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Aktuelle Version vom 15. Februar 2016, 10:51 Uhr
"Das Grundgesetz setzt in Art. 104 Abs. 1 und 2 und in Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 die Möglichkeit einer zeitlich begrenzten oder unbegrenzten Freiheitsentziehung durch ein richterliches Strafurteil, das in Anwendung eines Strafgesetzes und unter Beachtung der entsprechenden verfahrensrechtlichen Vorschriften ergangen ist, als selbstverständlich voraus. Dagegen enthält es - mit Ausnahme des in Art. 104 Abs. 1 Satz 2 niedergelegten Mißhandlungsverbots - keine grundsätzliche Aussage über die Art und Weise, in der die Freiheitsstrafe zu vollziehen ist. Soweit es um die Einschränkung von Grundrechten geht, bestimmen allerdings die betreffenden Verfassungsnormen, daß dies nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zulässig ist<ref>(vgl. im vorliegenden Zusammenhang Art. 10 Abs. 2 Satz 1 und Art. 5 Abs. 2 GG)</ref>. Der naheliegende Schluß, der Gesetzgeber sei aus diesem Grunde nunmehr verpflichtet, auch für den bisher ganz überwiegend durch bloße Verwaltungsvorschriften geregelten Bereich des Strafvollzuges ein entsprechendes Gesetz zu erlassen, wurde aber nach Inkrafttreten des Grundgesetzes zunächst in Rechtsprechung und Lehre nicht gezogen. Vielmehr griff man auf die Rechtsfigur des "besonderen Gewaltverhältnisses" zurück und verstand dieses als eine eigenständige, implizite Beschränkung der Grundrechte der Strafgefangenen; ein Strafvollzugsgesetz hielt man von Verfassungs wegen nicht für geboten<ref>(vgl. dazu die kritischen Darstellungen bei Schüler-Springorum, Strafvollzug im Übergang, 1969, S. 59 ff., und bei Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetzgebung und Strafvollzugsreform, 1970, S. 86 ff., je mit ausführlichen Rspr.- und Lit.-Nachweisen)</ref>.
2. Diese Auffassung ist rückblickend nur damit zu erklären, daß die traditionelle Ausgestaltung des Strafvollzuges als eines "besonderen Gewaltverhältnisses" es zuließ, die Grundrechte des Strafgefangenen in einer unerträglichen Unbestimmtheit zu relativieren. Das Grundgesetz ist eine wertgebundene Ordnung, die den Schutz von Freiheit und Menschenwürde als den obersten Zweck allen Rechts erkennt; sein Menschenbild ist allerdings nicht das des selbstherrlichen Individuums, sondern das der in der Gemeinschaft stehenden und ihr vielfältig verpflichteten Persönlichkeit<ref>(BVerfGE 12, 45 [51]; 28, 175 [189])</ref>. In Art. 1 Abs. 3 GG werden die Grundrechte für Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung für unmittelbar verbindlich erklärt. Dieser umfassenden Bindung der staatlichen Gewalt widerspräche es, wenn im Strafvollzug die Grundrechte beliebig oder nach Ermessen eingeschränkt werden könnten. Eine Einschränkung kommt nur dann in Betracht, wenn sie zur Erreichung eines von der Wertordnung des Grundgesetzes gedeckten gemeinschaftsbezogenen Zweckes unerläßlich ist und in den dafür verfassungsrechtlich vorgesehenen Formen geschieht. Die Grundrechte von Strafgefangenen können also nur durch oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden, das allerdings auf - möglichst engbegrenzte - Generalklauseln nicht wird verzichten können."<ref>BVerfG, Beschluss vom 14.03.1972 - 2 BvR 41/71 Abs. 17 und 18</ref>
Beispiele
Rechtsprechung
- BVerfG, Urteil vom 31.05.2006 - 2 BvR 1673/04; 2 BvR 2402/04 = BVerfGE 116, 69 - Jugendstrafvollzug
- BVerfG, Urteil vom 24.09.2003 - 2 BvR 1436/02 - Kopftuchtragende Lehrerin
- BVerfG, Beschluss vom 14.03.1972 - 2 BvR 41/71 = BVerfGE 33, 1 - Strafgefangener
Publikationen
Fußnoten
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