Selbstverwaltungsrecht
Eigener Aufgabenbereich
Nach Art. 28 Abs. 2 GG muss den Gemeinden das Recht gewährleistet sein,
- alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft
- im Rahmen der Gesetze
- in eigener Verantwortung zu regeln.
Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
Nach Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV haben die Gemeinden das Recht, ihre eigenen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbst zu ordnen und zu verwalten, insbesonders ihre Bürgermeister und Vertretungskörper zu wählen.
Auf einen Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 GG können (Individual-)Verfassungsbeschwerden nicht selbständig gestützt werden, weil diese Verfassungsbestimmung in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG bzw. § 90 Abs. 1 BVerfGG nicht aufgezählt ist und deshalb nicht zu den Rechten gehört, deren behauptete Verletzung die Beschwerdebefugnis begründet.<ref>BVerfG, Beschluss vom 04.04.1978 - 2 BvR 1108/77 = BVerfGE 64, 79</ref> Die Gemeinde kann jedoch nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 28 durch ein Gesetz mit der sog. Kommunalverfassungsbeschwerde klagen (bei Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann, siehe Art. 98 Satz 4 BV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Beschränkungen der Selbstverwaltung mit Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar, soweit sie deren Kernbereich unangetastet lassen (BVerfGE 23, 353 (365)<ref>BVerfG, Beschluss vom 21.05.1968 - 2 BvL 2/61</ref>; 22, 180 (205 mit weiteren Nachweisen)). Was zu dem Bereich gehört, der verfassungskräftig gegen jede Schmälerung durch gesetzgeberische Eingriffe geschützt ist, lässt sich nicht abstrakt-allgemein umschreiben, sondern ergibt sich einmal aus der geschichtlichen Entwicklung und sodann aus den verschiedenen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung (BVerfGE 17, 172 (182)).<ref>BVerfG, 10.06.1969 - 2 BvR 480/61</ref>.
Die Sorge für die Gemeindefinanzen fällt grundsätzlich in die ausschließliche Kompetenz der Länder<ref>BVerfG, 10.06.1969 - 2 BvR 480/61</ref>. Deshalb kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden nicht durch die Bundesssteuergesetzgebung verletzt werden<ref>BVerfG, 10.06.1969 - 2 BvR 480/61</ref>.
Institutionelle Garantie
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet die Gemeinden nur institutionell, aber nicht individuell<ref>BVerfG, Beschluss vom 27.11.1978 - 2 BvR 165/75 = BVerfGE 50, 50 - Laatzen</ref>. Die in Bayern in den Jahren 1971 bis 1980 durchgeführte Gebietsreform<ref>vgl. Wikipedia Gebietsteform in Bayern</ref> war daher grundsätzlich möglich.
Rechtsbehelfe
Will eine Gemeinde gegen eine gesetzliche Regelung vorgehen, durch die sie sich in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt sieht, kommen folgende Rechtsbehelfe in Frage:
- Popularklage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof
- Kommunalverfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht
Normen
Rechtsprechung
Bundesverfassungsgericht (BVerfG)
- BVerfG, Beschluss vom 03.05.1994 - 2 BvR 2760/93, 2 BvQ 3/94, 2 BvR 707, 741/94 - Isserstedt - kommunale Neugliederung
- BVerfG, Beschluss vom 27.11.1978 - 2 BvR 165/75 = BVerfGE 50, 50 - Laatzen
- BVerfG, Beschluss vom 04.04.1978 - 2 BvR 1108/77 - Beschränkung der Wählbarkeit zum Gemeinderat
- BVerfG, Beschluss vom 10.06.1969 - 2 BvR 480/61 = BVerfGE 26, 172 - Keine Verletzung des Selbstverwaltungsrechts durch Bundessteuergesetzgebung
- BVerfG, Beschluss vom 21.05.1968 - 2 BvL 2/61
- BVerfG, Urteil vom 18.07.1967 - 2 BvF 3/62; 2 BvF 4/62; 2 BvF 5/62; 2 BvF 6/62; 2 BvF 7/62; 2 BvF 8/62; 2 BvR 139/62; 2 BvR 140/62; 2 BvR 334/62; 2 BvR 335/62 - Jugendhilfe
Publikationen
Siehe auch
Fußnoten
<references />