Amtspflichtverletzung: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | Grundsätzlich muss sich jeder Amtsträger die zur Führung seines Amtes notwendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse verschaffen."<ref>{{BGH III ZR 315/09}} Abs. 7;(st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, NZV 1992, 298 = LM Art. 34 GrundG Nr. 169 = BGHRBGBB § 839 I 1 Verschulden 18)</ref>. "Bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung hat er die Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach aufgrund vernünftiger Überlegung sich eine Rechtsmeinung zu bilden. Nicht jeder objektive Rechtsirrtum begründet einen Schuldvorwurf. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen die objektiv unrichtige Rechtsanwendung eine Vorschrift betrifft, deren Inhalt - bezogen auf den zur Entscheidung stehenden Einzelfall - zweifelhaft sein kann und noch nicht durch eine höchstrichterliche Rechtsprechung klargestellt ist<ref>(vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 - III ZR 263/04 - NJW 2005, 748, 749 m.w.N.)</ref>. "<ref>{{BGH III ZR 315/09}} Abs. 7</ref> | ||
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+ | "In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß sich die allen Behörden obliegende allgemeine [[Pflicht zur gesetzmäßigen Verwaltung]] auch in der Pflicht jedes Amtsträgers konkretisiert, die Grenzen seiner Zuständigkeit einzuhalten<ref>(vgl. BGB-RGRK/Kreft 12. Aufl. § 839 Rdn. 153, 157 u. insbes. 169 m.w.N.)</ref>. Darin liegt nicht "nur" ein formales Element .... Die bestehenden Zuständigkeitsregelungen sind vielmehr gerade auch deshalb geschaffen worden, damit der jeweilige Entscheidungsträger die erforderliche Fachkompetenz aufweist. Sinn der Zuständigkeitsbestimmungen ist auch die Gewährleistung einer sachlich richtigen Entscheidung, was regelmäßig auch dem Schutz der Betroffenen dient. Der Beamte, der seine amtlichen Befugnisse überschreitet und Amtshandlungen vornimmt für die er nicht zuständig ist, verletzt eine ihm gegenüber jedem dadurch geschädigten Dritten obliegende [[Amtspflicht]], wenn eine innere Beziehung zwischen der unter Zuständigkeitsüberschreitung vorgenommenen schädigenden Amtshandlung und den durch die zuständige Stelle zu schützenden Belangen des Dritten besteht, d.h. dessen Interessen dadurch konkret berührt werden<ref>(vgl. Senatsurteil vom 30. April 1959 - III ZR 4/58 = BGHWarn 1959/60 Nr. 98 = NJW 1959, 1316 f.; Senatsurteil BGHZ 65, 182, 187 f.; Kreft a.a.O. Rdn. 251)</ref>."<ref>{{BGH III ZR 188/90}} Abs. 20</ref> | ||
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+ | "[[Verwaltungsrichtlinien]] ... richten sich zwar unmittelbar an die Verwaltung. Bezüglich ihrer [[Drittbezogenheit]] sind sie aber wie Gesetze und Verordnungen zu behandeln."<ref>{{OLG Karlsruhe 14 U 142/05}} Amtlicher Leitsatz 1</ref><noinclude> | ||
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* {{BGH III ZR 188/90}}: "1. Nimmt ein Beamter in Überschreitung seiner Zuständigkeit eine Amtshandlung vor, durch die ein Dritter geschädigt wird (hier: Absperrung eines Entwässerungsgrabens mit der Folge der Überschwemmung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke zur Abwehr einer Wassergefahr für ein Wohngebiet), so kann dies eine Schadensersatzpflicht aus dem Gesichtspunkt der [[Amtspflichtverletzung]] (§ 839 BGB i. V. mit Art. 34 GG) begründen. 2. § 904 BGB ist nicht anwendbar, wenn die Einwirkung auf das Eigentum in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit erfolgt. 3. Zur Frage der Entschädigungspflicht aus dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen oder enteignenden Eingriffs, wenn ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück, das infolge seiner Lage an einem Gewässer künstlich entwässert wird, zum Schutz der Allgemeinheit vor Hochwasser durch Absperrung eines Zuflußgrabens zu einem Schöpfwerk nicht nur vorübergehend überschwemmt wird."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref> | * {{BGH III ZR 188/90}}: "1. Nimmt ein Beamter in Überschreitung seiner Zuständigkeit eine Amtshandlung vor, durch die ein Dritter geschädigt wird (hier: Absperrung eines Entwässerungsgrabens mit der Folge der Überschwemmung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke zur Abwehr einer Wassergefahr für ein Wohngebiet), so kann dies eine Schadensersatzpflicht aus dem Gesichtspunkt der [[Amtspflichtverletzung]] (§ 839 BGB i. V. mit Art. 34 GG) begründen. 2. § 904 BGB ist nicht anwendbar, wenn die Einwirkung auf das Eigentum in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit erfolgt. 3. Zur Frage der Entschädigungspflicht aus dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen oder enteignenden Eingriffs, wenn ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück, das infolge seiner Lage an einem Gewässer künstlich entwässert wird, zum Schutz der Allgemeinheit vor Hochwasser durch Absperrung eines Zuflußgrabens zu einem Schöpfwerk nicht nur vorübergehend überschwemmt wird."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref> | ||
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==Siehe auch== | ==Siehe auch== | ||
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− | * [[Gesetzmäßigkeit]] | + | * [[Gesetzmäßigkeit der Verwaltung]] |
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Aktuelle Version vom 10. Februar 2021, 13:18 Uhr
"Der Amtsträger hat die Pflicht zu gesetzmäßigem Verhalten, d.h. er hat die ihm übertragenen Aufgaben und Befugnisse im Einklang mit dem objektiven Recht wahrzunehmen."<ref>BGH, Urteil vom 20.02.1992 - III ZR 188/90 Abs. 20; OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.07.2010 - 12 U 245/09 Abs. 34</ref>
Grundsätzlich muss sich jeder Amtsträger die zur Führung seines Amtes notwendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse verschaffen."<ref>BGH, Urteil vom 24.06.2010 - III ZR 315/09 Abs. 7;(st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, NZV 1992, 298 = LM Art. 34 GrundG Nr. 169 = BGHRBGBB § 839 I 1 Verschulden 18)</ref>. "Bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung hat er die Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach aufgrund vernünftiger Überlegung sich eine Rechtsmeinung zu bilden. Nicht jeder objektive Rechtsirrtum begründet einen Schuldvorwurf. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen die objektiv unrichtige Rechtsanwendung eine Vorschrift betrifft, deren Inhalt - bezogen auf den zur Entscheidung stehenden Einzelfall - zweifelhaft sein kann und noch nicht durch eine höchstrichterliche Rechtsprechung klargestellt ist<ref>(vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 - III ZR 263/04 - NJW 2005, 748, 749 m.w.N.)</ref>. "<ref>BGH, Urteil vom 24.06.2010 - III ZR 315/09 Abs. 7</ref>
"In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß sich die allen Behörden obliegende allgemeine Pflicht zur gesetzmäßigen Verwaltung auch in der Pflicht jedes Amtsträgers konkretisiert, die Grenzen seiner Zuständigkeit einzuhalten<ref>(vgl. BGB-RGRK/Kreft 12. Aufl. § 839 Rdn. 153, 157 u. insbes. 169 m.w.N.)</ref>. Darin liegt nicht "nur" ein formales Element .... Die bestehenden Zuständigkeitsregelungen sind vielmehr gerade auch deshalb geschaffen worden, damit der jeweilige Entscheidungsträger die erforderliche Fachkompetenz aufweist. Sinn der Zuständigkeitsbestimmungen ist auch die Gewährleistung einer sachlich richtigen Entscheidung, was regelmäßig auch dem Schutz der Betroffenen dient. Der Beamte, der seine amtlichen Befugnisse überschreitet und Amtshandlungen vornimmt für die er nicht zuständig ist, verletzt eine ihm gegenüber jedem dadurch geschädigten Dritten obliegende Amtspflicht, wenn eine innere Beziehung zwischen der unter Zuständigkeitsüberschreitung vorgenommenen schädigenden Amtshandlung und den durch die zuständige Stelle zu schützenden Belangen des Dritten besteht, d.h. dessen Interessen dadurch konkret berührt werden<ref>(vgl. Senatsurteil vom 30. April 1959 - III ZR 4/58 = BGHWarn 1959/60 Nr. 98 = NJW 1959, 1316 f.; Senatsurteil BGHZ 65, 182, 187 f.; Kreft a.a.O. Rdn. 251)</ref>."<ref>BGH, Urteil vom 20.02.1992 - III ZR 188/90 Abs. 20</ref>
"Verwaltungsrichtlinien ... richten sich zwar unmittelbar an die Verwaltung. Bezüglich ihrer Drittbezogenheit sind sie aber wie Gesetze und Verordnungen zu behandeln."<ref>OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.04.2006 - 14 U 142/05 Amtlicher Leitsatz 1</ref>
Amtspflicht zur Erforschung des Sachverhalts
"Jeder Amtsträger hat die Pflicht, vor einer hoheitlichen Maßnahme, die geeignet ist, einen anderen in seinen Rechten zu beeinträchtigen, den Sachverhalt im Rahmen des Zumutbaren so umfassend zu erforschen, daß die Beurteilungs- und Entscheidungsgrundlage nicht in wesentlichen Punkten zum Nachteil des Betroffenen unvollständig bleibt. Der durch die Verletzung dieser Pflicht Geschädigte ist jedenfalls dann "Dritter" i. S. des § 839 I BGB, wenn die hoheitliche Maßnahme darauf abzielt, den Adressaten zu einem Eingriff in seine Rechtsstellung zu veranlassen."<ref>Amtlicher Leitsätze 1 und 2</ref>
Amtspflicht von Beamten bei der Erteilung von Auskünften
Zur Amtspflicht von Beamten bei der Erteilung von Auskünften hat der BGH in ständiger Rechtsprechung folgende Grundsätze aufgestellt: "Der Beamte muß die Auskunft, die er erteilt, richtig, klar, unmißverständlich und vollständig geben, so daß der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann<ref>(LM BGB§ 839 Ca Nr. 20; § 839 Fc Nr. 19; jeweils m.w.Nachw.)</ref>."<ref>(vgl. Wenzel, a.a.O., RdNr. 82 m.w.N.)</ref>.<ref>BayVGH, Beschluss v. 13.08.2004- 7 CE 04.1601</ref> "Diese Amtspflicht besteht gegenüber jedem Dritten, in dessen Interesse oder auf dessen Antrag die Auskunft erteilt wird. Für die Frage, ob eine amtliche Auskunft richtig und sachgerecht ist, kommt es entscheidend darauf an, wie sie von dem Empfänger aufgefaßt wird und werden kann und welche Vorstellungen zu erwecken sie geeignet ist<ref>(LM BGB § 839 Fc Nr. 19)</ref>.
"Eine falsche Auskunft kann Amtshaftungsansprüche auslösen."<ref>Quelle: http://www.lexexakt.de/index.php/glossar?title=auskunftsanspruchverwaltungsrecht.php abgerufen am 18.09.2015 um 15:51 Uhr</ref>
Verkehrssicherungspflicht
Rechtsprechung
Bundesgerichtshof (BGH)
- BGH, Urteil vom 24.06.2010 - III ZR 315/09: "Zur Beachtlichkeit einer Verwaltungsvorschrift für einen Amtsträger, wenn diese wegen einer Befristung außer Kraft getreten ist und nicht durch eine andere ersetzt wurde."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
- BGH, Urteil vom 15.05.2003 - III ZR 42/02
- BGH, Urteil vom 20.02.1992 - III ZR 188/90: "1. Nimmt ein Beamter in Überschreitung seiner Zuständigkeit eine Amtshandlung vor, durch die ein Dritter geschädigt wird (hier: Absperrung eines Entwässerungsgrabens mit der Folge der Überschwemmung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke zur Abwehr einer Wassergefahr für ein Wohngebiet), so kann dies eine Schadensersatzpflicht aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB i. V. mit Art. 34 GG) begründen. 2. § 904 BGB ist nicht anwendbar, wenn die Einwirkung auf das Eigentum in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit erfolgt. 3. Zur Frage der Entschädigungspflicht aus dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen oder enteignenden Eingriffs, wenn ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück, das infolge seiner Lage an einem Gewässer künstlich entwässert wird, zum Schutz der Allgemeinheit vor Hochwasser durch Absperrung eines Zuflußgrabens zu einem Schöpfwerk nicht nur vorübergehend überschwemmt wird."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
Oberlandesgerichte
- OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.07.2010 - 12 U 245/09
- OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.04.2006 - 14 U 142/05
Publikationen
Siehe auch
Fußnoten
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