Haftung bei Amtspflichtverletzung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Kommunalwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 28: Zeile 28:
 
===Verjährung===
 
===Verjährung===
 
 
===Anspruchsgegner===
+
===[[Haftende Körperschaft bei Amtshaftung]]===
+
{{:Haftende Körperschaft bei Amtshaftung}}
 +
 
 
===Rechtsweg===
 
===Rechtsweg===
  

Version vom 9. Februar 2021, 22:10 Uhr

Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten nach BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag (BGB § 839 Abs. 1 Satz 2).

Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nach BGB § 839 Abs. 2 Satz 1 nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung (BGB § 839 Abs. 1 Satz 2).

Die Ersatzpflicht tritt nach BGB § 839 Abs. 3 nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit gemäß GG Art. 34 Satz 1 grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten (GG Art. 34 Satz 2). Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden (GG Art. 34 Satz 3).

Prüfungsschema<ref>Quelle: http://www.juracademy.de/web/skript.php?id=37506 - abgerufen am 09.03.2016 um 14:07 Uhr</ref>

Amtsträger und "Beamte" im Sinne des § 839 BGB und des Art. 34 Satz 1 GG

"Haftungsrechtlich ist ... Beamter jeder, den der Bund, ein Land oder eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft mit öffentlicher Gewalt ausgestattet hat, ohne Rücksicht darauf, ob ihm staatsrechtliche Beamteneigenschaft zukommt. Beamte in diesem Sinne können deshalb auch Private oder private Unternehmer sein, wenn sie von einem Verwaltungsträger im Wege der Beleihung mit hoheitlichen Aufgaben betraut worden sind, im Einzelfall aber auch bei bloßen Hilfstätigkeiten im Rahmen öffentlicher Verwaltung (Verwaltungshelfer)<ref>(vgl. zum Ganzen Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 13 ff.)</ref>. Soweit Verwaltungshelfer von der öffentlichen Hand durch freie Dienst- oder Werkverträge oder ähnliche Vertragsverhältnisse herangezogen werden, ist darauf abzustellen, wer Vertragspartner des Verwaltungsträgers ist. Insofern kommen auch juristische Personen des Privatrechts haftungsrechtlich als "Beamte" in Betracht<ref>(a. A. Heintzen, VVDStRL 62 [2003], 220, 254 m. Fn. 173)</ref>."<ref>BGH, Urteil vom 14. 10. 2004 – III ZR 169/04 Abs. 16</ref>

Handeln in Ausübung eines öffentlichen Amtes

Amtspflichtverletzung

Gegenüber einem Dritten (Drittbezogenheit)

Verschulden

Kausaler Schaden

Haftungsausschluss und -beschränkungen

Subsidiaritätsklausel

Verjährung

Haftende Körperschaft bei Amtshaftung

"Nach GG Art. 34 haftet für Amtspflichtverletzungen eines Beamten grundsätzlich die Körperschaft, in deren Dienst er steht."<ref>BGH, Urteil vom 05.07.1979 - III ZR 121/77 Abs. 15</ref> Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH "ist dies die Körperschaft, die ihm die Aufgaben anvertraut hat, bei deren Wahrnehmung die Amtspflichtverletzung vorgekommen ist<ref>(Senatsurteile BGHZ 36, 193, 196; 53, 217, 219 m.w.Nachw.)</ref>. Diese - dem Bundesrecht angehörigen - Rechtsgrundsätze, nach denen sich die haftende Körperschaft bestimmt, können als in der Rechtsprechung weitgehend geklärt gelten."<ref>BGH, Urteil vom 05.07.1979 - III ZR 121/77 Abs. 15</ref> "Juristische Personen des Privatrechts scheiden aus dem Kreis der nach Art. 34 GG haftpflichtigen Körperschaften generell aus<ref>(BGH, Urteil vom 30. November 1967 – VII ZR 34/65, BGHZ 49, 108, 115 f; Senat, Urteile vom 5. Juli 1990 – III ZR 166/89, NVwZ 1990, 1103, 1104 und vom 22. Oktober 2009 – III ZR 295/08, VersR 2010, 346 Rn. 14; MünchKommBGB/Papier aaO § 839 Rn. 363)</ref>."<ref>BGH, Urteil vom 22.11.2012 - III ZR 150/12 Abs. 15</ref>

"Ersatzpflichtig ist nicht der Staat als solcher, sondern grundsätzlich die Anstellungskörperschaft des Amtsträgers. Das kann auch eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts sein, wenn sie ... dienstherrnfähig ist<ref>(BGH, Urteile vom 2. Juni 2005 a. a. O. und vom 11. März 2004 – III ZR 90/03 – BGHZ 158, 253 [258] für die Treuhandanstalt; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand Januar 2009, Art. 34 GG Rn. 289, 292 f., 295 f.; Seidel, DB 2005, 651 [656]; Fricke, VersR 2007, 300 [302 f.])</ref>."<ref>BVerwG, Urteil vom 23.11.2011 – 8 C 20.10 Abs. 22</ref>

Grundsätzlich haftet für Amtspflichtverletzungen der im Rahmen der unteren Verwaltungsbehörde (Kreisverwaltung) tätigen Bediensteten nicht das Land, sondern der Landkreis.<ref>vgl. BGH, Urteil vom 21.04.1983 - III ZR 2/82 Amtlicher Leitsatz</ref>. "Dieser Grundsatz schließt es indessen nicht aus, dass die Länder die Haftungsfragen im kreiskommunalen Bereich abweichend regeln."<ref>BGH, Urteil vom 14.12.2006 - III ZR 74/06 Abs. 11</ref><ref>Dies ist etwa in Thüringen durch § 111 Abs. 1 und Abs. 2 ThürKO geschehen.</ref> In Bayern gilt nach LKrO Art. 35 Abs. 3: "Verletzt der Landrat in Ausübung der ihm anvertrauten öffentlichen Gewalt schuldhaft die ihm einem anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so haftet für die Folgen der Staat, wenn es sich um reine Staatsangelegenheiten handelt. Im übrigen haftet der Landkreis." Für die Haftung der Staats- und Kreisbediensteten gegenüber Dritten gilt gemäß LKrO Art. 37 Abs. 5 LKrO Art. 35 Abs. 3 entsprechend.

Die Gemeinde haftet gem. BGB § 839 i. V. mit GG Art. 34 für "legislative" Akte ihres Gemeinderates. Jedem Mitglied des Gemeinderates ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ein "öffentliches Amt" i. S. von GG Art. 34 anvertraut; es gilt daher als "Beamter" im haftungsrechtlichen Sinne<ref>(Senat, VersR 1970, 1007, 1009; WM 1975, 630, 633 = DVBl 1976, 173; BGHZ 65, 182 = NJW 1976, 184; BGHZ 11, 192 (197) = NJW 1954, 757 für Kreistagsmitglieder)</ref>.<ref>BGH, Urteil vom 24.06.1982, III ZR 169/80 unter Ziffer 5</ref>

Rechtsweg

Einzelfälle

  • Rückstauschaden: "Ein durch eine Verengung der Abwasserleitung verursachter Rückstauschaden, der durch eine - hier fehlende - Rückstaueinrichtung hätte verhindert werden können, liegt jedenfalls dann außerhalb des Schutzbereichs einer verletzten Pflicht, wenn der Anlieger nach der einschlägigen Satzung zum Einbau einer solchen Sicherung verpflichtet ist. Auf den Grund, weshalb es zu einem Rückstau im Leitungssystem gekommen ist, kommt es dann regelmäßig nicht an<ref>(Fortführung von Senat, Beschluss vom 30.Juli 1998 -III ZR 263/96, NVwZ 1998, 1218)</ref>. In diesen Fällen dürfen sowohl der Träger des Kanalisationsnetzes als auch von ihm mit Bauarbeiten an den Leitungen beauftragte Dritte auf die Einrichtung einer funktionsfähigen Rückstausicherung des Anliegers vertrauen.<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>

Normen

Grundgesetz (GG)

  • GG Art. 34: Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • BGB § 839: (1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. (2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung. (3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Rechtsprechung

Bundesgerichtshof (BGH)

  • BGH, Urteil vom 21.11.2013 - III ZR 113/13 - Amtshaftung für Überschwemmungsschäden von Autobahn
  • BGH, Urteil vom 07.12.2000 - III ZR 84/00: "a) Hat die Behörde den Antrag des Eigentümers auf Erteilung der erforderlichen Genehmigung für die Verfüllung einer Steingrube rechtswidrig als abfallrechtlichen Genehmigungsantrag behandelt und abgelehnt, so setzt ein darauf gestützter Amtshaftungsanspruch voraus, daß die Behörde bei pflichtgemäßer Verfahrensweise eine nach anderen Vorschriften für das Vorhaben erforderliche Genehmigung (hier: gem. § 6 Abs. 4 LG NW) erteilt hätte oder hätte erteilen müssen. b) Wenn allerdings die Prüfung des hypothetischen Kausalzusammenhangs ergibt, daß die nach anderen Vorschriften erforderliche Genehmigung zwar nicht erteilt worden wäre oder hätte erteilt werden müssen, die – hypothetische – Ablehnung aber ihrerseits einen Entschädigungsanspruch des Eigentümers gegen die Verwaltung ausgelöst hätte (hier: gem. § 7 Satz 1 LG NW a. F.), so ist der hypothetische Entschädigungsbetrag bei der Berechnung des auf der Amtspflichtverletzung der Behörde beruhenden Schadens mit einzubeziehen."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BGH, Urteil vom 30.07.1998 - III ZR 263/96 - Amtshaftung wegen unzureichend dimensionierter Kanalisation
  • BGH, Urteil vom 11.10.1990 - III ZR 134/88 - Amtshaftung wegen mangelhafter Entwässerung/Hoschwasserschutz
  • BGH, Urteil vom 21.12.1989 - III ZR 118/88 - Altlasten II: Zu Drittgerichtetheit und Schutzzweck der Amtspflichten einer Gemeinde bei der Überplanung von "Altlasten" und bei der Erteilung der Baugenehmigung für ein "altlastenverdächtigtes" Grundstück (Ergänzung zu den Senatsurteilen BGHZ 106, 323 = VersR 89, 369 und vom 6.7.1989 III ZR 251/87 = VersR 89, 961).<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BGH, Urteil vom 21.12.1989 - III ZR 117/88 - Drittgerichtetheit; Amtspflicht; Baugenehmigung; Altlasten; Amtshaftung; Leitsatz: Zu Drittgerichtetheit und Schutzzweck der Amtspflichten einer Gemeinde bei der Überplanung von "Altlasten" und bei der Erteilung der Baugenehmigung für ein "altlastenverdächtigtes" Grundstück (Ergänzung zu den Senatsurteilen BGHZ 106, 323 = VersR 89, 369 und vom 6.7.1989 III ZR 251/87 = VersR 89, 961).<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>

Publikationen

Online-Lexika

Fachbeiträge

  • Swierczyna, Die OLG-Rechtsprechung zu drittschützenden Amtspflichten der Gebietskörperschaften der Jahre 2003 - 2004, LKV 2005, 532

Siehe auch

Fußnoten

<references/>