Gewässerunterhaltung

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Die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers umfasst nach WHG § 39 Abs. 1 Satz 1 seine Pflege und Entwicklung als öffentlich-rechtliche Verpflichtung (Unterhaltungslast). Zur Gewässerunterhaltung gehören nach WHG § 39 Abs. 1 Satz 2 insbesondere:

  1. die Erhaltung des Gewässerbettes, auch zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses,
  2. die Erhaltung der Ufer, insbesondere durch Erhaltung und Neuanpflanzung einer standortgerechten Ufervegetation, sowie die Freihaltung der Ufer für den Wasserabfluss,
  3. die Erhaltung der Schiffbarkeit von schiffbaren Gewässern mit Ausnahme der besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen,
  4. die Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers insbesondere als Lebensraum von wild lebenden Tieren und Pflanzen,
  5. die Erhaltung des Gewässers in einem Zustand, der hinsichtlich der Abführung oder Rückhaltung von Wasser, Geschiebe, Schwebstoffen und Eis den wasserwirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht.

Oberirdisches Gewässer

Oberirdische Gewässer sind nach WHG § 3 Abs. 1 Nr. 1 das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser.

Allgemeine Sorgfaltspflichten

Jede Person ist nach WHG § 5 Abs. 1 verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um

  1. eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu vermeiden,
  2. eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung des Wassers sicherzustellen,
  3. die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushalts zu erhalten und
  4. eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden.

Jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, ist im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen, insbesondere die Nutzung von Grundstücken den möglichen nachteiligen Folgen für Mensch, Umwelt oder Sachwerte durch Hochwasser anzupassen (WHG § 5 Abs. 2).

Allgemeine Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung

Die Gewässer sind nach WHG § 6 Abs. 1 Satz 1 nachhaltig zu bewirtschaften, insbesondere mit dem Ziel,

  1. ihre Funktions- und Leistungsfähigkeit als Bestandteil des Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu erhalten und zu verbessern, insbesondere durch Schutz vor nachteiligen Veränderungen von Gewässereigenschaften,
  2. Beeinträchtigungen auch im Hinblick auf den Wasserhaushalt der direkt von den Gewässern abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete zu vermeiden und unvermeidbare, nicht nur geringfügige Beeinträchtigungen so weit wie möglich auszugleichen,
  3. sie zum Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch im Interesse Einzelner zu nutzen,
  4. bestehende oder künftige Nutzungsmöglichkeiten insbesondere für die öffentliche Wasserversorgung zu erhalten oder zu schaffen,
  5. möglichen Folgen des Klimawandels vorzubeugen,
  6. an oberirdischen Gewässern so weit wie möglich natürliche und schadlose Abflussverhältnisse zu gewährleisten und insbesondere durch Rückhaltung des Wassers in der Fläche der Entstehung von nachteiligen Hochwasserfolgen vorzubeugen,
  7. zum Schutz der Meeresumwelt beizutragen.

Die nachhaltige Gewässerbewirtschaftung hat ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu gewährleisten; dabei sind mögliche Verlagerungen nachteiliger Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes sowie die Erfordernisse des Klimaschutzes zu berücksichtigen (WHG § 6 Abs. 1 Satz 2).

Gewässer, die sich in einem natürlichen oder naturnahen Zustand befinden, sollen WHG § 6 Abs. 2 in diesem Zustand erhalten bleiben und nicht naturnah ausgebaute natürliche Gewässer sollen so weit wie möglich wieder in einen naturnahen Zustand zurückgeführt werden, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem nicht entgegenstehen.

Bewirtschaftungsziele für oberirdische Gewässer

Oberirdische Gewässer sind, soweit sie nicht nach WHG § 28 als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, nach WHG § 27 Abs. 1 so zu bewirtschaften, dass

  1. eine Verschlechterung ihres ökologischen und ihres chemischen Zustands vermieden wird und
  2. ein guter ökologischer und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden.

Oberirdische Gewässer, die nach WHG § 28 als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, sind nach WHG § 27 Abs. 2 so zu bewirtschaften, dass

  1. eine Verschlechterung ihres ökologischen Potenzials und ihres chemischen Zustands vermieden wird und
  2. ein gutes ökologisches Potenzial und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden.

Träger der Unterhaltungslast

Die Unterhaltung oberirdischer Gewässer obliegt nach WHG § 40 Abs. 1 Satz 1 den Eigentümern der Gewässer, soweit sie nicht nach landesrechtlichen Vorschriften Aufgabe von Gebietskörperschaften, Wasser- und Bodenverbänden, gemeindlichen Zweckverbänden oder sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts ist. Ist der Gewässereigentümer Träger der Unterhaltungslast, sind die Anlieger sowie diejenigen Eigentümer von Grundstücken und Anlagen, die aus der Unterhaltung Vorteile haben oder die Unterhaltung erschweren, verpflichtet, sich an den Kosten der Unterhaltung zu beteiligen (WHG § 40 Abs. 1 Satz 2). Ist eine Körperschaft nach Satz 1 unterhaltungspflichtig, können die Länder bestimmen, inwieweit die Gewässereigentümer, die in Satz 2 genannten Personen, andere Personen, die aus der Unterhaltung Vorteile haben, oder sonstige Eigentümer von Grundstücken im Einzugsgebiet verpflichtet sind, sich an den Kosten der Unterhaltung zu beteiligen (WHG § 40 Abs. 1 Satz 3).

Nach BayWG Art. 22 Abs. 1 obliegt die Unterhaltung

  1. der Gewässer erster Ordnung dem Freistaat Bayern unbeschadet der Aufgaben des Bundes als Eigentümer von Bundeswasserstraßen,
  2. der Gewässer zweiter Ordnung dem Freistaat Bayern,
  3. der Gewässer dritter Ordnung den Gemeinden als eigene Aufgabe, soweit nicht Wasser- und Bodenverbände dafür bestehen, in gemeindefreien Gebieten den Eigentümern.

Die Unterhaltungspflicht gem. BayWG Art. 22 Abs. 1 Nr. 3 BayWG ist eine Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis (GO Art. 57)<ref>Ulrich Drost, Marcus Ell, Das neue Wasserrecht: Ein Lehrbuch für Ausbildung und Praxis in Bayern, Richard Boorberg Verlag; 2., vollständig überarbeitete Auflage, 2016 (31. Oktober 2016), ISBN 9783415057883, Seite 133</ref>.

Drittschutz im Rahmen der Gewässerunterhaltung?

Im Regelfall ist die Gewässerunterhaltungspflicht (nur) gegenüber der Allgemeinheit zu erfüllen<ref>(vgl. BVerwG vom 14.12.1973, BVerwGE 44, 235/238; BayVGH vom 25.11.1996 - Az. 22 B 96.547, bestätigt durch BVerwG vom 25.2.1997 - Az. 11 B 5.97)</ref> und kann so auch nicht zu Rechtsansprüchen Einzelner etwa gegenüber einer unterhaltungspflichtigen Gemeinde führen."<ref>BayVGH, Beschluss vom 26.06.2007 - 22 ZB 07.214</ref>

Die bundesrahmenrechtlich geregelte Gewässerunterhaltung ist "eine öffentlich-rechtliche Verbindlichkeit, die allein in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe und im Interesse der Allgemeinheit wahrgenommen wird. Drittbetroffene haben keinen Anspruch auf Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Unterhaltungspflicht und können daher grundsätzlich weder vom Träger der Unterhaltungslast noch von der Aufsichtsbehörde die Durchführung einer Unterhaltungsmaßnahme fordern. Dies entspricht der in Rechtsprechung und Schrifttum insoweit einhellig vertretenen Auffassung<ref>(BVerwG, Urteil vom 14.12.1973 - IV C 50.71 - BVerwGE 44, 235 = DVBl. 1974, 603; BGH, Urteil vom 21.12.1970 - II ZR 133/68 - BGHZ 55, 153; BGH, Urteil vom 25.02.1993 - III ZR 9/92 - ZfW 1993, 214 = UPR 1993, 296; Gieseke-Wiedemann-Czychowski, Wasserhaushaltsgesetz, 6. Aufl., § 28 Rdnr. 54 ff.; Sieder-Zeitler-Dahme, Wasserhaushaltsgesetz, Stand: März 1996, § 29 Rdnr. 9 ff.; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl., Rdnr. 637)</ref>.

Eine Verletzung der Gewässerunterhaltungspflicht (WHG § 28 Abs. 1, BayWG Art. 22) kann ausnahmsweise die vorgegebene Grundstückssituation schwer und unerträglich beeinträchtigen<ref>(vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl. 2003, RdNr. 56 zu § 28, m.w.N.)</ref> und so zu einem Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Grundstückseigentum führen. Führt die Verletzung der Unterhaltungspflicht zu solch einem Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht eines Dritten, so hat dieser einen öffentlich-rechtlichen Beseitigungsanspruch gegen den Unterhaltungspflichtigen entsprechend § 1004 BGB<ref>(BVerwG, Urteil vom 14.12.1973 - IV C 50.71 - a.a.O.; Hess. VGH, Urteil vom 23.09.1985 - VIII OE 77/82 - ZfW 1986, 376 = AgrarR 1986, 299; OVG Münster, Beschluß vom 25.08.1986 - 20 B 217/86 - ZfW Sh 1986 Nr. 155; VGH Mannheim Urteil vom 29.04.1993 - 8 S 2834/94 - NVwZ 1994, 1035 = ZfW 1994, 281; Gieseke-Wiedemann-Czychowski, a.a.O., § 28 Rdnr. 56; Sieder-Zeitler-Dahme, a.a.O., § 29 Rdnr. 10; Breuer, a.a.O., Rdnr. 637)</ref>."<ref>Abs. 23</ref><ref>Dr. Wilhelm Buerstedde, Rechtsfragen der Gewässerunterhaltung - Ein Leitfaden für die Praxis, Verlag Moritz Schäfer GmbH & Co. KG, Detmold, 2006, ISBN 9783876961194, Seite 12</ref>

Das Klagebegehren ist nicht auf die Erfüllung der Unterhaltungspflicht, sondern auf die Abwehr eines Eingriffs in das Eigentum zu richten. Die Klage wäre dann als allgemeine Leistungsklage zulässig;"<ref>VGH Hessen, Urteil vom 26.02.1997 - 7 UE 2907/94, Abs. 23</ref>

Normen

Wasserhaushaltsgesetz (WHG)

Bayerisches Wassergesetz (BayWG)

Rechtsprechung

Publikationen

Fußnoten

<references/>