Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit
Der öffentliche Auftraggeber kann nach VgV § 45 Abs. 1 Satz 1 im Hinblick auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bewerber oder Bieter Anforderungen stellen, die sicherstellen, dass die Bewerber oder Bieter über die erforderlichen wirtschaftlichen und finanziellen Kapazitäten für die Ausführung des Auftrags verfügen. Zu diesem Zweck kann er insbesondere Folgendes verlangen:
- einen bestimmten Mindestjahresumsatz, einschließlich eines bestimmten Mindestjahresumsatzes in dem Tätigkeitsbereich des Auftrags,
- Informationen über die Bilanzen der Bewerber oder Bieter; dabei kann das in den Bilanzen angegebene Verhältnis zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten dann berücksichtigt werden, wenn der öffentliche Auftraggeber transparente, objektive und nichtdiskriminierende Methoden und Kriterien für die Berücksichtigung anwendet und die Methoden und Kriterien in den Vergabeunterlagen angibt, oder
- eine Berufs- oder Betriebshaftpflichtversicherung in bestimmter geeigneter Höhe.
Sofern ein Mindestjahresumsatz verlangt wird, darf dieser nach VgV § 45 Abs. 2 Satz 1 das Zweifache des geschätzten Auftragswerts nur überschreiten, wenn aufgrund der Art des Auftragsgegenstands spezielle Risiken bestehen. Der öffentliche Auftraggeber hat eine solche Anforderung in den Vergabeunterlagen oder im Vergabevermerk hinreichend zu begründen (VgV § 45 Abs. 2 Satz 2).
Ist ein öffentlicher Auftrag in Lose unterteilt, finden nach VgV § 45 Abs. 3 Satz 1 die Absätze 1 und 2 auf jedes einzelne Los Anwendung. Der öffentliche Auftraggeber kann jedoch für den Fall, dass der erfolgreiche Bieter den Zuschlag für mehrere gleichzeitig auszuführende Lose erhält, nach VgV § 45 Abs. 3 Satz 2 einen Mindestjahresumsatz verlangen, der sich auf diese Gruppe von Losen bezieht.
Als Beleg der erforderlichen wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des Bewerbers oder Bieters kann der öffentliche Auftraggeber nach VgV § 45 Abs. 4 in der Regel die Vorlage einer oder mehrerer der folgenden Unterlagen verlangen:
- entsprechende Bankerklärungen,
- Nachweis einer entsprechenden Berufs- oder Betriebshaftpflichtversicherung,
- Jahresabschlüsse oder Auszüge von Jahresabschlüssen, falls deren Veröffentlichung in dem Land, in dem der Bewerber oder Bieter niedergelassen ist, gesetzlich vorgeschrieben ist,
- eine Erklärung über den Gesamtumsatz und gegebenenfalls den Umsatz in dem Tätigkeitsbereich des Auftrags; eine solche Erklärung kann höchstens für die letzten drei Geschäftsjahre verlangt werden und nur, sofern entsprechende Angaben verfügbar sind.
Kann ein Bewerber oder Bieter aus einem berechtigten Grund die geforderten Unterlagen nicht beibringen, so kann er seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit durch Vorlage anderer, vom öffentlichen Auftraggeber als geeignet angesehener Unterlagen belegen (VgV § 45 Abs. 5).
Eignung (Vergabe)
Der Auftraggeber überprüft die Eignung der Bewerber oder Bieter anhand von Eignungskriterien.
Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
Finanzielle Leistungsfähigkeit
Normen
Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (Vergaberichtlinie)
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
Vergabeverordnung (VgV)
Rechtsprechung
- VK Nordbayern, Beschluss vom 22.10.2020 - RMF-SG 21-3194-5-33: "1. Im Hinblick auf das Transparenzgebot muss der Auftraggeber die Kriterien, auf deren Basis er unter den generell geeigneten Bewerbern diejenigen auswählt, die zu Vertragsverhandlungen aufgefordert werden, in der Bekanntmachung angeben. Öffentliche Auftraggeber verfügen bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens über einen gewissen Beurteilungsspielraum. Insbesondere im Hinblick auf die hinreichende Eignung eines Bieters anhand der eingereichten Referenzen kommt der Beurteilungsspielraum zum Tragen. Nachprüfungsinstanzen können solche Entscheidungen von öffentlichen Auftraggebern nur eingeschränkt überprüfen. Im Vergabenachprüfungsverfahren ist daher nur kontrollfähig, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, die Ent-scheidungen des öffentlichen Auftraggebers nicht auf sachwidrigen Erwägungen beruhen und nicht gegen allgemein gültige Vergabegrundsätze verstoßen worden ist. 2. Die VSt hat ihren Beurteilungsspielraum überschritten, wenn sie ohne Kenntnis der Umsatzzahlen die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit beurteilt hat. 3. Die Möglichkeit zur Nachforderung von bieterbezogenen Unterlagen, die Aspekte der Eignung betreffen, besteht nur bis zum Abschluss des Teilnahmewettbewerbs, da gemäß § 42 Abs. 2 VgV nur solche Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden dürfen, die ihre Eignung im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs nachgewiesen haben. Nur wenn neue Erkenntnisse vorliegen, darf der Auftraggeber nochmals in die Eignungsprüfung eintreten."<ref>Amtliche Leitsätze</ref>
Siehe auch
Fußnoten
<references/>