Umweltorientierte Beschaffung in Kommunen: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 8. Januar 2021, 09:38 Uhr
Umweltorientierte Beschaffung
"Umweltorientierte Auftragsvergabe (Green Public Procurement, GPP) ist ein wichtiges Instrument zum Erreichen der umweltpolitischen Ziele im Zusammenhang mit dem Klimawandel, der Ressourcennutzung sowie der Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch, und zwar insbesondere angesichts der Bedeutung der Ausgaben des öffentlichen Sektors für Waren und Dienstleistungen in Europa"<ref>Handbuch für ein umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen der Europäischen Union (Stand: Februar 2016) © Europäische Union, 2016, Nachdruck mit Quellenangabe gestattet , Seite 4</ref>
Die umweltorientierte Beschaffung („Green Public Procurement – GPP”) kann aufgefasst werden als
"…ein Prozess, in dessen Rahmen die staatlichen Stellen versuchen,
zu beschaffen, die während ihrer gesamten Lebensdauer geringere Folgen für die Umwelt haben als vergleichbare Produkte mit der gleichen Hauptfunktion."<ref>Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen Umweltorientiertes Öffentliches Beschaffungswesen - Ziffer 3.1</ref>
Nach GWB § 97 Abs. 3 werden bei der Vergabe Aspekte der
- Qualität und der
- Innovation sowie
- soziale und
- umweltbezogene Aspekte
nach Maßgabe des vierten Teils des GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)) berücksichtigt.
Entgegen dem Wortlaut ist GWB § 97 Abs. 3 nicht zwingend.<ref>Jan Ziekow /Uwe-Carsten Völlink, Vergaberecht, 4., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 2020, Verlag C.H. Beck, München, ISBN 9783406747113 § 97 Rn. 61</ref> Verpflichtende Vorschriften finden sich Im Rahmen der
- Beschaffung energieverbrauchsrelevanter Liefer- oder Dienstleistungen (VgV § 67),
- Beschaffung von Straßenfahrzeugen (VgV § 68)
- IT-Büroausstattung - Von zentralen Regierungsbehörden angeschaffte IT-Produkte müssen den neuesten Mindeststandards für Energieeffizienz der Energy Star-Verordnung der EU (Verordnung (EG) Nr. 106/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über ein gemeinschaftliches Kennzeichnungsprogramm für Strom sparende Bürogeräte ) entsprechen.<ref>Quelle: Handbuch für ein umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen der Europäischen Union (Stand: Februar 2016) © Europäische Union, 2016, Nachdruck mit Quellenangabe gestattet , Seite 7</ref>
- Gebäude – "Für öffentliche Gebäude gelten Energieeffizienz-Mindestanforderungen, die auf nationaler Ebene unter Zugrundelegung einer gemeinsamen EU-Methodik festgelegt werden. Ab 1. Januar 2019 müssen alle neuen Gebäude, die von öffentlichen Behörden als Eigentümer genutzt werden, „Niedrigstenergiegebäude“ sein (Richtlinie 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden). In der Energieeffizienzrichtlinie werden ebenfalls verbindliche Anforderungen an die Renovierung öffentlicher Gebäude und an Kaufverträge und neue Mietverträge festgelegt, die Energieeffizienz-Mindeststandards zu erfüllen haben."<ref>Quelle: Handbuch für ein umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen der Europäischen Union (Stand: Februar 2016) © Europäische Union, 2016, Nachdruck mit Quellenangabe gestattet , Seite 7</ref>
Verpflichtende Vorschriften
Beschaffung energieverbrauchsrelevanter Liefer- oder Dienstleistungen
Wenn energieverbrauchsrelevante Waren, technische Geräte oder Ausrüstungen Gegenstand einer Lieferleistung oder wesentliche Voraussetzung zur Ausführung einer Dienstleistung sind (Energieverbrauchsrelevante Liefer- oder Dienstleistungen), sind nach VgV § 67 Abs. 1 die Anforderungen der Absätze 2 bis 5 VgV § 67 zu beachten. In der Leistungsbeschreibung sollen nach VgV § 67 Abs. 2 im Hinblick auf die Energieeffizienz insbesondere folgende Anforderungen gestellt werden:
- das höchste Leistungsniveau an Energieeffizienz<ref>s.a. Lebenszykluskosten</ref> und,
- soweit vorhanden, die höchste Energieeffizienzklasse im Sinne der Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung.
In der Leistungsbeschreibung oder an anderer geeigneter Stelle in den Vergabeunterlagen sind nach VgV § 67 Abs. 3 von den Bietern folgende Informationen zu fordern:
- konkrete Angaben zum Energieverbrauch, es sei denn, die auf dem Markt angebotenen Waren, technischen Geräte oder Ausrüstungen unterscheiden sich im zulässigen Energieverbrauch nur geringfügig, und
- in geeigneten Fällen
- a) eine Analyse minimierter Lebenszykluskosten oder
- b) die Ergebnisse einer Buchstabe a vergleichbaren Methode zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit.
Der öffentliche Auftraggeber darf nach Absatz 3 übermittelte Informationen überprüfen und hierzu ergänzende Erläuterungen von den Bietern fordern (VgV § 67 Abs.4).
Im Rahmen der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes ist die anhand der Informationen nach Absatz 3 oder der Ergebnisse einer Überprüfung nach Absatz 4 zu ermittelnde Energieeffizienz als Zuschlagskriterium angemessen zu berücksichtigen (VgV § 67 Abs.5).
VgV § 68 (Beschaffung von Straßenfahrzeugen) ist als lex specialis vorrangig zu VgV § 67 zu prüfen.<ref>Jan Ziekow /Uwe-Carsten Völlink, Vergaberecht, 4., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 2020, Verlag C.H. Beck, München, ISBN 9783406747113, § 67 Rn. 1</ref>
Handlungsoptionen zur umweltorientierten Beschaffung im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung
Publikationen
Ann-Christin Funk / Stephan Tomerius, Aktuelle Ansatzpunkte umwelt- und klimaschützender Beschaffung in Kommunen – Überblick und Wege im Dschungel des Vergaberechtes; KommJur 1/2016, S. 1 ff. (Teil 1) und KommJur 2/2016, S. 47 ff. (Teil 2)
Fußnoten
<references/>