Raumtemperatur: Unterschied zwischen den Versionen

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Während die "ältere" Rechtsprechung zur Ermittlung des Soll-Zustands teilweise ohne weiteres auf die ArbeitsstättenVO, die Arbeitsstätten-Richtlinie und die DIN 1946 (betreffend Anforderungen an die Klimatisierung von Räumen) zurückgegriffen hat und einen Mangel grundsätzlich annimmt, wenn die Innentemperaturen die "Wohlfühltemperatur" von 26 °C übersteigt bzw. bei Außentemperaturen von über 32 °C die Innentemperatur nicht 6 °C unter der Außentemperatur liegt<ref>(vgl. OLG Köln NJW-RR 1993, 466; OLG Hamm NJW-RR 1995, 143; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 1307; OLG Rostock NJW-RR 2001, 802; s.a. Senat KGR 2003, 97)</ref>, hat das OLG Frankfurt<ref>in NZM 2007, 330</ref> ausführlich begründet, dass die Hitze durch Sonneneinstrahlung in nicht baurechtswidrigen Gebäuden allgemeines Lebensrisiko des Mieters sei. Der Vermieter schulde nur einen baurechtlich zulässigen Zustand und damit die Einhaltung der DIN 4108 betreffend Sonneneintragswerte, jedoch könne der Mieter keinen anderen Standard erwarten und müsse gegebenenfalls auf eigene Kosten Abhilfe durch Einbau einer Klimaanlage schaffen. Dem ist das OLG Karlsruhe<ref>in GE 2010, 542</ref> gefolgt.
 
Während die "ältere" Rechtsprechung zur Ermittlung des Soll-Zustands teilweise ohne weiteres auf die ArbeitsstättenVO, die Arbeitsstätten-Richtlinie und die DIN 1946 (betreffend Anforderungen an die Klimatisierung von Räumen) zurückgegriffen hat und einen Mangel grundsätzlich annimmt, wenn die Innentemperaturen die "Wohlfühltemperatur" von 26 °C übersteigt bzw. bei Außentemperaturen von über 32 °C die Innentemperatur nicht 6 °C unter der Außentemperatur liegt<ref>(vgl. OLG Köln NJW-RR 1993, 466; OLG Hamm NJW-RR 1995, 143; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 1307; OLG Rostock NJW-RR 2001, 802; s.a. Senat KGR 2003, 97)</ref>, hat das OLG Frankfurt<ref>in NZM 2007, 330</ref> ausführlich begründet, dass die Hitze durch Sonneneinstrahlung in nicht baurechtswidrigen Gebäuden allgemeines Lebensrisiko des Mieters sei. Der Vermieter schulde nur einen baurechtlich zulässigen Zustand und damit die Einhaltung der DIN 4108 betreffend Sonneneintragswerte, jedoch könne der Mieter keinen anderen Standard erwarten und müsse gegebenenfalls auf eigene Kosten Abhilfe durch Einbau einer Klimaanlage schaffen. Dem ist das OLG Karlsruhe<ref>in GE 2010, 542</ref> gefolgt.
  
Das OLG Naumburg NZM 2011, 35 und OLGR Hamm 2007, 540, 541 weisen darauf hin, dass die Einhaltung des Baurechts nicht per se genüge, um einen Mangel in mietrechtlicher Hinsicht auszuschließen, und mittelbar auf die Arbeitsstättenverordnung zurückgegriffen werden könne, um den Soll-Zustand zu bestimmen.
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Das OLG Naumburg<ref>NZM 2011, 35</ref> und OLG Hamm<ref>OLGR Hamm 2007, 540, 541</ref> weisen darauf hin, dass die Einhaltung des Baurechts nicht per se genüge, um einen Mangel in mietrechtlicher Hinsicht auszuschließen, und mittelbar auf die Arbeitsstättenverordnung zurückgegriffen werden könne, um den Soll-Zustand zu bestimmen.
Die Literatur steht der älteren Rechtsprechung häufig kritisch gegenüber (s. - instruktiv- Busse, NJW 2004, 1982) und begrüßt die Entscheidung des OLG Frankfurt (Herrlein NZM 2007, 719; Harms ZMR 2007, 432).
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Die Literatur steht der älteren Rechtsprechung häufig kritisch gegenüber<ref>(s. - instruktiv- Busse, NJW 2004, 1982)</ref> und begrüßt die Entscheidung des OLG Frankfurt<ref>(Herrlein NZM 2007, 719; Harms ZMR 2007, 432)</ref>.
  
 
Der Senat<ref>des KG</ref> neigt dazu, der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Frankfurt und Karlsruhe zu folgen. Zwar scheidet nach allgemeinen Grundsätzen ein Mangel der Mietsache noch nicht deshalb aus, weil das Baurecht eingehalten ist (s. BGH NJW 2010, 3088; NJW 2005, 218). Die technischen Normen haben jedoch in beide Richtungen Indizwert; ihre Einhaltung legt nahe, dass mangels anderer Vereinbarungen ein Mangel nicht vorliegt<ref>(vgl. Sternel, Mietrecht, 4. Aufl., Rn VIII 41, 42)</ref>.
 
Der Senat<ref>des KG</ref> neigt dazu, der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Frankfurt und Karlsruhe zu folgen. Zwar scheidet nach allgemeinen Grundsätzen ein Mangel der Mietsache noch nicht deshalb aus, weil das Baurecht eingehalten ist (s. BGH NJW 2010, 3088; NJW 2005, 218). Die technischen Normen haben jedoch in beide Richtungen Indizwert; ihre Einhaltung legt nahe, dass mangels anderer Vereinbarungen ein Mangel nicht vorliegt<ref>(vgl. Sternel, Mietrecht, 4. Aufl., Rn VIII 41, 42)</ref>.
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Aktuelle Version vom 6. März 2020, 22:00 Uhr

"Die Frage, unter welchen Voraussetzungen hohe Innentemperaturen in Gewerberäumen, insbesondere Büros, als Mangel i.S. von § 536 BGB anzusehen sind, ist in den letzten Jahren offenbar (wegen verglaster Bauweise und einiger besonders heißer Sommer) in der Rechtsprechung häufiger behandelt worden.

Während die "ältere" Rechtsprechung zur Ermittlung des Soll-Zustands teilweise ohne weiteres auf die ArbeitsstättenVO, die Arbeitsstätten-Richtlinie und die DIN 1946 (betreffend Anforderungen an die Klimatisierung von Räumen) zurückgegriffen hat und einen Mangel grundsätzlich annimmt, wenn die Innentemperaturen die "Wohlfühltemperatur" von 26 °C übersteigt bzw. bei Außentemperaturen von über 32 °C die Innentemperatur nicht 6 °C unter der Außentemperatur liegt<ref>(vgl. OLG Köln NJW-RR 1993, 466; OLG Hamm NJW-RR 1995, 143; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 1307; OLG Rostock NJW-RR 2001, 802; s.a. Senat KGR 2003, 97)</ref>, hat das OLG Frankfurt<ref>in NZM 2007, 330</ref> ausführlich begründet, dass die Hitze durch Sonneneinstrahlung in nicht baurechtswidrigen Gebäuden allgemeines Lebensrisiko des Mieters sei. Der Vermieter schulde nur einen baurechtlich zulässigen Zustand und damit die Einhaltung der DIN 4108 betreffend Sonneneintragswerte, jedoch könne der Mieter keinen anderen Standard erwarten und müsse gegebenenfalls auf eigene Kosten Abhilfe durch Einbau einer Klimaanlage schaffen. Dem ist das OLG Karlsruhe<ref>in GE 2010, 542</ref> gefolgt.

Das OLG Naumburg<ref>NZM 2011, 35</ref> und OLG Hamm<ref>OLGR Hamm 2007, 540, 541</ref> weisen darauf hin, dass die Einhaltung des Baurechts nicht per se genüge, um einen Mangel in mietrechtlicher Hinsicht auszuschließen, und mittelbar auf die Arbeitsstättenverordnung zurückgegriffen werden könne, um den Soll-Zustand zu bestimmen.

Die Literatur steht der älteren Rechtsprechung häufig kritisch gegenüber<ref>(s. - instruktiv- Busse, NJW 2004, 1982)</ref> und begrüßt die Entscheidung des OLG Frankfurt<ref>(Herrlein NZM 2007, 719; Harms ZMR 2007, 432)</ref>.

Der Senat<ref>des KG</ref> neigt dazu, der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Frankfurt und Karlsruhe zu folgen. Zwar scheidet nach allgemeinen Grundsätzen ein Mangel der Mietsache noch nicht deshalb aus, weil das Baurecht eingehalten ist (s. BGH NJW 2010, 3088; NJW 2005, 218). Die technischen Normen haben jedoch in beide Richtungen Indizwert; ihre Einhaltung legt nahe, dass mangels anderer Vereinbarungen ein Mangel nicht vorliegt<ref>(vgl. Sternel, Mietrecht, 4. Aufl., Rn VIII 41, 42)</ref>.

Andererseits beruht die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Frankfurt und Karlsruhe auf der zutreffenden Erkenntnis, dass fixe Maßstäbe über die gebotene Innentemperatur zugunsten des Gewerbemieters nicht allein aus den arbeitsrechtlichen Regelungen, die ihn betreffen, hergeleitet werden können. Wenn eine Diskrepanz zwischen Baurecht und Arbeitsrecht besteht, hat nicht der Vermieter dieses Risiko zu tragen, sondern der Mieter. Das Argument, dass sonst für das Wohlbefinden von Arbeitnehmern des Mieters höhere mietrechtliche Standards gelten würden als für den Wohnraummieter, scheint beachtlich. Ein "Wohlfühlstandard" unabhängig von baurechtlichen Normen kann grundsätzlich nicht anerkannt werden, und von daher sind die ArbeitsstättenVO bzw. Arbeitsstättenrichtlinie sowie DIN 1946 nur mit großer Vorsicht zur Bestimmung eines mangelhaften Zustands heranzuziehen."<ref>KG, Urteil vom 05.03.2012 - 8 U 48/11</ref>

Normen

Rechtsprechung

Publikationen

Fußnoten

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