Treuepflicht

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"Zu den in Art. 33 Abs. 5 GG genannten hergebrachten und zu beachtenden Grundsätzen des Berufsbeamtentums und des Richterrechts gehört der Grundsatz, daß vom Beamten und Richter zu fordern ist, daß er für die Verfassungsordnung, auf die er vereidigt ist, eintritt.

1. Die Geschichte des deutschen Beamtentums seit dem Ende des 18. Jahrhunderts<ref>vgl. z.B. Pr.Allg. Landrecht Teil II, Titel 10, §§ 1 ff.</ref> kennt - unbeschadet von Veränderungen im Verständnis dieses Spezifikums je nach den wechselnden Verfassungsordnungen - eine besondere Bindung des Beamten, die auf einer mit dem Eintritt in das Beamtenverhältnis verbundenen und übernommenen Treuepflicht beruht. In der absoluten Monarchie galt sie der Person des Monarchen als dem Repräsentanten des Staates, in der konstitutionellen Monarchie dem verfassungsrechtlich gebundenen Monarchen, der jenseits des politischen Streits stand und seine "Staatsdiener" auf das Gemeinwohl verpflichtete. In der Republik bestand sie fort; der "Staatsdienst" verlangte Treue zu Staat und Verfassung. Sichtbaren Ausdruck fand sie im Treueeid. Im Laufe der Zeit entwickelten sich aus dieser einen (umfassenden) Pflicht verschiedene konkretere Beamtenpflichten, wie sie in den modernen Beamtengesetzen fixiert werden und heute beispielsweise in §§ 52-56, 61, 64, 72, 74 BBG; §§ 35-39, 44 BRRG; §§ 65-68, 77, 80, 88, 90 LBG enthalten sind. An jener traditionellen Treuepflicht des Beamten hält auch das Grundgesetz als einem hergebrachten und zu beachtenden Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) fest; auf ihn wird ausdrücklich in Art. 33 Abs. 4 GG ("Dienst- und Treueverhältnis") und Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG (Treue zur Verfassung) Bezug genommen. Der Grund für das Festhalten an diesem hergebrachten Grundsatz liegt auf der Hand: Der moderne "Verwaltungsstaat" mit seinen ebenso vielfältigen wie komplizierten Aufgaben, von deren sachgerechter, effizienter, pünktlicher Erfüllung das Funktionieren des gesellschaftlich-politischen Systems und die Möglichkeit eines menschenwürdigen Lebens der Gruppen, Minderheiten und jedes Einzelnen Tag für Tag abhängt, ist auf einen intakten, loyalen, pflichttreuen, dem Staat und seiner verfassungsmäßigen Ordnung innerlich verbundenen Beamtenkörper angewiesen. Ist auf die Beamtenschaft kein Verlaß mehr, so sind die Gesellschaft und ihr Staat in kritischen Situationen "verloren"<ref>vgl. z.B. Laband, Staatsrecht des Deutschen Reiches, 1876 S. 395, 422; Brehm, Die rechtliche Natur des Staatsdienstes nach deutschem Staatsrecht, in Annalen des Deutschen Reiches, 1885, S. 288 ff.; Köttgen, Das deutsche Berufsbeamtentum und die parlamentarische Demokratie, 1928, S. 79, 108 ff. u.ö.; Gerber, Archiv für Öffentliches Recht N.F. 18. Bd. 1930, S. 1 ff.; W. Jellinek, Rechtsformen des Staatsdienstes, in Anschütz-Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, 2. Bd., S. 24; Daniels, Die Pflichten und Rechte des Beamten, in Anschütz-Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, 2. BD. S. 42; Zwirner, Politische Treupflicht des Beamten, 1956; Böttcher, Die politische Treupflicht der Beamten und Soldaten und die Grundrechte der Kommunikation, 1967</ref>.

2. Es ist hier nicht abschließend zu entscheiden, was sich alles an Pflichten für den Beamten im einzelnen aus jener umfassenden Treuepflicht ergibt. Es genügt festzuhalten, daß jedenfalls zur Treuepflicht des Beamten als Kern die politische Treuepflicht gehört. Gemeint ist damit nicht eine Verpflichtung, sich mit den Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Regierung zu identifizieren. Gemeint ist vielmehr die Pflicht zur Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dem der Beamte dienen soll, mit der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates zu identifizieren. Dies schließt nicht aus, an Erscheinungen dieses Staates Kritik üben zu dürfen, für Änderungen der bestehenden Verhältnisse - innerhalb des Rahmens der Verfassung und mit den verfassungsrechtlich vorgesehenen Mitteln - eintreten zu können, solange in diesem Gewand nicht eben dieser Staat und seine verfassungsmäßige Grundlage in Frage gestellt werden. An einer "unkritischen" Beamtenschaft können Staat und Gesellschaft kein Interesse haben. Unverzichtbar ist aber, daß der Beamte den Staat - ungeachtet seiner Mängel - und die geltende verfassungsrechtliche Ordnung, so wie sie in Kraft steht, bejaht, sie als schützenswert anerkennt, in diesem Sinne sich zu ihnen bekennt und aktiv für sie eintritt. Der Beamte, der dies tut, genügt seiner Treuepflicht und kann von diesem Boden aus auch Kritik äußern und Bestrebungen nach Änderungen der bestehenden Verhältnisse - im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung und auf verfassungsmäßigen Wegen! - unterstützen. Das Entscheidende ist, daß die Treuepflicht gebietet, den Staat und seine geltende Verfassungsordnung, auch soweit sie im Wege einer Verfassungsänderung veränderbar ist, zu bejahen und dies nicht bloß verbal, sondern insbesondere in der beruflichen Tätigkeit dadurch, daß der Beamte die bestehenden verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften beachtet und erfüllt und sein Amt aus dem Geist dieser Vorschriften heraus führt.<ref>Hervorhebung durch die Redaktion</ref> Die politische Treuepflicht - Staats- und Verfassungstreue - fordert mehr als nur eine formale korrekte, im übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, daß er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Vom Beamten wird erwartet, daß er diesen Staat und seine Verfassung als einen hohen positiven Wert erkennt und anerkennt, für den einzutreten sich lohnt. Politische Treuepflicht bewährt sich in Krisenzeiten und in ernsthaften Konfliktsituationen, in denen der Staat darauf angewiesen ist, daß der Beamte Partei für ihn ergreift. Der Staat - und das heißt hier konkreter, jede verfassungsmäßige Regierung und die Bürger - muß sich darauf verlassen können, daß der Beamte in seiner Amtsführung Verantwortung für diesen Staat, für "seinen" Staat zu tragen bereit ist, daß er sich in dem Staat, dem er dienen soll, zu Hause fühlt - jetzt und jederzeit und nicht erst, wenn die von ihm erstrebten Veränderungen durch entsprechende Verfassungsänderungen verwirklicht worden sind.

3. Die hergebrachte Treuepflicht des Beamten erhält unter der Geltung des Grundgesetzes ein besonderes Gewicht dadurch, daß diese Verfassung nicht wertneutral ist, sondern sich für zentrale Grundwerte entscheidet, sie in ihren Schutz nimmt und dem Staat aufgibt, sie zu sichern und sie zu gewährleisten (Art. 1 GG). Sie trifft Vorkehrungen gegen ihre Bedrohung, sie institutionalisiert besondere Verfahren zur Abwehr von Angriffen auf die verfassungsmäßige Ordnung, sie konstituiert eine wehrhafte Demokratie (Art. 2 Abs. 1, Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 20 Abs. 4, Art. 21 Abs. 2, Art. 79 Abs. 3, Art 91, Art. 98 Abs. 2 GG). Diese Grundentscheidung der Verfassung schließt es aus, daß der Staat, dessen verfassungsmäßiges Funktionieren von der freien inneren Bindung seiner Beamten an die geltende Verfassung abhängt, zum Staatsdienst Bewerber zuläßt und im Staatsdienst Bürger beläßt, die die freiheitliche demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung ablehnen und bekämpfen. Der Beamte kann nicht zugleich in der organisierten Staatlichkeit wirken und die damit verbundenen persönlichen Sicherungen und Vorteile in Anspruch nehmen und aus dieser Stellung heraus die Grundlage seines Handels zerstören wollen. Der freiheitliche demokratische Rechtsstaat kann und darf sich nicht in die Hand seiner Zerstörer geben.

4. Aus der dargelegten verfassungsrechtlichen Lage folgt zwingend: Ein Beamter, der gegen die von ihm in Art. 33 Abs. 5 GG geforderte Treuepflicht verstößt, verletzt seine Dienstpflicht. Die Beamtengesetze konkretisieren dies; § 52 Abs. 2 BBG bestimmt für den Bundesbeamten: "Der Beamte muß sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten". Und nach § 77 Abs. 2 BBG gilt als Dienstvergehen, wenn der Ruhestandsbeamte oder der Beamte mit Versorgungsbezügen "sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigt" oder "an Bestrebungen teilnimmt, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen". Entsprechendes bestimmen die §§ 35 Abs. 1 Satz 3, 45 Abs. 2 BRRG sowie die §§ 65 Abs. 2, 93 Abs. 2 Nr. 1 und 2 LBG. Bei Beamten auf Probe und bei Beamten auf Widerruf rechtfertigt ein solches Dienstvergehen regelmäßig die Entlassung aus dem Amt. Bei Beamten auf Lebenszeit (oder Zeit) kann wegen dieser Dienstpflichtverletzung im förmlichen (gerichtlichen) Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Dienst erkannt werden.

In jedem Fall ist die Entfernung aus dem Dienst jedoch nur aufgrund eines begangenen konkreten Dienstvergehens möglich. Das Dienstvergehen besteht nicht einfachhin in der "mangelnden Gewähr" des Beamten dafür, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten werde, sondern in der nachgewiesenen Verletzung jener Amtspflicht, "sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten". Dabei ist zu beachten, daß sich der umschriebene Inhalt der Treuepflicht des Beamten nicht völlig mit dem Inhalt der disziplinär zu ahndenden Treuepflichtverletzung des Beamten deckt, weil zum letztgenannten Tatbestand ein Minimum an Gewicht und an Evidenz der Pflichtverletzung gehört. Andererseits kann die Pflichtverletzung nicht nur in Aktivitäten, sondern auch in einem Unterlassen bestehen, beispielsweise wenn der Vorgesetzte oder Dienstvorgesetzte verfassungsfeindliche Umtriebe innerhalb seines Verantwortungsbereichs geflissentlich übersieht und geschehen läßt. Das bloße Haben einer Überzeugung und die bloße Mitteilung, daß man diese habe, ist niemals eine Verletzung der Treuepflicht, die dem Beamten auferlegt ist; dieser Tatbestand ist überschritten, wenn der Beamte aus seiner politischen Überzeugung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugung zieht.

Für Ruhestandsbeamte und frühere Beamte mit Versorgungsbezügen wird als Dienstvergehen fingiert ("gilt" als Dienstvergehen), wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigt haben oder wenn sie an Bestrebungen teilgenommen haben, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Hier werden also Aktivitäten feindseliger Art gefordert. Meinungsäußerungen können, müssen aber nicht in jedem Fall den Charakter von solchen Aktivitäten feindseliger Art haben. Solange sie sich darin erschöpfen, im Vertrauen auf die Überzeugungskraft des Arguments Kritik an bestehenden Zuständen zu üben oder bestehende rechtliche Regelungen in Gesetzen oder in der Verfassung in dem dafür vorgesehenen verfassungsrechtlichen Verfahren zu ändern, erfüllen sie nicht die genannten Tatbestände eines Dienstvergehens. Sie können allenfalls verstoßen gegen die Pflicht des Beamten, "bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus seiner Stellung gegenüber der Gesamtheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten seines Amtes ergeben" (§ 53 BBG). Dagegen stellen Agitationen, die die freiheitliche demokratische Grundordnung herabsetzen, verfassungsrechtliche Wertentscheidungen und Institutionen diffamieren und zum Bruch geltender Gesetze auffordern, Betätigungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung dar.

5. Aus der dargelegten verfassungsrechtlich geforderten Treuepflicht des Beamten ergibt sich eine weitere Folgerung. Wenn der Beamte habituell, seiner Persönlichkeit nach nur dann für ein öffentliches Amt geeignet ist - Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG als Voraussetzung für die Berufung ins Beamtenverhältnis! -, wenn er jederzeit bereit ist, für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten, dann muß unter diesem verfassungsrechtlichen Aspekt verlangt werden, nur solche Anwärter ins Beamtenverhältnis zu berufen, die auch die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten bereit sind. Es ist also eine von der Verfassung (Art. 33 Abs. 5 GG) geforderte und durch das einfache Gesetz konkretisierte rechtliche Voraussetzung für den Eintritt in das Beamtenverhältnis, daß der Bewerber die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten, wie es das Deutsche Richtergesetz (§ 9 Nr. 2), das Bundesbeamtengesetz (§ 7 Abs. 1 Nr. 2), das Beamtenrechtsrahmengesetz (§ 4 Abs. 1 Nr. 2) und die entsprechenden Vorschriften des Landesrechts vorschreiben. Die genannten beamtenrechtlichen Vorschriften haben genau den Inhalt, der oben unter 2) näher umschrieben ist; und es ist die Rechtspflicht aller Einstellungsbehörden, sie mit diesem Inhalt ernst zu nehmen und sie mit diesem Inhalt anzuwenden.

Gerade weil die Entfernung eines Beamten auf Lebenszeit oder auf Zeit aus dem Dienst wegen Verletzung seiner Treuepflicht nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums nur im Wege eines förmlichen Disziplinarverfahrens möglich ist, muß der Dienstherr darauf sehen, daß niemand Beamter wird, der nicht die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Der Dienstherr hat - auch dem Bewerber gegenüber - die Pflicht, die verfassungsrechtlich möglichen Vorkehrungen zu treffen, damit er nicht genötigt wird, Beamte wegen ihrer politischen Treuepflicht in ein Disziplinarverfahren zu ziehen. Das verfassungsrechtlich legitime Mittel dazu ist die Prüfung und Entscheidung, ob die Persönlichkeit des Bewerbers die Gewähr bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten wird.

Die Einstellungsbehörde entscheidet über den Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis, ohne verpflichtet zu sein, vorher den Bewerber zu ihren Zweifeln anzuhören. Bei dieser Entscheidung gibt es keine "Beweislast", weder für den Bewerber daß er die geforderte Gewähr bietet, noch für die Einstellungsbehörde, daß der Bewerber diese Gewähr nicht bietet. "Zweifel an der Verfassungstreue" hat hier nur den Sinn, daß der für die Einstellung Verantwortliche im Augenblick seiner Entscheidung nicht überzeugt ist, daß der Bewerber die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Dieser Überzeugung liegt ein Urteil zugrunde, das zugleich eine Prognose enthält; es hat nur den Einzelfall im Auge und gründet sich jeweils auf eine von Fall zu Fall wechselnde Vielzahl von Elementen und deren Bewertung. Die Dinge liegen insofern im Grunde nicht anders als in den Fällen, in denen der Dienstvorgesetzte über die sonstige Eignung oder Befähigung oder Leistung eines Bewerbers für den öffentlichen Dienst zu entscheiden hat. Es handelt sich um ein prognostisches Urteil über die Persönlichkeit des Bewerbers, nicht lediglich um die Feststellung einzelner Beurteilungselemente (Äußerungen, Teilnahme an Demonstrationen, politische Aktivitäten, Zugehörigkeit zu irgendwelchen Gruppen, Vereinigungen oder politischen Parteien). Ein Bewerber kann beispielsweise der Eignung für den öffentlichen Dienst ermangeln, auch wenn ihm das amtsärztliche Zeugnis Gesundheit attestiert, sofern er beispielsweise nach dem Urteil der Einstellungsbehörde uneinsichtig rechthaberisch ist. Ihm kann die Befähigung fehlen, wenn ihm trotz des Studiums der Pädagogik ein Minimum an Geschick im Umgang mit den Schülern abgeht. Schließlich kann auch über die Leistung eines Bewerbers Zweifel bestehen, wenn er - ungeachtet seiner Qualifizierung in den Prüfungen - dem Erfordernis der Praxis, Entscheidungen zeitgerecht zu treffen (sie nicht unschlüssig vor sich herzuschieben), nicht genügt. Der Beispiele gibt es viele. - Das geforderte Urteil über die Persönlichkeit des Bewerbers kann nicht selten vom persönlichen Eindruck abhängen. Deshalb haben Personalreferenten und Behördenleiter seit je Wert darauf gelegt, daß sich die Bewerber vorstellten oder zu einem Vorstellungsbesuch eingeladen wurden, und zwar nicht nur, wenn Bedenken dagegen bestanden, ob der Bewerber die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Mehr als dies kann auch nicht für den letztgenannten Fall gefordert werden.

Soll der Ablehnungsbescheid durch Anfechtungsklage angegriffen werden, so hat der Bewerber Anspruch auf Mitteilung der Umstände, auf die die Einstellungsbehörde ihre Ablehnung stützt. Für diese Anfechtungsklage gilt derselbe Grundsatz, den die Verwaltungsgerichte für die Fälle entwickelt haben, in denen eine Beurteilung (Prüfungsergebnis, dienstliche Beurteilung usw.) Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle ist. Soweit der der einstellenden Behörde danach zustehende Beurteilungsspielraum reicht, ist die gerichtliche Nachprüfung darauf beschränkt, ob diese Stelle von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist und ob sie den beamtenrechtlichen und verfassungsrechtlichen Rahmen (Art. 33 Abs. 2 und 5 GG), in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat. Im übrigen ist die Nachprüfung von Ablehnungsbescheiden, da es im Beamtenrecht keinen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis gibt - Art. 33 Abs. 2 GG spricht nur davon, daß jeder Deutsche "nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt" hat -, auf die Willkürkontrolle beschränkt; dabei kann das Gericht die angegriffene Beurteilung nicht durch die eigene Beurteilung ersetzen. Aus demselben Grund kann das Gericht in aller Regel dem Anfechtungskläger den Zugang zum öffentlichen Dienst nicht eröffnen (nicht zur Übernahme in den öffentlichen Dienst verurteilen), sondern allenfalls den Ablehnungsbescheid aufheben und dadurch die Verwaltung nötigen, erneut über den Antrag auf Übernahme in den öffentlichen Dienst zu entscheiden.

6. Wenn also nur für jeden Einzelfall entschieden werden kann, ob der Bewerber nach seiner Persönlichkeit die Gewähr bietet oder nicht bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten, ist es offenbar verfassungsrechtlich bedenklich, wenn ein Gesetz allgemein zwingend vorschreibt, daß einzelne konkrete Verhaltensweisen die Gewähr des Bewerbers, er werde jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten, ausschließen. Entscheidend ist die Bewertung eines solchen Verhaltens im Zusammenhang mit anderen Gesichtspunkten, an deren Ende die Überzeugung steht, daß dieser Bewerber seiner Persönlichkeit nach die Gewähr bietet oder nicht bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten werde.

7. a) Die dargestellte, aus Art. 33 Abs. 5 GG sich ergebende Rechtslage - Treuepflicht des Beamten und Prüfung des Bewerbers, ob er die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten - gilt für jedes Beamtenverhältnis, für das Beamtenverhältnis auf Zeit, für das Beamtenverhältnis auf Probe und für das Beamtenverhältnis auf Widerruf ebenso wie für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Sie ist auch einer Differenzierung je nach der Art der dienstlichen Obliegenheiten des Beamten nicht zugänglich. Denn in diesem Zusammenhang ist von erheblicher Bedeutung, daß jeder Beamte, der sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigt oder an Bestrebungen teilnimmt, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, nicht nur als eine Gefahr im Hinblick auf die Art der Erledigung der ihm obliegenden Dienstaufgaben anzusehen ist, sondern auch als eine Gefahr im Hinblick auf die naheliegende Möglichkeit der Beeinflussung seiner Umgebung, seiner Mitarbeiter, seiner Dienststelle, seiner Behörde im Sinne seiner verfassungsfeindlichen politischen Überzeugung.

b) Wie der Vollständigkeit halber zu bemerken ist, schulden auch die Angestellten im öffentlichen Dienst dem Dienstherrn Loyalität und die gewissenhafte Erfüllung ihrer dienstlichen Obliegenheiten. Auch sie dürfen nicht den Staat, in dessen Dienst sie stehen, und seine Verfassungsordnung angreifen. Auch sie können wegen grober Verletzung dieser Dienstpflichten fristlos entlassen werden. Und auch ihre Einstellung kann abgelehnt werden, wenn damit zu rechnen ist, daß sie ihre mit der Einstellung verbundenen Pflichten nicht werden erfüllen können oder wollen.

c) Für den Vorbereitungsdienst, gleichgültig, ob er im Beamtenverhältnis oder in einem Angestelltenverhältnis abgeleistet wird, ist allerdings im Hinblick auf gewisse Entwicklungen in der Verwaltungspraxis noch folgende Bemerkung nötig: Wer als Berufsziel den Staatsdienst im Auge hat, nähert sich diesem Dienst in drei "Stufen": er studiert, er erwirbt die jeweils erforderliche Vorbildung - für den höheren Dienst durch Absolvierung des Vorbereitungsdienstes -, er wird als Beamter auf Probe übernommen. In der zweiten und dritten Stufe hat der Dienstvorgesetzte Gelegenheit, den Bewerber intensiv kennenzulernen, ihn zu beobachten und sich schließlich ein Urteil über seine Persönlichkeit zu bilden. Hier, wo die Verwaltung unmittelbar sich ein zuverlässiges Bild über den Anwärter machen kann, muß der Schwerpunkt liegen für die Gewinnung des Urteils, ob der Bewerber die geforderte Gewähr bietet oder nicht. Das bedeutet aber, daß für die Übernahme in den Vorbereitungsdienst eine gewissermaßen "vorläufige" Beurteilung ausreicht, der alle Umstände zugrunde gelegt werden können, die der Einstellungsbehörde ohne weitere zusätzliche Ermittlungen bekannt sind, beispielsweise aus Personal- und Strafakten oder allgemein zugänglichen Berichterstattungen, die sie sich aber nicht erst von anderen (Staatsschutz-) Behörden systematisch nach entsprechenden Erhebungen zutragen läßt. "Ermittlungen" der letztgenannten Art können nur Verhaltensweisen zutage fördern, die in die Ausbildungs- und Studienzeit eines jungen Menschen fallen, häufig Emotionen in Verbindung mit engagiertem Protest entspringen und Teil von Milieu- und Gruppenreaktionen sind, also sich wenig eignen als ein Element (von vielen), aus dem man einen Schluß auf die Persönlichkeit des zu Beurteilenden ziehen könnte; sie vergiften andererseits die politische Atmosphäre, irritieren nicht nur die Betroffenen in ihrem Vertrauen in die Demokratie, diskreditieren den freiheitlichen Staat, stehen außer Verhältnis zum "Ertrag" und bilden insofern eine Gefahr, als ihre Speicherung allzu leicht mißbraucht werden kann. Deshalb sind solche Ermittlungen und die Speicherung ihrer Ergebnisse für Zwecke der Einstellungsbehörden schwerlich vereinbar mit dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebot der Verhältnismäßigkeit."<ref>BVerfG, Beschluss vom 22.05.1975 - 2 BvL 13/73 Abs. 36 ff. </ref>

Normen

Rechtsprechung

Siehe auch

Fußnoten

<references />