Ausschluss eines Gemeinderatsmitglieds wegen persönlicher Beteiligung
Nach GO Art. 49 Abs. 1 Satz 1 kann ein Mitglied an der Beratung und Abstimmung nicht teilnehmen, wenn der Beschluss
- ihm selbst,
- seinem Ehegatten,
- seinem Lebenspartner,
- einem Verwandten oder Verschwägerten bis zum dritten Grad oder
- einer von ihm kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen natürlichen oder juristischen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Gleiches gilt nach Art. 49 Abs. 1 Satz 2 GO, wenn ein Mitglied in anderer als öffentlicher Eigenschaft ein Gutachten abgegeben hat.
Eine persönliche Beteiligung liegt auch dann vor, wenn das Gemeinderatsmitglied, das Mitglied eines Vertretungsorgans einer juristischen Person ist, in der zur Beschlussfassung im Gemeinderat anstehenden Sache innerhalb des Vertretungsorgans nicht oder nicht als Einzelperson zur Vertretung berufen ist<ref>vgl. Kommentar Bayerische Kommunalgesetze von Bauer/Böhle/Ecker, RdNr. 4 zu Art. 49 GO</ref>.
Rechtsprechung
Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG)
- BayObLG, Beschluss vom 18.02.1988 - RReg. 1 St 309/87 = JR 1989, 299 - Entgegennahme einer besoldungsrechtlich unzulässigen Urlaubsabgeltung durch bayerischen Bürgermeister - keine Untreue
Oberverwaltungsgerichte anderer Bundesländer
- OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.05.2015 - 15 A 1523/14:
- "Das Mitwirkungsverbot des § 31 Abs. 1 Satz 1 GO NRW will bereits den "bösen Schein" einer Interessenverflechtung vermeiden. Deshalb ist nicht maßgeblich, ob tatsächlich eine individuelle Betroffenheit besteht oder nicht. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass der Eintritt eines Vorteils oder Nachteils aufgrund der fraglichen Entscheidung konkret möglich und hinreichend wahrscheinlich erscheint."<ref>OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.05.2015 - 15 A 1523/14 Amtlicher Leitsatz 1</ref>
- "Dass mit einer räumlichen Ausdehnung des Schulwegs von 1,1 km auf 3,7 km potentiell ein konkreter, nicht unerheblicher zeitlicher Mehraufwand einhergeht, ist nicht fraglich und wird auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt. Dieser Umstand genügt, um bei objektivierender Betrachtung anzunehmen, die Entscheidung könne dem Kläger bzw. dessen Tochter je nach Ausgang einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringen, und damit Zweifel an seiner Objektivität zu wecken."<ref>OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.05.2015 - 15 A 1523/14 Abs. 12</ref>
- VGH Hessen, Urteil vom 28.11.2013 - 8 A 865/12: "Ein Gemeindevertreter ist von der Beratung und Entscheidung nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 HGO ausgeschlossen, wenn diese ein konkretes Eigeninteresse des Gemeindevertreters berührt, welches ihn aus der Gruppe der übrigen Gemeindevertreter heraushebt und in besonderer Weise betrifft. Darauf, ob die Entscheidung ohne Hinzutreten eines weiteren Umstandes eine natürliche Person direkt berührt, kommt es maßgeblich nicht an (Änderung der bisherigen Rechtsprechung des Hess. VGH, vgl. Urteil vom 10. März 1981 II OE 12/80 , NVwZ 1982, 44)." - Änderung von VGH Hessen, Urteil vom 10.03.1981 - II OE 12/80 Befangenheit bei Beratung einer Beitragssatzung
Normen
- Art. 49 GO Ausschluss wegen persönlicher Beteiligung
- § 1589 BGB Verwandtschaft
- § 1590 BGB Schwägerschaft
Publikationen
- Irmtraud Bock, Mitwirkungsverbot im Gemeinderat und Ortschaftsrat wegen Befangenheit, BWGZ 12/2009, S. 484
- Friedrich Ebert Stiftung, Wegbesch, reibung für die kommunale Praxis, Mitwirkungsverbote RF 4(Rats- und Fraktionsarbeit)
- Dr. jur. Erich Röper, Nichtigkeit und Teilnichtigkeit kommunaler Beschlüsse und Normen, NVwZ 1982, 298
Siehe auch
Fußnoten
<references />