Haftung von Organmitgliedern und besonderen Vertretern: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Kommunalwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
 
(34 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
 +
Zwar haftet die juristische Person nach {{BGB 31}} für Schäden, die ihr [[verfassungsmäßig berufener Vertreter]] in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen einem Dritten zufügt. Dieser Grundsatz schließt indessen [[Gesamtschuldner|eine daneben bestehende gesamtschuldnerische Haftung]] des Vertreters nicht aus, "wenn er persönlich den Schaden durch eine [[unerlaubte Handlung]] herbeigeführt hat<ref>Senatsurteile BGHZ 109, 297, 302; vom 14. Mai 1974 - VI ZR 8/73 - NJW 1974, 1371, 1372; vom 29. September 1987 - VI ZR 300/86 - NJW 1988, 1782 und vom 11. Juli 1995 - VI ZR 409/94 - VersR 1995, 1205; vgl. auch BGHZ 56, 73, 77 sowie BGH, Urteil vom 25. Januar 1984 - VIII ZR 227/82 - NJW 1984, 2284, 2285</ref>."<ref>{{BGH VI ZR 90/95}}Abs. 9</ref>
 +
 +
Allein aus der Organstellung ergibt sich allerdings "keine [[Garantenstellung|Garantenpflicht]] gegenüber außenstehenden Dritten, eine Schädigung ihres Vermögens zu verhindern."<ref>{{BGH VI ZR 341/10}} Amtlicher Leitsatz</ref>
 +
 +
{{BGB 31a}} sieht im Innenverhältnis <ref>{{ISBN 9783406725005}} § 31a Rn. 4</ref> eine [[Haftungsbeschränkung]] bei ehrenamtlichem Engagement vor.<noinclude>
 +
 +
==[[Haftungsbeschränkung bei ehrenamtlichem Engagement]]==
 +
{{:Haftungsbeschränkung bei ehrenamtlichem Engagement}}
 +
 +
==Geschäftsführer einer GmbH==
 
"Zwar handelt der [[Geschäftsführer einer GmbH]] im Rahmen seines Aufgabenkreises als [[Verfassungsmäßig berufener Vertreter|organschaftlicher Vertreter der juristischen Person]], so daß diese nach {{BGB 31}} für Schäden haftet, die er in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen einem Dritten zufügt. Dieser Grundsatz schließt indessen [[Gesamtschuldner|eine daneben bestehende eigene Haftung]] des Geschäftsführers nicht aus, wenn er persönlich den Schaden durch eine [[unerlaubte Handlung]] herbeigeführt hat<ref>Senatsurteile BGHZ 109, 297, 302; vom 14. Mai 1974 - VI ZR 8/73 - NJW 1974, 1371, 1372; vom 29. September 1987 - VI ZR 300/86 - NJW 1988, 1782 und vom 11. Juli 1995 - VI ZR 409/94 - VersR 1995, 1205; vgl. auch BGHZ 56, 73, 77 sowie BGH, Urteil vom 25. Januar 1984 - VIII ZR 227/82 - NJW 1984, 2284, 2285</ref>."<ref>{{BGH VI ZR 90/95}}Abs. 9</ref>
 
"Zwar handelt der [[Geschäftsführer einer GmbH]] im Rahmen seines Aufgabenkreises als [[Verfassungsmäßig berufener Vertreter|organschaftlicher Vertreter der juristischen Person]], so daß diese nach {{BGB 31}} für Schäden haftet, die er in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen einem Dritten zufügt. Dieser Grundsatz schließt indessen [[Gesamtschuldner|eine daneben bestehende eigene Haftung]] des Geschäftsführers nicht aus, wenn er persönlich den Schaden durch eine [[unerlaubte Handlung]] herbeigeführt hat<ref>Senatsurteile BGHZ 109, 297, 302; vom 14. Mai 1974 - VI ZR 8/73 - NJW 1974, 1371, 1372; vom 29. September 1987 - VI ZR 300/86 - NJW 1988, 1782 und vom 11. Juli 1995 - VI ZR 409/94 - VersR 1995, 1205; vgl. auch BGHZ 56, 73, 77 sowie BGH, Urteil vom 25. Januar 1984 - VIII ZR 227/82 - NJW 1984, 2284, 2285</ref>."<ref>{{BGH VI ZR 90/95}}Abs. 9</ref>
  
Allein aus der Stellung als Geschäftsführer einer GmbH bzw. Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft ergibt sich allerdings "keine [[Garantenstellung|Garantenpflicht]] gegenüber außenstehenden Dritten, eine Schädigung ihres Vermögens zu verhindern. Die Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte der Gesellschaft aus § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, zu denen auch die Pflicht gehört, für die Rechtmäßigkeit des Handelns der Gesellschaft Sorge zu tragen, bestehen grundsätzlich nur dieser gegenüber und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche grundsätzlich nur der Gesellschaft entstehen."<ref>{{BGH VI ZR 341/10}} Amtlicher Leitsatz</ref><noinclude>
+
Allein aus der Stellung als Geschäftsführer einer GmbH bzw. Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft ergibt sich allerdings "keine [[Garantenstellung|Garantenpflicht]] gegenüber außenstehenden Dritten, eine Schädigung ihres Vermögens zu verhindern. Die Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte der Gesellschaft aus § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, zu denen auch die Pflicht gehört, für die Rechtmäßigkeit des Handelns der Gesellschaft Sorge zu tragen, bestehen grundsätzlich nur dieser gegenüber und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche grundsätzlich nur der Gesellschaft entstehen."<ref>{{BGH VI ZR 341/10}} Amtlicher Leitsatz</ref>
  
 
==[[Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen]]==
 
==[[Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen]]==
 
{{:Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen}}
 
{{:Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen}}
 +
 +
==Normen==
 +
==={{VereinsVorHaftgsBegrG}}===
 +
 +
==={{AO}}===
 +
* {{AO 34}} [[Pflichten der gesetzlichen Vertreter und der Vermögensverwalter]]
 +
 +
==={{BGB}}===
 +
* {{BGB 31a}} [[Haftung von Organmitgliedern und besonderen Vertretern]]
  
 
==Rechtsprechung==
 
==Rechtsprechung==
 +
==={{BGH}}===
 
* {{BGH I ZR 242/12}}: "a) Der Geschäftsführer haftet für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft nur dann persönlich, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen. b) Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb begründen keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber außenstehenden Dritten, Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zu verhindern. c) Der Geschäftsführer haftet allerdings persönlich aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat."<ref>Amtliche Leitsätze 1-3</ref>
 
* {{BGH I ZR 242/12}}: "a) Der Geschäftsführer haftet für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft nur dann persönlich, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen. b) Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb begründen keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber außenstehenden Dritten, Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zu verhindern. c) Der Geschäftsführer haftet allerdings persönlich aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat."<ref>Amtliche Leitsätze 1-3</ref>
 
* {{BGH VI ZR 341/10}}: "Allein aus der Stellung als Geschäftsführer einer GmbH bzw. Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft ergibt sich keine [[Garantenstellung|Garantenpflicht]] gegenüber außenstehenden Dritten, eine Schädigung ihres Vermögens zu verhindern. Die Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte der Gesellschaft aus § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, zu denen auch die Pflicht gehört, für die Rechtmäßigkeit des Handelns der Gesellschaft Sorge zu tragen, bestehen grundsätzlich nur dieser gegenüber und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche grundsätzlich nur der Gesellschaft entstehen."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
 
* {{BGH VI ZR 341/10}}: "Allein aus der Stellung als Geschäftsführer einer GmbH bzw. Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft ergibt sich keine [[Garantenstellung|Garantenpflicht]] gegenüber außenstehenden Dritten, eine Schädigung ihres Vermögens zu verhindern. Die Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte der Gesellschaft aus § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, zu denen auch die Pflicht gehört, für die Rechtmäßigkeit des Handelns der Gesellschaft Sorge zu tragen, bestehen grundsätzlich nur dieser gegenüber und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche grundsätzlich nur der Gesellschaft entstehen."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
Zeile 13: Zeile 33:
 
* {{BGH II ZR 179/89}}: "Zur Schadensersatzpflicht des Vereinsvorstandes für rechtswidrig schuldhafte Eingriffe in das [[Mitgliedschaftsrecht]] eines Vereinsmitgliedes."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
 
* {{BGH II ZR 179/89}}: "Zur Schadensersatzpflicht des Vereinsvorstandes für rechtswidrig schuldhafte Eingriffe in das [[Mitgliedschaftsrecht]] eines Vereinsmitgliedes."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
 
* {{BGH VI ZR 335/88}}: "1. Die von der GmbH zum Schutz absoluter Rechtsgüter zu beachtenden Pflichten können auch ihren Geschäftsführer in einer [[Garantenstellung]] aus den ihm übertragenen organisatorischen Aufgaben treffen und bei Verletzung dieser Pflichten seine deliktische Eigenhaftung auslösen (Ergänzung zu BGH vom 14.5.1974 - VI ZR 8/73 - NJW 74, 1371 (1372). 2. Zur Pflicht des Geschäftsführers einer GmbH, zur Vermeidung einer Kollision zwischen dem verlängerten Eigentumsvorbehalt ihrer Lieferanten mit einem Abtretungsverbot ihrer Auftraggeber entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
 
* {{BGH VI ZR 335/88}}: "1. Die von der GmbH zum Schutz absoluter Rechtsgüter zu beachtenden Pflichten können auch ihren Geschäftsführer in einer [[Garantenstellung]] aus den ihm übertragenen organisatorischen Aufgaben treffen und bei Verletzung dieser Pflichten seine deliktische Eigenhaftung auslösen (Ergänzung zu BGH vom 14.5.1974 - VI ZR 8/73 - NJW 74, 1371 (1372). 2. Zur Pflicht des Geschäftsführers einer GmbH, zur Vermeidung einer Kollision zwischen dem verlängerten Eigentumsvorbehalt ihrer Lieferanten mit einem Abtretungsverbot ihrer Auftraggeber entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
 +
 +
===Oberlandesgerichte===
 +
* {{OLG Nürnberg 12 W 1845/15}}: "1. Die durch das Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen vom 28.09.2009 und durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes vom 21.03.2013 neu geschaffenen Regelungen der § 31a, § 31b BGB stehen der Satzungsbestimmung eines Vereins nicht entgegen, mit der die Haftung eines ehrenamtlich tätigen Organmitglieds (§ 31a Abs. 1 Satz 1 BGB) bzw. Vereinsmitglieds (§ 31b Abs. 1 Satz 1 BGB) dem Verein gegenüber auf vorsätzliches Handeln beschränkt wird. 2. § 31a Abs. 1 Satz 1 und § 31b Abs. 1 Satz 1 BGB gewährleisten einen Mindestschutz des Organmitglieds bzw. besonderen Vertreters (§ 31a BGB) sowie des einfachen Vereinsmitglieds (§ 31b BGB) bei dessen Haftung dem Verein gegenüber. Sie sind nur im Rahmen dieses Schutzzwecks gemäß § 40 BGB zwingend, so dass durch eine Satzungsbestimmung hiervon nicht zum Nachteil des geschützten Personenkreises abgewichen werden kann. § 40 BGB schließt eine weitergehende satzungsmäßige Haftungsbeschränkung (auch für grob fahrlässiges Verhalten) dem Verein gegenüber zum Vorteil des geschützten Personenkreises nicht aus."<ref>Amtliche Leitsätze</ref>
  
 
==Publikationen==
 
==Publikationen==
 +
===Fachbücher===
 
* [https://www.wmrecht.de/wub-online/dokument/wm/200615141 '''Hellgardt''', Die deliktische Außenhaftung von Gesellschaftsorganen für unternehmensbezogene Pflichtverletzungen – Überlegungen vor dem Hintergrund des Kirch/Breuer-Urteils des BGH -], [[WM 2006, 1514]]
 
* [https://www.wmrecht.de/wub-online/dokument/wm/200615141 '''Hellgardt''', Die deliktische Außenhaftung von Gesellschaftsorganen für unternehmensbezogene Pflichtverletzungen – Überlegungen vor dem Hintergrund des Kirch/Breuer-Urteils des BGH -], [[WM 2006, 1514]]
 +
* {{ISBN 9783845296203}}
 +
 +
===Fachaufsätze===
 +
* [https://buse.de/wp-content/uploads/2019/03/Haftung-und-Compliance-in-Vereinen-und-Stiftungen-Tobias-Grambow-Compliance-Berater-03-2017.pdf Tobias '''Grambow''', RA/ FAArbR, Haftung und Compliance in Vereinen und Stiftungen, Compliance-Berater 2017, 45]
 +
* Professor Dr. Peter W. '''Heermann''', Haftung des Vereinsvorstands bei Ressortaufteilung sowie für unternehmerische Entscheidungen, NJW 2016, 1687
 +
* Lars '''Leuschner''', Das Haftungsprivileg der §§ 31a, 31b BGB, NZG 2014, 281 - 287
 +
* [https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath=bibdata%2Fzeits%2Fnjw%2F2011%2Fcont%2Fnjw.2011.2689.1.htm&anchor=Y-300-Z-NJW-B-2011-S-2689-N-1 Professor Dr. Harald '''Ehlers''', Die persönliche Haftung von ehrenamtlichen Vereinsvorständen], [[NJW 2011, 2689]]
 +
* [https://www.wmrecht.de/wub-online/dokument/wm/201122111?paypal=1cbgaU33Fkgo4nAA7Q74GYQujxAi0MlNbC6IEt7D Bernd '''Piper''', Die Haftung von ehrenamtlich tätigen Organen und 31a BGB - Anwendungsbereich und Regelungsgehalt der Vorschrift -], [[WM 2011, 2211]]-2016
 +
* [https://www.sozialrecht-aktuell.nomos.de/fileadmin/sozialrecht/doc/Aufsatz_SRa_10_05.pdf Heinrich '''Griep''', Haftung ehrenamtlicher Vereins- und Stiftungsvorstände–, SOZIALRECHT aktuell 2010, 161] Auswirkungen des Gesetzes zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlichtätigen Vereinsvorständen  vom  28.9.2009  auf  gemeinnützige  Wohlfahrtspflegeorganisationen –
 +
* [https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath=bibdata%2Fzeits%2Fnjw%2F2009%2Fcont%2Fnjw.2009.3269.1.htm&pos=13 Dr. Ulrike '''Unger''', Neue Haftungsbegrenzungen für ehrenamtlich tätige Vereins- und Stiftungsvorstände], [[NJW 2009, 3269]]
  
 
==Siehe auch==
 
==Siehe auch==
Zeile 21: Zeile 55:
 
* [[Verfassungsmäßig berufener Vertreter]]
 
* [[Verfassungsmäßig berufener Vertreter]]
 
* [[Gesamtschuldner]]
 
* [[Gesamtschuldner]]
 +
* [[Haftung von Vereinsmitgliedern]]
  
 
==Fußnoten==
 
==Fußnoten==
 
<references/>
 
<references/>
  
[[Kategorie:Vereinrecht]]
+
[[Kategorie:Vereinsrecht]]
 
[[Kategorie:Deliktsrecht]]<noinclude>
 
[[Kategorie:Deliktsrecht]]<noinclude>

Aktuelle Version vom 28. Mai 2020, 10:27 Uhr

Zwar haftet die juristische Person nach BGB § 31 für Schäden, die ihr verfassungsmäßig berufener Vertreter in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen einem Dritten zufügt. Dieser Grundsatz schließt indessen eine daneben bestehende gesamtschuldnerische Haftung des Vertreters nicht aus, "wenn er persönlich den Schaden durch eine unerlaubte Handlung herbeigeführt hat<ref>Senatsurteile BGHZ 109, 297, 302; vom 14. Mai 1974 - VI ZR 8/73 - NJW 1974, 1371, 1372; vom 29. September 1987 - VI ZR 300/86 - NJW 1988, 1782 und vom 11. Juli 1995 - VI ZR 409/94 - VersR 1995, 1205; vgl. auch BGHZ 56, 73, 77 sowie BGH, Urteil vom 25. Januar 1984 - VIII ZR 227/82 - NJW 1984, 2284, 2285</ref>."<ref>BGH, Urteil vom 12.03.1996 - VI ZR 90/95 = NJW 1996, 1535Abs. 9</ref>

Allein aus der Organstellung ergibt sich allerdings "keine Garantenpflicht gegenüber außenstehenden Dritten, eine Schädigung ihres Vermögens zu verhindern."<ref>BGH, Urteil vom 10.07.2012 - VI ZR 341/10 = BGHZ 194, 26 Amtlicher Leitsatz</ref>

BGB § 31a sieht im Innenverhältnis <ref>Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 31a Rn. 4</ref> eine Haftungsbeschränkung bei ehrenamtlichem Engagement vor.

Haftungsbeschränkung bei ehrenamtlichem Engagement

Sind Organmitglieder oder besondere Vertreter unentgeltlich tätig oder erhalten sie für ihre Tätigkeit eine Vergütung, die 720 Euro jährlich<ref>vgl. auch EStG § 3 Nr.26a</ref> nicht übersteigt, haften sie dem Verein nach BGB § 31a Abs. 1 Satz 1 für einen bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten verursachten Schaden nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Satz 1 gilt auch für die Haftung gegenüber den Mitgliedern des Vereins<ref>Satz 2 ist dispositiv, BGB § 40</ref>. Ist streitig, ob ein Organmitglied oder ein besonderer Vertreter einen Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat, trägt der Verein oder das Vereinsmitglied die Beweislast (BGB § 31a Abs. 1 Satz 3). Sind Organmitglieder oder besondere Vertreter nach BGB § 31a Absatz 1 Satz 1 einem anderen zum Ersatz eines Schadens verpflichtet, den sie bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten verursacht haben, so können sie von dem Verein die Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. BGB § 31a Abs. 2 Satz 1 gilt nicht, wenn der Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde (BGB § 31a Abs. 2 Satz 2).

Geschäftsführer einer GmbH

"Zwar handelt der Geschäftsführer einer GmbH im Rahmen seines Aufgabenkreises als organschaftlicher Vertreter der juristischen Person, so daß diese nach BGB § 31 für Schäden haftet, die er in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen einem Dritten zufügt. Dieser Grundsatz schließt indessen eine daneben bestehende eigene Haftung des Geschäftsführers nicht aus, wenn er persönlich den Schaden durch eine unerlaubte Handlung herbeigeführt hat<ref>Senatsurteile BGHZ 109, 297, 302; vom 14. Mai 1974 - VI ZR 8/73 - NJW 1974, 1371, 1372; vom 29. September 1987 - VI ZR 300/86 - NJW 1988, 1782 und vom 11. Juli 1995 - VI ZR 409/94 - VersR 1995, 1205; vgl. auch BGHZ 56, 73, 77 sowie BGH, Urteil vom 25. Januar 1984 - VIII ZR 227/82 - NJW 1984, 2284, 2285</ref>."<ref>BGH, Urteil vom 12.03.1996 - VI ZR 90/95 = NJW 1996, 1535Abs. 9</ref>

Allein aus der Stellung als Geschäftsführer einer GmbH bzw. Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft ergibt sich allerdings "keine Garantenpflicht gegenüber außenstehenden Dritten, eine Schädigung ihres Vermögens zu verhindern. Die Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte der Gesellschaft aus § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, zu denen auch die Pflicht gehört, für die Rechtmäßigkeit des Handelns der Gesellschaft Sorge zu tragen, bestehen grundsätzlich nur dieser gegenüber und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche grundsätzlich nur der Gesellschaft entstehen."<ref>BGH, Urteil vom 10.07.2012 - VI ZR 341/10 = BGHZ 194, 26 Amtlicher Leitsatz</ref>

Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen

Normen

Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen vom 28.09.2009

Abgabenordnung (AO)

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Rechtsprechung

Bundesgerichtshof (BGH)

  • BGH, Urteil vom 18. 6. 2014 – I ZR 242/12 = BGHZ 201, 344: "a) Der Geschäftsführer haftet für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft nur dann persönlich, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen. b) Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb begründen keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber außenstehenden Dritten, Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zu verhindern. c) Der Geschäftsführer haftet allerdings persönlich aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat."<ref>Amtliche Leitsätze 1-3</ref>
  • BGH, Urteil vom 10.07.2012 - VI ZR 341/10 = BGHZ 194, 26: "Allein aus der Stellung als Geschäftsführer einer GmbH bzw. Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft ergibt sich keine Garantenpflicht gegenüber außenstehenden Dritten, eine Schädigung ihres Vermögens zu verhindern. Die Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte der Gesellschaft aus § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, zu denen auch die Pflicht gehört, für die Rechtmäßigkeit des Handelns der Gesellschaft Sorge zu tragen, bestehen grundsätzlich nur dieser gegenüber und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche grundsätzlich nur der Gesellschaft entstehen."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BGH, Urteil vom 24.01.2006 - XI ZR 384/03 = BGHZ 166, 84; NJW 2006, 830
  • BGH, Urteil vom 12.03.1996 - VI ZR 90/95 = NJW 1996, 1535
  • BGH, Urteil vom 12.03.1990 - II ZR 179/89 = NJW 1990, 2877, BGHZ 110, 323: "Zur Schadensersatzpflicht des Vereinsvorstandes für rechtswidrig schuldhafte Eingriffe in das Mitgliedschaftsrecht eines Vereinsmitgliedes."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BGH, Urteil vom 05.12.1989 - VI ZR 335/88 = BGHZ 109, 297: "1. Die von der GmbH zum Schutz absoluter Rechtsgüter zu beachtenden Pflichten können auch ihren Geschäftsführer in einer Garantenstellung aus den ihm übertragenen organisatorischen Aufgaben treffen und bei Verletzung dieser Pflichten seine deliktische Eigenhaftung auslösen (Ergänzung zu BGH vom 14.5.1974 - VI ZR 8/73 - NJW 74, 1371 (1372). 2. Zur Pflicht des Geschäftsführers einer GmbH, zur Vermeidung einer Kollision zwischen dem verlängerten Eigentumsvorbehalt ihrer Lieferanten mit einem Abtretungsverbot ihrer Auftraggeber entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>

Oberlandesgerichte

  • OLG Nürnberg, Beschluss vom 13.11.2015 - 12 W 1845/15 = NJW-RR 2016, 153: "1. Die durch das Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen vom 28.09.2009 und durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes vom 21.03.2013 neu geschaffenen Regelungen der § 31a, § 31b BGB stehen der Satzungsbestimmung eines Vereins nicht entgegen, mit der die Haftung eines ehrenamtlich tätigen Organmitglieds (§ 31a Abs. 1 Satz 1 BGB) bzw. Vereinsmitglieds (§ 31b Abs. 1 Satz 1 BGB) dem Verein gegenüber auf vorsätzliches Handeln beschränkt wird. 2. § 31a Abs. 1 Satz 1 und § 31b Abs. 1 Satz 1 BGB gewährleisten einen Mindestschutz des Organmitglieds bzw. besonderen Vertreters (§ 31a BGB) sowie des einfachen Vereinsmitglieds (§ 31b BGB) bei dessen Haftung dem Verein gegenüber. Sie sind nur im Rahmen dieses Schutzzwecks gemäß § 40 BGB zwingend, so dass durch eine Satzungsbestimmung hiervon nicht zum Nachteil des geschützten Personenkreises abgewichen werden kann. § 40 BGB schließt eine weitergehende satzungsmäßige Haftungsbeschränkung (auch für grob fahrlässiges Verhalten) dem Verein gegenüber zum Vorteil des geschützten Personenkreises nicht aus."<ref>Amtliche Leitsätze</ref>

Publikationen

Fachbücher

Fachaufsätze

Siehe auch

Fußnoten

<references/>