Vertretungsmacht

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Der Umfang der Vertretungsmacht des Ersten Bürgermeisters ist nach GO Art. 38 Abs. 1 Satz 2 auf seine Befugnisse beschränkt.

Die Vertretungsmacht des Vorstands eines Vereins ist im Außenverhältnis zu Dritten grundsätzlich unbeschränkt. Die in der Satzung des Vereins vorgesehenen Zustimmungserfordernisse zugunsten anderer Vereinsorgane, insbesondere zugunsten der Mitgliederversammlung, können den Umfang der Vertretungsmacht des Vorstandes im Außenverhältnis nur dann wirksam einschränken, wenn dies in der Satzung "eindeutig" zum Ausdruck kommt. Ist dies nicht der Fall, wirkt sich das Zustimmungserfordernis nur auf das Innenverhältnis aus.<ref>BGH, Urteil vom 22.04.1996 - II ZR 65/95 = NJW-RR 1996, 866 Amtlicher Leitsatz</ref>

Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters

Der Bundesgerichtshof hatte mit Urteil vom 18. November 2016<ref>BGH, Urteil vom 18.11.2016 - V ZR 266/14</ref> entschieden, dass die organschaftliche Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters einer bayerischen Gemeinde im Außenverhältnis allumfassend und unbeschränkt sei; infolgedessen werde die Gemeinde auch durch solche Rechtshandlungen des ersten Bürgermeisters berechtigt und verpflichtet, die dieser ohne die erforderliche Beschlussfassung des Gemeinderats vorgenommen hätte.<ref>Amtlicher Leitsatz, anders noch OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2016 - 10 U 137/15 Amtliche Leitsätze 1 und 2: Der von einem ersten Bürgermeister ohne einen entsprechenden Gemeinderats- oder Ausschussbeschluss unterzeichnete Vertrag ist daher gemäß BGB § 177 Abs. 1 schwebend unwirksam und kann vom Gemeinderat genehmigt werden."</ref>

Die bayerische Staatsregierung hat mit Gesetz vom 22.02.2018 auf der Grundlage des Gesetzentwurfes 17/14651 vom 6.12.2016 zum 1.4.2018 die bisherige Praxis (vor dem BGH-Urteil vom 18.11.2016) per Gesetz wiederhergestellt. In GO Art. 38 Absatz 1 wurde folgender Satz 2 eingefügt:

„Der Umfang der Vertretungsmacht ist auf seine Befugnisse beschränkt.“

Vertretungsmacht des Vorstands eines Vereins

Die Vertretungsmacht des Vorstands eines Vereins ist im Außenverhältnis zu Dritten grundsätzlich unbeschränkt. Die in der Satzung des Vereins vorgesehenen Zustimmungserfordernisse zugunsten anderer Vereinsorgane, insbesondere zugunsten der Mitgliederversammlung, können den Umfang der Vertretungsmacht des Vorstandes im Außenverhältnis nur dann wirksam einschränken, wenn dies in der Satzung "eindeutig" zum Ausdruck kommt. Ist dies nicht der Fall, wirkt sich das Zustimmungserfordernis nur auf das Innenverhältnis aus.<ref>BGH, Urteil vom 22.04.1996 - II ZR 65/95 = NJW-RR 1996, 866 Amtlicher Leitsatz</ref> Die satzungsmäßige Vertretungsmacht des Vorstands im Außenverhältnis schließt pflichtwidriges Handeln bei der Geschäftsführung im Innenverhältnis nicht aus.<ref>BGH, Urteil vom 14.01.2008 - II ZR 245/06 = NJW 2008, 1589 Abs. 15</ref>

Normen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • BGB § 26 Vorstand und Vertretung
  • BGB § 177 Abs. 1 (Vertragsschluss durch Vertreter ohne Vertretungsmacht)
  • BGB § 242 Leistung nach Treu und Glauben

Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung - GO)

  • GO Art. 29 Hauptorgane
  • GO Art. 30 Rechtsstellung; Aufgaben des Gemeinderats
  • GO Art. 37 Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters
  • GO Art. 38 Verpflichtungsgeschäfte; Vertretung der Gemeinde nach außen

Rechtsprechung

Bundesgerichtshof (BGH)

Bundesarbeitsgericht (BAG)

Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG)

  • BayObLG, Urteil vom 24.04.1986 - RReg. 1 Z 32/86: Vertretung der Gemeinde bei einer Vereinbarung über die Verwendung von originalen Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen eines Architekten zur Fertigung von Mutterpausen durch die Gemeinde sowie zur Bestimmung der Vergütung für eine solche Leistung.

Oberlandesgerichte

  • OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2016 - 10 U 137/15
  • OLG München, Beschluss vom 28.01.2013 - 34 Wx 390/12: "Gibt der erste Bürgermeister einer bayerischen Gemeinde gegenüber dem Grundbuchamt eine Erklärung ab, hat er letzterem seine Rechtsmacht zur Vornahme des betreffenden Rechtsgeschäfts nachzuweisen. Art. 38 Abs. 1 GO begründet nach überkommener Auffassung lediglich das Vertretungsrecht des ersten Bürgermeisters, nicht jedoch seine Vertretungsmacht<ref>(vgl. Senat vom 18.6.2010, 34 Wx 065/10 bei juris m.w.N.)</ref>. Es stellt sich die Frage, ob die Abgabe der Löschungsbewilligung nach § 19 GBO zu den laufenden Angelegenheiten zählt, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen (Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 GO) und die der erste Bürgermeister deshalb in eigener Zuständigkeit erledigen kann. Das vormals zuständige Bayerische Oberste Landesgericht hat hierzu ausgeführt, dass die in dieser Vorschrift enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe im Einzelfall die Feststellung einer Reihe tatsächlicher Umstände voraussetzen, die noch dazu von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich gelagert sein können. Deshalb erfordere die Beantwortung der Frage, ob ein bestimmtes Geschäft eine laufende Angelegenheit der Gemeinde darstellt, eine genauere Kenntnis der Verhältnisse der jeweiligen Gemeinde über einen längeren Zeitraum hinweg. Dies gelte auch für die Entscheidung, ob eine Angelegenheit grundsätzliche Bedeutung für die Gemeinde habe oder nicht. Auch hierfür bedürfe es, je nach Art der Angelegenheit, eines tieferen Einblicks in die wirtschaftlichen, sozialen, unter Umständen sogar gemeindepolitischen Verhältnisse. Handle es sich nun um ein Grundbuchgeschäft, liege es auf der Hand, dass der Erste Bürgermeister in aller Regel außer Stande sei, dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO alle die maßgeblichen Umstände nachzuweisen, aus denen sich ergebe, dass das Geschäft in seinen eigenen Zuständigkeitsbereich falle (BayObLG Rpfleger 1975, 95). Das Bayerische Oberste Landesgericht hält es in diesem Zusammenhang für möglich, auf vom Gemeinderat aufgestellte Richtlinien zurückzugreifen, die beim Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte eine im Rahmen der freien Beweiswürdigung durch das Grundbuchamt zu berücksichtigende Vermutung dafür begründen, dass bestimmte Geschäfte den laufenden Angelegenheiten zuzuordnen sind<ref>(vgl. zum Ganzen auch Senat vom 4.2.2009, MDR 2009, 405)</ref>. Fällt die Abgabe der grundbuchmäßigen Erklärung hiernach aber in den Bereich der laufenden Angelegenheiten, bedarf es nicht eines Beschlusses des Gemeinderats. 2. Dies ist zweifelsfrei zu bejahen. Dabei braucht nicht entschieden zu werden, ob die Abgabe von Löschungsbewilligungen generell eine laufende Angelegenheit darstellt. Im vorliegenden Fall spricht hierfür zum Einen die ausdrückliche Zuordnung in § 22 Nr. 5 der aktuellen Geschäftsordnung des Stadtrats, die als Richtlinie im obigen Sinne anzusehen ist, zum Anderen der relativ geringe Betrag von umgerechnet ca 7.350 €. Rechtsgeschäfte dieser Art und Größenordnung kommen bei einer Stadt von der Größe und Einwohnerzahl der Beteiligten zu 2 laufend vor. Anhaltspunkte für eine grundsätzliche Bedeutung, die eine im Grundbuchverfahren nicht mögliche Ermittlung einer Reihe tatsächlicher Umstände erfordern könnten, sind nicht erkennbar."<ref>Abs. 12-14</ref>

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH)

  • BayVGH, Beschluss vom 31.08.2011 - 8 ZB 11.549 - Reichweite der Vertretungsmacht eines ersten Bürgermeisters; Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht: "Es wird daran festgehalten, dass der erste Bürgermeister eine Gemeinde nur dann wirksam nach außen vertreten kann, wenn er auch über die im konkreten Fall notwendige Vertretungsmacht verfügt. Die dazu bestehenden Regelungen der Gemeindeordnung können nicht durch entsprechende Heranziehung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht umgangen werden, soweit die Gemeinde nicht treuewidrig handelt."<ref>amtlicher Leitsatz</ref> - Orientierungsätze: "1. Die Vertreterstellung des ersten Bürgermeisters beinhaltet nicht per se dessen Vertretungsmacht. Die zugehörige Willensbildung in der Gemeinde ist aber nur dann seine Sache, wenn sie ihm ausdrücklich zugewiesen ist. Ist sie dies nicht, so darf der erste Bürgermeister Erklärungen für die Gemeinde nur in Vollzug eines Gemeinderats- (oder Ausschuss-)Beschlusses abgeben<ref>(vgl. VGH München, Beschluss vom 18.02.2002 - 4 ZS 01.3026 -, NVwZ 2002, 742)</ref>. 2. Art. 38 Abs. 2 Satz 1 GemO BY ist eine Schutzvorschrift zugunsten der Gemeinden, die nicht durch die entsprechende Anwendung der Regelung über die Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht unterlaufen werden darf<ref>(vgl. BGH, Urteil vom 20.9.1984 - III ZR 47/83 -, BGHZ 92, 164)</ref>."<ref>Quelle: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2011-N-56929?hl=true - abgerufen am 12.05.2016 um 19:52 Uhr</ref>

Publikationen

Siehe auch

Fußnoten

<references />