Publizistische Sorgfalt: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Kommunalwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
 
(8 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
*"Mit der [[Pressefreiheit]] ... gehen Pflichten einher, die um so ernster genommen werden müssen, je höher man das Grundrecht der Pressefreiheit einschätzt. Wenn die Presse von ihrem Recht, die [[Öffentlichkeit]] zu unterrichten, Gebrauch macht, ist sie zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung verpflichtet. Die Erfüllung dieser [[Wahrheitspflicht]] wird nach gesicherter Rechtsprechung schon um des Ehrenschutzes des Betroffene nwillen gefordert<ref>vgl. BGHZ 31,308 [312 f.]; BGHSt 4,338; BGH Lindenmaier/Möhring, Nr. 4 zu § 354 Abs. 1 StPO; BGH in NJW 1952 S.194</ref>. Sie ist zugleich in der Bedeutung der öffentlichen [[Meinungsbildung]] im Gesamtorganismus einer freiheitlichen Demokratie begründet. Nur dann, wenn der Leser - im Rahmen des Möglichen - zutreffend unterrichtet wird, kann sich die öffentliche Meinung richtig bilden. Die [[Presse]] ist daher um ihrer Aufgabe bei der öffentlichen Meinungsbildung willen gehalten, Nachrichten und Behauptungen, die sie weitergibt, auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Wenn auch diese Prüfungs- und Wahrheitspflicht nicht überspannt werden darf, so ist es doch unzulässig, leichtfertig unwahre Nachrichten weiterzugeben. Erst recht darf die Wahrheit nicht bewußt entstellt werden; dies geschieht auch dann; wenn man wesentliche Sachverhalte, die einem bekannt sind, der Öffentlichkeit unterschlägt."<ref>{{BVerfG 1 BvR 9/57}}</ref>
+
Nach {{BayPrG 3}} Abs. 1 dient die Presse dem demokratischen Gedanken. Sie hat in Erfüllung dieser Aufgabe die Pflicht zu wahrheitsgemäßer Berichterstattung ({{BayPrG 3}} Abs. 2 Hs. 1).
*Nach {{BayPrG 3}} Abs. 1 dient die Presse dem demokratischen Gedanken. Sie hat in Erfüllung dieser Aufgabe die Pflicht zu wahrheitsgemäßer Berichterstattung ({{BayPrG 3}} Abs. 2 Hs. 1).
+
 
 +
"Mit der [[Pressefreiheit]] ... gehen Pflichten einher, die um so ernster genommen werden müssen, je höher man das Grundrecht der Pressefreiheit einschätzt. Wenn die Presse von ihrem Recht, die [[Öffentlichkeit]] zu unterrichten, Gebrauch macht, ist sie zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung verpflichtet. Die Erfüllung dieser [[Wahrheitspflicht]] wird nach gesicherter Rechtsprechung schon um des [[Ehrenschutz|Ehrenschutzes]] des Betroffenen willen gefordert<ref>vgl. BGHZ 31,308 [312 f.]; BGHSt 4,338; BGH Lindenmaier/Möhring, Nr. 4 zu § 354 Abs. 1 StPO; BGH in NJW 1952 S.194</ref>. Sie ist zugleich in der Bedeutung der öffentlichen [[Meinungsbildung]] im Gesamtorganismus einer freiheitlichen [[Demokratie]] begründet. Nur dann, wenn der Leser - im Rahmen des Möglichen - zutreffend unterrichtet wird, kann sich die öffentliche Meinung richtig bilden. Die [[Presse]] ist daher um ihrer Aufgabe bei der öffentlichen [[Meinungsbildung]] willen gehalten, Nachrichten und Behauptungen, die sie weitergibt, auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Wenn auch diese Prüfungs- und Wahrheitspflicht nicht überspannt werden darf, so ist es doch unzulässig, leichtfertig unwahre Nachrichten weiterzugeben. Erst recht darf die Wahrheit nicht bewußt entstellt werden; dies geschieht auch dann; wenn man wesentliche Sachverhalte, die einem bekannt sind, der Öffentlichkeit unterschlägt."<ref>{{BVerfG 1 BvR 9/57}}</ref>
  
 
==Inhalt==
 
==Inhalt==
Sorgfaltspflichten der Presse sind in Ziffer 2 des {{Pressekodex}} formuliert: "[[Recherche]] ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen. Symbolfotos müssen als solche kenntlich sein oder erkennbar gemacht werden."<ref>{{Pressekodex}} Ziffer 2</ref>
+
Sorgfaltspflichten der Presse sind in Ziffer 2 des {{Pressekodex}} formuliert: "[[Recherche]] ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen. Symbolfotos müssen als solche kenntlich sein oder erkennbar gemacht werden."<ref>{{Pressekodex}} Ziffer 2</ref><noinclude>
  
 
===Prüfung der zur Veröffentlichung vorgesehenen Informationen auf Wahrheitsgehalt===
 
===Prüfung der zur Veröffentlichung vorgesehenen Informationen auf Wahrheitsgehalt===
Zeile 10: Zeile 11:
  
 
===Wahrheitsgetreue Wiedergabe===  
 
===Wahrheitsgetreue Wiedergabe===  
 +
 +
==Veröffentlichungsverbote==
 +
 +
===Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen===
 +
 +
Nach {{StGB 353d}} wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
 +
 +
1. entgegen einem gesetzlichen Verbot über eine Gerichtsverhandlung, bei der die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, oder über den Inhalt eines die Sache betreffenden amtlichen Schriftstücks öffentlich eine Mitteilung macht,
 +
 +
2. entgegen einer vom Gericht auf Grund eines Gesetzes auferlegten Schweigepflicht Tatsachen unbefugt offenbart, die durch eine nichtöffentliche Gerichtsverhandlung oder durch ein die Sache betreffendes amtliches Schriftstück zu seiner Kenntnis gelangt sind, oder
 +
 +
3. die Anklageschrift oder andere amtliche Schriftstücke eines Strafverfahrens, eines Bußgeldverfahrens oder eines Disziplinarverfahrens, ganz oder in wesentlichen Teilen, im Wortlaut öffentlich mitteilt, bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist.
 +
 +
§ 353d Nr. 3 ist nach verfassungskonformer Auslegung gemäß {{BVerfG 1 BvL 15/84}} mit dem GG vereinbar.
  
 
==Normen==
 
==Normen==
 
*{{BayPrG 3}}
 
*{{BayPrG 3}}
 +
 
*{{StGB 193}}
 
*{{StGB 193}}
 +
*{{StGB 353d}}
  
 
==Rechtsprechung==
 
==Rechtsprechung==
Zeile 24: Zeile 41:
 
*{{BVerfG 1 BvR 1811/97}} - zivilgerichtliche Verurteilung zur [[Unterlassung]] und zum [[Widerruf]] einer Äußerung
 
*{{BVerfG 1 BvR 1811/97}} - zivilgerichtliche Verurteilung zur [[Unterlassung]] und zum [[Widerruf]] einer Äußerung
 
*{{BVerfG 1 BvR 1377/91}} - [[Flugblatt]]
 
*{{BVerfG 1 BvR 1377/91}} - [[Flugblatt]]
 +
*{{BVerfG 1 BvL 15/84}} - verfassungskonforme Auslegung des {{StGB 353d}}
 
*{{BVerfG 1 BvR 797/78}} - [[Böll]]
 
*{{BVerfG 1 BvR 797/78}} - [[Böll]]
 
*{{BVerfG 1 BvR 9/57}}
 
*{{BVerfG 1 BvR 9/57}}
Zeile 53: Zeile 71:
  
 
==Fußnoten==
 
==Fußnoten==
<references />
+
<references/>
 +
 
 +
[[Kategorie:Presserecht]]</noinclude>

Aktuelle Version vom 9. August 2020, 09:49 Uhr

Nach BayPrG Art. 3 Abs. 1 dient die Presse dem demokratischen Gedanken. Sie hat in Erfüllung dieser Aufgabe die Pflicht zu wahrheitsgemäßer Berichterstattung (BayPrG Art. 3 Abs. 2 Hs. 1).

"Mit der Pressefreiheit ... gehen Pflichten einher, die um so ernster genommen werden müssen, je höher man das Grundrecht der Pressefreiheit einschätzt. Wenn die Presse von ihrem Recht, die Öffentlichkeit zu unterrichten, Gebrauch macht, ist sie zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung verpflichtet. Die Erfüllung dieser Wahrheitspflicht wird nach gesicherter Rechtsprechung schon um des Ehrenschutzes des Betroffenen willen gefordert<ref>vgl. BGHZ 31,308 [312 f.]; BGHSt 4,338; BGH Lindenmaier/Möhring, Nr. 4 zu § 354 Abs. 1 StPO; BGH in NJW 1952 S.194</ref>. Sie ist zugleich in der Bedeutung der öffentlichen Meinungsbildung im Gesamtorganismus einer freiheitlichen Demokratie begründet. Nur dann, wenn der Leser - im Rahmen des Möglichen - zutreffend unterrichtet wird, kann sich die öffentliche Meinung richtig bilden. Die Presse ist daher um ihrer Aufgabe bei der öffentlichen Meinungsbildung willen gehalten, Nachrichten und Behauptungen, die sie weitergibt, auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Wenn auch diese Prüfungs- und Wahrheitspflicht nicht überspannt werden darf, so ist es doch unzulässig, leichtfertig unwahre Nachrichten weiterzugeben. Erst recht darf die Wahrheit nicht bewußt entstellt werden; dies geschieht auch dann; wenn man wesentliche Sachverhalte, die einem bekannt sind, der Öffentlichkeit unterschlägt."<ref>BVerfG, Beschluss vom 25.01.1961 - 1 BvR 9/57 = BVerfGE 12, 113; NJW 1961, 819</ref>

Inhalt

Sorgfaltspflichten der Presse sind in Ziffer 2 des Pressekodex des Deutschen Presserats in der Fassung vom 13. März 2013 formuliert: "Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen. Symbolfotos müssen als solche kenntlich sein oder erkennbar gemacht werden."<ref>Pressekodex des Deutschen Presserats in der Fassung vom 13. März 2013 Ziffer 2</ref>

Prüfung der zur Veröffentlichung vorgesehenen Informationen auf Wahrheitsgehalt

Die nach den Umständen gebotene Sorgfalt

Wahrheitsgetreue Wiedergabe

Veröffentlichungsverbote

Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen

Nach StGB § 353d wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. entgegen einem gesetzlichen Verbot über eine Gerichtsverhandlung, bei der die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, oder über den Inhalt eines die Sache betreffenden amtlichen Schriftstücks öffentlich eine Mitteilung macht,

2. entgegen einer vom Gericht auf Grund eines Gesetzes auferlegten Schweigepflicht Tatsachen unbefugt offenbart, die durch eine nichtöffentliche Gerichtsverhandlung oder durch ein die Sache betreffendes amtliches Schriftstück zu seiner Kenntnis gelangt sind, oder

3. die Anklageschrift oder andere amtliche Schriftstücke eines Strafverfahrens, eines Bußgeldverfahrens oder eines Disziplinarverfahrens, ganz oder in wesentlichen Teilen, im Wortlaut öffentlich mitteilt, bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist.

§ 353d Nr. 3 ist nach verfassungskonformer Auslegung gemäß BVerfG, Urteil vom 03.12.1985 · Az. 1 BvL 15/84 mit dem GG vereinbar.

Normen

Rechtsprechung

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)

Bundesverfassungsgericht (BVerfG)

Bundesgerichtshof (BGH)

Landgericht (LG)

Publikationen

Quellen

Publikationen

  • Soehring, Presserecht, 4. Aufl. 2010, Verlag Dr. Otto Schmidt Köln, ISBN 9783504671044 § 2

Siehe auch

Fußnoten

<references/>