Ton- und Bildaufzeichnung
Normen
Rechtsprechung
Das OVG Saarland hatte über den Antrag einer privaten Rundfunkveranstalterin, die öffentlichen Sitzungen eines Stadt- oder Gemeinderates in Ton und Bild zum Zwecke der Rundfunkberichterstattung aufzeichnen zu dürfen, zu entscheiden. Amtliche Leitsätze:
"1) Das einer privaten Rundfunkveranstalterin zustehende Grundrecht der Rundfunkfreiheit, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, räumt ihr aller Voraussicht nach keinen gebundenen Anspruch darauf ein, die öffentlichen Sitzungen eines Stadt- oder Gemeinderates generell mittels Videoaufzeichnung zum ausschließlichen Zwecke der Berichterstattung aufzeichnen zu dürfen. Allerdings steht ihr ein Anspruch darauf zu, dass über ihren Antrag ermessensfehlerfrei entschieden wird.
2) Der gesetzlichen Anordnung der Öffentlichkeit von Sitzungen oder Verhandlungen von Staats- oder Verfassungsorganen genügt grundsätzlich die Herstellung einer Saalöffentlichkeit, bei der auch Vertreter der Medien die Befugnis haben, zuzusehen, zuzuhören und die so aufgenommenen Informationen mit Hilfe der Presse, des Rundfunks oder anderer elektronischer Medien zu ver-breiten. Sie erfordert nicht zwingend auch die Herstellung einer Medienöffentlichkeit in dem Sinne, dass den Medienvertretern daneben auch der medienspezifische Einsatz von Aufnahme- und Übertragungsgeräten mit dem Ziel der entsprechenden Verbreitung der Aufnahmen gestattet ist.
3) Das Grundrecht der Antragstellerin auf Gewährleistung der Rundfunkfreiheit findet seine Grenze in der rechtmäßigen Ausübung der Sitzungsgewalt des Ratsvorsitzenden aus § 43 Abs. 1 KSVG.
4) § 43 Abs. 1 KSVG ist aller Voraussicht nach auch im Lichte der besonderen Bedeutung des Grundrechts der Rundfunkfreiheit und unter Wahrung des besonderen Wertgehalts der Rundfunkfreiheit in der Weise auszulegen, dass von dieser Vorschrift das Recht des Ratsvorsitzenden umfasst ist, eine Zulassung der Medienöffentlichkeit zu verweigern.
5) Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Abwägung im Rahmen des § 43 KSVG kann allerdings nur ein konkurrierendes Rechtsgut von erheblichem Gewicht den Ausschluss einer über die Saalöffentlichkeit hinausgehenden Medienöffentlichkeit rechtfertigen. Mit einem solchen Gewicht kann dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit voraussichtlich nur das öffentliche Interesse an der - von Wirkungen der Medienöffentlichkeit unbeeinflussten - Funktionsfähigkeit des Gemeinderates entgegen gehalten werden. Gleiches gilt nicht auch für Persönlichkeits- oder Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Ratsmitglieder.
6) Die Auffassung, ein Ratsvorsitzender sei an der Zulassung der Medienöffentlichkeit bereits durch den Widerspruch eines einzelnen Ratsmitglieds, das sich auf subjektive (Persönlickeits- oder Mitgliedschafts-)Rechte beruft, gehindert und er bedürfe für eine solche Zulassung auch aus Gründen des Datenschutzes eines einstimmigen Ratsbeschlusses, steht nicht im Einklang mit der im Hinblick auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit verfassungsrechtlich gebotenen Auslegung des § 43 Abs.1 KSVG und der daran orientierten Ausübung der Sitzungsgewalt.<ref>OVG Saarland, Beschluss vom 30.08.2010 - 3 B 2031/10 Amtliche Leitsätze</ref>