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Aktuelle Version vom 22. Dezember 2020, 07:08 Uhr
Abgeordnetenbestechung - bis 2014 geltende Regelung
In Deutschland machte sich ein Stadtrat nach StGB § 108 e bis zur Neufassung (Die Neuregelung tritt am 1. September 2014 in Kraft, siehe unten) nur strafbar, wenn er direkt seine Stimme verkaufte. Wenn ein Stadtrat Geld annahm, um allgemein ein Unternehmen, Projekt oder Vorhaben zu unterstützen, machte er sich früher nicht strafbar. Bestechlichkeit und Korruption im Stadtrat waren also bis 2014 in weiten Bereichen nicht strafbar. Dies führte zu der seltsamen Konstellation, dass der Bundesgerichtshof als höchstes deutsches Strafgericht mit folgenden eindringlichen Worten mahnte:
- "Die gesetzliche Regelung der Abgeordnetenbestechung führt nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers dazu, weite Teile von als strafwürdig empfundenen Manipulationen im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen in Volksvertretungen der Gemeinden und Gemeindeverbände straflos zu stellen. Der Senat sieht hier gesetzgeberischen Handlungsbedarf: In allen anderen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens hat das gewandelte öffentliche Verständnis einer besonderen Sozialschädlichkeit von Korruption zu einer erheblichen Ausweitung der Strafbarkeit von korruptivem Verhalten geführt<ref>insbesondere durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 BGBl I S. 2038</ref>). Diese Entwicklung ist bislang an dem Tatbestand der Abgeordnetenbestechung vorbeigegangen<ref>vgl. auch Geerds JR 1996, 309, 312; de With Kriminalistik 1997, 400</ref>. Der Straftatbestand des § 108e StGB wird deshalb vielfach als praktisch bedeutungslose "symbolische Gesetzgebung" angesehen, die mit der Überschrift nur auf den ersten Blick - und namentlich der Öffentlichkeit - vortäuscht, dass Abgeordnete unter dem Gesichtspunkt der Bestechungsdelikte den Amtsträgern wenigstens annähernd gleichgestellt wären<ref>vgl. Häger in LK 11. Aufl. § 36 Rdn. 5 und 12a; Barton NJW 1994, 1098, 1100; Tröndle/ Fischer aaO § 108e Rdn. 2</ref>. Indes zeigen gerade Fälle wie der vorliegende, dass die Tatbestandsfassung nicht ausreicht, um alle strafwürdigen korruptiven Verhaltensweisen - insbesondere auf kommunaler Ebene - zu erfassen."<ref>BGH, Urteil vom 09.05.2006 - 5 StR 453/05 - Absatz 52</ref>
Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern - ab 1.9.2014 geltende Neuregelung
Mit 582 Ja-Stimmen bei drei Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen hat der Bundestag in namentlicher Abstimmung am 21. Februar den Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes von CDU/CSU und SPD zur Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung (18/476) in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (18/607)<ref>http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/006/1800607.pdf abgerufen am 25.02.2014 21:37 Uhr</ref> angenommen. Der Paragraf 108e des Strafgesetzbuches wird damit umbenannt in "Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern". Die Vorschrift erstreckt sich nun auf Mitglieder eines in unmittelbarer und allgemeiner Wahl gewählten Gremiums einer "für ein Teilgebiet eines Landes oder einer kommunalen Gebietskörperschaft gebildeten Verwaltungseinheit". Mit dem Gesetz wird ferner die erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte und der Generalstaatsanwaltschaften für den Straftatbestand des neuen Paragrafen 108e. Die Neuregelung tritt am 1. September 2014 in Kraft. Mit der Koalitionsmehrheit lehnte der Bundestag zudem einen Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/624) ab, der unter anderem darauf abzielte, Wahlbewerber den Mandatsinhabern gleichzustellen.<ref>Quelle: http://bundestag.de/dokumente/textarchiv/2014/49623234_kw08_angenommen_abgelehnt/index.html abgerufen am 25.02.2014 21:38 Uhr</ref>
Normen
- StGB § 108 e Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern
- StGB § 334 Bestechung
- StGB § 335 Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung
Rechtsprechung
Bundesgerichtshof (BGH)
- BGH, Urteil vom 26.05.2011 - 3 StR 492/10 - Bundesgerichtshof zu Geschäftspraktiken von Schulfotografie in Zusammenhang mit Bestechungsdelikten<ref>Siehe hierzu auch die Pressemitteilung Nr. 88/2011 des BGH</ref>
Verwaltungsgerichte
- VG Düsseldorf, Beschluss vom 25.08.2008 - 20 L 1283/08: Durch die Mitwirkung am Austausch der Ursprungskalkulation im Ausschreibungsverfahren und durch die Zahlung von Bestechungsgeldern, um potentielle Mitbewerber auszuschalten, verletzt ein Architekt - unabhängig davon, ob Mitbewerbern tatsächlich ein Schaden entstanden ist - in hohem Maße die ihm obliegenden Pflichten. Eine derartige Pflichtverletzung rechtfertigt die Löschung seiner Eintragung in die Achitektenliste. Auch überwiegt in einem solchen Fall das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse des Architekten, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache von der Vollziehung verschont zu bleiben. (Amtlicher Leitsatz)
Publikationen
- Christian Alexander Mayer und Dr. Martin Schorn, Strafrechtliche Risiken des unwirksamen öffentlich-rechtlichen Vertrags, KommJur 2015, 86
Links
Einzelfälle
- Abgrenzung von Lobbyismus und Korruption: Nach einem Bericht der Südwest-Presse vom 22.01.2014 hat ein Amtsgericht in Baden-Württemberg in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil den früheren Schultheiß einer Kommune wegen Bestechung zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen a 150 Euro verurteilt. Dieser arbeitete nach dem Pressebericht nach Beendigung seiner Amtszeit als Berater eines Energieunternehmens gegen ein monatliches Beraterhonorar von 5.000,- €. Im Gemeinderat stand eine Entscheidung an über die Vergabe der Stromkonzession, wofür zwei Bewerbungen vorlagen. Der frühere Schultheiß habe nach der Anklage dem jetzigen Bürgermeister einen Deal vorgeschlagen: Falls sich der Bürgermeister für eine Verlängerung des Konzessionsvertrages einsetze, solle die Kommune - in gewissem zeitlichen Abstand - einen Festschirm kostenlos für ein Dorffest erhalten (Gegenwert 4000 bis 5000 Euro). Dem widersprach der Angeklagte und beschuldigte nunmehr den jetzigen Bürgermeister, er habe sich seinerseits erkundigt, was die Gemeinde zusätzlich von dem Stromkonzern erhalte, wenn die Stromkonzession verlängert werde. An einen solchermaßen dargestellten Racheakt des jetzigen Bürgermeisters glaubte das Amtsgericht Nürtingen allerdings nicht und verurteilte den Stromberater. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe gefordert. Es müsse jeder Eindruck vermieden werden, eine Verwaltung sei käuflich.<ref>Quelle: Südwest-Presse vom 24.01.2014 http://www.swp.de/metzingen/lokales/alb-neckar/Notter-wegen-Bestechung-verurteilt;art1158523,2412560</ref> Der Verurteilte legte Berufung ein<ref>Quelle: Südwest-Presse vom 31.01.2014 - http://www.swp.de/metzingen/lokales/alb-neckar/Hans-Notter-geht-in-Berufung;art5684,2426669 abgerufen am 31.01.2014</ref> Das Landgericht Stuttgart betätigte das Urteil im September 2015<ref>teckbote.de vom 18.09.2015 - 09:32 Uhr - Landgericht bestätigt Urteil</ref>.
Siehe auch
Fußnoten
<references />