Mobbing: Unterschied zwischen den Versionen

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===Definition des Bundesarbeitsgerichts===
 
===Definition des Bundesarbeitsgerichts===
 
"Die im Kern übereinstimmenden Definitionen, wie die des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts<ref>15. Januar 1997 - 7 ABR 14/96 - BAGE 85, 56 [BAG 15.01.1997 - 7 ABR 14/96] = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 118 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 133</ref>, Mobbing sei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte, oder die des Thüringer Landesarbeitsgerichts<ref>15. Februar 2001 - 5 Sa 102/2000 - LAGE BGB § 626 Nr. 133; 10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2; ebenso LAG Rheinland-Pfalz 16. August 2001 - 6 Sa 415/01 - NZA-RR 2002, 121; LAG Bremen 17. Oktober 2002 - 3 Sa 78/02 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 5; LAG Hamm 25. Juni 2002 - 18 (11) Sa 1295/01 - NZA-RR 2003, 8</ref>, Mobbing seien "fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen", zeigen - unabhängig davon, welcher Definition man folgt -, dass die unter dem Begriff Mobbing zusammengefassten tatsächlichen Erscheinungen rechtliche Fragestellungen aufwerfen, die gerade für den Lauf von Fristen von Bedeutung sind. Denn die rechtliche Besonderheit der als Mobbing bezeichneten tatsächlichen Erscheinungen liegt darin, dass nicht eine einzelne, abgrenzbare Handlung, sondern die Zusammenfassung mehrerer Einzelakte in einem Prozess zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers führen kann, wobei die einzelnen Teilakte jeweils für sich betrachtet rechtlich wiederum "neutral" sein können. Rechtlich betrachtet geht es damit zunächst um die Qualifizierung eines bestimmten Gesamtverhaltens als Verletzungshandlung im Rechtssinne. Die Zusammenfassung der einzelnen Verhaltensweisen erfolgt dabei durch die ihnen zugrunde liegende Systematik und Zielrichtung, Rechte und Rechtsgüter - im Regelfall das Persönlichkeitsrecht und/oder die Gesundheit des Betroffenen - zu beeinträchtigen<ref>vgl. Thüringer LAG 15. Februar 2001 - 5 Sa 102/2000 - a.a.O.; 10. Juni 2004 - 1 Sa 148/01 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 8a; LAG Schleswig-Holstein 19. März 2002 - 3 Sa 1/02 - NZA-RR 2002, 457 [LAG Schleswig-Holstein 19.03.2002 - 3 Sa 1/02]</ref>."<ref>{{BAG 8 AZR 709/06}} Abs. 58</ref>
 
"Die im Kern übereinstimmenden Definitionen, wie die des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts<ref>15. Januar 1997 - 7 ABR 14/96 - BAGE 85, 56 [BAG 15.01.1997 - 7 ABR 14/96] = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 118 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 133</ref>, Mobbing sei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte, oder die des Thüringer Landesarbeitsgerichts<ref>15. Februar 2001 - 5 Sa 102/2000 - LAGE BGB § 626 Nr. 133; 10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2; ebenso LAG Rheinland-Pfalz 16. August 2001 - 6 Sa 415/01 - NZA-RR 2002, 121; LAG Bremen 17. Oktober 2002 - 3 Sa 78/02 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 5; LAG Hamm 25. Juni 2002 - 18 (11) Sa 1295/01 - NZA-RR 2003, 8</ref>, Mobbing seien "fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen", zeigen - unabhängig davon, welcher Definition man folgt -, dass die unter dem Begriff Mobbing zusammengefassten tatsächlichen Erscheinungen rechtliche Fragestellungen aufwerfen, die gerade für den Lauf von Fristen von Bedeutung sind. Denn die rechtliche Besonderheit der als Mobbing bezeichneten tatsächlichen Erscheinungen liegt darin, dass nicht eine einzelne, abgrenzbare Handlung, sondern die Zusammenfassung mehrerer Einzelakte in einem Prozess zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers führen kann, wobei die einzelnen Teilakte jeweils für sich betrachtet rechtlich wiederum "neutral" sein können. Rechtlich betrachtet geht es damit zunächst um die Qualifizierung eines bestimmten Gesamtverhaltens als Verletzungshandlung im Rechtssinne. Die Zusammenfassung der einzelnen Verhaltensweisen erfolgt dabei durch die ihnen zugrunde liegende Systematik und Zielrichtung, Rechte und Rechtsgüter - im Regelfall das Persönlichkeitsrecht und/oder die Gesundheit des Betroffenen - zu beeinträchtigen<ref>vgl. Thüringer LAG 15. Februar 2001 - 5 Sa 102/2000 - a.a.O.; 10. Juni 2004 - 1 Sa 148/01 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 8a; LAG Schleswig-Holstein 19. März 2002 - 3 Sa 1/02 - NZA-RR 2002, 457 [LAG Schleswig-Holstein 19.03.2002 - 3 Sa 1/02]</ref>."<ref>{{BAG 8 AZR 709/06}} Abs. 58</ref>
 
===Mobbing in der Schule===
 
"Mobbing ist unerwünschtes, aggressives Verhalten unter Kindern im Schulalter, das ein echtes oder vermeintliches Machtungleichgewicht umfasst. Das Verhalten wird über längere Zeit wiederholt, oder hat das Potential wiederholt zu werden. Mobbing umfasst Aktionen wie Drohungen, Verbreitung von Gerüchten, körperliche oder verbale Angriffe, absichtliche Ausgrenzung aus einer Gruppe."<ref>Quelle: [https://www.facebook.com/bullymovie/photos/a.180986101947875.40312.107214895991663/1071919719521171/?type=3&theater The Bully Project] - abgerufen am 05.03.2016 um 23:31 - Übersetzung Bürververein</ref>
 
 
===Mobbing am Arbeitsplatz===
 
Mobbing gibt es natürlich auch am Arbeitsplatz und anderen sozialen Systemen.
 
  
 
==Prozesshaftigkeit==
 
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==Mobbing im Arbeitsrecht==
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===Mobbing in der Schule===
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"Mobbing ist unerwünschtes, aggressives Verhalten unter Kindern im Schulalter, das ein echtes oder vermeintliches Machtungleichgewicht umfasst. Das Verhalten wird über längere Zeit wiederholt, oder hat das Potential wiederholt zu werden. Mobbing umfasst Aktionen wie Drohungen, Verbreitung von Gerüchten, körperliche oder verbale Angriffe, absichtliche Ausgrenzung aus einer Gruppe."<ref>Quelle: [https://www.facebook.com/bullymovie/photos/a.180986101947875.40312.107214895991663/1071919719521171/?type=3&theater The Bully Project] - abgerufen am 05.03.2016 um 23:31 - Übersetzung Bürververein</ref>
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===Mobbing am Arbeitsplatz===
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Mobbing gibt es natürlich auch am Arbeitsplatz und anderen sozialen Systemen.
  
"Wie der Senat zuletzt in seinem Urteil vom 14. Dezember 2006<ref>- 8 AZR 628/05 - AP BGB § 618 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 618 Nr. 2</ref> nochmals ausgeführt hat, erwachsen einer Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Diese nunmehr in § 241 Abs. 2 BGB ausdrücklich normierten Pflichten waren bereits vor Inkrafttreten dieser Norm aus § 242 BGB abgeleitet worden. Der Arbeitgeber ist damit insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und der Persönlichkeitsrechte seiner Arbeitnehmer verpflichtet<ref>vgl. ErfK/Dieterich Art. 2 GG Rn. 72 ff.; ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 765; MünchArbR/Blomeyer 2. Aufl. § 97 Rn. 1 ff.</ref>.
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Wie das {{BAG}} "in seinem Urteil vom 14. Dezember 2006<ref>- 8 AZR 628/05 - AP BGB § 618 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 618 Nr. 2</ref> nochmals ausgeführt hat, erwachsen einer Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Diese nunmehr in § 241 Abs. 2 BGB ausdrücklich normierten Pflichten waren bereits vor Inkrafttreten dieser Norm aus § 242 BGB abgeleitet worden. Der Arbeitgeber ist damit insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und der Persönlichkeitsrechte seiner Arbeitnehmer verpflichtet<ref>vgl. ErfK/Dieterich Art. 2 GG Rn. 72 ff.; ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 765; MünchArbR/Blomeyer 2. Aufl. § 97 Rn. 1 ff.</ref>.
  
 
Die Verpflichtung des Arbeitgebers, das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu schützen, entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Zuletzt hat der Neunte Senat mit Urteil vom 12. September 2006<ref>- 9 AZR 271/06 - AP BGB § 611 Personalakte Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 4</ref> darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner [[Fürsorgepflicht]] auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen habe. Die Fürsorgepflicht sei Ausfluss des in § 242 BGB niedergelegten Gedankens von Treu und Glauben, der auch den Inhalt des Schuldverhältnisses bestimme. Bei der Frage, was Treu und Glauben und die Fürsorgepflicht im Einzelfall geböten, sei insbesondere auf die in den Grundrechten zum Ausdruck gekommenen Wertentscheidungen der Verfassung Bedacht zu nehmen. Das durch Art. 1 und Art. 2 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht sei auch im Privatrechtsverkehr und damit auch im Arbeitsverhältnis zu beachten. Verletze der Arbeitgeber das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, ohne dass dies durch eigene überwiegende Interessen gerechtfertigt sei, liege darin zugleich ein Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. In seiner Entscheidung vom 27. November 1985<ref>- 5 AZR 101/84 - BAGE 50, 202 = AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 93 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 38)hat der Fünfte Senat unter Bezugnahme auf den Beschluss des Großen Senats vom 27. Februar 1985 (- GS 1/84 - BAGE 48, 122 = AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14 = EzA BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 9</ref> ebenfalls betont, dass der verfassungsrechtliche Persönlichkeitsschutz für das Arbeitsverhältnis und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten bedeutsam sei.
 
Die Verpflichtung des Arbeitgebers, das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu schützen, entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Zuletzt hat der Neunte Senat mit Urteil vom 12. September 2006<ref>- 9 AZR 271/06 - AP BGB § 611 Personalakte Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 4</ref> darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner [[Fürsorgepflicht]] auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen habe. Die Fürsorgepflicht sei Ausfluss des in § 242 BGB niedergelegten Gedankens von Treu und Glauben, der auch den Inhalt des Schuldverhältnisses bestimme. Bei der Frage, was Treu und Glauben und die Fürsorgepflicht im Einzelfall geböten, sei insbesondere auf die in den Grundrechten zum Ausdruck gekommenen Wertentscheidungen der Verfassung Bedacht zu nehmen. Das durch Art. 1 und Art. 2 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht sei auch im Privatrechtsverkehr und damit auch im Arbeitsverhältnis zu beachten. Verletze der Arbeitgeber das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, ohne dass dies durch eigene überwiegende Interessen gerechtfertigt sei, liege darin zugleich ein Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. In seiner Entscheidung vom 27. November 1985<ref>- 5 AZR 101/84 - BAGE 50, 202 = AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 93 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 38)hat der Fünfte Senat unter Bezugnahme auf den Beschluss des Großen Senats vom 27. Februar 1985 (- GS 1/84 - BAGE 48, 122 = AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14 = EzA BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 9</ref> ebenfalls betont, dass der verfassungsrechtliche Persönlichkeitsschutz für das Arbeitsverhältnis und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten bedeutsam sei.

Version vom 1. Mai 2020, 00:11 Uhr

Begriff

Mobbing ist kein Rechtsbegriff

"Mobbing ist kein Rechtsbegriff und erst recht keine Anspruchsgrundlage<ref>Thüringer LAG 15. Februar 2001 - 5 Sa 102/2000 - LAGE BGB § 626 Nr. 133; 10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2; LAG Berlin 1. November 2002 - 19 Sa 940/02 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; ErfK/Preis 7. Aufl. § 611 BGB Rn. 768a; Benecke NZA-RR 2003, 225; Rieble/Klumpp ZIP 2002, 369; Kollmer AR-Blattei SD 1215 Stand August 2007 Rn. 7a</ref>. Rieble/Klumpp<ref>a.a.O.</ref> führen zu Recht aus, dass Mobbing an sich kein rechtliches Phänomen, sondern als tatsächliche Erscheinung rechtlich zu würdigen sei. Nicht alles, was als Mobbing bezeichnet wird ist von rechtlicher, dh. insbesondere arbeitsrechtlicher und schadensrechtlicher Relevanz.<ref>BAG, Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 Abs. 56</ref>

Auch den zahlreichen von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Begriffsdefinitionen ist gemein, dass sie keine rechtlichen Subsumtionshilfen bieten. Die rechtliche Würdigung eines von der klagenden Partei als Mobbing bezeichneten Sachverhaltes hat daraufhin zu erfolgen, ob arbeitsrechtliche Pflichten oder ein Recht bzw. Rechtsgut i.S.d.. BGB § 823 ff. verletzt wurden."<ref>BAG, Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 Abs. 57</ref>

Definition des Bundesarbeitsgerichts

"Die im Kern übereinstimmenden Definitionen, wie die des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts<ref>15. Januar 1997 - 7 ABR 14/96 - BAGE 85, 56 [BAG 15.01.1997 - 7 ABR 14/96] = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 118 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 133</ref>, Mobbing sei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte, oder die des Thüringer Landesarbeitsgerichts<ref>15. Februar 2001 - 5 Sa 102/2000 - LAGE BGB § 626 Nr. 133; 10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2; ebenso LAG Rheinland-Pfalz 16. August 2001 - 6 Sa 415/01 - NZA-RR 2002, 121; LAG Bremen 17. Oktober 2002 - 3 Sa 78/02 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 5; LAG Hamm 25. Juni 2002 - 18 (11) Sa 1295/01 - NZA-RR 2003, 8</ref>, Mobbing seien "fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen", zeigen - unabhängig davon, welcher Definition man folgt -, dass die unter dem Begriff Mobbing zusammengefassten tatsächlichen Erscheinungen rechtliche Fragestellungen aufwerfen, die gerade für den Lauf von Fristen von Bedeutung sind. Denn die rechtliche Besonderheit der als Mobbing bezeichneten tatsächlichen Erscheinungen liegt darin, dass nicht eine einzelne, abgrenzbare Handlung, sondern die Zusammenfassung mehrerer Einzelakte in einem Prozess zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers führen kann, wobei die einzelnen Teilakte jeweils für sich betrachtet rechtlich wiederum "neutral" sein können. Rechtlich betrachtet geht es damit zunächst um die Qualifizierung eines bestimmten Gesamtverhaltens als Verletzungshandlung im Rechtssinne. Die Zusammenfassung der einzelnen Verhaltensweisen erfolgt dabei durch die ihnen zugrunde liegende Systematik und Zielrichtung, Rechte und Rechtsgüter - im Regelfall das Persönlichkeitsrecht und/oder die Gesundheit des Betroffenen - zu beeinträchtigen<ref>vgl. Thüringer LAG 15. Februar 2001 - 5 Sa 102/2000 - a.a.O.; 10. Juni 2004 - 1 Sa 148/01 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 8a; LAG Schleswig-Holstein 19. März 2002 - 3 Sa 1/02 - NZA-RR 2002, 457 [LAG Schleswig-Holstein 19.03.2002 - 3 Sa 1/02]</ref>."<ref>BAG, Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 Abs. 58</ref>

Prozesshaftigkeit

"Entsprechend den dargelegten Grundsätzen wird auch in der Literatur zur sog. Mobbing-Problematik davon ausgegangen, dass wegen der Prozesshaftigkeit des Mobbings nicht etwa einzelne zurückliegende Handlungen aus der Berücksichtigung herausfallen könnten. Sie seien vielmehr, da sie einem systematischen Prozess angehörten, in die Betrachtung einzubeziehen<ref>Rieble/Klumpp ZIP 2002, 369</ref>.

Wesensmerkmal der als Mobbing bezeichneten Form der Persönlichkeitsrechtsverletzung ist die systematische, sich aus vielen einzelnen Handlungen zusammensetzende Verletzungshandlung, wobei den einzelnen Handlungen bei isolierter Betrachtung eine rechtliche Bedeutung oft nicht zukommt. Hierzu stünde im Widerspruch, wenn der Lauf der Ausschlussfrist mit Abschluss einer jeden einzelnen Handlung begönne. Dementsprechend beginnt die Ausschlussfrist in Mobbing-Fällen regelmäßig mit Abschluss der zeitlich letzten vorgetragenen "Mobbing-Handlung". Lässt sich ein fortlaufender Prozess von Handlungen feststellen, mit dem insgesamt in rechtswidriger Weise in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingegriffen wurde, ist der Anspruchsgegner auch nicht schutzwürdig; dies gilt umso mehr, als er über einen langen Zeitraum hinweg in systematischer Weise vorgegangen ist.

Damit wird auch der Gefahr begegnet, dass über die Ausschlussfrist bestimmte Sachverhalte als verfallen angesehen und aus der Beurteilung, ob das Persönlichkeitsrecht verletzt wurde, ausgeschlossen werden. Die Persönlichkeitsrechtsverletzung wird in sog. Mobbing-Fällen durch eine zusammenhängende Gesamthandlung verursacht, die auch in ihrer Gesamtheit zu würdigen ist."<ref>BAG, Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 Abs. 59 ff.</ref>

Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Die Frage, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt ist, ist auf Grund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände zu beurteilen<ref>BAG 18. Dezember 1984 - 3 AZR 389/83 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8 = EzA BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 2</ref><ref>BAG, Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 Abs. 63</ref>

Gegenmaßnahmen

Psychologische Gegenmaßnahmen

Rechtliche Gegenmaßnahmen

Vertragliche Ansprüche

Ein Klageanspruch kann im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auf eine positive Forderungsverletzung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages entsprechend den §§ 280, 286 BGB a.F. gestützt werden.<ref>BAG, Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 Abs. 66</ref>

Der Anspruch setzt die Verletzung sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebender Pflichten voraus. Hierbei kommt sowohl eine von der Beklagten selbst, dh. durch ihre Organe begangene und ihr gemäß den BGB § 31, BGB § 89 zuzurechnende, oder aber eine durch ihre Erfüllungsgehilfen und ihr gemäß BGB § 278 zuzurechnende Pflichtverletzung in Betracht.<ref>BAG, Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 Abs. 68</ref>

Gesetzliche Ansprüche

Mobbing in der Schule

"Mobbing ist unerwünschtes, aggressives Verhalten unter Kindern im Schulalter, das ein echtes oder vermeintliches Machtungleichgewicht umfasst. Das Verhalten wird über längere Zeit wiederholt, oder hat das Potential wiederholt zu werden. Mobbing umfasst Aktionen wie Drohungen, Verbreitung von Gerüchten, körperliche oder verbale Angriffe, absichtliche Ausgrenzung aus einer Gruppe."<ref>Quelle: The Bully Project - abgerufen am 05.03.2016 um 23:31 - Übersetzung Bürververein</ref>

Mobbing am Arbeitsplatz

Mobbing gibt es natürlich auch am Arbeitsplatz und anderen sozialen Systemen.

Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) "in seinem Urteil vom 14. Dezember 2006<ref>- 8 AZR 628/05 - AP BGB § 618 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 618 Nr. 2</ref> nochmals ausgeführt hat, erwachsen einer Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Diese nunmehr in § 241 Abs. 2 BGB ausdrücklich normierten Pflichten waren bereits vor Inkrafttreten dieser Norm aus § 242 BGB abgeleitet worden. Der Arbeitgeber ist damit insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und der Persönlichkeitsrechte seiner Arbeitnehmer verpflichtet<ref>vgl. ErfK/Dieterich Art. 2 GG Rn. 72 ff.; ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 765; MünchArbR/Blomeyer 2. Aufl. § 97 Rn. 1 ff.</ref>.

Die Verpflichtung des Arbeitgebers, das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu schützen, entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Zuletzt hat der Neunte Senat mit Urteil vom 12. September 2006<ref>- 9 AZR 271/06 - AP BGB § 611 Personalakte Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 4</ref> darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen habe. Die Fürsorgepflicht sei Ausfluss des in § 242 BGB niedergelegten Gedankens von Treu und Glauben, der auch den Inhalt des Schuldverhältnisses bestimme. Bei der Frage, was Treu und Glauben und die Fürsorgepflicht im Einzelfall geböten, sei insbesondere auf die in den Grundrechten zum Ausdruck gekommenen Wertentscheidungen der Verfassung Bedacht zu nehmen. Das durch Art. 1 und Art. 2 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht sei auch im Privatrechtsverkehr und damit auch im Arbeitsverhältnis zu beachten. Verletze der Arbeitgeber das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, ohne dass dies durch eigene überwiegende Interessen gerechtfertigt sei, liege darin zugleich ein Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. In seiner Entscheidung vom 27. November 1985<ref>- 5 AZR 101/84 - BAGE 50, 202 = AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 93 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 38)hat der Fünfte Senat unter Bezugnahme auf den Beschluss des Großen Senats vom 27. Februar 1985 (- GS 1/84 - BAGE 48, 122 = AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14 = EzA BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 9</ref> ebenfalls betont, dass der verfassungsrechtliche Persönlichkeitsschutz für das Arbeitsverhältnis und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten bedeutsam sei.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist<ref>ErfK/Dieterich Art. 2 GG Rn. 48, 85; Kollmer Rn. 38). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BGH 25. Mai 1954 - I ZR 211/53 - BGHZ 13, 334; 2. April 1957 - VI ZR 9/56 - BGHZ 24, 72; 20. Mai 1958 - VI ZR 104/57 - BGHZ 27, 284 [BGH 20.05.1958 - VI ZR 104/57]</ref>. Das Bestehen einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht des Arbeitgebers zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers als Aspekt der Fürsorgepflicht ist - unabhängig vom Phänomen des sog. Mobbings - durch die oben aufgezeigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Arbeitsverhältnis vorgegeben und konsequente Fortführung derselben.

In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur hat vor diesem Hintergrund die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Schutz des Persönlichkeitsrechts als Ausprägung der allgemeinen Fürsorgepflicht im Rahmen der Diskussion um die sog. Mobbing-Problematik in den letzten Jahren besondere Aufmerksamkeit erfahren. Teilweise wurde in Ausprägung dieser Pflicht eine besondere Mobbing-Schutzpflicht des Arbeitgebers herausgearbeitet. Einer der ersten sog. Mobbing-Entscheidungen des Thüringer Landesarbeitsgerichts<ref>10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2</ref> zufolge, sei der Arbeitgeber verpflichtet, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer nicht selbst durch Eingriffe in deren Persönlichkeits- oder Freiheitssphäre zu verletzen und diese vor Belästigungen durch Mitarbeiter oder Dritte, auf die er Einfluss habe, zu schützen. Er habe einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und die Arbeitnehmerpersönlichkeit zu fördern. Zur Einhaltung dieser Pflichten könne der Arbeitgeber als Störer nicht nur dann in Anspruch genommen werden, wenn er selbst den Eingriff begehe oder steuere, sondern auch dann, wenn er es unterlasse, Maßnahmen zu ergreifen oder seinen Betrieb so zu organisieren, dass eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts ausgeschlossen werde<ref>ebenso Thüringer LAG 15. Februar 2001 - 5 Sa 102/2000 - LAGE BGB § 626 Nr. 133; LAG Berlin 7. November 2002 - 16 Sa 938/02 -; LAG Nürnberg 2. Juli 2002 - 6 (3) Sa 154/01 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 4). Bereits mit Urteil vom 3. Mai 2000 hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (- 16a Sa 1391/99 - LAGE BGB § 273 Nr. 2</ref> ausgeführt, dass der Arbeitgeber im Rahmen der Fürsorgepflicht auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen habe und ihn auch vor Gesundheitsgefahren psychischer Art schützen müsse, was auch den Schutz vor systematischen Anfeindungen und vor schikanösem oder diskriminierendem Verhalten durch Kollegen oder durch Vorgesetzte umfasse.

Auch in der arbeitsrechtlichen - fast ausschließlich unter dem Schlagwort "Mobbing" erschienenen - Literatur herrscht Einigkeit darüber, dass den Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Nebenpflicht trifft, seine Arbeitnehmer vor sog. Mobbing und damit vor Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts durch seine Kollegen oder auch Vorgesetzten zu schützen<ref>Grunewald NZA 1993, 1071; Haller/Koch NZA 1995, 356; Rieble/Klumpp ZIP 2002, 369; dies. FA 2002, 307; Kollmer Rn. 37, 69a; MünchArbR/ Blomeyer § 97 Rn. 36; Benecke NZA-RR 2003, 225; dies. Mobbing Rn. 247; HMR-Wickler Teil 2 Rn. 43 ff.; ebenso HMR-HänschTeil 3 Rn. 58 ff.; Spamer Mobbing am Arbeitsplatz S. 145 ff.; Wickler AuR 2004, 87</ref>."<ref>BAG, Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 Abs. 69 ff.</ref>

Institutionen

Normen

Rechtsprechung

  • BAG, Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06: In Mobbing-Fällen beginnt die Ausschlussfrist wegen der systematischen, sich aus mehreren einzelnen Handlungen zusammensetzenden Verletzungshandlung regelmäßig erst mit der zeitlich letzten Mobbing-Handlung.<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>

Publikationen

Fachartikel

  • Benecke, Mobbing: Persönlichkeitsschutz und Haftung des Arbeitgebers - Zugleich Besprechung zum Urteil BAG v. 16. 5. 2007 – 8 AZR 709/06, RdA 2008, 357

Lexika

Presseberichte

Podcasts

Links

Siehe auch

Fußnoten

<references/>