Alkoholverbot: Unterschied zwischen den Versionen

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*{{LStVG Art. 30}} Verzehr alkoholischer Getränke auf öffentlichen Flächen
 
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*{{Verordnung zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt Burgkunstadt (Sicherheitsverordnung) vom 08.02.2011}}
  
 
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Version vom 8. August 2013, 18:54 Uhr

Sicherheitsverordnung der Stadt Burgkunstadt

Ausgangssituation

Der Genuss einer Flasche Bier während man sich auf einer öffentlichen Sitzbank in Burgkunstadt niederlässt, stellt seit Februar 2011 nach einer entsprechenden Entscheidung des Stadtrats eine Ordnungswidrigkeit dar. Bis zu 1000 Euro Strafe drohen dem öffentlichen Biertrinker. Eine solche Regelung halten zahlreiche Autoren und Gerichte für rechtswidrig und damit nichtig. Immer mehr Gerichte erklären Vorschriften aus Polizei- und Sicherheitsverordnugnen von Kommunen für unwirksam - so jüngst der VGH Mannheim ein Glasverbot der Stadt Konstanz sowie das Thüringische Oberverwaltungsgericht.

Die Stadt Burgkunstadt hat mit ihrer „Verordnung zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt Burgkunstadt“ vom 08.02.2011 in § 3 Sondernutzungen folgendes geregelt: „Eine Sondernutzungserlaubnis wird insbesondere nicht erteilt für das Niederlassen zum Alkoholgenuss außerhalb von Freisitzen gastronomischer Betriebe“ (Abs. 2b). Nach § 8 Nr. 2 der „Sicherheitsverordnung“ können vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlungen mit einer Geldbuße bis zu 1000 Euro belegt werden. Man bezieht sich hierbei offenbar auf eine fast dreißig Jahre alte Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, Beschluss vom 27.10.1982, Az.: 8 N 82 A.277. Das Niederlassen zum Alkoholgenuss auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen stellt nach diesem Beschluss eine erlaubnispflichtige Sondernutzung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1, Art. 18 Abs. 1 BayStrWG dar: "Sondernutzung ist demnach auch das ‚Niederlassen zum Alkoholgenuss’. Eine solche Nutzung des Straßenraums beeinträchtigt den Gemeingebrauch. Das ‚Niederlassen’ ist ein über zeitlich begrenztes Verweilen hinausgehendes Bleiben und Verharren am Ort, nicht notwendigerweise mit einem ‚Hinsetzen’ verbunden, am besten wohl mit ‚es sich bequem machen’ umschrieben. Das Tatbestandsmerkmal ‚zum Alkoholgenuss’ nimmt auf den Zweck des Verbleibens am Ort Bezug, der — wie hier keiner näheren Erläuterung bedarf — gerade in Verbindung mit einem ‚Niederlassen’ die Ursache von Störungen anderer sein kann" (BayVGH, a.a.O., S. 11 f.).

Die Friedrich Ebert-Stiftung – Arbeitskreis Kommunalpolitik – hält eine solche Regelung hingegen für rechtswidrig. Das Niederlassen zum Alkoholgenuss außerhalb zugelassener Freischankflächen sei nicht als Sondernutzung greifbar. Es sei unmöglich, eine rechtlich nachvollziehbare Grenze zu ziehen zwischen dem als Gemeingebrauch anerkannten Ausruhen, dem gemütlichen Zusammensein bei einer Flasche Cola oder Bier und als Sondernutzung aufzufassendem Herumlungern. Hierzu erscheine weder die Auswahl der Kleidung noch des Benehmens ein geeignetes Kriterium. Auch die reine Zeitdauer des Aufenthalts sei dafür ungeeignet. Gerade bei entsprechender guter Witterung dürfte ein stundenlanger gemeinsamer Aufenthalt in einem Park, in einem verkehrsberuhigten Bereich oder einer Fußgängerzone durchaus als sozial adäquat anzusehen sein (Friedrich-Ebert-Stiftung, Gemeingebrauch und Sondernutzung an Straßen und Wegen).

Auch das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat sich der Rechtsprechung anderer Obergerichte angeschlossen, wonach das Niederlassen zum Alkoholgenuss auf öffentlichen Straßen, Gehwegen und in Grün- und Erholungsanlagen straßenrechtlich zum Gemeingebrauch zähle und daher nicht in kommunalen Satzungen als Sondernutzung definiert werden könne. In seinem Urteil vom 16. Juni 1999 (AZ: 4 K 2/99) hat das Schleswig-Holsteinische OVG über eine Satzung der Stadt Elmshorn befunden (StGB NRW-Mitteilung 540/1999 vom 20.08.1999/Quelle: DStGB Aktuell 3099-02):

"Für ein von der Stadt darüber hinaus als geboten erachtetes, satzungsrechtlich verankertes, nach der konkreten Ausgestaltung quasi prophylaktisches Vorgehen gegen Personengruppen, deren Alkoholkonsum bei Gelegenheit der Inanspruchnahme des Gemeingebrauchs der Stadt Anlass zur – in Einzelfällen berechtigten – Besorgnis künftigen polizeiwidrigen Verhaltens biete, vermitteln die Bestimmungen des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Schleswig-Holstein in Ansehung ihrer ausschließlich verkehrlichen Regelungsbezogenheit keine Ermächtigungsgrundlage."

Dies sehen auch das OLG Hamm in seinem Beschluss vom 04.05.2010, Az. 3 RBs 12/10 sowie das OVG Sachsen-Anhalt in seinem Urteil vom 17.03.2010 – AZ. 3 K 319/09 – so. Am 28. Juli 2009 hob der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württembergs in Mannheim das Alkoholverbot der Stadt Freiburg auf, am 21. Juni 2012 das Thüringer Oberverwaltungsgericht eine entsprechende Verordnung der Stadt Erfurt.

In der juristischen Fachliteratur wird die Auffassung vertreten, dass es in Bayern bereits an einer nach Art. 80 Abs. 1 Satz 1, 2 GG nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass von Gefahrenabwehrverordnungen mangele (Wehr, Examens-Repetitorium Polizeirecht, Rn. 63). Doch selbst wenn es eine solche gäbe,würde eine tatbestandliche Beschränbkung auf beeinträchtigende Verhaltensweisen fehlen (Wehr, aaO, Rn. 66). Eine straßenrechtliche Sondernutzung wird überwiegend abgelehnt, "da es sich nur um Formen des Aufenthalts auf öffentlichen Straßen handelt, der vom abstrakten Gemeingebrauch umfasst ist (Wehr, aaO, Rn. 64).

Bürger, die sich gegen die Verordnung wehren wollen, haben bis zu einem Jahr nach deren Bekanntmachung die Möglichkeit, diese im Wege einer Normenkontrollklage (§ 47 Verwaltungsgerichtsordnung) anzugreifen. Wer sich beim öffentlichen Biertrinken erwischen lässt, kann auch gegen den Bußgeldbescheid vorgehen.

Update 26.10.2012

Offensichtlich aufgrund der Tatsache, dass bundesweit so gut wie alle Obergerichte kommunale Alkoholverbote für rechtswidrig erklären, bekommen nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 25.10.2012 Kommunen in Bayern nun das Recht eingeräumt, ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen zu erlassen - auf Betreiben der CSU.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat die Einigung der Koalitionsfraktionen von CSU und FDP im Bayerischen Landtag begrüßt, einer von ihm vorgeschlagenen Änderung des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes zuzustimmen. Danach können die Städte und Gemeinden künftig Alkoholverbote an bestimmten Brennpunkten im öffentlichen Raum verhängen. Herrmann: "Die Kommunen erhalten hiermit flexible Handlungsmöglichkeiten, um per Verordnung Alkoholexzesse an bestimmten Orten zu unterbinden." Herrmann sagte, der Faktor Alkohol habe in den letzten Jahren im Zusammenhang mit Straftaten kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Übermäßiger Alkoholkonsum steigere gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Gewaltbereitschaft. In etlichen Gemeinden habe der Alkoholkonsum auch und insbesondere in den öffentlichen Anlagen sowie auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen ein bedenkliches Ausmaß angenommen. Herrmann: "Wir ermächtigen nunmehr die Gemeinden durch einen neuen Artikel im Landesstraf- und Verordnungsgesetz, dass sie mit Verordnung den Verzehr sowie das Mitführen alkoholischer Getränke auf bestimmten öffentlichen Plätzen verbieten können." Bisher hatten die Gemeinden nur beschränkt die Möglichkeit, den Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit zu reglementieren und Verstöße mit einem Verwarnungsgeld und einer Geldbuße zu ahnden. "Wir erweitern hiermit den kommunalen Handlungsspielraum", so Herrmann. (Quelle: Innenministerium Bayern 24.10.2012 PM 379/12)

Update 8.7.2013

Mit Gesetz vom 8.7.2013, 403 hat Bayern eine neue Vorschrift LStVG Art. 30 in das Gesetz über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz - LStVG) eingefügt.

Normen

Landesrecht Bayern

  • LStVG Art. 30 Verzehr alkoholischer Getränke auf öffentlichen Flächen

Ortsrecht Burgkunstadt

Rechtsprechung

Fachliteratur

  • Bindzus/Lange, JuS 1998, 696 ff.
  • Wehr, Examens-Repetitorium Polizeirecht, Fall 11, S. 18; Rn. 62 ff.

In der städtischen Satzung angegebene Ermächtigungsgrundlagen

  • Art. 10 BayImSchG: "Zum Schutz vor schädlichen Einwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche können die Gemeinden durch Verordnung die Errichtung und den Betrieb von Anlagen und die Verwendung bestimmter Brennstoffe verbieten, zeitlich beschränken oder von Vorkehrungen abhängig machen." (Abs. 1)
  • Art. 14 BayImSchG: "Zum Schutz vor unnötigen Störungen können die Gemeinden Verordnungen über die zeitliche Beschränkung ruhestörender Hausarbeiten oder Gartenarbeiten, über die Benutzung von Musikinstrumenten, Tonübertragungsgeräten und Tonwiedergabegeräten sowie über das Halten von Haustieren erlassen."
  • Art. 28 Abs. 1 LStVG ("Öffentliche Anschläge")
  • Art. 22a Satz 1 BayStrWG: "Die Landkreise und Gemeinden können die Sondernutzungen an Straßen oder Teilen davon in ihrer Baulast auch abweichend von den Art. 18, Art. 19 und Art. 22 Abs. 1 durch Satzung regeln und an Stelle eines privaten Entgelts Gebühren erheben."
  • Art. 51 Abs. 4 BayStrWG: "Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Reinlichkeit können die Gemeinden über die Reinhaltung und Reinigung der öffentlichen Straßen Rechtsverordnungen erlassen und darin die Eigentümer von Grundstücken, die innerhalb der geschlossenen Ortslage an öffentliche Straßen angrenzen oder über sie erschlossen werden, und die zur Nutzung dinglich Berechtigten auch zu Leistungen auf eigene Kosten verpflichten."

Quellenangaben

Dieser Artikel beruht auf einem Beitrag in KUNSTADT.net.

Fußnoten

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