Haftende Körperschaft bei Amtshaftung
"Nach GG Art. 34 haftet für Amtspflichtverletzungen eines Beamten grundsätzlich die Körperschaft, in deren Dienst er steht."<ref>BGH, Urteil vom 05.07.1979 - III ZR 121/77 Abs. 15</ref> Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH "ist dies die Körperschaft, die ihm die Aufgaben anvertraut hat, bei deren Wahrnehmung die Amtspflichtverletzung vorgekommen ist<ref>(Senatsurteile BGHZ 36, 193, 196; 53, 217, 219 m.w.Nachw.)</ref>. Diese - dem Bundesrecht angehörigen - Rechtsgrundsätze, nach denen sich die haftende Körperschaft bestimmt, können als in der Rechtsprechung weitgehend geklärt gelten."<ref>BGH, Urteil vom 05.07.1979 - III ZR 121/77 Abs. 15</ref> "Juristische Personen des Privatrechts scheiden aus dem Kreis der nach Art. 34 GG haftpflichtigen Körperschaften generell aus<ref>(BGH, Urteil vom 30. November 1967 – VII ZR 34/65, BGHZ 49, 108, 115 f; Senat, Urteile vom 5. Juli 1990 – III ZR 166/89, NVwZ 1990, 1103, 1104 und vom 22. Oktober 2009 – III ZR 295/08, VersR 2010, 346 Rn. 14; MünchKommBGB/Papier aaO § 839 Rn. 363)</ref>."<ref>BGH, Urteil vom 22.11.2012 - III ZR 150/12 Abs. 15</ref>
"Ersatzpflichtig ist nicht der Staat als solcher, sondern grundsätzlich die Anstellungskörperschaft des Amtsträgers. Das kann auch eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts sein, wenn sie ... dienstherrnfähig ist<ref>(BGH, Urteile vom 2. Juni 2005 a. a. O. und vom 11. März 2004 – III ZR 90/03 – BGHZ 158, 253 [258] für die Treuhandanstalt; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand Januar 2009, Art. 34 GG Rn. 289, 292 f., 295 f.; Seidel, DB 2005, 651 [656]; Fricke, VersR 2007, 300 [302 f.])</ref>."<ref>BVerwG, Urteil vom 23.11.2011 – 8 C 20.10 Abs. 22</ref>
Grundsätzlich haftet für Amtspflichtverletzungen der im Rahmen der unteren Verwaltungsbehörde (Kreisverwaltung) tätigen Bediensteten nicht das Land, sondern der Landkreis.<ref>vgl. BGH, Urteil vom 21.04.1983 - III ZR 2/82 Amtlicher Leitsatz</ref>. "Dieser Grundsatz schließt es indessen nicht aus, dass die Länder die Haftungsfragen im kreiskommunalen Bereich abweichend regeln."<ref>BGH, Urteil vom 14.12.2006 - III ZR 74/06 Abs. 11</ref><ref>Dies ist etwa in Thüringen durch § 111 Abs. 1 und Abs. 2 ThürKO geschehen.</ref> In Bayern gilt nach LKrO Art. 35 Abs. 3: "Verletzt der Landrat in Ausübung der ihm anvertrauten öffentlichen Gewalt schuldhaft die ihm einem anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so haftet für die Folgen der Staat, wenn es sich um reine Staatsangelegenheiten handelt. Im übrigen haftet der Landkreis." Für die Haftung der Staats- und Kreisbediensteten gegenüber Dritten gilt gemäß LKrO Art. 37 Abs. 5 LKrO Art. 35 Abs. 3 entsprechend.
Die Gemeinde haftet gem. BGB § 839 i. V. mit GG Art. 34 für "legislative" Akte ihres Gemeinderates. Jedem Mitglied des Gemeinderates ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ein "öffentliches Amt" i. S. von GG Art. 34 anvertraut; es gilt daher als "Beamter" im haftungsrechtlichen Sinne<ref>(Senat, VersR 1970, 1007, 1009; WM 1975, 630, 633 = DVBl 1976, 173; BGHZ 65, 182 = NJW 1976, 184; BGHZ 11, 192 (197) = NJW 1954, 757 für Kreistagsmitglieder)</ref>.<ref>BGH, Urteil vom 24.06.1982, III ZR 169/80 unter Ziffer 5</ref>
Normen
Rechtsprechung
Bundesgerichtshof (BGH)
- BGH, Urteil vom 22.11.2012 - III ZR 150/12: "1. Nach bayerischem Landesrecht ist die Unterbringung von psychisch Kranken oder psychisch Gestörten zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in einem psychiatrischen Krankenhaus (Art. 1 Abs. 1 BayUnterbrG) eine staatliche Aufgabe, die von den (neben anderen Stellen primär zuständigen) Landratsämtern als Staatsbehörden und nicht als Kreisbehörden wahrgenommen wird (Art. 37 Abs. 1 BayLKrO). 2. Die staatliche Aufgabe der Unterbringung und mit ihr die im Einzelfall konkret ergriffenen Unterbringungsmaßnahmen werden durch Art. 48 Abs. 3 Nr. 1 BayBezO nicht, auch nicht teilweise auf die Bezirke (als eigene Aufgabe) übertragen. 3. Für Amtspflichtverletzungen, die anlässlich der Unterbringung durch Ärzte begangen werden, die bei einem in der Rechtsform der gGmbH organisierten, aus dem Kommunalunternehmen eines Bezirks ausgegliederten psychiatrischen Krankenhaus beschäftigt sind, haftet der Freistaat Bayern und nicht der betreffende Bezirk."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
- BGH, Urteil vom 14.12.2006 - III ZR 74/06: "Zur Frage der haftpflichtigen Körperschaft bei Wahrnehmung einer Aufgabe im übertragenen Wirkungskreis durch das Landratsamt (hier: Erlass eines Investitionsvorrangbescheids)."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
- BGH, Urteil vom 27.01.1994 - III ZR 109/92: "Zur Haftung für Amtspflichtverletzungen Bediensteter von Einrichtungen des Katastrophenschutzes in Hessen."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
- BGH, Urteil vom 14.06.1984 - III ZR 68/83: "Zu den Sorgfaltspflichten einer Gemeinde bei der Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 I BBauG."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
- BGH, Urteil vom 21.04.1983 - III ZR 2/82: "In Rheinland-Pfalz haftet für Amtspflichtverletzungen der bei der unteren Straßenverkehrszulassungsbehörde (Kreisverwaltung) tätigen Bediensteten nicht das Land, sondern der Landkreis."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
- BGH, Urteil vom 24.06.1982, III ZR 169/80: Die Gemeinde haftet gem. BGB § 839 i. V. mit GG Art. 34 für "legislative" Akte ihres Gemeinderates. Jedem Mitglied des Gemeinderates ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ein "öffentliches Amt" i. S. von GG Art. 34 anvertraut; es gilt daher als "Beamter" im haftungsrechtlichen Sinne<ref>(Senat, VersR 1970, 1007, 1009; WM 1975, 630, 633 = DVBl 1976, 173; BGHZ 65, 182 = NJW 1976, 184; BGHZ 11, 192 (197) = NJW 1954, 757 für Kreistagsmitglieder)</ref>.<ref>BGH, Urteil vom 24.06.1982, III ZR 169/80 unter Ziffer 5</ref>
- BGH, Urteil vom 05.07.1979 - III ZR 121/77: "Zur Amtspflichtverletzung durch fehlerhafte Anwendung von Prüfungsbestimmungen bei Abnahme einer Diplomprüfung."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
- BGH, Urteil vom 14.07.1966 - III ZR 180/65
- BGH, Urteil vom 19.04.1956 - III ZR 227/54: "Aus dem Recht der Bundesregierung, die Ausführung der Bundesgesetze, soweit sie den Ländern als Auftragsangelegenheit obliegt, zu beaufsichtigen, kann sich unter Umständen eine dem durch eine Unterlassung des Landes betroffenen Bürger gegenüber obliegende Amtspflicht zum Einschreiten ergeben (entschieden für den Bereich der Bundesstraßenverwaltung."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
- BGH, Urteil vom 03.12.1953 - III ZR 66/52: "Die Landkreise haften auch für Amtspflichtverletzungen, die von Mitgliedern der Kreistage bei der Wahrnehmung von staatlichen Verwaltungsaufgaben, die dem Kreistag als "Kreispolizeibehörde” kraft Gesetzes zur Erledigung zugewiesen sind, begangen werden."<ref>Amtlicher Leitsatz 2</ref>
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)
Siehe auch
Fußnoten
<references/>