Akteneinsicht: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 19. Januar 2021, 11:55 Uhr
Aktenführung
VwVfG § 29, VwVfG § 79 "ist - mittelbar - eine Verpflichtung zum Führen der Akten zu entnehmen. Diese Pflicht gewährleistet das durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte rechtliche Gehör, indem ein Beteiligter eines Verwaltungsverfahren anhand der zu führenden Verwaltungsakte durch Akteneinsicht sich davon überzeugen kann, ob die gegen ihn angestrebten Maßnahmen rechtmäßig sind. Er wird in die Lage versetzt, seine Sichtweise geltend machen und die Erfolgsaussicht von Rechtsbehelfen prüfen zu können. Das Gebot der Aktenmäßigkeit, also die Verpflichtung zum Führen von Akten, umfasst daher auch das Gebot der Vollständigkeit der Akten und der Aktenerhaltung sowie das Verbot der Aktenverfälschung<ref>(zu alledem Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 29, Rn. 1a)</ref>. Letztes soll eine wahrheitsgetreue Aktenführung gewährleisten. Hierzu gehört auch das fortlaufende Paginieren der Behördenakten. Es stellt u.a. sicher, dass die Akte nicht vor einer Akteneinsicht verändert werden kann, indem unpaginierte Bestandteile der Akte entfernt oder hinzugefügt werden. Folglich kann das Paginieren nicht über Gebühren abgegolten werden.<ref>VG Karlsruhe, Urteil vom 26.07.2011 - 6 K 2797/10 Abs. 40</ref>
==Akteneinsicht in einem Verwaltungsverfahren {{:Akteneinsicht in einem Verwaltungsverfahren]]
Einsicht in Straf- und Bußgeldakten
Aktenvorlage im Verwaltungsprozess
- VwGO § 99 Abs. 1 Satz 1: Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet.
Akteneinsicht in die Vergabeakte
Akteneinsicht im Zivilprozess
Die Parteien eines Zivilprozesses können die Prozessakten einsehen und sich aus ihnen durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen lassen. (ZPO § 299 Abs. 1). Dritten Personen kann der Vorstand des Gerichts ohne Einwilligung der Parteien die Einsicht der Akten nur gestatten, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird (ZPO § 299 Abs. 2). Werden die Prozessakten elektronisch geführt, gewährt die Geschäftsstelle Akteneinsicht durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf. Auf besonderen Antrag wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Ein Aktenausdruck oder ein Datenträger mit dem Inhalt der Akte wird auf besonders zu begründenden Antrag nur übermittelt, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse darlegt. Stehen der Akteneinsicht in der nach Satz 1 vorgesehenen Form wichtige Gründe entgegen, kann die Akteneinsicht in der nach den Sätzen 2 und 3 vorgesehenen Form auch ohne Antrag gewährt werden. Eine Entscheidung über einen Antrag nach Satz 3 ist nicht anfechtbar. (ZPO § 299 Abs. 3) Die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die zu ihrer Vorbereitung gelieferten Arbeiten sowie die Dokumente, die Abstimmungen betreffen, werden weder vorgelegt noch abschriftlich mitgeteilt. (ZPO § 299 Abs. 4)
Normen
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
- VwGO § 99 Abs. 1 Satz 1
Zivilprozessordnung (ZPO)
Landesrecht Bayern
Strafverfahren
Rechtsprechung
Bundesverfassungsgericht (BVerfG)
- BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 = BVerfGE 101, 106 - Akteneinsichtsrecht
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)
- BVerwG, Beschluss vom 31.03.2004 - 6 C 25.03
- BVerwG, Beschluss vom 14.12.1989 - BVerwG 7 B 173.89 = BayVBl. 1990, 284
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH)
- BayVGH, Beschluss vom 14.08.2008 - 4 ZB 07.1148 - Auskunftsrecht eines Kreistagsmitglieds über Verfügungsmittel des Landrats?
- BayVGH, Urteil vom 07.10.2008 - 5 BV 07.2162
- BayVGH, Beschluss vom 06.09.1989 = BayVBl. 1990, 278
- BayVGH, Urteil vom 25.02.1970 = BayVBl. 1970, 222 f.
Weitere Oberverwaltungsgerichte (OVG)
- OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Mai 2006 · Az. 8 A 1642/05 - Akteneinsicht in die Prüfberichte des Rechnungsprüfungsamts
Verwaltungsgerichte (VG)
- VG Magdeburg, Beschluss vom 12.12.2017 - 7 B 985/17: "1. Wird zur Gewährung von Akteneinsicht die Versendung der Akten beantragt und gewährt, erfolgt diese als zusätzliche Leistung der Behörde (oder des Gerichts). Diese Leistung kann - unabhängig davon, ob die Akteneinsicht als solche kostenfrei ist - immer auch Grundlage eines eigenständigen Gebührentatbestandes sein.(Rn.22) 2. Das Gebot der Aktenmäßigkeit, also die Verpflichtung zum Führen von Akten, umfasst auch das Gebot der Vollständigkeit der Akten und der Aktenerhaltung sowie das Verbot der Aktenverfälschung. Letzteres soll eine wahrheitsgetreue Aktenführung gewährleisten. Hierzu gehört auch das fortlaufende Paginieren der Behördenakten. Es stellt u. a. sicher, dass die Akte nicht vor einer Akteneinsicht verändert werden kann, indem unpaginierte Bestandteile der Akte entfernt oder hinzugefügt werden. Folglich kann das Paginieren der Behördenakte nicht über Gebühren abgegolten werden. (Rn.23) 3. Das Kopieren von für eine Versendung vorgesehenen Verwaltungsvorgängen, in die Akteneinsicht beantragt worden ist, um den Akteninhalt zu sichern und ihn ggf. während des Versandzeitraumes für weitere Verwaltungstätigkeiten zur Verfügung zu haben, stellt keine gebührenfähige Amtshandlung dar.(Rn.24)
- VG Ansbach, Urteil vom 16. März 2010 - 4 K 09.00667
- VG Bayreuth, Beschluss vom 16.02.2009 - B 2 E 08.1234
- VG Würzburg, Beschluss vom 26.10.1988 - W 2 K 88.238 = BayVBl. 1989, 153
- VG Karlsruhe, Urteil vom 26.07.2011 - 6 K 2797/10: Das Paginieren der Behördenakte darf nicht in die Bemessung des Verwaltungsaufwands nach § 7 Abs. 1 LGebG eingestellt werden, da die Behörde zum Führen der Akte verpflichtet ist, das das fortlaufende Paginieren umfasst.<ref>Amtlicher Leitsatz Nr. 2</ref>
Oberlandesgerichte
Publikationen
Fachartikel
- Bohl, Der "ewige Kampf" des Rechtsanwalts um die Akteneinsicht, NVwZ 2005, 133
- Dr. Thomas Troidl, Informationszugang und Akteneinsicht Gesetzliche Grundlagen, aktuelle Rechtsprechung und praktische Hinweise für Behörden, BayVBl. 2015, 581
Beispiele aus der Praxis
Regelungen in anderen Bundesländern
Nach § 24 Abs. 3 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg kann ein Viertel der Gemeinderäte in allen Angelegenheiten der Gemeinde und ihrer Verwaltung verlangen, daß der Bürgermeister den Gemeinderat unterrichtet, und daß diesem oder einem von ihm bestellten Ausschuß Akteneinsicht gewährt wird. In dem Ausschuß müssen die Antragsteller vertreten sein. Jeder Gemeinderat kann an den Bürgermeister schriftliche, elektronische oder in einer Sitzung des Gemeinderats mündliche Anfragen über einzelne Angelegenheiten im Sinne von Absatz 3 Satz 1 richten, die binnen angemessener Frist zu beantworten sind. Das Nähere ist in der Geschäftsordnung des Gemeinderats zu regeln (§ 24 Abs. 3 GO-BW).
Siehe auch
- Aktenführung
- Vergabeakte
- Informationsrechte
- Datenschutz
- Öffentlichkeit (Stadtratssitzung)
- Verschwiegenheitspflicht
- Auskunftsanspruch der Presse
- Subjektives Recht
Fußnoten
<references />