Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb: Unterschied zwischen den Versionen
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Unter einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S. von {{BGB 21}} ist das planmäßige und auf Dauer angelegte Auftreten des Vereins in unternehmerischer Funktion durch Einschaltung in wirtschaftliche Umsatzprozesse mit einer regelmäßig entgeltlichen Tätigkeit zu verstehen<ref>BayObLGZ 1974, 242/246; 1978, 87, 91; Sauter/Schweyer Der eingetragene Verein 12. Aufl. RdNr. 43</ref>. Das unternehmerische Moment, das die Betätigung des Vereins zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stempelt, ist in seiner planmäßigen Betätigung als Anbieter von Wirtschaftsgütern im weitesten Sinn gegen Entgelt zu sehen<ref>BayObLGZ 1978, 87/91 f.; Sauter/Schweyer a.a.O.</ref>.<ref>{{BayObLG 2 Z 116/84}}</ref> | Unter einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S. von {{BGB 21}} ist das planmäßige und auf Dauer angelegte Auftreten des Vereins in unternehmerischer Funktion durch Einschaltung in wirtschaftliche Umsatzprozesse mit einer regelmäßig entgeltlichen Tätigkeit zu verstehen<ref>BayObLGZ 1974, 242/246; 1978, 87, 91; Sauter/Schweyer Der eingetragene Verein 12. Aufl. RdNr. 43</ref>. Das unternehmerische Moment, das die Betätigung des Vereins zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stempelt, ist in seiner planmäßigen Betätigung als Anbieter von Wirtschaftsgütern im weitesten Sinn gegen Entgelt zu sehen<ref>BayObLGZ 1978, 87/91 f.; Sauter/Schweyer a.a.O.</ref>.<ref>{{BayObLG 2 Z 116/84}}</ref> | ||
− | Die mangelnde Gewinnerzielung (-sabsicht) steht der Bewertung einer Tätigkeit als wirtschaftliche nicht entgegen<ref>{{OLG Brandenburg 7 W 124/13}}, {{OLG Frankfurt 20 W 542/05}}</ref>.<noinclude> | + | Die mangelnde Gewinnerzielung (-sabsicht) steht der Bewertung einer Tätigkeit als wirtschaftliche nicht entgegen<ref>{{OLG Brandenburg 7 W 124/13}}, {{OLG Frankfurt 20 W 542/05}}</ref>. Die Anerkennung eines Vereins als [[Gemeinnützigkeit|gemeinnützig]] im Sinne der {{AO 51}} ff. hat Indizwirkung dafür, dass er nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäfts-betrieb gerichtet ist und in das Vereinsregister eingetragen werden kann. <ref>{{II ZB 7/16}} Amtlicher Leitsatz</ref><noinclude> |
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Aktuelle Version vom 2. Mai 2020, 11:53 Uhr
Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist nach AO § 14 eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht.
Vereinsrecht
Ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts (BGB § 21. Ein Verein, dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt in Ermangelung besonderer bundesgesetzlicher Vorschriften Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung (BGB § 22 Satz 2).
Unter einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S. von BGB § 21 ist das planmäßige und auf Dauer angelegte Auftreten des Vereins in unternehmerischer Funktion durch Einschaltung in wirtschaftliche Umsatzprozesse mit einer regelmäßig entgeltlichen Tätigkeit zu verstehen<ref>BayObLGZ 1974, 242/246; 1978, 87, 91; Sauter/Schweyer Der eingetragene Verein 12. Aufl. RdNr. 43</ref>. Das unternehmerische Moment, das die Betätigung des Vereins zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stempelt, ist in seiner planmäßigen Betätigung als Anbieter von Wirtschaftsgütern im weitesten Sinn gegen Entgelt zu sehen<ref>BayObLGZ 1978, 87/91 f.; Sauter/Schweyer a.a.O.</ref>.<ref>BayObLG, Beschluss vom 06.08.1985 - BReg. 2 Z 116/84 = BayObLGZ 85, 283 = Rpfleger 1985, 495</ref>
Die mangelnde Gewinnerzielung (-sabsicht) steht der Bewertung einer Tätigkeit als wirtschaftliche nicht entgegen<ref>OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.07.2014 - 7 W 124/13, OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.05.2006 - 20 W 542/05 = NJW-RR 2006, 1698</ref>. Die Anerkennung eines Vereins als gemeinnützig im Sinne der AO § 51 ff. hat Indizwirkung dafür, dass er nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäfts-betrieb gerichtet ist und in das Vereinsregister eingetragen werden kann. <ref>Vorlage:II ZB 7/16 Amtlicher Leitsatz</ref>
Schutz des Rechtsverkehrs
- "Der in den BGB § 21, BGB § 22 getroffenen Unterscheidung von eintragungsfähigen und nicht eintragungsfähigen Vereinen liegt der gesetzgeberische Gedanke zugrunde, dass die Sicherheit des Rechtsverkehrs bei Vereinen mit nichtwirtschaftlicher Zielsetzung keines besonderen Schutzes bedarf; insofern läßt das Gesetz daher die allgemeinen vereinsrechtlichen Normativbestimmungen genügen, bei deren Erfüllung Anspruch auf Eintragung und damit auf Erwerb der Rechtsfähigkeit besteht. Bei Personenvereinigungen mit wirtschaftlicher Zielsetzung wird im Gegensatz dazu grundsätzlich ein besonderer Schutz des Rechtsverkehrs für erforderlich angesehen; diese Personenvereinigungen müssen sich deshalb, wenn sie vereinsrechtlich organisiert sein wollen, regelmäßig einer besonderen staatlichen Prüfung unterwerfen (BGB § 22) oder sich der Rechtsform der handelsrechtlichen Gesellschaften oder der Genossenschaft bedienen, für die entsprechende Schutzvorschriften - insbesondere für die Haftung - vorgesehen sind."<ref>BGH, Beschluss vom 14.07.1966 - II ZB 2/66 = BGHZ 45, 395 Absatz 5</ref>
- "Der Grund dafür, dass nur nicht wirtschaftliche Vereine in das Vereinsregister eingetragen werden können, liegt insbesondere in dem Ziel, die Sicherheit des Rechtsverkehrs und den Gläubigerschutz zu gewährleisten<ref>vgl. nur BGHZ 45, 395; 85, 84; Senat, NJW-RR 2001, S. 1478; Rpfleger 2010, S. 669 f.; FGPrax 2011, S. 34 ff.</ref>. Das Vereinsrecht enthält nämlich insbesondere keine Vorschriften zur Sicherung der Kapitalaufbringung und -erhaltung und keine privatrechtlichen Bilanzierungsvorschriften<ref>K. Schmidt, Rpfleger 1988, S. 46</ref>. Wirtschaftliche Vereine können daher nur nach § 22 BGB die Rechtsfähigkeit erlangen und müssen ansonsten auf andere Rechtsformen, insbesondere der Kapitalgesellschaften oder der eingetragenen Genossenschaft, zurückgreifen<ref>K. Schmidt, a. a. O.</ref>. Ein eingetragener Verein soll nicht in einer Weise am Rechtsverkehr teilnehmen, die vor dem Hintergrund des Gläubigerschutzes ein Handeln mit unbeschränkter Haftung oder einen Betrieb in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft bzw. einer Genossenschaft erfordert<ref>Senat, Rpfleger 2010, S. 669 f.</ref>."<ref>OLG Schleswig, Beschluss vom 18.04.2012 - 2 W 28/12 = NZM 2012, 623, FGPrax 2012, 212, Rpfleger 2012, 693, NZG 2013, 145 Abs. 29</ref>
Abgrenzung des wirtschaftlichen Vereins vom Idealverein
Es ist "von drei Grundtypen von Vereinen auszugehen, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist:
- Nicht nach BGB § 21 eintragungsfähig ist zunächst der Volltypus des unternehmerischen Vereins, der an einem äußeren Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet.
- Ferner betrifft dies den Verein mit einer derartigen unternehmerischen Tätigkeit an einem inneren, aus den Mitgliedern bestehenden Markt.
- Schließlich ist auch ein Verein auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, der eine genossenschaftliche Kooperation betreibt, also von seinen Mitgliedern mit ausgegliederten unternehmerischen Teilaufgaben betraut wird<ref>vgl. nur Senat, jeweils a. a. O.; K. Schmidt, a. a. O., S. 45 ff.; Weick in: Staudinger, 2005, § 21 Rn. 6 ff.</ref>.
Nicht maßgeblich für die Abgrenzung zwischen Wirtschaftsvereinen und Idealvereinen ist jedenfalls, ob der Verein eine Gewinnerzielungsabsicht hat<ref>Senat, OLGR Schleswig 1997, S. 12; Rpfleger 2010, S. 669 f.; BayObLGZ 1985, S. 283 ff.; 1989, S. 124 ff.; OLG Frankfurt, NJW-RR 2006, S. 1698 f.; K. Schmidt, a. a. O., S. 46 f.</ref>. Maßgeblich ist vielmehr, dass Wirtschaftsgüter planmäßig und gegen Entgelt angeboten werden, und zwar unabhängig davon, ob das Entgelt nur Kosten deckend oder sogar Verlust bringend ist<ref>Senat, OLGR Schleswig 1997, S. 12; BayObLGZ 1985, S. 283 ff.; OLG Celle, Rpfleger 1992, S. 66 f.; KG, DNotZ 2011, S. 632 ff.; zu der besonderen Ausgestaltung der Entgeltlichkeit beim dritten Typus des wirtschaftlichen Vereins vgl. Senat, Rpfleger 2010, S. 669 f., juris Rn. 27; K. Schmidt, a. a. O., S. 46</ref>.
Wenn nach der Einordnung in einen der drei Typen von einer wirtschaftlichen Tätigkeit auszugehen ist, steht dies nur dann der Eintragung in das Vereinsregister nicht entgegen, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit als bloßer Nebenzweck in den Dienst des Hauptzwecks gestellt wird (so genanntes Nebenzweckprivileg<ref>vgl. nur BGHZ 85, 84; Senat, NJW-RR 2001, S. 1478; K. Schmidt, a. a. O., S. 46</ref>."<ref>{{OLG Schleswig, Beschluss vom 18.04.2012 - 2 W 28/12 = NZM 2012, 623, FGPrax 2012, 212, Rpfleger 2012, 693, NZG 2013, 145 Abs. 31 ff.]</ref>
Wirtschaftlicher Verein (unternehmerisch tätige Vereine)
Äußerer Markt<ref>Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 21 Rn. 5</ref>
- Betrieb von Kindertagesstätten in der Form des Idealvereins: Im Jahr 2011 entschied das Kammergericht<ref>KG, Beschluss vom 18.01.2011 - 25 W 14/10 = DNotZ 2011, 632, ZStV 2012, 62</ref>, dass der Betrieb einer Kindertagesstätte nicht in der Form eines Idealvereins nach BGB § 21 erfolgen könne, da ein solcher Verein auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (BGB § 22) gerichtet sei. Der Beschluss des Kammergerichts wurde vom BGH<ref>BGH, Beschluss vom 16. 5. 2017 – II ZB 7/16 = BGHZ 215, 69, NJW 2017, 1943</ref> im Jahr 2017 aufgehoben. Die Anerkennung eines Vereins als gemeinnützig im Sinne der AO § 51 ff. habe Indizwirkung dafür, dass er nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist und in das Vereinsregister eingetragen werden könne<ref>BGH, Beschluss vom 16. 5. 2017 – II ZB 7/16 = BGHZ 215, 69, NJW 2017, 1943 Amtlicher Leitsatz</ref>.
- Ein Verein, der als Treuhänder für eine Wohnungseigentümergemeinschaft eine Wohnung erwerben und unterhalten sowie für einen Hausmeister zur Verfügung stellen oder - falls sie hierfür nicht benötigt wird - an Dritte vermieten soll, ist auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet.<ref>OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.05.2006 - 20 W 542/05 = NJW-RR 2006, 1698 Leitsatz</ref>
Innerer, aus den Mitgliedern bestehender Markt (Binnenmarkt)<ref>Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 21 Rn. 5</ref>
- Kreditreformvereine<ref>Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 21 Rn. 5</ref>
- Erwerb, Verwaltung und Vermietung von Immobilien nur für Mitglieder<ref>OLG Schleswig, Beschluss vom 18.04.2012 - 2 W 28/12 = NZM 2012, 623, FGPrax 2012, 212, Rpfleger 2012, 693, NZG 2013, 145 - Immobilienverwaltung</ref>
Genossenschaftliche Kooperation<ref>Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 78. Auflage 2019, Verlag C.H. Beck, ISBN 9783406725005 § 21 Rn. 5 f.</ref>
Ist es der Zweck eines Vereins, mit einem kaufmännisch organisierten Betrieb Hilfsgeschäfte für die gewerblichen Unternehmungen der Mitglieder auszuführen, so kann er die Rechtsfähigkeit nicht durch Eintragung ins Vereinsregister erwerben, wenn er bei Ausführung der Hilfsgeschäfte dauernd und planmäßig in rechtsgeschäftlich verbindlicher Weise am Rechtsverkehr mit Dritten teilnehmen soll; auf die Entgeltlichkeit der Rechtsgeschäfte kommt es für die Frage, ob ein "wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb" bezweckt ist, in einem solchen Falle nicht an.<ref>BGH, Beschluss vom 14.07.1966 - II ZB 2/66 = BGHZ 45, 395 Amtlicher Leitsatz</ref>
Beispiele
- Taxi-Zentrale<ref>BGH, Beschluss vom 14.07.1966 - II ZB 2/66 = BGHZ 45, 395</ref>
- Einkaufsgemeinschaft: Ein Verein, dessen Hauptzweck darin liegt, zugunsten seiner gewerblichen Mitglieder bei herstellenden Unternehmen Einkaufskonditionen auszuhandeln, verfolgt einen wirtschaftlichen Zweck, der seine Eintragung ins Vereinsregister ausschließt.<ref>OLG Hamm, Beschluss vom 20.01.2000 - 15 W 446/99 Amtlicher Leitsatz</ref>
- Mähdreschverein
- Immobilienbörse<ref>OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.01.1996 - 3 Wx 484/95 = NJW-RR 1996, 989</ref>
Idealverein
Bei rechtlicher und organisatorischer Trennung
Der BGH<ref>BGH, Urteil vom 29.09.1982 - I ZR 88/80 = BGHZ 85, 84</ref> hatte im Fall der ADAC-Rechtsschutzversicherung AG entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß durch Rechtsbruch oder Mißbrauch der Rechtsform des Idealvereins schon deshalb ausscheidet, weil es insoweit bereits an einem Gesetzesverstoß, der für sich allein oder im Zusammenwirken mit weiteren Umständen das beanstandete Verhalten als unlauter erscheinen lassen könnte, fehle<ref>vgl. Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 13. Aufl., Einl. Rdn. 114; § 1 Rdn. 534 ff, 559; Schricker, Gesetzesverletzung und Sittenverstoß, S. 34 ff, 239 ff, 274</ref>.
Die Gründung und das Betreiben des Versicherungsgeschäfts stünde zu den Vorschriften des Vereinsrechts (§§ 21, 22 BGB) nicht in Widerspruch. Insoweit sei entscheidend, dass das Rechtsschutzversicherungsgeschäft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft betrieben werde, d.h. als eine rechtsfähige Person des Handelsrechts, die gegenüber dem Verein juristisch und organisatorisch selbständig sei. Dem entspreche die tatsächliche Ausgestaltung des Geschäftsbetriebs hinsichtlich der Versicherten. Diese würden nur mit der Aktiengesellschaft in versicherungsvertraglicher Beziehung stehen, und nur sie würde beim Eintritt des Versicherungsfalls tätig.
Die rechtliche und organisatorische Trennung schließe es aus, die Geschäftstätigkeit der Aktiengesellschaft vereinsrechtlich als eine eigene unternehmerische Betätigung des Idealvereins anzusehen, d.h. als einen eigenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne der §§ 21 und 22 BGB, der mit den Zwecken eines Idealvereins möglicherweise nicht zu vereinbaren wäre. Den Vorschriften der §§ 21 und 22 BGB liege der gesetzgeberische Gedanke zugrunde, aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs, insbesondere des Gläubigerschutzes, Vereine mit wirtschaftlicher Zielsetzung auf die dafür zur Verfügung stehenden handelsrechtlichen Formen zu verweisen und die wirtschaftliche Betätigung von Idealvereinen zu verhindern, soweit es sich nicht lediglich um eine untergeordnete, den idealen Hauptzwecken des Vereins dienende wirtschaftliche Betätigung im Rahmen des sogenannten Nebenzweckprivilegs handele<ref>RGZ 133, 170, 174, 175; BGHZ 45, 395, 397, 398</ref>.
- "Diese gesetzgeberischen Erwägungen tragen der Tatsache Rechnung, dass bei einer nach aussen gerichteten wirtschaftlichen Betätigung Gläubigerinteressen in besonderem Maße berührt werden und dass diese Interessen in den für juristische Personen des Handelsrechts und andere Kaufleute geltenden Vorschriften eine weit stärkere Berücksichtigung gefunden haben als in den Bestimmungen des Vereinsrechts. Denn während sich bei einem Idealverein Gläubigerschutzbestimmungen auf die Vorschriften über die Konkursantragspflicht des Vorstands und die Liquidation des Vereins beschränken<ref>vgl. § 42 Abs. 2, §§ 51-53 BGB</ref>, unterliegt eine juristische Person des Handelsrechts in erster Linie im Interesse der Gläubiger zwingenden Vorschriften über eine Mindestkapitalausstattung, über Bilanzierungs-, Publizitäts- und Prüfungspflichten sowie über die - unbeschränkbare - Vertretungsmacht ihrer organschaftlichen und bevollmächtigten Vertreter<ref>siehe für die Aktiengesellschaft §§ 7, 36 Abs. 2, 37, 57 ff, 82, 148 ff, 162 ff AktG</ref>. Darauf beruht es, dass nach den §§ 21 und 22 BGB ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist (Idealverein), bereits durch Eintragung in das Vereinsregister Rechtsfähigkeit erlangt und dass der Erwerb der Rechtsfähigkeit durch einen wirtschaftlichen Verein nur ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn es für diesen wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls unzumutbar ist, sich in einer der für rechtsfähige wirtschaftliche Zusammenschlüsse bundesgesetzlich bereitstehenden Rechtsformen wie beispielsweise der AG oder GmbH zu organisieren und auf diese Weise Rechtsfähigkeit zu erlangen<ref>BVerwGE 58, 26 = NJW 1979, 2261</ref>.
- Diesen vereinsrechtlichen Bestimmungen ist genügt, wenn das Versicherungsgeschäft durch eine juristisch und organisatorisch selbständige Gesellschaft des Handelsrechts betrieben wird, auch wenn diese von einem Idealverein gegründet worden ist und dem Versicherungsgeschäft auf dessen Betreiben und mit dessen Unterstützung nachgeht. Insoweit ist wesentlich, dass die Aktiengesellschaft ihren Gläubigern, insbesondere den Versicherten, alle Sicherheiten bietet, die mit der Rechtsform einer solchen Gesellschaft verbunden sind. Ist das aber der Fall und ist der den §§ 21 und 22 BGB zugrunde liegenden gesetzgeberischen Zielsetzung damit Rechnung getragen, kann nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung der Geschäftsbetrieb der Aktiengesellschaft dem Idealverein nicht als eigener wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne der §§ 21 und 22 BGB zugeordnet werden."<ref>BGH, Urteil vom 29.09.1982 - I ZR 88/80 = BGHZ 85, 84</ref>
Nebenzweckprivileg
Den Vorschriften der BGB § 21 und BGB § 22 liegt der gesetzgeberische Gedanke zugrunde, aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs, insbesondere des Gläubigerschutzes, Vereine mit wirtschaftlicher Zielsetzung auf die dafür zur Verfügung stehenden handelsrechtlichen Formen zu verweisen und die wirtschaftliche Betätigung von Idealvereinen zu verhindern, soweit es sich nicht lediglich um eine untergeordnete, den idealen Hauptzwecken des Vereins dienende wirtschaftliche Betätigung im Rahmen des sogenannten Nebenzweckprivilegs handelt<ref>RGZ 133, 170, 174, 175; BGHZ 45, 395, 397, 398</ref><ref>BGH, Urteil vom 29.09.1982 - I ZR 88/80 = BGHZ 85, 84 Abs. 17, 22 mit Verweis auf RGZ 83, 232, 237; 133, 170, 176; 154, 343, 354; BGHZ 15, 315, 319; BGB-RGRK, aaO, § 21 Rdn. 7; Soergel/Schultze- v. Lasaulx, aaO, §§ 21, 22 Rdn. 17, 19; Palandt-Heinrichs aaO, § 21 Anm. 1 b; K. Schmidt, Rpfleger 1972, 343, 351 ff m.w.N.; Hemmerich, aaO, S. 78; abw. Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, 1970, S. 124 ff; Sack, ZGR 1974, 179, 193, 206 </ref>.
Steuerrecht
Normen
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Abgabenordnung (AO)
Rechtsprechung
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)
- BVerwG, Urteil vom 06.11.1997 - 1 C 18.95 - Scientology
- BVerwG, Urteil vom 27.3.1992 - 7 C 21/90 = NJW 1992, 2496
Bundesgerichtshof (BGH)
- BGH, Beschluss vom 16. 5. 2017 – II ZB 7/16 = BGHZ 215, 69, NJW 2017, 1943: Die Anerkennung eines Vereins als gemeinnützig im Sinne der §§51ff. AO hat Indizwirkung dafür, dass er nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäfts-betrieb gerichtet ist und in das Vereinsregister eingetragen werden kann. <ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
- BGH, Urteil vom 10.12.2007 - II ZR 239/05 = BGHZ 175, 12, WM 2008, 358 Kolpingwerk
- BGH, Urteil vom 29.09.1982 - I ZR 88/80 = BGHZ 85, 84 (ADAC)
- BGH, Beschluss vom 14.07.1966 - II ZB 2/66 = BGHZ 45, 395
Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG)
- BayObLG, Beschluss vom 08.04.1998 - 3Z BR 302/97 = NJW-RR 1999, 765, NZG 1998, 606 Wasserbeschaffungsverein als wirtschaftlicher Verein
- BayObLG, Beschluss vom 06.08.1985 - BReg. 2 Z 116/84 = BayObLGZ 85, 283 = Rpfleger 1985, 495
- BayObLG, 17.04.1978 - BReg. 2 Z 38/77 Amtslöschung eines eingetragenen Vereins
Oberlandesgerichte
- OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.07.2014 - 7 W 124/13
- OLG Schleswig, Beschluss vom 18.04.2012 - 2 W 28/12 = NZM 2012, 623, FGPrax 2012, 212, Rpfleger 2012, 693, NZG 2013, 145 - Immobilienverwaltung
- KG, Beschluss vom 18.01.2011 - 25 W 14/10 = DNotZ 2011, 632, ZStV 2012, 62 - Kindertagesstätte
- OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.05.2006 - 20 W 542/05 = NJW-RR 2006, 1698
- OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.08.1983 - 3 W 268/82 = NJW 1983, 2574, MDR 1984, 50, DNotZ 1984, 486 (Ls.), Rpfleger 1983, 487 - Keine Eintragung einer Scientology-Niederlassung ins Vereinsregister
- OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.1978 - 3 W 209/78 = Rpfleger 1979,259
Verwaltungsgerichtshöfe
- VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.08.1995 - 1 S 438/94: "Verfolgt ein eingetragener Verein nach seinem Selbstverständnis religiöse Zwecke, so kann ihm auch bei überwiegender wirtschaftlicher Tätigkeit die Rechtsfähigkeit nach § 43 Abs 2 BGB nur entzogen werden, wenn er keine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft ist oder wenn die religiösen oder weltanschaulichen Lehren nur als Vorwand zur Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke dienen (im Anschluß an BVerwG, Urteil vom 27.3.1992 - 7 C 21/90 = NJW 1992, 2496). Es ist Aufgabe der Behörde festzustellen, ob der eingetragene Verein entgegen seinem Selbstverständnis keine Religionsgemeinschaft ist oder die religiösen oder weltanschaulichen Lehren nur als Vorwand zur Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke dienen. Fehlt es an diesen Feststellungen, so ist es nicht Aufgabe des Gerichts, anstelle der Verwaltungsbehörde die Religionseigenschaft abschließend zu klären (hier entschieden für "Verein Neue Brücke", einer Untergliederung der "Scientology-Kirche")."
Publikationen
Fachartikel
- Volker Beuthien, Was ist ein wirtschaftlicher Verein, was ein nichtwirtschaftlicher? – Zur Abgrenzung der Vereinsarten, Rpfleger 16, 65 (2016)
- Karsten Schmidt, Wirtschaftliche Betätigung und Idealverein: Rechtsfolgen einer Überschreitung des „Non-Profit“-Privilegs, ZIP 2007, 605: Zwölf Thesen aus Anlass des „Kolpingwerk“-Falls, OLG Dresden v. 9.8.2005 – 2 U 897/04, ZIP 2005, 1680
- Ulrich Segna, Bundesligavereine und Börse, ZIP 1997, 1901
- v. Campenhausen, Religiöse Wirtschaftsbetriebe als Idealvereine?, NJW 1990, 887
- Karsten Schmidt, Der bürgerlich-rechtliche Verein mit wirtschaftlicher Tätigkeit, AcP 182, 1-59 (1982)
- Dieter Heckelmann, Der Idealverein als Unternehmer?, AcP 179, 1-56 (1979)
- Karsten Schmidt, Zur Abgrenzung der beiden Vereinsklassen – Bestandsaufnahme, Kritik und Neuorientierung, Rpfleger 1972, 286-294, 343-353
Online frei abrufbare Fachartikel
- Philip Nedelcu, Millionenumsätze als ideeller Zweck? Zur Nichtwirtschaftlichkeit von Fußballvereinen, escriptum 2017/1
- Stefan Winheller, Unterwegs in der falschen Rechtsform des e.V.? – Was Träger sozialer Dienstleistungen beachten sollten, Sozialrechtaktuell 3/2015, 103
Siehe auch
Fußnoten
<references/>