Nichtigkeit (Verwaltungsakt): Unterschied zwischen den Versionen

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* {{BVerwG 8 C 107.83}} =  BayVBl 1985, 410 - [[Erschließungsbeitrag]]sbescheid an Nichteigentümer
 
* {{BVerwG 8 C 107.83}} =  BayVBl 1985, 410 - [[Erschließungsbeitrag]]sbescheid an Nichteigentümer
* {{BVerwG VII C 71.74}} - Eine gegen Gemeinschaftsrecht verstoßende Verfügung einer nationalen Behörde ist in der Regel nicht nichtig, sondern nur anfechtbar.
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* {{BVerwG VII C 71.74}} - Eine gegen Gemeinschaftsrecht verstoßende Verfügung einer nationalen Behörde ist in der Regel nicht nichtig, sondern nur anfechtbar: "Nichtigkeit liegt nur bei einem besonders schweren formellen oder materiellen Fehler vor, der nach herrschender Ansicht für einen urteilsfähigen Bürger offensichtlich sein muß<ref>so BVerwGE 19, 284, 287; Wolff-Bachof, VerwR I, 9. Aufl. [1974], § 51 I c; Redeker-v. Oertzen, VwGO, 5. Aufl. [1975], § 42 Rdnr. 110</ref>. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es handelt sich, falls die Gebührenbescheide rechtswidrig waren, nicht um einen besonders schweren Fehler. Die Verletzung einer wichtigen Rechtsbestimmung allein läßt den Fehler noch nicht als schwerwiegend erscheinen. Ob ein Verstoß gegen die ständige Rechtsprechung eines höchsten Gerichts ausreicht, um einen Fehler als besonders schwer anzusehen, kann hier dahingestellt bleiben; denn der EuGH hatte im Zeitpunkt des Erlasses der Gebührenbescheide Ende 1968 noch nicht darüber entschieden, ob Gebühren für die Untersuchung von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen bei der Einfuhr aus anderen Mitgliedstaaten zulässig erhoben werden, durften. Im übrigen war der Fehler für den Bürger auch noch nicht offensichtlich. Ende 1968 wurde die Erhebung dieser Gebühren auch von erfahrenen Importeuren wie den Kl. in der Regel nicht beanstandet. | Die Bekl. ist auch nicht verpflichtet gewesen, trotz Versäumung der Widerspruchsfrist durch die Kl. in eine sachliche Prüfung einzutreten. Es ist feststehende Rechtsprechung, daß die Verwaltungsbehörden grundsätzlich nicht verpflichtet sind, ein durch unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakt abgeschlossenes Verfahren deshalb wieder aufzugreifen, weil sich der unanfechtbar gewordene Verwaltungsakt nachträglich auf Grund höchstrichterlicher Rechtsprechung als rechtswidrig erweist<ref>so BVerwG, DVBl 1967, 159 = MDR 1966, 953 = VerwRspr 18, 521 = Buchholz 310 § 42 VwGO Vorb. III Nr. 5, Nr. 48; BVerwGE 28, 122, 127 = NJW 1968, 315; BVerwGE 44, 333, 336; weiter OVG Lüneburg, OVGE 28, 465; vgl. auch BVerwGE 27, 141, 145 = NJW 1967, 1976</ref>. Es ist nicht einzusehen, warum etwas anderes gelten sollte, wenn die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts auf Grund einer Auslegung europäischen Rechts durch den EuGH feststeht; dies entspricht auch der Auffassung des EuGH: In seinem Urteil vom 16. 12. 1976 hat er betont, die Festsetzung von angemessenen Ausschlußfristen für die Rechtsverfolgung im abgabenrechtlichen Bereich sei ein Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der [[Rechtssicherheit]] <ref>NJW 1977, 495</ref>. Wer das Risiko eines Prozesses scheut oder einen Verwaltungsakt annimmt, kann nicht verlangen, dem gleichgestellt zu werden, der fristgemäß von seinen prozessualen Rechten Gebrauch gemacht hat. Die Bekl. ist auch aus ermessensgerechten Erwägungen nicht erneut in eine Sachbehandlung eingetreten; dies hat das BerGer. zutreffend dargelegt."<ref>{{BVerwG VII C 71.74}}</ref>
* {{BVerwG VI C 59, 64.63}} = [[BVerwGE 19, 284]]: "Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Verwaltungsakt nicht schon allein deshalb nichtig, weil er der gesetzlichen Grundlage entbehrt<ref>BVerwGE 1, 67 [69, 70], Beschluß vom 14. Juli 1956 - BVerwG I B 57.56 -; BGH, Urteile vom 12. Juli 1956 - III ZR 46/55 - [LM Nr. 1 zu DBG § 88] und vom 17. Oktober 1960 - III ZR 15/59 -</ref>. Nur ein besonders schwerer Form- oder Inhaltsfehler, der nach herrschender Auffassung für einen urteilsfähigen Bürger offensichtlich sein muß<ref>Urteil vom 8. November 1963 - BVerwG IV C 123.62 -</ref>, führt nach allgemeinen Grundsätzen zur Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes. Ein solch schwerer Fehler ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs z.B. angenommen worden, wenn ein Nichtbeamter in den Ruhestand versetzt wird<ref>BGHZ 2, 315 [BGH 21.06.1951 - III ZR 56/50] [317]</ref> oder wenn bei einer nur auf Antrag möglichen Zurruhesetzung der Antrag nicht gestellt war<ref>BGH III ZR 15/59 vom 17. Oktober 1960</ref>, nicht dagegen, wenn ein Beamter auf Widerruf trotz Fehlens der gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen (§ 76 Abs. 1 und 2 DBG = § 46 BBG für den Probebeamten) in den Ruhestand versetzt wird. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Erfüllt der Beamte auf Lebenszeit im gegebenen Fall nicht die Voraussetzungen des § 106 Abs. 1 BBG, so ist dies weder für den Urteilsfähigen offensichtlich noch ein so schwerer Mangel in den Rechtswirksamkeitsvoraussetzungen einer Zurruhesetzung, daß diese beim Fehlen solcher Voraussetzungen nichtig sein könnte. Denn es gibt auch Beamte auf Lebenszeit, die vor Erreichen der Zehnjahresfrist in den Ruhestand versetzt werden können (vgl. § 106 Abs. 1 Nr. 2 BBG)."<ref>{{BVerwG VI C 59.63}} Abs. 40/41</ref>
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* {{BVerwG VI C 59, 64.63}} = [[BVerwGE 19, 284]]: "Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Verwaltungsakt nicht schon allein deshalb nichtig, weil er der gesetzlichen Grundlage entbehrt<ref>BVerwGE 1, 67 [69, 70], Beschluß vom 14. Juli 1956 - BVerwG I B 57.56 -; BGH, Urteile vom 12. Juli 1956 - III ZR 46/55 - [LM Nr. 1 zu DBG § 88] und vom 17. Oktober 1960 - III ZR 15/59 -</ref>. Nur ein besonders schwerer Form- oder Inhaltsfehler, der nach herrschender Auffassung für einen urteilsfähigen Bürger offensichtlich sein muß<ref>Urteil vom 8. November 1963 - BVerwG IV C 123.62 -</ref>, führt nach allgemeinen Grundsätzen zur Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes. Ein solch schwerer Fehler ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs z.B. angenommen worden, wenn ein Nichtbeamter in den Ruhestand versetzt wird<ref>BGHZ 2, 315 [BGH 21.06.1951 - III ZR 56/50] [317]</ref> oder wenn bei einer nur auf Antrag möglichen Zurruhesetzung der Antrag nicht gestellt war<ref>BGH III ZR 15/59 vom 17. Oktober 1960</ref>, nicht dagegen, wenn ein Beamter auf Widerruf trotz Fehlens der gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen (§ 76 Abs. 1 und 2 DBG = § 46 BBG für den Probebeamten) in den Ruhestand versetzt wird. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Erfüllt der Beamte auf Lebenszeit im gegebenen Fall nicht die Voraussetzungen des § 106 Abs. 1 BBG, so ist dies weder für den Urteilsfähigen offensichtlich noch ein so schwerer Mangel in den Rechtswirksamkeitsvoraussetzungen einer Zurruhesetzung, daß diese beim Fehlen solcher Voraussetzungen nichtig sein könnte. Denn es gibt auch Beamte auf Lebenszeit, die vor Erreichen der Zehnjahresfrist in den Ruhestand versetzt werden können (vgl. § 106 Abs. 1 Nr. 2 BBG). ... "<ref>{{BVerwG VI C 59.63}} Abs. 40/41</ref>
  
 
==Fußnoten==
 
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Version vom 30. September 2015, 09:00 Uhr

Ein nichtiger Verwaltungsakt ist nach BayVwVfG Art. 43 Abs. 3 unwirksam.

Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (BayVwVfG Art. 44 Abs. 1).

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1. der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen läßt,

2. der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt,

3. den eine Behörde in bezug auf unbewegliches Vermögen außerhalb ihres Bezirks oder in bezug auf ein Recht oder Rechtsverhältnis, das an einen Ort außerhalb ihres Bezirks gebunden ist, erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein,

4. den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann,

5. der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,

6. der gegen die guten Sitten verstößt. (BayVwVfG Art. 44 Abs. 2)

Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1. Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt,

2. eine nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,

3. ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuß den für den Erlaß des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluß nicht gefaßt hat oder nicht beschlußfähig war,

4. die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist. (BayVwVfG Art. 44 Abs. 3)

Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, daß die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. (BayVwVfG Art. 44 Abs. 4)

Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat. (BayVwVfG Art. 44 Abs. 5)

Kommentierung

"Besonders schwerwiegend im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG sind nur solche Rechtsfehler, die deshalb mit der Rechtsordnung unter keinen Umständen vereinbar sein können, weil sie tragenden Verfassungsprinzipien oder den der Rechtsordnung immanenten Wertvorstellungen widersprechen."<ref>BVerwG, Urteil vom 22.02.1985 - 8 C 107.83 amtl. Leitsatz</ref>

"Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits vor Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes entschieden, ein Verwaltungsakt leide nur dann an einem besonders schweren Fehler, wenn er "mit der Rechtsordnung unter keinen Umständen vereinbar" sei<ref>Urteile vom 11. Februar 1966 - BVerwG VII CB 149.64 - BVerwGE 23, 237 <238>[BVerwG 11.02.1966 - VII CB 149/64] und vom 16. Juli 1970 - BVerwG VIII C 23.68 - Buchholz 448.0 § 21 WPflG Nr. 8 S. 6 <7></ref>. Hingegen lasse "die Verletzung <selbst> einer wichtigen Rechtsbestimmung allein ... den Fehler noch nicht als schwerwiegend erscheinen"<ref>BVerwG, Urteil vom 26.08.1977 - VII C 71.74 - Buchholz 451.90 EWG-Recht Nr. 20 S. 24 <26>)</ref>. Hinsichtlich der Anforderungen an das Merkmal "besonders schwer(wiegend)" ist durch das Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes keine Änderung eingetreten<ref>vgl. Amtliche Begründung des Entwurfs des Verwaltungsverfahrensgesetzes, BT-Drucks. 7/910, S. 63</ref>. Nach wie vor ist daher "besonders schwerwiegend" nur ein Fehler, der den davon betroffenen Verwaltungsakt als schlechterdings unerträglich erscheinen, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar sein läßt."<ref>BVerwG, Urteil vom 22.02.1985 - 8 C 107.83</ref>

"Nichtigkeit liegt nur bei einem besonders schweren formellen oder materiellen Fehler vor, der nach herrschender Ansicht für einen urteilsfähigen Bürger offensichtlich sein muß<ref>so BVerwGE 19, 284, 287; Wolff-Bachof, VerwR I, 9. Aufl. [1974], § 51 I c; Redeker-v. Oertzen, VwGO, 5. Aufl. [1975], § 42 Rdnr. 110).</ref><ref>BVerwG, Urteil vom 26.08.1977 - VII C 71.74</ref>"

Verstoß gegen die ständige Rechtsprechung eines höchsten Gerichts

"Ob ein Verstoß gegen die ständige Rechtsprechung eines höchsten Gerichts ausreicht, um einen Fehler als besonders schwer anzusehen,"<ref>BVerwG, Urteil vom 26.08.1977 - VII C 71.74</ref> wurde vom Bundesverwaltungsgericht in BVerwG, Urteil vom 26.08.1977 - VII C 71.74 offengelassen.

Verhalten der Behörde

Mit § 44 Abs. 1 VwVfG nicht vereinbar ist die Ansicht, "der Begriff "besonders schwerwiegend" beziehe sich in dieser Vorschrift auf das Fehlverhalten der Behörde, ja geradezu darauf, in welchem Maße dieses Fehlverhalten ihr vorzuwerfen, also gleichsam grob schuldhaft sei. Dass dieser Ansatz nicht zutrifft, macht bereits der Wortlaut des § 44 Abs. 1 VwVfG deutlich. Denn danach ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet. Der Fehler, von dem in dieser Vorschrift die Rede ist, bezieht sich also auf den Verwaltungsakt, nicht aber auf das Verhalten der Behörde. Dies wird bestätigt namentlich durch § 48 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG, der selbst durch (arglistige Täuschung, Drohung oder) Bestechung erwirkte Verwaltungsakte für nicht nichtig, sondern nur rücknehmbar erklärt. Überdies ist der Katalog der in § 44 Abs. 2 VwVfG aufgezählten Nichtigkeitsgründe als Auslegungshilfe für die Generalklausel des Absatzes 1 heranzuziehen (vgl. Amtliche Begründung des Entwurfs des Verwaltungsverfahrensgesetzes, BT-Drucks. 7/910, S. 64); dieser Katalog enthält keinen Tatbestand, der den Schluss erlaubte, daß das Verhalten der Behörde und der Grad ihres Verschuldens für die Beurteilung des Merkmals "besonders schwerwiegender Fehler" ausschlaggebend von Belang sein solle."<ref>BVerwG, Urteil vom 22.02.1985 - 8 C 107.83</ref>

Prozesstaktik

Bei Verdacht auf Nichtigkeit sollte dennoch zunächst eine Anfechtungsklage erhoben werden und diese bei günstigem Prozessverlauf in eine Feststellungsklage geändert werden.<ref>Quelle: http://www.rechtslexikon-online.de/Nichtigkeit_eines_Verwaltungsaktes.html - abgerufen am 30.10.2014 um 00:27 Uhr</ref>.

Normen

Rechtsprechung

  • BVerwG, Urteil vom 22.02.1985 - 8 C 107.83 = BayVBl 1985, 410 - Erschließungsbeitragsbescheid an Nichteigentümer
  • BVerwG, Urteil vom 26.08.1977 - VII C 71.74 - Eine gegen Gemeinschaftsrecht verstoßende Verfügung einer nationalen Behörde ist in der Regel nicht nichtig, sondern nur anfechtbar: "Nichtigkeit liegt nur bei einem besonders schweren formellen oder materiellen Fehler vor, der nach herrschender Ansicht für einen urteilsfähigen Bürger offensichtlich sein muß<ref>so BVerwGE 19, 284, 287; Wolff-Bachof, VerwR I, 9. Aufl. [1974], § 51 I c; Redeker-v. Oertzen, VwGO, 5. Aufl. [1975], § 42 Rdnr. 110</ref>. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es handelt sich, falls die Gebührenbescheide rechtswidrig waren, nicht um einen besonders schweren Fehler. Die Verletzung einer wichtigen Rechtsbestimmung allein läßt den Fehler noch nicht als schwerwiegend erscheinen. Ob ein Verstoß gegen die ständige Rechtsprechung eines höchsten Gerichts ausreicht, um einen Fehler als besonders schwer anzusehen, kann hier dahingestellt bleiben; denn der EuGH hatte im Zeitpunkt des Erlasses der Gebührenbescheide Ende 1968 noch nicht darüber entschieden, ob Gebühren für die Untersuchung von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen bei der Einfuhr aus anderen Mitgliedstaaten zulässig erhoben werden, durften. Im übrigen war der Fehler für den Bürger auch noch nicht offensichtlich. Ende 1968 wurde die Erhebung dieser Gebühren auch von erfahrenen Importeuren wie den Kl. in der Regel nicht beanstandet. | Die Bekl. ist auch nicht verpflichtet gewesen, trotz Versäumung der Widerspruchsfrist durch die Kl. in eine sachliche Prüfung einzutreten. Es ist feststehende Rechtsprechung, daß die Verwaltungsbehörden grundsätzlich nicht verpflichtet sind, ein durch unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakt abgeschlossenes Verfahren deshalb wieder aufzugreifen, weil sich der unanfechtbar gewordene Verwaltungsakt nachträglich auf Grund höchstrichterlicher Rechtsprechung als rechtswidrig erweist<ref>so BVerwG, DVBl 1967, 159 = MDR 1966, 953 = VerwRspr 18, 521 = Buchholz 310 § 42 VwGO Vorb. III Nr. 5, Nr. 48; BVerwGE 28, 122, 127 = NJW 1968, 315; BVerwGE 44, 333, 336; weiter OVG Lüneburg, OVGE 28, 465; vgl. auch BVerwGE 27, 141, 145 = NJW 1967, 1976</ref>. Es ist nicht einzusehen, warum etwas anderes gelten sollte, wenn die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts auf Grund einer Auslegung europäischen Rechts durch den EuGH feststeht; dies entspricht auch der Auffassung des EuGH: In seinem Urteil vom 16. 12. 1976 hat er betont, die Festsetzung von angemessenen Ausschlußfristen für die Rechtsverfolgung im abgabenrechtlichen Bereich sei ein Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit <ref>NJW 1977, 495</ref>. Wer das Risiko eines Prozesses scheut oder einen Verwaltungsakt annimmt, kann nicht verlangen, dem gleichgestellt zu werden, der fristgemäß von seinen prozessualen Rechten Gebrauch gemacht hat. Die Bekl. ist auch aus ermessensgerechten Erwägungen nicht erneut in eine Sachbehandlung eingetreten; dies hat das BerGer. zutreffend dargelegt."<ref>BVerwG, Urteil vom 26.08.1977 - VII C 71.74</ref>
  • BVerwG, Urteil vom 07.10.1964 - VI C 59, 64.63 = BVerwGE 19, 284: "Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Verwaltungsakt nicht schon allein deshalb nichtig, weil er der gesetzlichen Grundlage entbehrt<ref>BVerwGE 1, 67 [69, 70], Beschluß vom 14. Juli 1956 - BVerwG I B 57.56 -; BGH, Urteile vom 12. Juli 1956 - III ZR 46/55 - [LM Nr. 1 zu DBG § 88] und vom 17. Oktober 1960 - III ZR 15/59 -</ref>. Nur ein besonders schwerer Form- oder Inhaltsfehler, der nach herrschender Auffassung für einen urteilsfähigen Bürger offensichtlich sein muß<ref>Urteil vom 8. November 1963 - BVerwG IV C 123.62 -</ref>, führt nach allgemeinen Grundsätzen zur Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes. Ein solch schwerer Fehler ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs z.B. angenommen worden, wenn ein Nichtbeamter in den Ruhestand versetzt wird<ref>BGHZ 2, 315 [BGH 21.06.1951 - III ZR 56/50] [317]</ref> oder wenn bei einer nur auf Antrag möglichen Zurruhesetzung der Antrag nicht gestellt war<ref>BGH III ZR 15/59 vom 17. Oktober 1960</ref>, nicht dagegen, wenn ein Beamter auf Widerruf trotz Fehlens der gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen (§ 76 Abs. 1 und 2 DBG = § 46 BBG für den Probebeamten) in den Ruhestand versetzt wird. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Erfüllt der Beamte auf Lebenszeit im gegebenen Fall nicht die Voraussetzungen des § 106 Abs. 1 BBG, so ist dies weder für den Urteilsfähigen offensichtlich noch ein so schwerer Mangel in den Rechtswirksamkeitsvoraussetzungen einer Zurruhesetzung, daß diese beim Fehlen solcher Voraussetzungen nichtig sein könnte. Denn es gibt auch Beamte auf Lebenszeit, die vor Erreichen der Zehnjahresfrist in den Ruhestand versetzt werden können (vgl. § 106 Abs. 1 Nr. 2 BBG). ... "<ref>Vorlage:BVerwG VI C 59.63 Abs. 40/41</ref>

Fußnoten

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