Nachbarklage gegen Baugenehmigung: Unterschied zwischen den Versionen

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"Dritte ... können sich gegen eine [[Baugenehmigung]] nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind<ref>({{BayVGH 14 CS 08.3017}} - juris Rn. 20, 22; B.v. 28.1.2019 - 15 ZB 17.1831 - juris Rn. 17)</ref>. Für den Erfolg eines Nachbarrechtsbehelfs genügt es daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Ob eine konkrete Norm [[Drittschutz]] vermittelt, wird im Wesentlichen nach den Grundsätzen der sog. [[Schutznormtheorie]] bestimmt<ref>(vgl. st. Rspr. {{BVerwG 3 C 3/89}} - juris Rn. 35; {{BayVGH 14 CS 08.3017}} - juris Rn. 20)</ref>. Die betreffende Norm muss mithin ein Privatinteresse derart schützen, dass der Träger des Individualinteresses die Einhaltung des Rechtssatzes verlangen können soll<ref>({{BVerwG 3 C 3/89}} - juris Rn. 35 m. w. N)</ref>."<ref>{{VG München M 29 SN 20.684}} Tz. 20</ref><noinclude>
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"Dritte ... können sich gegen eine [[Baugenehmigung]] nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind<ref>({{BayVGH 14 CS 08.3017}} - juris Rn. 20, 22; B.v. 28.1.2019 - 15 ZB 17.1831 - juris Rn. 17)</ref>. Für den Erfolg eines Nachbarrechtsbehelfs genügt es daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Ob eine konkrete Norm [[Drittschutz]] vermittelt, wird im Wesentlichen nach den Grundsätzen der sog. [[Schutznormtheorie]] bestimmt<ref>(vgl. st. Rspr. {{BVerwG 3 C 3/89}} - juris Rn. 35; {{BayVGH 14 CS 08.3017}} - juris Rn. 20)</ref>. Die betreffende Norm muss mithin ein Privatinteresse derart schützen, dass der Träger des Individualinteresses die Einhaltung des Rechtssatzes verlangen können soll<ref>({{BVerwG 3 C 3/89}} - juris Rn. 35 m. w. N)</ref>."<ref>{{VG München M 29 SN 20.684}} Tz. 20</ref>
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In der Rechtsprechung des BVerwG ist geklärt, "dass ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des {{BauGB 34}} Abs. 1 gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, mit seiner Klage nur dann durchdringen kann, wenn die angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des [[Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung|Einfügens]] enthaltene [[Gebot der Rücksichtnahme]] verstößt<ref>(BVerwG, Urteile vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 und vom 23. Mai 1986 - BVerwG 4 C 34.85 - BauR 1986, 542)</ref>. Für einen solchen Verstoß reicht es nicht aus, daß ein Vorhaben sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens hält, der durch die Bebauung der Umgebung gebildet wird<ref>(vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369)</ref>. Hinzu kommen muß objektivrechtlich, daß es im Verhältnis zu seiner Umgebung bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugt, die potentiell ein Planungsbedürfnis nach sich ziehen, und subjektivrechtlich, daß es die gebotene Rücksichtnahme speziell auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung vermissen läßt. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn die [[Grundflächenzahl]] überschritten ist<ref>(vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277)</ref>, und schon gar nicht, wenn das Vorhaben das Ortsbild beeinträchtigt. Der Senat hat überdies klargestellt, daß [[Wertminderung|Wertminderungen]] als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung nicht für sich genommen einen Maßstab dafür bilden, ob Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht. Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, daß der einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung bewahrt zu werden, gibt es nicht. Eine Schutzgewähr besteht insoweit nur nach Maßgabe des einschlägigen Rechts. Im Rahmen des {{BauGB 34}} Abs. 1 ist entscheidend, wie schutzwürdig die baurechtliche Stellung des Betroffenen ist. Je weniger der Nachbar in dieser Hinsicht an Rücksichtnahme verlangen kann, mit desto geringerem Gewicht schlägt der Gesichtspunkt von Wertminderungen bei der gebotenen Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu Buche<ref>(vgl. BVerwG, Beschluß vom 24. April 1992 - BVerwG 4 B 60.92 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 109)</ref>."<ref>{{BVerwG 4 B 195.97}} Tz. 6</ref><noinclude>
  
 
==[[Drittschutz]]==
 
==[[Drittschutz]]==

Version vom 9. Juni 2020, 18:34 Uhr

"Dritte ... können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind<ref>(VGH Bayern, Beschluss vom 24.03.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20, 22; B.v. 28.1.2019 - 15 ZB 17.1831 - juris Rn. 17)</ref>. Für den Erfolg eines Nachbarrechtsbehelfs genügt es daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Ob eine konkrete Norm Drittschutz vermittelt, wird im Wesentlichen nach den Grundsätzen der sog. Schutznormtheorie bestimmt<ref>(vgl. st. Rspr. BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 3 C 3.89 - juris Rn. 35; VGH Bayern, Beschluss vom 24.03.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20)</ref>. Die betreffende Norm muss mithin ein Privatinteresse derart schützen, dass der Träger des Individualinteresses die Einhaltung des Rechtssatzes verlangen können soll<ref>(BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 3 C 3.89 - juris Rn. 35 m. w. N)</ref>."<ref>VG München, Beschluss vom 13.05.2020 - M 29 SN 20.684 Tz. 20</ref>

In der Rechtsprechung des BVerwG ist geklärt, "dass ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des BauGB § 34 Abs. 1 gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, mit seiner Klage nur dann durchdringen kann, wenn die angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt<ref>(BVerwG, Urteile vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 und vom 23. Mai 1986 - BVerwG 4 C 34.85 - BauR 1986, 542)</ref>. Für einen solchen Verstoß reicht es nicht aus, daß ein Vorhaben sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens hält, der durch die Bebauung der Umgebung gebildet wird<ref>(vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369)</ref>. Hinzu kommen muß objektivrechtlich, daß es im Verhältnis zu seiner Umgebung bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugt, die potentiell ein Planungsbedürfnis nach sich ziehen, und subjektivrechtlich, daß es die gebotene Rücksichtnahme speziell auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung vermissen läßt. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn die Grundflächenzahl überschritten ist<ref>(vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277)</ref>, und schon gar nicht, wenn das Vorhaben das Ortsbild beeinträchtigt. Der Senat hat überdies klargestellt, daß Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung nicht für sich genommen einen Maßstab dafür bilden, ob Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht. Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, daß der einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung bewahrt zu werden, gibt es nicht. Eine Schutzgewähr besteht insoweit nur nach Maßgabe des einschlägigen Rechts. Im Rahmen des BauGB § 34 Abs. 1 ist entscheidend, wie schutzwürdig die baurechtliche Stellung des Betroffenen ist. Je weniger der Nachbar in dieser Hinsicht an Rücksichtnahme verlangen kann, mit desto geringerem Gewicht schlägt der Gesichtspunkt von Wertminderungen bei der gebotenen Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu Buche<ref>(vgl. BVerwG, Beschluß vom 24. April 1992 - BVerwG 4 B 60.92 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 109)</ref>."<ref>BVerwG, Beschluss vom 13.11.1997 - 4 B 195.97 = NVwZ-RR 1998, 540 Tz. 6</ref>

Drittschutz

Siehe auch

Gebot der Rücksichtnahme

"Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, daß es vom Ergebnis

  • der am konkreten Einzelfall orientierten Abwägung der Schutzwürdigkeit der gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Betroffenen,
  • der Intensität der Beeinträchtigung und
  • dem, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, abhängt,

ob das Gebot der Rücksichtnahme, das in dem Begriff des Einfügens in BauGB § 34 Abs. 1 BauGB, gewahrt ist oder nicht<ref>(vgl. Urteile vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - und vom 10. Oktober 1905 - BVerwG 4 C 19.82 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 und Nr. 66)</ref>."<ref>BVerwG, Beschluss vom 24.04.1992 - 4 B 60.92 Tz. 6</ref>

"Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt eine maßgebende Rolle, ob es um ein Vorhaben geht,

  • das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder
  • ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann.

Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen ein Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat<ref>(BVerwG, U.v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn 8 und 9 m.w.N; U.v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris Rn. 22; U.v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4; B.v. 18.06.2018 - 15 ZB 17.635 - juris Rn. 33)</ref>."<ref>VG München, Beschluss vom 13.05.2020 - M 29 SN 20.684 Tz. 32</ref>

Das Gebot der Rücksichtnahme ist Bestandteil des BauGB § 34 Abs. 1; es kann in besonderen Fällen nachbarschützende Wirkung haben<ref>BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 = MDR 1981, 785 Amtlicher Leitsatz 2 im Anschluß an das Urteil vom 25. Februar 1977 - BVerwG IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122 [126]</ref>. Es geht nicht weiter als die entsprechenden Regelungen im Bundes-Immissionsschutzgesetz, es schützt allerdings auch vor Beeinträchtigungen, die nicht vom Bundes-Immissionsschutzgesetz erfaßt werden.<ref>Quelle: https://research.wolterskluwer-online.de/document/7a20d18f-82a6-4349-b375-d4aeedb1c858 - abgerufen am 09.06.2020 um 19:12 Uhr - Redaktioneller Leitsatz</ref>

Einmauern oder Erdrücken

"Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann in Betracht kommen, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens das Wohngebäude des Nachbarn „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Ob dies der Fall ist, hängt wesentlich von der konkreten Situation im Einzelfall ab.

Eine solche erdrückende Wirkung auf das Nachbargrundstück kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht<ref>(BayVGH, B.v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12 m.w.N.; B.v. 5.11.2019 - 9 CS 19.1767 - juris Rn. 18)</ref>. Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung sind mithin - neben der bloßen Distanz - insbesondere die besonderen Belastungswirkungen aufgrund der Höhe und der Länge des Bauvorhabens auf das benachbarte Wohngebäude<ref>(BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - juris Rn. 15: drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B.v. 15.01.2018 - 15 ZB 16.2508 - juris Rn. 18 m.w.N.)</ref>.

Für die Annahme der abriegelnden bzw. erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen<ref>(BayVGH, B.v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris Rn. 5; B.v. 5.12.2012 - 2 CS 12.2290 - juris Rn. 9; B.v. 15.01.2018 - 15 ZB 16.2508 - juris Rn. 18)</ref>."<ref>VG München, Beschluss vom 13.05.2020 - M 29 SN 20.684 Tz. 32 ff.</ref>

Belichtung und Belüftung

Belichtung und Belüftung sind in ausreichendem Maß gesichert, wenn ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad auch an den engsten Stellen an der Fassade des Nachbarn gewahrt ist; in diesen Fällen scheidet eine unzumutbare Beeinträchtigung des Nachbarn aus<ref>(BayVGH, B.v. 9.6.2011 - 2 ZB 10.2289 - juris Rn 5)</ref>.

Rechtsprechung

Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH)

Verwaltungsgerichte

Siehe auch

Fußnoten

<references/>