Gebot der Rücksichtnahme und bodenrechtliche Spannungen
"Das Gebot der Rücksichtnahme ist mit dem Verbot der Begründung oder Erhöhung bodenrechtlich beachtlicher Spannungen nicht in jeder Beziehung identisch. Das Gebot der Rücksichtnahme dient dem Schutz der sonstigen, d. h. vor allem: der in der unmittelbaren Nähe des Vorhabens vorhandenen, Bebauung vor nicht hinnehmbaren Beeinträchtigungen<ref>(Urteile vom 18. Oktober 1974 – BVerwG 4 C 77.73 – Buchholz 406. 11 § 34 BBauG Nr. 45 S. 118 und vom 26. Mai 1978 a. a. O. S. 386)</ref>; es hebt auf die gegenseitige Verflechtung der baulichen Situation benachbarter Grundstücke ab und will einen angemessenen Ausgleich schaffen, der dem einen das ermöglicht, was für ihn unabweisbar ist, und den anderen vor unzumutbaren Belästigungen oder Benachteiligungen schützt<ref>(Urteil vom 13. März 1981 – BVerwG 4 C 1.78 – BRS 38 Nr. 186 S. 412)</ref>. Bodenrechtlich beachtliche und bewältigungsbedürftige Spannungen sind demgegenüber dadurch gekennzeichnet, dass das Vorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet und das Bedürfnis hervorruft, die Voraussetzungen für seine Zulassung unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung zu schaffen<ref>(Urteil vom 26. Mai 1978 a. a. O. S. 386 f.; Beschluss vom 25. März 1999 – BVerwG 4 B 15.99 – BRS 62 Nr. 101)</ref>. Zwar wird ein Vorhaben, das gegenüber der Nachbarschaft "rücksichtslos" ist, auch städtebaulich relevante Spannungen hervorrufen. Umgekehrt ist aber nicht jedes Vorhaben, das bodenrechtlich beachtliche Spannungen begründet oder erhöht und deshalb ein Planungsbedürfnis auslöst, gleichzeitig rücksichtslos."<ref>BVerwG, Urteil vom 16.09.2010 - 4 C 7.10 Tz. 27</ref>