Auskunftsanspruch der Presse nach dem Landespresserecht in Baden-Württemberg
Anders als in Bayern ist etwa in Baden-Württemberg<ref>VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.10.1995 - 10 S 1821/95 = NJW 1996, 538</ref> der Begriff der Presse nicht auf die periodische Presse beschränkt, sondern umfasst auch die Buchpresse<ref>siehe auch Löffler, Presserecht: Kommentar zu den deutschen Landespressegesetzen mit pressebezogenem Standesrecht, Anzeigenrecht,..., 5. Aufl. 2006, Verlag C.H.Beck München, ISBN 3406534317 LPG § 4 Rdnr. 38</ref>.
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.10.1995 - 10 S 1821/95 = NJW 1996, 538
"Wer Vertreter der Presse ... und damit Inhaber des der Presse zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe als Meinungsmittlerin im demokratischen Prozess in allen Landespressegesetzen eingeräumten Auskunftsanspruchs ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Auszugehen ist hierbei davon, daß jeder, der eine schriftliche Abhandlung erstellt, die als Druckwerk ... in der periodischen Presse oder einmalig, etwa als Buch, veröffentlicht wird, in seiner Funktion als Autor an der öffentlichen Meinungsbildung mitwirkt und damit eine wesentliche Voraussetzung erbringt, um als Vertreter der Presse ... angesehen zu werden. ... Die Urheberschaft an einem erst künftig zu erstellenden Druckwerk dürfte jedoch für sich allein - auch wenn sie ... einen dem Auftrag der Presse entsprechenden Beitrag zur geistigen Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit liefert - nicht ausreichen, um die Eigenschaft eines Vertreters der Presse ... zu begründen. Hinzukommen muss vielmehr,..., dass derjenige, der sich dieses Auskunftsanspruchs berühmt, einem Presseunternehmen zugeordnet werden kann, das die Gewähr für die publizistische Verbreitung der Abhandlung zur Kenntniserlangung einer breiten Öffentlichkeit bietet<ref>vgl. Schröer/Schallenberg, in: Informationsansprüche der Presse gegenüber Behörden, S. 48 ff. m.w.N.</ref>.
...Einer Zuordnung zu einem Presseunternehmen [dürfte] allerdings nicht schon entgegenstehen, dass bei dieser Tätigkeitsform keine feste arbeitsvertragliche Bindung zu einem Presseunternehmen besteht; vielmehr dürfte grundsätzlich auch eine freie, gegebenenfalls nur gelegentliche Mitarbeit in einem Presseunternehmen ... für die notwendige Zuordnung zu einem Presseunternehmen ausreichen. Bei einem freien Mitarbeiter dürfte aber - gewissermaßen als Ersatz für das fehlende feste Arbeitsverhältnis - als Voraussetzung des Anspruchs ... zu fordern sein, dass er im Einzelfall die Zuordnung zu einem Presseunternehmen nachweist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob für sog. "feste freie" Mitarbeiter, die hauptberuflich, etwa für mehrere Presseunternehmen, tätig sind, dieser Nachweis schon dadurch erbracht ist, dass sie im Besitz eines Presseausweises sind<ref>siehe zu den Voraussetzungen für die Erteilung eines Presseausweises die als Anlage zur "Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums über Presseausweise und Presseschilder" vom 6.10.1981 abgedruckte "Vereinbarung über die Gestaltung und Ausgabe von bundeseinheitlichen Presseausweisen" - GABl. 1981, 1473</ref>. Jedenfalls dürfte ein freier Mitarbeiter, der ... nicht im Besitz eines Presseausweises ist, diesen Nachweis in Form des Einverständnisses eines bestimmten Presseunternehmens mit seiner Tätigkeit als freier Mitarbeiter im konkreten Einzelfall, etwa durch ein Legitimationsschreiben der betreffenden Redaktion, zu erbringen haben<ref>Löffler, Presserecht: Kommentar zu den deutschen Landespressegesetzen mit pressebezogenem Standesrecht, Anzeigenrecht,..., 5. Aufl. 2006, Verlag C.H.Beck München, ISBN 3406534317 § 4 Rn. 33 ff.; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 3. Aufl., S. 118 Rn. 6; Schröer-Schallenberg, a.a.O., S. 55 ff.; vgl. auch VG Hannover, AfP 1984, 60</ref>.
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Ein Text und insbesondere seine inhaltliche Richtigkeit ist zwar notwendige Grundlage der Pressefreiheit, deren Verwirklichung der Auskunftsanspruch ... dient; ihren prägenden und zugleich die verfassungsrechtliche Garantie erst rechtfertigenden Gehalt bezieht die Pressefreiheit jedoch aus der Verbreitung der inhaltlichen Grundlage gegenüber der Öffentlichkeit<ref>vgl. Herzog, in: Maunz-Dürig, Komm. z. GG, Art. 5 Abs. I, II Rn. 131</ref>. Deshalb erscheint es dem Senat unverzichtbar, daß bereits zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung die (spätere) Verbreitung gegenüber der Öffentlichkeit gesichert ist. Eine andere Beurteilung dürfte sich insbesondere nicht daraus rechtfertigen, daß auch bei Informationen, die durch einen ausgewiesenen Pressevertreter eingeholt werden, für die Behörde nicht die Gewähr besteht, daß sie letztlich zu einer Veröffentlichung in einem Presseorgan führen werden, etwa weil sie sich bei näherer Prüfung als doch nicht für eine Veröffentlichung geeignet erweisen oder weil sie - obzwar geeignet - letztlich durch aktuellere Informationen verdrängt werden und ihnen zu einem späteren Zeitpunkt kein Informationswert mehr zukommt. Denn auch in einem solchen Fall ist die Information bereits mit ihrer Erteilung in den Tätigkeitsbereich der Presse gelangt; sie erfüllt dort die Funktion, der Presse Material für ihre öffentliche Aufgabe zu liefern, selbst wenn im Wettstreit mit anderen Informationen letztlich das eigentliche Ziel einer Veröffentlichung nicht erreicht wird.
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Es kommt hinzu, daß auch nur bei einer aktuellen Beziehung zu einem Presseunternehmen sichergestellt ist, daß die "Presseverantwortung" wahrgenommen wird, die in Form einer Vielzahl von Ordnungspflichten, insbesondere von Sorgfaltspflichten ..., und einer pressespezifisch verschärften Haftung bei einem Verstoß gegen diese Pflichten den Ausgleich für die der Presse eingeräumten Privilegien und damit auch ein Äquivalent für die den Behörden obliegende Auskunftspflicht darstellt<ref>Schröer-Schallenberg, a.a.O., S. 49</ref>. Es dürfte deshalb von den Behörden nicht verlangt werden können, dass sie einseitig ihre presserechtlichen Auskunftspflichten erfüllen, ohne dass gewährleistet ist, dass bezüglich der Verwendung der von ihnen gelieferten Informationen auch die spezifisch presserechtliche Verantwortlichkeit eines Presseunternehmens eingreift. Im übrigen erscheint dem Senat das Kriterium bereits erfolgter Veröffentlichungen bezüglich Art, Anzahl und Zeitpunkt der danach erforderlichen Veröffentlichungen auch nicht hinreichend bestimmt genug, um eine sachgerechte Eingrenzung des Begriffs "Vertreter der Presse" zu erreichen. Daneben dürfte nicht unberücksichtigt bleiben, daß auch nach der allgemeinen Verkehrsanschauung mit dem Begriff des "Vertreters" die Vorstellung von einer aktuellen Beziehung mit dem Vertretenen verbunden wird.
... Es erscheint bei summarischer Prüfung zumindest fraglich, ob ... heute schon jeder Besitzer eines PC als Inhaber eines Selbstverlags angesehen werden kann, weil er in der Lage ist, ein früher nur drucktechnisch herstellbares Schriftbild zu erzeugen und weil die für eine Verbreitung notwendige Vervielfältigung eines solcherart hergestellten Schriftstücks heutzutage auch für Privatpersonen ohne weiteres, etwa durch ein Fotokopiergerät, möglich ist. ... Es spricht deshalb bei summarischer Prüfung viel dafür, daß jedenfalls eine gewisse auf Verbreitung von Schriftstücken in der Öffentlichkeit gerichtete Organisationsstruktur (Herstellung und Vertrieb) als Voraussetzung dafür, daß ein Selbstverlag besteht, vorhanden sein muss. Hierbei könnte zwar in Betracht kommen, daß - anders als beim freien Mitarbeiter, der seine Zuordnung zur Presse von einem Dritten ableitet - eine solche Organisationsstruktur schon angenommen werden kann, wenn der Betreffende in der Vergangenheit Druckerzeugnisse, die für eine geistige Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit geeignet sind, im Selbstverlag hergestellt und vertrieben hat, wobei sich allerdings auch hier die Frage nach Art, Anzahl und Zeitpunkt solcher Veröffentlichungen stellen würde.
...Wie bereits erwähnt, können berechtigte Interessen an der Auskunftserteilung durch staatliche Stellen durchaus auch unabhängig von der der Presse eingeräumten Vorzugsstellung, insbesondere im Bereich wissenschaftlicher Forschungstätigkeit, bestehen. Zwar gibt es keinen dem presserechtlichen Auskunftsanspruch ... vergleichbaren einfachrechtlichen Auskunftsanspruch aufgrund einer solchen Tätigkeit. Auch hat das Bundesverwaltungsgericht, vom Bundesverfassungsgericht im anschließenden Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht beanstandet, es abgelehnt, einen verfassungsunmittelbaren Anspruch des Wissenschaftlers auf positive Entscheidung eines von ihm geltend gemachten Informationsanspruchs aus Art. 5 Abs. 3 GG abzuleiten<ref>BVerwG, Beschl. v. 9.10.1985 - 7 B 188.85 -, NJW 1986, 1277 sowie BVerfG, Beschl. v. 30.1.1986, NJW 1986, 1243</ref>. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht anerkannt, daß der Wissenschaftler jedenfalls verlangen kann, daß über seinen Antrag sachgerecht, also frei von Willkür und unter angemessener Berücksichtigung des Zwecks des Anliegens, entschieden und dabei auch der Stellenwert, den das Grundgesetz der Freiheit der Wissenschaft einräumt, beachtet wird<ref>BVerfG, Beschl. v. 30.1.1986, a.a.O.</ref>."<ref>Quelle: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.10.1995 - 10 S 1821/95 = NJW 1996, 538</ref>
Rechtsprechung
- VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.10.1995 - 10 S 1821/95 = NJW 1996, 538
Fußnoten
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