Bauvergabe

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Bauaufträge und Bauleistungen

Bauaufträge

Bauaufträge sind nach GWB § 103 Abs. 3<ref>vgl. auch VOB/A § 1 EU Abs. 1</ref> Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung

  1. von Bauleistungen im Zusammenhang mit einer der Tätigkeiten, die in Anhang II der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (Vergaberichtlinie) und Anhang I der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (Sektorenrichtlinie) genannt sind, oder
  2. eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll.

Ein Bauauftrag liegt auch vor, wenn ein Dritter eine Bauleistung gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber genannten Erfordernissen erbringt, die Bauleistung dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt und dieser einen entscheidenden Einfluss auf Art und Planung der Bauleistung hat.<ref>z.B. Bauträgervertrag,Generalübernehmer</ref>

Bauleistungen

Bauleistungen sind gemäß VOB/A § 1 Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird.

Abgrenzung zu Dienstleistungsaufträgen

Brandmeldeanlagen

Zu den Bauleistungen zählen "die Lieferung und Montage der für die bauliche Anlage erforderlichen maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen und Anlagenteile<ref>(vgl. Heiermann/Riedl/Rusam Handkommentar zur VOB 9. Aufl. A § 1 Rn. 1 ff.)</ref>. Auch die Erneuerung und Ergänzung solcher Anlagen an einem bestehenden Gebäude fallen unter den Begriff der Bauleistungen, wenn sie für den bestimmungsgemäßen Bestand der baulichen Anlage von wesentlicher Bedeutung sind<ref>(vgl. Ingenstau/Korbion A § 1 Rn. 15 f. mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung; Boesen Vergaberecht § 99 Rn. 110, 133; Beck'scher VOB-Kommentar/Messerschmidt, VOB/A § 1 Rn. 52 ff., 62 ff. sowie Rn. 70 mit Beispielen wie Elektroinstallation, Gebäudetechnik, Klimaanlage etc.; vgl. auch Verzeichnis der Berufstätigkeiten im Baugewerbe, Anhang II zur BKR, Gruppe Installation)</ref>. Das ist bei [einer] ... Brandmeldeanlage für ein öffentliches Gebäude, das sich als großes und bedeutendes Museum eines regen Publikumverkehrs erfreut, der Fall."<ref>BayObLG, Beschluss vom 23.07.2002 - Verg 17/02</ref>

"Das bloße Abnehmen vorhandener und das Anbringen neuer Brandmelder verdient nach der Verkehrsauffassung indes nicht als Installation oder, anders ausgedrückt, als Einbau oder Umbau einer Feuermeldeanlage bezeichnet zu werden. Vielmehr soll die vorhandene Feuermeldeanlage bestehen bleiben und sollen – ohne Änderungen oder Umrüstungen am System, die als Bauarbeiten beim Herstellen, Ändern oder Instandhalten eines Bauwerks verstanden werden könnten – lediglich die Meldegeräte ersetzt werden. Das Auswechseln der Brandmelder erfordert nur wenige Handgriffe (u.a. ein Anschließen von Kabeln). Ein Eingriff in die Bausubstanz ist damit (von einzelnen Bohrungen abgesehen) nicht verbunden. Bei diesem Befund ist der Austausch der Brandmelder nicht als eine Bauarbeit an einem Bauwerk zu bewerten und handelt es sich bei dem ausgeschriebenen Auftrag insgesamt um einen Dienstleistungsauftrag."<ref>OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2010 - Verg 60/09 Abs. 30</ref>

Gartenpflegearbeiten

"Auch wenn die Herstellung einer gärtnerischen Außenanlage eine Bauleistung in diesem Sinne sein mag, so handelt es sich bei ... der sog. Unterhaltungspflege nicht um "Instandhaltungsmaßnahmen" i.S.d. § 1 VOB/A. Unter diesen Begriff fallen nur solche Leistungen, die für die Erneuerung oder den Bestand der baulichen Anlage von wesentlicher Bedeutung sind, ferner muss es sich um Arbeiten von einem gewissen Umfang handeln, die zu einem Eingriff in die Substanz der baulichen Anlage führen<ref>(Ingenstau/Korbion-Korbion, VOB, 15. Aufl., zu § 1 VOB/A, Rz. 22 m.z.N.; Beck´scher VOB-Kommentar-Messerschmidt, 2001, zu § 1 VOB/A, Rz. 52 f. jeweils m.w.N.)</ref>."<ref>VK Bund, Beschluss vom 29.03.2006 - VK 3-15/06</ref>

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn die "ausgeschriebenen Tätigkeiten lediglich der Erhaltung des status quo dienen, nämlich der Pflege der bereits vorhandenen Gartenanlagen. Die zu erbringenden einfachen Gartenarbeiten ohne Neuanpflanzungen sollen direkt an den Pflanzen bzw. im Wesentlichen unmittelbar an oder allenfalls knapp unterhalb der Grundstücksoberfläche erfolgen (z.B. beim Entfernen von Unkraut samt Wurzelwerk oder dem Lockern der Pflanzflächen bis 3 cm Tiefe), so dass die Substanz der Gartenanlage hierdurch gar nicht oder allenfalls unwesentlich tangiert wird."VK Bund, Beschluss vom 29.03.2006 - VK 3-15/06</ref>.

Wartung von Straßenbeleuchtungen

"Reine Instandhaltungsmaßnahmen wie Reinigung, Pflege, Wartung oder die Beseitigung von Verschleißerscheinungen bzw. kleineren Schäden werden nach allgemeinem Verständnis aufgrund ihrer nicht oder nur sehr geringfügig in die Substanz eingreifenden Wirkung nicht als Bauleistung qualifiziert<ref>(Weyand, ibr-online-Komm. Vergaberecht, § 99 GWB, Rn 1154; VK Berlin, Beschl. v. 2.6.09 - VK-B-2-12/09)</ref>. Unscharf ist der Begriff Reparatur, weil hierunter sowohl Wartungsarbeiten als auch Umbauarbeiten ohne wesentlichen Substanzeingriff verstanden werden kann<ref>(Korbion a.a.O.)</ref>. Maßgebend für die Einordnung als Bauarbeiten wird daher immer sein, inwieweit in nennenswertem Umfang in die Substanz eines Bauwerks eingegriffen wird."<ref>VK Berlin, Beschluss vom 26.04.2011 - VK B 2-3/11</ref>

Kanaluntersuchung, Kanalreinigung, Kanaldokumentation

Bei Kanalreinigung, Kanaluntersuchung und -dokumentation handelt es sich um Dienstleistungen. Der Charakter eines Vertrages richtet sich gem. GWB § 99 Abs. 10 Satz 2 nach dem Hauptgegenstand des Vertrages<ref>(vgl. dazu EuGH-Urteil vom 21.02.2008 - RS.C 412/04, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2014 - VerG 35/13)</ref>.<ref>VK Westfalen, Beschluss vom 05.08.2015 - VK 2-16/15 </ref> "Maßgeblich ist, ob die im Vertrag enthaltenen Bauleistungen neben den ausgeschriebenen Dienstleistungen Nebenarbeiten sind. Entscheidend ist dabei die funktionale Zuordnung der Leistungen zum jeweiligen Vertragstyp und deren gegenständliche vertragliche Bedeutung."<ref>VK Westfalen, Beschluss vom 05.08.2015 - VK 2-16/15 </ref>

Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen, die verschiedene Leistungen zum Gegenstand haben

Öffentliche Aufträge, die verschiedene Leistungen wie Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben, werden gemäß GWB § 110 Abs. 1 Satz 1 nach den Vorschriften vergeben, denen der Hauptgegenstand des Auftrags zuzuordnen ist. Dasselbe gilt für die Vergabe von Konzessionen, die sowohl Bau- als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben (GWB § 110 Abs. 1 Satz 2).

Der Hauptgegenstand öffentlicher Aufträge und Konzessionen, die

  1. teilweise aus Dienstleistungen, die den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des § 130 oder Konzessionen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des § 153 unterfallen, und teilweise aus anderen Dienstleistungen bestehen oder
  2. teilweise aus Lieferleistungen und teilweise aus Dienstleistungen bestehen,

wird danach bestimmt, welcher geschätzte Wert der jeweiligen Liefer- oder Dienstleistungen am höchsten ist (GWB § 110 Abs. 2).

Vergabe von Bauaufträgen (Oberschwellenbereich)

Für die Vergabe von Bauaufträgen sind im Oberschwellenbereich<ref>für den Unterschwellenbereich siehe den Artikel Vergabe von Bauleistungen (Unterschwellenbereich)</ref> nach VgV § 2

  • Abschnitt 1 (§§ 1 - 13) und
  • Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 (§§ 21 - 27)

anzuwenden. Im Übrigen ist

  • Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.2019 B2) anzuwenden.

Dem öffentlichen Auftraggeber stehen nach seiner Wahl

zur Verfügung (VOB/A § 3a EU Abs. 1 Satz 1).

Die anderen Verfahrensarten stehen nach (VOB/A § 3a EU Abs. 1 Satz 2 nur zur Verfügung, soweit dies durch gesetzliche Bestimmungen oder nach den (VOB/A § 3a EU Abs. 2 bis 5 gestattet ist.

Vergabe von Bauleistungen (Unterschwellenbereich)

Dem Auftraggeber stehen bei der Vergabe von Bauleistungen im Unterschwellenbereich gemäß VOB/A § 3a Abs. 1 Satz 1 nach seiner Wahl

Die anderen Verfahrensarten stehen nur zur Verfügung, soweit dies nach VOB/A § 3a Absätze zwei und drei gestattet ist.

Im Unterschwellenbereich regelt die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern und für Integration - Az. B3-1512-31-19 über die Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich vom 31. Juli 2018 (AllMBl. S. 547), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 8. Dezember 2020 (BayMBl. Nr. 787) in Ziffer 1.2.8.:

Eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb ist bei der Vergabe von Bauaufträgen abweichend von VOB/A § 3a Abs. 2 Nr. 1 ohne weitere Einzelbegründung bis zu einer Wertgrenze von

1 000 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) je Gewerk

zulässig.

Losweise Vergabe von Bauleistungen

Bauleistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben (VOB/A § 5 Abs. 2 Satz 1, VOB/A § 5 EU Abs. 2 Nr. 1 Satz 2).

Normen

EU-Richtlinien

  • Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (Vergaberichtlinie) Artikel 13: Aufträge, die von öffentlichen Auftraggebern subventioniert werden
    • Die Bestimmungen dieser Richtlinie finden auf die Vergabe folgender Aufträge Anwendung:
      • a) Bauaufträge, die zu mehr als 50 % von öffentlichen Auftraggebern direkt subventioniert werden und deren geschätzter Wert ohne MwSt. mindestens 5 186 000 EUR beträgt, sofern diese Aufträge eine der folgenden Tätigkeiten umfassen:
        • i) Tiefbauarbeiten gemäß der Auflistung in Anhang II,
        • ii) Bauleistungen für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- und Freizeitanlagen, Schulen und Hochschulen sowie Verwaltungsgebäuden;
      • b)Dienstleistungsaufträge, die zu mehr als 50 % von öffentlichen Auftraggebern direkt subventioniert werden und deren geschätzter Wert ohne MwSt. mindestens 207 000 EUR beträgt, wenn diese Aufträge mit einem Bauauftrag gemäß Buchstabe a verbunden sind.
    • Die öffentlichen Auftraggeber, die die in Unterabsatz 1 Buchstaben a und b genannten Subventionen gewähren, stellen die Einhaltung dieser Richtlinie sicher, wenn der subventionierte Auftrag nicht von ihnen selbst oder von ihnen im Namen und für Rechnung anderer Stellen vergeben wird.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

Siehe auch

Fußnoten

<references/>