Amtsträger: Unterschied zwischen den Versionen

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"Kommunale Mandatsträger sind keine Amtsträger, es sei denn, sie werden mit konkreten Verwaltungsaufgaben betraut, die über ihre Mandatstätigkeit in der kommunalen Volksvertretung und den zugehörigen Ausschüssen hinausgehen.
 
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(4) Auch teleologische Argumente sprechen dagegen, kommunale Mandatsträger als Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StGB anzusehen. Amtsausübung ist etwas anderes als Mandatsausübung.
 
(4) Auch teleologische Argumente sprechen dagegen, kommunale Mandatsträger als Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StGB anzusehen. Amtsausübung ist etwas anderes als Mandatsausübung.
  
Zwischen dem typischen Verwaltungshandeln in behördlichen oder behördenähnlichen Strukturen und dem politischen Handeln in Volksvertretungen aufgrund eines freien Mandats gibt es strukturelle Unterschiede, die eine differenzierte Behandlung beider Handlungsformen öffentlicher Gewalt rechtfertigen<ref>(ausführlich hierzu Nolte DVBl 2005, 870, 871 ff. m. w. N.)</ref>. Dies wird auch im Hinblick auf die handelnden Personen deutlich: Bei Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung ist der Entscheidungsträger grundsätzlich substituierbar; seine Entscheidungsbefugnis kann regelmäßig in der Verwaltungshierarchie delegiert oder von höherrangiger Stelle evoziert werden. Das Amt ist nicht personengebunden, der Amtsträger dafür aber zumeist weisungsgebunden. Im Gegensatz dazu trifft der Abgeordnete aufgrund seines freien Mandats im Plenum seiner Volksvertretung eine in diesem Sinne "unvertretbare" Entscheidung. Sein Amt ist personengebunden, er kann seine Stimmabgabe nicht auf einen Vertreter übertragen; kein anderer darf die Entscheidungsbefugnis des Abgeordneten an sich ziehen. Gerade wegen der Unvertretbarkeit der Entscheidung bei der Wahl oder Abstimmung in einer Volksvertretung spielen dabei auch legitime Partikularinteressen, für deren Wahrnehmung der Mandatsträger in die Volksvertretung gewählt wurde, eine wesentliche Rolle.
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Zwischen dem typischen Verwaltungshandeln in behördlichen oder behördenähnlichen Strukturen und dem politischen Handeln in Volksvertretungen aufgrund eines freien Mandats gibt es strukturelle Unterschiede, die eine differenzierte Behandlung beider Handlungsformen öffentlicher Gewalt rechtfertigen<ref>(ausführlich hierzu Nolte DVBl 2005, 870, 871 ff. m. w. N.)</ref>. Dies wird auch im Hinblick auf die handelnden Personen deutlich: Bei Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung ist der Entscheidungsträger grundsätzlich substituierbar; seine Entscheidungsbefugnis kann regelmäßig in der Verwaltungshierarchie delegiert oder von höherrangiger Stelle evoziert werden. Das Amt ist nicht personengebunden, der Amtsträger dafür aber zumeist weisungsgebunden. Im Gegensatz dazu trifft der Abgeordnete aufgrund seines freien Mandats im Plenum seiner Volksvertretung eine in diesem Sinne "unvertretbare" Entscheidung. Sein Amt ist personengebunden, er kann seine [[Stimmabgabe]] nicht auf einen Vertreter übertragen; kein anderer darf die Entscheidungsbefugnis des Abgeordneten an sich ziehen. Gerade wegen der Unvertretbarkeit der Entscheidung bei der Wahl oder Abstimmung in einer Volksvertretung spielen dabei auch legitime Partikularinteressen, für deren Wahrnehmung der Mandatsträger in die Volksvertretung gewählt wurde, eine wesentliche Rolle.
  
 
Die Unterschiede zwischen politischer Willensbildung in der Volksvertretung einerseits und dienstlichem Verwaltungshandeln andererseits betreffen auf der Ebene kommunaler Mandatsträger weniger den Inhalt der Entscheidung, als vielmehr die Art und Weise des Zustandekommens hoheitlicher Entscheidungen<ref>(vgl. Deiters NStZ 2003, 453, 456 f.; Nolte DVBl 2005, 870, 880)</ref>. Inhaltlich macht es etwa keinen Unterschied, ob die Entscheidung zum Erwerb eines Wirtschaftsguts für die Gemeinde durch Abstimmung im Gemeinderat fällt oder allein vom Bürgermeister getroffen wird; das Zustandekommen der Entscheidung ist indes verschieden.
 
Die Unterschiede zwischen politischer Willensbildung in der Volksvertretung einerseits und dienstlichem Verwaltungshandeln andererseits betreffen auf der Ebene kommunaler Mandatsträger weniger den Inhalt der Entscheidung, als vielmehr die Art und Weise des Zustandekommens hoheitlicher Entscheidungen<ref>(vgl. Deiters NStZ 2003, 453, 456 f.; Nolte DVBl 2005, 870, 880)</ref>. Inhaltlich macht es etwa keinen Unterschied, ob die Entscheidung zum Erwerb eines Wirtschaftsguts für die Gemeinde durch Abstimmung im Gemeinderat fällt oder allein vom Bürgermeister getroffen wird; das Zustandekommen der Entscheidung ist indes verschieden.

Version vom 18. Mai 2020, 16:19 Uhr

Nach StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 ist Amtsträger, wer nach deutschem Recht

a) Beamter oder Richter ist,

b) in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder

c) sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen;

Kommunale Mandatsträger sind keine Amtsträger, es sei denn, sie werden mit konkreten Verwaltungsaufgaben betraut, die über ihre Mandatstätigkeit in der kommunalen Volksvertretung und den zugehörigen Ausschüssen hinausgehen.<ref>BGH, Urteil vom 09.05.2006 - 5 StR 453/05 Amtlicher Leitsatz 1</ref><ref>anders noch Brüning, Haftung der Gemeinderäte, Hauptverwaltungsbeamten und Beigeordneten, Erich Schmidt Verlag, Berlin, 1. Aufl. 2006, ISBN 978503090563 Rdnr. 184 a.E. mit Hinweis auf LG Krefeld, NJW 1994, 2036 f.</ref>

Amtsträgereigenschaft im Rahmen des Steuergeheimnisses

Den Amtsträgern stehen nach AO § 30 Abs. 3 gleich

1. die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 des Strafgesetzbuchs),

1a. die in § 193 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Personen,

2. amtlich zugezogene Sachverständige,

3. die Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.

Besonders schwerer Fall des Betrugs

StGB § 263 Abs. 3 bestimmt:

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

...

4. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht oder

...

Kommunale Mandatsträger

"Kommunale Mandatsträger sind keine Amtsträger, es sei denn, sie werden mit konkreten Verwaltungsaufgaben betraut, die über ihre Mandatstätigkeit in der kommunalen Volksvertretung und den zugehörigen Ausschüssen hinausgehen.

Amtsträger ist gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB, wer nach deutschem Recht Beamter oder Richter ist (Buchstabe a), in einem sonstigen öffentlichrechtlichen Amtsverhältnis steht (Buchstabe b) oder sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen (Buchstabe c). Diese Voraussetzungen treffen auf kommunale Mandatsträger in der Regel nicht zu.

aa) Kommunale Mandatsträger fallen nicht unter § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. a StGB. Sie stehen auch nicht in einem sonstigen öffentlichrechtlichen Amtsverhältnis gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StGB.

(1) Zwar lässt es der Wortlaut von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StGB zu, kommunale Mandatsträger in der Ausübung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit eigener Art als Träger eines öffentlich-rechtlichen Amtes zu verstehen<ref>(vgl. Rübenstahl HRRS 2006, 23, 33)</ref>. Einem solchen Verständnis stehen jedoch historische, systematische und teleologische Argumente entgegen.

(2) Als in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehende Personen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers diejenigen Träger eines öffentlichen Amts wie etwa Minister, Wehrbeauftragte, Notare oder Notarassessoren zu verstehen sein, die in einem ähnlichen öffentlichrechtlichen Amtsverhältnis wie Beamte und Richter stehen (Gesetzesbegründung BT-Drucks. 7/550 S. 209); darunter fallen Abgeordnete nicht<ref>(vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 11 Rdn. 16; Dahs/Müssig NStZ 2006, 191, 192 m. w. N.)</ref>. Bekräftigt hat der Gesetzgeber seinen diesbezüglichen Willen in der Gesetzesbegründung zu § 108e StGB. Die systematische Einstellung des Tatbestands der Abgeordnetenbestechung, der auch kommunale Mandatsträger erfasst, im fünften und nicht im dreißigsten Abschnitt des Besonderen Teils des StGB wurde damit begründet, dass "… der Abgeordnete kein Amtsträger ist"<ref>(Gesetzesbegründung BT-Drucks. 12/1630 und 12/5927, jeweils S. 5)</ref>. Diese Nichtanwendbarkeit der Amtsdelikte, insbesondere der Bestechungsvorschriften in §§ 331 ff. StGB auf kommunale Mandatsträger, war für den Gesetzgeber der ausschlaggebende Grund, mit § 108e StGB einen eigenen Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung zu schaffen<ref>(vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 12/1630 und 12/5927, jeweils S. 3 ff.)</ref>.

(3) Die systematische Auslegung spricht ebenfalls dagegen, kommunale Mandatsträger als Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StGB anzusehen. Das Strafgesetzbuch unterscheidet zwischen zwei Formen hoheitlichen Handelns, bei denen eine Einflussnahme durch Vorteilszuwendungen und eine Beeinflussbarkeit durch Vorteilsannahme strafbar ist: zwischen dem Stimmenkauf oder -verkauf im Zusammenhang mit Wahlen oder Abstimmungen in den Volksvertretungen (Abgeordnetenbestechung nach § 108e StGB) und der Dienstausübung oder Diensthandlung von Amtsträgern bzw. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten (§§ 331 ff. StGB). Die Schaffung dieser zwei unterschiedlichen Straftatbestände, die zudem unterschiedlich verortet sind (§ 108e StGB im Abschnitt der Straftaten gegen Verfassungsorgane sowie bei Wahlen und Abstimmungen, die §§ 331 ff. StGB im Abschnitt der Straftaten im Amt), spricht dafür, dass von § 108e StGB erfasste Abgeordnete nicht gleichzeitig Amtsträger sind. Sonst wäre die Schaffung einer Sonderstrafnorm für Abgeordnete systematisch unverständlich<ref>(vgl. Deiters NStZ 2003, 453, 457; Marel StraFo 2003, 259, 261)</ref>. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die gesetzliche Gleichbehandlung der kommunalen Abgeordneten mit den unstreitig nicht unter den Amtsträgerbegriff fallenden Parlamentariern des Bundestages und der Länderparlamente.

(4) Auch teleologische Argumente sprechen dagegen, kommunale Mandatsträger als Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StGB anzusehen. Amtsausübung ist etwas anderes als Mandatsausübung.

Zwischen dem typischen Verwaltungshandeln in behördlichen oder behördenähnlichen Strukturen und dem politischen Handeln in Volksvertretungen aufgrund eines freien Mandats gibt es strukturelle Unterschiede, die eine differenzierte Behandlung beider Handlungsformen öffentlicher Gewalt rechtfertigen<ref>(ausführlich hierzu Nolte DVBl 2005, 870, 871 ff. m. w. N.)</ref>. Dies wird auch im Hinblick auf die handelnden Personen deutlich: Bei Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung ist der Entscheidungsträger grundsätzlich substituierbar; seine Entscheidungsbefugnis kann regelmäßig in der Verwaltungshierarchie delegiert oder von höherrangiger Stelle evoziert werden. Das Amt ist nicht personengebunden, der Amtsträger dafür aber zumeist weisungsgebunden. Im Gegensatz dazu trifft der Abgeordnete aufgrund seines freien Mandats im Plenum seiner Volksvertretung eine in diesem Sinne "unvertretbare" Entscheidung. Sein Amt ist personengebunden, er kann seine Stimmabgabe nicht auf einen Vertreter übertragen; kein anderer darf die Entscheidungsbefugnis des Abgeordneten an sich ziehen. Gerade wegen der Unvertretbarkeit der Entscheidung bei der Wahl oder Abstimmung in einer Volksvertretung spielen dabei auch legitime Partikularinteressen, für deren Wahrnehmung der Mandatsträger in die Volksvertretung gewählt wurde, eine wesentliche Rolle.

Die Unterschiede zwischen politischer Willensbildung in der Volksvertretung einerseits und dienstlichem Verwaltungshandeln andererseits betreffen auf der Ebene kommunaler Mandatsträger weniger den Inhalt der Entscheidung, als vielmehr die Art und Weise des Zustandekommens hoheitlicher Entscheidungen<ref>(vgl. Deiters NStZ 2003, 453, 456 f.; Nolte DVBl 2005, 870, 880)</ref>. Inhaltlich macht es etwa keinen Unterschied, ob die Entscheidung zum Erwerb eines Wirtschaftsguts für die Gemeinde durch Abstimmung im Gemeinderat fällt oder allein vom Bürgermeister getroffen wird; das Zustandekommen der Entscheidung ist indes verschieden.

bb) Kommunale Mandatsträger sind auch nicht gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB sonst dazu bestellt, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Zwar spricht viel dafür, dass kommunale Mandatsträger Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB wahrnehmen (dazu unter 1); es fehlt aber aufgrund ihres freien politischen Mandats an der notwendigen Ein- oder Unterordnung in ein Dienst- oder Auftragsverhältnis zur öffentlichen Hand (dazu unter 2).

(1) Kommunale Volksvertretungen sind eher der Exekutive, nicht der Legislative zuzuordnen. Die Gemeindevertretung ist im staatsrechtlichen Sinne kein Parlament, sondern Organ einer Selbstverwaltungskörperschaft<ref>(BVerfGE 78, 344, 348)</ref>. Damit gehört die Rechtsetzungstätigkeit der Gemeinden trotz eines gewissen legislatorischen Charakters im System der grundgesetzlichen Gewaltenteilung zum Bereich der Verwaltung und nicht zum Bereich der Gesetzgebung<ref>(BVerwG NJW 1993, 411, 412; vgl. auch BVerfGE 65, 283, 289; Rübenstahl HRRS 2006, 23, 28 ff.)</ref>. Die Willensbildung der Gemeindevertretung ist überwiegend auf die praktische Erledigung konkreter Verwaltungsaufgaben gerichtet und nicht – wie bei einem Parlament – auf den Erlass abstrakter Normen<ref>(vgl. OLG Braunschweig MDR 1950, 629)</ref>. Mitglieder kommunaler Volksvertretungen werden bei der Entscheidung von Einzelfragen im Rahmen der gemeindlichen Selbstverwaltung tätig, nicht als originäre Gesetzgebungsorgane (vgl. zu dieser Unterscheidung auch § 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 StGB sowie § 353b Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 1 StGB).

Die vorliegend relevante Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (GO-NRW) folgt in ihren Bestimmungen über Aufgaben und Funktion des Rates dieser Einteilung (vgl. § 2, § 40 und § 41 GO-NRW). Mit dieser staatsrechtlichen Einordnung korrespondiert in gewissem Umfang auch die rechtliche Ausgestaltung des Amtes der Ratsmitglieder in der GO-NRW<ref>(vgl. LG Krefeld NJW 1994, 2036, 2037; LG Köln StV 2003, 507, 508)</ref>:

Im Gegensatz zu "echten" Parlamentariern sind die Mitglieder des Rates nach § 43 Abs. 2 i. V. m. § 30 GO-NRW zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Ausschließungsgründe in § 31 GO-NRW i. V. m. § 43 GO-NRW bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Ratsmitglieder – im Gegensatz zu "echten" Parlamentariern – bei persönlicher Betroffenheit von der Mitwirkung ausgeschlossen sind. Die Gemeindeordnung kennt auch keine Immunität oder Indemnität der Mitglieder kommunaler Volksvertretungen (vgl. Häger in LK 11. Aufl. § 36 Rdn. 30); ihnen steht – anders als den Abgeordneten des Bundestages und der Länderparlamente – auch kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 4 StPO zu.

(2) Kommunale Mandatsträger sind aber nicht dazu bestellt, derartige öffentliche Aufgaben bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag wahrzunehmen. Der Mandatsträger handelt nicht "im Auftrag" einer Behörde. Er ist auch nicht im Sinne der ersten Variante von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB "bei einer Behörde" bestellt. Mit diesem zusätzlichen Kriterium hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in derartigen Fällen allein eine Amtsträgerstellung nicht begründen kann, sondern der Betreffende durch organisatorische Eingliederung in die Behördenstruktur eine vergleichbare Stellung haben muss wie die in § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und b StGB genannten Beamten, Richter oder Personen, die in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen<ref>(vgl. BGHSt 43, 96, 104; Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 11 Rdn. 27)</ref>.

Kommunale Mandatsträger nehmen bei der Tätigkeit in den Volksvertretungen der Gemeinden ihre öffentlichen Aufgaben jedoch nicht im Rahmen eines Dienst- oder Auftragsverhältnisses, sondern in freier Ausübung ihres durch Wahl erworbenen Mandats wahr<ref>(vgl. Marel StraFo 2003, 259, 261; Nolte DVBl 2005, 870, 871 f.; Dahs/Müssig NStZ 2006, 191, 193)</ref>. Dies unterscheidet sie grundlegend von allen sonstigen unter § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB fallenden Personen. Mitglieder kommunaler Volksvertretungen haben ein freies Mandat und keinen Dienstherrn, sie sind an Weisungen nicht gebunden (vgl. § 43 Abs. 1 GO-NRW). Ihre Mitwirkungsrechte sind unmittelbar mit ihrer Person verknüpft und sie unterfallen nicht dem beamtenrechtlichen Disziplinarrecht. Dies hindert zwar nicht daran, ihre inhaltliche Tätigkeit als Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung zu verstehen (vgl. Deiters NStZ 2003, 453, 457). Diese Umstände belegen aber, dass kommunale Volksvertreter nicht in den von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB vorausgesetzten behördlich-hierarchischen, sondern in eigenbestimmt-politischen Strukturen tätig werden.

Ein solches Verständnis entspricht dem Willen des Gesetzgebers: Dieser wollte im Rahmen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB mit dem Begriff "bestellt" lediglich alle möglichen Arten von Dienst- und Auftragsverhältnissen erfassen<ref>(Gesetzesbegründung BT-Drucks. 7/550 S. 209)</ref>; hierzu zählt jedoch das freie Mandat des kommunalen Volksvertreters nicht. Für diese Interpretation von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB sprechen zudem die bereits oben unter aa) genannten sonstigen systematischen, historischen und teleologischen Argumente.

cc) Europäisches Gemeinschaftsrecht und völkerrechtliche Vereinbarungen enthalten keine bindenden Vorgaben zur Frage, ob kommunale Mandatsträger Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind:

Das Übereinkommen aufgrund von Art. K. 3 Abs. 2 lit. c des Vertrages über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind<ref>(ABl. C 195 vom 25. Juni 1997, S. 3 ff.)</ref>, überlässt durch Verweis in Art. 1 lit. c die Regelung des Amtsträgerbegriffs dem innerstaatlichen Recht der Mitgliedstaaten. Das Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr (BGBl II 1998, 2329 ff.) definiert den "ausländischen Amtsträger" als eine Person, "die in einem anderen Staat durch Ernennung oder Wahl ein Amt im Bereich der Gesetzgebung, Verwaltung oder Justiz innehat"<ref>(BGBl II 1998, 2330)</ref>. Die deutsche Umsetzung dieses Übereinkommens<ref>(Gesetz zu dem Übereinkommen vom 17. Dezember 1997 über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr – IntBestG, BGBl II 1998, 2327 f.)</ref> führt daher in § 2 IntBestG zu dem Ergebnis, dass die Bestrafung der Bestechung eines ausländischen Abgeordneten nach deutschem Strafrecht unter wesentlich weitergehenden tatbestandlichen Voraussetzungen möglich ist als die Bestrafung eines inländischen Abgeordneten nach § 108e StGB<ref>(vgl. dazu Möhrenschlager in Festschrift für Ulrich Weber, 2004, S. 217, 228)</ref>; das Verhältnis der beiden Normen bei den von beiden Straftatbeständen umfassten Mitgliedern des Europäischen Parlaments bleibt damit unklar (vgl. auch Zieschang NJW 1999, 105). Die Criminal Law Convention on Corruption des Europarats vom 27. Januar 1999 überlässt die Definitionsmacht im Hinblick auf den Amtsträgerbegriff den Signatarstaaten (Art. 1 a der Konvention), verlangt aber die Schaffung von Straftatbeständen der aktiven und passiven Bestechung von Beamten (Art. 2 und 3 der Konvention) sowie (Art. 4 der Konvention) der aktiven und passiven Bestechung von Mitgliedern nationaler Volksvertretungen ("domestic public assemblies") mit legislativen oder administrativen Kompetenzen (vgl. zum Ganzen und zu weitergehenden völkerrechtlichen Abkommen unter der Ägide der UNO: Möhrenschlager aaO S. 229 ff.)."<ref>BGH, Urteil vom 09.05.2006 - 5 StR 453/05 Abs. 31-48</ref>

Normen

Abgabenordnung (AO)

Strafgesetzbuch (StGB)

Rechtsprechung

  • BGH, Urteil vom 13.01.2016 - 2 StR 148/15: "Ein in einem öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnis stehender Schulsekretär, der nach der internen Aufgabenverteilung allein für das Bestell- und Zahlwesen einer Schule zuständig ist, ist auch dann Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn er nicht nach außen als Entscheidungsträger auftritt, sondern nur faktisch die Entscheidung darüber trifft, welche Bestellungen realisiert, welche Zulieferer beauftragt und dass Zahlungen angewiesen werden."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BGH, Urteil vom 29.08.2007 - 5 StR 103/07 = NStZ 2008, 87
  • BGH, Urteil vom 09.05.2006 - 5 StR 453/05: Kommunale Mandatsträger sind keine Amtsträger, es sei denn, sie werden mit konkreten Verwaltungsaufgaben betraut, die über ihre Mandatstätigkeit in der kommunalen Volksvertretung und den zugehörigen Ausschüssen hinausgehen.<ref>Amtlicher Leitsatz 1</ref>

Fußnoten

<references />