Untreue
Nach StGB § 266 Abs. 1 wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer die ihm
- durch Gesetz,
- behördlichen Auftrag oder
- Rechtsgeschäft
- eingeräumte Befugnis,
- über fremdes Vermögen zu verfügen oder
- einen anderen zu verpflichten,
- mißbraucht
oder
- die ihm kraft
- Gesetzes,
- behördlichen Auftrags,
- Rechtsgeschäfts oder eines
- Treueverhältnisses
- obliegende Pflicht,
- fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen,
- verletzt
und
- dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt.
Prüfungsschema<ref>Quelle: http://juraschema.de/index.php?thema=stgb266 - abgerufen am 04.08.2014 um 16:11 Uhr</ref>
Tatbestand StGB § 266
Objektiver Tatbestand
Missbrauchstatbestand, StGB § 266 I Var. 1
- Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten
- Missbrauch der eingeräumten Befugnis
- Rechtliches Dürfen
- Rechtliches Können
- Vermögensbetreuungspflicht
Für den Bürgermeister ergibt sich eine Vermögensbetreuungspflicht aus GO Art. 38 Abs. 1<ref>Siehe Rechtsanwalt Dr. Gert Meyer, Melsungen, Untreuehandlungen im Rahmen kommunaler Aufgabenerfüllung Fn. 15</ref>, für die übrigen Gemeinderatsmitglieder kommt nur eine Haftung nach Var. 2 (Treubruchtatbestand) in Betracht<ref>Siehe Rechtsanwalt Dr. Gert Meyer, Melsungen, Untreuehandlungen im Rahmen kommunaler Aufgabenerfüllung Fn. 16</ref>.
Treubruchstatbestand, StGB § 266 I Var. 2
- Vermögensbetreuungspflicht
- Verletzung einer spezifischen Betreuungspflicht
Ob die Gemeinderäte eine eigene Vermögensbetreuungspflicht trifft, ist strittig<ref>zum Streitstand siehe Rechtsanwalt Dr. Gert Meyer, Melsungen, Untreuehandlungen im Rahmen kommunaler Aufgabenerfüllung Fn. 21 ff.</ref>
Nachteilszufügung
Subjektiver Tatbestand
- Vorsatz -> objektiver Tatbestand
Rechtswidrigkeit
Schuld
Strafantrag, StGB § 266 II, StGB § 247, StGB § 248 a
Einzelfälle
- Untreue und Personalpolitik
- Staatsanwaltschaft prüft Untreue wegen nicht eingezogener Erschließungsbeiträge
- Ungenehmigte Kredite
- Bayerischer Rundfunk vom 04.06.2014: Wunsiedel pleite. Bürgermeister weist Untreue-Vorwürfe zurück
Normen
- GO Art. 38 Abs. 1
- GO Art. 59 Abs. 2
Rechtsprechung
Bundesgerichtshof (BGH)
- BGH, Urteil vom 29.08.2008 - 2 StR 587/07 = NJW 2009, 89 Schwarze Kasse
- BGH, Urteil vom 29.08.2007 - 5 StR 103/07 = NStZ 2008, 87
- BGH, Urteil vom 25.04.2006 - 1 StR 539/05 = wistra 2006, 306 Pflichtwidrigkeit i.S. der Untreue
- BGH, Urteil vom 09.12.2004 - 4 StR 294/04 Gewährung einer Abfindung an einen städtischen Bediensteten durch den Oberbürgermeister
- BGH, Urteil vom 17.04.2002 - 2 StR 531/01 Pflichtwidrige Verfügung über Haushaltsmittel
- BGH, Urteil vom 06.12.2001 - 1 StR 215/01 Sponsoring
- BGH, Urteil vom 04.11.1997 - 1 StR 273/97 Haushaltsüberschreitung
- BGH, Urteil vom 21.07.1989 - 2 StR 214/89 Untreue durch Unterlassen
Oberlandesgerichte
- BayObLG, Beschluss vom 18.02.1988 - RReg. 1 St 309/87 = JR 1989, 299 = JR 1989, 299
- OLG Dresden, Beschluss vom 05.02.2008, 1 Ws 284/07 und 1 WS 285/07
Landgerichte (LG)
- LG Bonn, Beschluss vom 28.02.2001 - 27 AR 2/01 Entgegennahme von anonym verbuchten Spenden
Publikationen
Dissertationen
Fachbücher
- Hinrichs, Zur Untreuestrafbarkeit gemeindlicher Vertreter ISBN 9783830060901
- Philipp Werner, Der Gefährdungsschaden als Nachteil im Sinne des Untreuetatbestandes, Verlag Dr. Kovac 2011 ISBN 9783830056737
Handbücher
- Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, Verlag C.F. Müller, Heidelberg, 3. Aufl. 2011, ISBN 9783811437210
Online-Publikationen
Beiträge in Fachzeitschriften
- Allgaier, Untreuehandlungen eines Bürgermeisters, DÖD 2003, 121-126
- Klaus Bieneck, Die Rechtsprechung des BGH zur Haushaltsuntreue, wistra 1998, 249-251
- RA Dr. Kurt Kiethe, Die Grenzen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Bürgermeistern - Zugleich Besprechung von BGH, Urteil v. 9.12.2004 - 4 StR 294/04", original erschienen in: NStZ 2005 Heft 10, 529 - 534 (Zusammenfassung von RA Dr. Franz-Peter Kreutzkamp)
- Kuhn, Indemnität für ehrenamtliche Gemeinderatsmitglieder? BayVbl. 1989, 169
- Nettesheim, Können sich Gemeinderäte der "Untreue" schuldig machen?, BayVBl 1989, 161-165
- Schünemann, Haushaltsuntreue als dogmatisches und kriminalpolitisches Problem, StV 2003, 463-471
- Seebode, Zur Frage der Strafbarkeit eines bayerischen Bürgermeisters wegen Untreue, wenn er - ohne direkte Mitwirkung an dem zuvor gefaßten Gemeinderatsbeschluß - die Überweisung einer besoldungsrechtlich unzulässigen Abgeltung auf sein Konto duldet, JR 1989, 301-303
- Weber, Können sich Gemeinderatsmitglieder durch ihre Mitwirkung an Abstimmungen der Untreue (§ 266 StGB) schuldig machen?, BayVBl 1989, 166-169
Siehe auch
Fußnoten
<references />