Bürgerbegehren

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Die Gemeindebürger können nach GO Art. 18a Abs. 1 über Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).

Formelle Anforderungen<ref>siehe hierzu auch Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, 11. Aufl. 2011 Alpmann Schmidt, Rdnr. 246 ff</ref>

Das Bürgerbegehren muss nach GO Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO]

  • bei der Gemeinde eingereicht werden und
  • eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung und
  • eine Begründung enthalten sowie
  • bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. Für den Fall ihrer Verhinderung oder ihres Ausscheidens können auf den Unterschriftenlisten zusätzlich stellvertretende Personen benannt werden (GO Art. 18 Abs. 4 Satz 2).

Antrag (GO Art. 18a Abs. 1)

Zunächst muss nach GO Art. 18a Abs. 1 also ein Antrag auf Zulassung eines Bürgerentscheids vorliegen.

Schriftform (GO Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO)

Der Antrag muss nach der Formulierung des GO Art. 18a Abs. 4 Satz 1 schriftlich eingereicht werden.

Burgkunstadt: 10% der Gemeindebürger erforderlich (GO Art. 18a Abs. 5 S. 1 GO)

Gemeindebürger

Das Bürgerbegehren kann nur von Personen unterzeichnet werden, die am Tag der Einreichung des Bürgerbegehrens Gemeindebürger sind. Für die Feststellung der Zahl der gültigen Unterschriften ist das von der Gemeinde zum Stand dieses Tages anzulegende Bürgerverzeichnis maßgebend (GO Art. 18a Abs. 5 GO]).

Mindestunterstützerzahl

Ein Bürgerbegehren muss in Gemeinden bis zu 10.000 Einwohnern von mindestens 10 v.H. der Gemeindebürger unterschrieben sein (GO Art. 18a Abs. 6 Alt. 1 GO]).

Nach dem Stand der Kommunalwahlen 2008 gab es in Burgkunstadt 5.548 wahlberechtigte Gemeindebürger<ref>Quelle: Stadt Burgkunstadt</ref>. Somit wären ca. 555 unterzeichende Gemeindebürger für die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens in Burgkunstadt erforderlich.

Die formellen Anforderungen müssen auf jeder Unterschriftenliste erfüllt sein<ref>vgl. Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, 1. Aufl. 2011, Alpmann Schmidt, Rdnr. 250</ref>.

Eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung

Der Antrag muss eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung enthalten, Art. 18 a Abs. 4 Satz 1 GO.

Begründung

Der Antrag muss eine Begründung enthalten, Art. 18 a Abs. 4 Satz 1 GO<ref>zu den Anforderungen siehe OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.02.1996 - 7 A 12861/95.OVG = NVwZ-RR 1997,241</ref>. Eine unrichtige Begründung führt zur Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens<ref>OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00</ref>.

Benennung von bis zu drei vertretungsberechtigten Personen (Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO)

Der Antrag muss ferner bis zu drei vertretungsberechtigte Personen benennen (Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO).

Die Vertreter eines Bürgerbegehrens müssen nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs<ref>BayVGH, Urteil vom 25.07.2007 - 4 BV 06.1438 = BayVBl. 2008, 82</ref> nicht Bürger der Gemeinde sein, in der der Bürgerentscheid durchgeführt werden soll.

Materielle Anforderungen<ref>siehe hierzu auch Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, 11. Aufl. 2011 Alpmann Schmidt, Rdnr. 251 ff</ref>

Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises

Nach Art. 18a Abs. 1 GO muss es sich um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises handeln.

Ausschlüsse (Art. 18a Abs. 3 GO)

Ein Bürgerentscheid findet nach Art. 18a Abs. 3 GO nicht statt über Angelegenheiten,

die kraft Gesetz dem ersten Bürgermeister obliegen

Die Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters kraft Gesetzes ergibt sich aus Art. 37 Abs. 1 und Abs. 4 GO. Nicht erfasst sind jedoch die Fälle, in welchen der Gemeinderat dem ersten Bürgermeister durch die Geschäftsordnung weitere Angelegenheiten zur selbständigen Erledigung übertragen hat (Art. 37 Abs. 2 GO). Hier handelt es sich um keine Zuständigkeit kraft Gesetzes.

über Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung

Die innere Organisation der Gemeindeverwaltung ist u.a. in Art. 46 Abs. 1 Satz 2 GO (Geschäftsverteilung) geregelt.

über die Rechtsverhältnisse der Gemeinderatsmitglieder, der Bürgermeister und der Gemeindebediensteten

Über die Haushaltssatzung

Einzelfälle

Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens zur Aufhebung einer Straßenausbaubeitragssatzung

Der BayVGH hat mit Urteil vom 10.03.1999 - 4 B 98.1349 - entschieden, daß ein Bürgerbegehren zur Aufhebung einer Straßenausbaubeitragssatzung unzulässig ist. Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG habe grundsätzlich verbindlichen Charakter. Die Gemeinde sei zur Erhebung von Beiträgen verpflichtet. Ausbaumaßnahmen dürften nur in Ausnahmefällen vollständig aus allgemeinen Deckungsmitteln finanziert werden.<ref>http://www.bkpv.de/ver/pdf/mit11999/zusammenfassung/rd0499.pdf</ref>

Unzulässigkeit der Koppelung sachlich nicht zusammenhängender Materien

Art. 18a IV 1 BayGO verbietet nach einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs<ref>BayVGH, Urteil vom 25.07.2007 - 4 BV 06.1438 = BayVBl. 2008, 82</ref>die Koppelung sachlich nicht zusammenhängender Materien in einem Bürgerbegehren.

Verstoß gegen die allgemeinen Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit des Art. 61 GO

Siehe hierzu VGH Bayern, Beschluss vom 19.03.2007 - 4 CE 07.416

Entscheidung des Gemeinderats über Zulässigkeit

Über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Einreichung des Bürgerbegehrens.

Klagebefugnis

Kein Vorverfahren

Gegen die Entscheidung können die vertretungsberechtigten Personen des Bürgerbegehrens ohne Vorverfahren Klage erheben (Art. 18 Abs. 8 GO).

Verpflichtungsklage/Versagungsgegenklage

Statthaft wäre eine Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO<ref>Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, 11. Aufl. 2011, Alpmann Schmidt, Rdnr. 237</ref><ref>BayVGH, BayVBl. 1998, 23</ref><ref>BayVerfGH, BayVBl. 1999, 622 ff.</ref>.

Kläger

Klagen können nur die vertretungsberechtigten Personen gemeinsam<ref>BayVGH, Urteil vom 10.03.1999 - 4 B 98.1349 = BayVBl. 1999, 408 = NVwZ 2000, 219/220</ref>.

Klagefrist

Die Klagefrist beträgt nach § 74 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2 VwGO 1 Monat ab Bekanntgabe des Verwaltungsakts (= der ablehnenden Entscheidung).

Beklagte

Beklagte ist die die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Bei Nichtzulassung eines Bürgerbegehrens in Burgkunstadt wäre richtige Beklagte also die Stadt Burgkunstadt, Art. 1, 3 GO.

Einstweilige Anordnung

Ggf. kommt eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO in Betracht<ref>Beispiel hierzu bei Knemeyer,Bayerisches Kommunalrecht, 1. Aufl. 2011, Alpmann Schmidt, Rdnr. 235/254, siehe auch BayVerfGH, Entscheidung vom 15.07.1999 - Vf. 103-VI-97 - Zum Erlass einer Sicherungsanordnung zugunsten der Vertreter des Bürgerbegehrens "Kein neues Industriegebiet Süd in F"</ref>.

Normen

Rechtsprechung

Bayerischer Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH)

Oberverwaltungsgerichte

Verwaltungsgerichte

Publikationen

Fachbücher

  • Knemeyer, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Boorberg (1996), ISBN 978-3415022263
  • Busse/Keller, Taschenbuch für Gemeinde- und Stadträte in Bayern, Boorberg Verlag, 4. Aufl. 2014, ISBN 9783415052086 S. 96 ff.

Fußnoten

<references />