abs. 2 Satz 1 PolG getroffenen Regelung dadurch, daß sie den Gemeinden nicht bestimmte Personen aufzwingen, sondern den Personenkreis einschränken und näher umgrenzen, aus dem die Gemeinde ihre Bediensteten auszuwählen hat. Dennoch handelt es sich um gesetzliche Eingriffe in die Personalhoheit der Gemeinden, deren Vereinbarkeit mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG außer Zweifel steht<ref>BVerfGE 1, 167 [180]</ref>.
Im Kommunalrecht waren auch seit jeher gesetzliche Regelungen üblich, die bei Eingemeindungen die aufnehmende Gemeinde verpflichteten, die Beamten der aufgenommenen Gemeinde in ihren Dienst zu übernehmen. Das galt nicht nur, wenn eine Gemeinde völlig in einer anderen Gemeinde aufging,<ref>vgl. z.B. Preußisches Gesetz betr. die Erweiterung des Stadtkreises Stettin vom 31. März 1900 (GS S. 99), § 5; Oldenburgisches Gesetz für den Landesteil Oldenburg, betr. Vereinigung der Gemeinde Osternburg mit der Stadtgemeinde Oldenburg vom 15. Juni 1922 (GBl. 1921/1922 S. 925), § 4; Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen vom 1. August 1923 (GBl. S. 373), § 138 Satz 1;</ref>sondern auch dann, wenn nur ein Teilgebiet einer Gemeinde einer anderen Gemeinde eingegliedert wurde.<ref>Vgl. z.B. Oldenburgisches Gesetz für den Landesteil Oldenburg vom 19. Juni 1924, betr. Vereinigung eines Teils der Gemeinde Eversten mit der Stadtgemeinde Oldenburg und Bildung der Gemeinde Ofen (GBl. S. 279), § 6; Einführungsgesetz zum preußischen Gesetz über die kommunale Neugliederung des rheinisch-westfälischen Industriegebiets vom 29. Juli 1929 (GS S. 137), §§ 3 und 18; Bayerische Gemeindeordnung vom 17. Oktober 1927 (GVBl. S. 293), Art. 6</ref>.
Entsprechendes galt ferner, wenn Gemeinden ganz oder teilweise Rechtsnachfolger aufgelöster Gemeindeverbände wurden.<ref>Vgl. z.B. Preußisches Gesetz über die Neuregelung der kommunalen Grenzen im rheinisch-westfälischen Industriebezirke vom 26. Februar 1926 GS S. 53), § 51: Beamte eines aufgelösten Landkreises oder Amts traten in den Dienst des Rechtsnachfolgers; Rechtsnachfolger waren vor allem Gemeinden. Dieses preußische Gesetz von 1926 verdient insofern besondere Beachtung, weil seine §§ 59 ff. auch solche Gemeinden zur Übernahme von Bediensteten verpflichteten, die nicht Rechtsnachfolger aufgelöster Körperschaften wurden.</ref>
Weiterhin wurde in entsprechender Anwendung von § 19 Abs. 2 des preußischen Zweckverbandsgesetzes vom 19. Juli 1911 (GS S. 115) angenommen, daß bei Auflösung eines Zweckverbandes auf dessen Verlangen das Verbandsglied, auf das die Verwaltungsaufgaben des Zweckverbandes übergingen, die zur Zeit der Auflösung beim Zweckverband tätigen Beamten zu übernehmen hatte<ref>so Neuwiem, Die kommunalen Zweckverbände in Preußen, Liegnitz 1919, S. 198 Anm. 4; ebenso Friedrichs, Die Zweckverbandsgesetze, Berlin 1912, Anm. 8 zu § 19 des Zweckverbandsgesetzes</ref>. Die Pflicht der Gemeinde, Beamte des Zweckverbandes zu übernehmen, wenn sie dessen Aufgaben übernahm, enthielt eine Beschränkung der Personalhoheit.
Beeinträchtigungen der gemeindlichen Personalhoheit enthielten schließlich auch Regelungen, nach denen Beamte unabhängig vom Willen der Gemeindeorgane aus dem Dienst der Gemeinde ausschieden und in den Dienst eines Landes übernommen wurden.<ref>Vgl. z.B. Art. 21 des württembergischen Polizeiverwaltungsgesetzes vom 16. Dezember 1921 (RegBl. 1922 S. 15); Art. 8 des hessischen Gesetzes über die Ortspolizei vom 14. Juli 1921 (RegBl. S. 191); Art. 5 des hessischen Gesetzes über die Errichtung von staatlicher Bauämtern in Hessen vom 20. Juli 1926 (RegBl. S. 305); § 117 Abs. 1, 2 und 4 des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 23. Dezember 1926 (RGBl. I S. 507)</ref>.
Auch abgesehen von allgemeinen Einstellungspflichten und von Eingriffen in die Personalhoheit der Gemeinden im Zusammenhang mit Gebietsänderungen, Auflösung von Zweckverbänden und Übergang von Aufgaben von Gemeinden und Gemeindeverbänden auf das Land können aber in Ausnahmefällen Regelungen, die die Personalhoheit der Gemeinden beeinträchtigen, den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung unangetastet lassen<ref>vgl. BVerfGE 9, 268 [289 f.]</ref>. Ein solcher Fall liegt vor, wenn ... die Verpflichtung der Gemeinde zur Übernahme von Bediensteten unlösbar verknüpft ist mit einem Zuwachs an Verwaltungsaufgaben."<ref>BVerfG, Beschluss vom 26.11.1963 - 2 BvL 12/62 Abs. 42 ff.</ref>
Normen
Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung - GO)
- GO Art. 32 Abs. 2 Nr. 3 (Aufgaben der Ausschüsse): Auf beschließende Ausschüsse können nicht übertragen werden ... 3. die Beschlußfassung über die allgemeine Regelung der Bezüge der Gemeindebediensteten und über beamten-, besoldungs-, versorgungs- und disziplinarrechtliche Angelegenheiten der Bürgermeister und der berufsmäßigen Gemeinderatsmitglieder, soweit nicht das Gesetz über kommunale Wahlbeamte oder das Bayerische Disziplinargesetz etwas anderes bestimmen,..."
- GO Art. 37 Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters
- GO Art. 42 Notwendigkeit bestimmter Fachkräfte: Die Gemeinden müssen das fachlich geeignete Verwaltungspersonal anstellen, das erforderlich ist, um den ordnungsgemäßen Gang der Geschäfte zu gewährleisten. (Abs. 1)
- GO Art. 43 Anstellung und Arbeitsbedingungen
- GO Art. 44 Stellenplan
Bayerisches Personalvertretungsgesetz (BayPVG)
Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD)
Geschäftsordnung für den Stadtrat Burgkunstadt
Rechtsprechung
Publikationen
Lexika
Fachbücher
- Franz Dirnberger / Andrea Gehler / Emil Schneider / Roland Wölfel, Praxiswissen für Kommunalpolitiker - Erfolgreich handeln als Gemeinde-, Stadt-, Kreis- und Bezirksrat, Jehle Verlag, 4. Auflage 2014, ISBN 9783782505475 Pos. 9138 (Teil 4 Ziffer 3)
Siehe auch
Fußnoten
<references />