Pressefreiheit

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Die Pressefreiheit ... [wird] gewährleistet. (GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2)

Schutzbereich

Systematik

"Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates; insbesondere ist eine freie, regelmäßig erscheinende politische Presse für die moderne Demokratie unentbehrlich. Soll der Bürger politische Entscheidungen treffen, muß er umfassend informiert sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwägen können, die andere sich gebildet haben. Die Presse hält diese ständige Diskussion in Gang; sie beschafft die Informationen, nimmt selbst dazu Stellung und wirkt damit als orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung. In ihr artikuliert sich die öffentliche Meinung; die Argumente klären sich in Rede und Gegenrede, gewinnen deutliche Konturen und erleichtern so dem Bürger Urteil und Entscheidung. In der repräsentativen Demokratie steht die Presse zugleich als ständiges Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern in Parlament und Regierung. Sie faßt die in der Gesellschaft und ihren Gruppen unaufhörlich sich neu bildenden Meinungen und Forderungen kritisch zusammen, stellt sie zur Erörterung und trägt sie an die politisch handelnden Staatsorgane heran, die auf diese Weise ihre Entscheidungen auch in Einzelfragen der Tagespolitik ständig am Maßstab der im Volk tatsächlich vertretenen Auffassungen messen können.

So wichtig die damit der Presse zufallende "öffentliche Aufgabe" ist, so wenig kann diese von der organisierten staatlichen Gewalt erfüllt werden. Presseunternehmen müssen sich im gesellschaftlichen Raum frei bilden können. Sie arbeiten nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen und in privatrechtlichen Organisationsformen. Sie stehen miteinander in geistiger und wirtschaftlicher Konkurrenz, in die die öffentliche Gewalt grundsätzlich nicht eingreifen darf.

...Der Funktion der freien Presse im demokratischen Staat entspricht ihre Rechtsstellung nach der Verfassung. Das Grundgesetz gewährleistet in Art. 5 die Pressefreiheit. Wird damit zunächst - entsprechend der systematischen Stellung der Bestimmung und ihrem traditionellen Verständnis - ein subjektives Grundrecht für die im Pressewesen tätigen Personen und Unternehmen gewährt, das seinen Trägern Freiheit gegenüber staatlichem Zwang verbürgt und ihnen in gewissen Zusammenhängen eine bevorzugte Rechtsstellung sichert, so hat die Bestimmung zugleich auch eine objektiv-rechtliche Seite. Sie garantiert das Institut "Freie Presse". Der Staat ist - unabhängig von subjektiven Berechtigungen Einzelner - verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen. Freie Gründung von Presseorganen, freier Zugang zu den Presseberufen, Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden sind prinzipielle Folgerungen daraus; doch ließe sich etwa auch an eine Pflicht des Staates denken, Gefahren abzuwehren, die einem freien Pressewesen aus der Bildung von Meinungsmonopolen erwachsen könnten.

Die in Art. 5 GG gesicherte Eigenständigkeit der Presse reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen<ref>BVerfGE 10, 118 [121]; 12, 205 [260]</ref>. Deshalb gehört zur Pressefreiheit auch ein gewisser Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Presse und privaten Informanten. Er ist unentbehrlich, da die Presse auf private Mitteilungen nicht verzichten kann, diese Informationsquelle aber nur dann ergiebig fließt, wenn sich der Informant grundsätzlich darauf verlassen kann, daß das "Redaktionsgeheimnis" gewahrt bleibt.

...Die Pressefreiheit birgt die Möglichkeit in sich, mit anderen, vom Grundgesetz geschützten Werten in Konflikt zu geraten; es kann sich dabei um Rechte und Interessen Einzelner, der Verbände und Gruppen, aber auch der Gemeinschaft selbst handeln. Für die Regelung solcher Konflikte verweist das Grundgesetz auf die allgemeine Rechtsordnung, unter der auch die Presse steht. Rechtsgüter anderer wie der Allgemeinheit, die der Pressefreiheit im Rang mindestens gleichkommen, müssen auch von ihr geachtet werden. Die in gewisser Hinsicht bevorzugte Stellung der Presseangehörigen ist ihnen um ihrer Aufgabe willen und nur im Rahmen dieser Aufgabe eingeräumt. Es handelt sich nicht um persönliche Privilegien; Befreiungen von allgemein geltenden Rechtsnormen müssen nach Art und Reichweite stets von der Sache her sich rechtfertigen lassen.

Die Verweisung auf die allgemeine Rechtsordnung kommt in Art. 5 Abs. 2 GG zum Ausdruck, wonach die Pressefreiheit ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen findet. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in der Entscheidung vom 15. Januar 1958<ref>BVerfGE 7, 198 [208 ff.]</ref> über das Verhältnis der Meinungsfreiheit zu den allgemeinen Gesetzen geäußert. Danach wird zwar die Meinungsfreiheit durch die allgemeinen Gesetze begrenzt; diese selbst sind aber stets im Blick auf die Meinungsfreiheit auszulegen und daher in ihrer diese beschränkenden Wirkung gegebenenfalls selbst wieder einzuschränken. Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Pressefreiheit; sie gewinnen hier sogar besondere Bedeutung, da Äußerungen in der Presse in der Regel zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen wollen, also zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich haben, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren<ref>a.a.O.. Seite 212</ref>. Der Sinn dieses Urteils, angewandt auf die Pressefreiheit, liegt also darin, diese vor einer Relativierung durch die allgemeinen Gesetze - und die sie anwendenden Gerichte - zu bewahren und durch den Zwang, die Auslegung der allgemeinen Gesetze stets an dem Grundwert der Pressefreiheit zu orientieren, ihr den angemessenen Raum zu sichern und jede Einengung der Pressefreiheit zu verhindern, die nicht von der Rücksicht auf mindestens gleichwertige Rechtsgüter unbedingt geboten ist. Die objektiv-rechtliche, institutionelle Seite der Pressefreiheit, ihre Auswirkung als Wertmaßstab und Auslegungsgrundsatz für die allgemeine Rechtsordnung, tritt hier besonders hervor."<ref>BVerfG, Teilurteil vom 05.08.1966 - 1 BvR 586/62; 1 BvR 610/63; 1 BvR 512/64 Rdnr. 35 ff. - Spiegel ("Bedingt abwehrbereit")</ref>

Presse

Einzelfälle

Werkzeitungen

"Zur Presse im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gehören auch Werkszeitungen. Gegenstand verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung waren bisher zwar nur Zeitungen oder Zeitschriften, die dem Publikum allgemein zum Kauf angeboten werden. Werkszeitungen unterscheiden sich von solchen Presseerzeugnissen vor allem dadurch, daß sie lediglich unternehmensintern verteilt werden. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG läßt aber nicht erkennen, daß es für die Pressequalität eines Druckerzeugnisses auf diesen Unterschied ankommen soll. Für die Funktion des Grundrechts, eine staatlich nicht reglementierte, offene Kommunikation zu gewährleisten, ist er unerheblich. Die Ermöglichung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung, die Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisten will<ref>vgl. BVerfGE 57, 295 [319]</ref>, wird nicht nur von allgemein zugänglichen, sondern auch von gruppeninternen Publikationen erfüllt. Dementsprechend hat auch das Bundesverfassungsgericht den Schutz der Pressefreiheit nicht von besonderen Eigenschaften der Publikation abhängig gemacht, solange diese nur in gedruckter und zur Verbreitung geeigneter und bestimmter Form am Kommunikationsprozeß teilnimmt. Vielmehr ist es stets von einem weiten und formalen Pressebegriff ausgegangen<ref>vgl. BVerfGE 34, 269 [283]; 66, 116 [134]</ref>. Das muß auch für die Verbreitungsmodalitäten gelten. Entscheidend für den Grundrechtsschutz der Presse ist allein das Kommunikationsmedium, nicht der Vertriebsweg oder Empfängerkreis.

...Der Schutz der Pressefreiheit erstreckt sich auch auf das "Offen-Gesagt-Programm" als Bestandteil der Werkszeitung. Eine Unterscheidung zwischen geschützten und nicht geschützten Teilen einer Zeitung läßt Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht erkennen. Das Grundrecht schützt den gesamten Inhalt eines Presseorgans<ref>vgl. BVerfGE 21, 271 [278 f.]</ref>. Das folgt schon daraus, daß zur Pressefreiheit nicht nur die Bestimmung des Inhalts einer einzelnen Ausgabe oder des Themas eines einzelnen Artikels, sondern erst recht die Grundentscheidung über Ausrichtung und Gestaltung des Publikationsorgans insgesamt gehört. Darin ist auch die Entscheidung eingeschlossen, ob Zuschriften von Dritten in die Publikation aufgenommen werden. Geschützt sind daher nicht nur eigene Beiträge der Herausgeber oder redaktionellen Mitarbeiter. Der Schutz der Pressefreiheit umfaßt auch die Wiedergabe von Beiträgen Außenstehender, die sich nicht beruflich im Pressewesen betätigen."<ref>BVerfG, Beschluss vom 08.10.1996 - 1 BvR 1183/90 Rdnr. 26/27</ref>

Autorenangabe

"Das Grundrecht der Pressefreiheit schützt schließlich auch die Entscheidung, Zuschriften Dritter anonym zu veröffentlichen. Damit wird dem Grundsatz Rechnung getragen, daß sich die Freiheitsgarantie nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Form der Publikation bezieht<ref>vgl. BVerfGE 60, 234 [239 f.]</ref>. Zur Form gehört es auch, ob die Veröffentlichung eines Beitrags mit oder ohne Autorenangabe erfolgt. Soweit die Anonymität den Zweck hat, Autoren vor Nachteilen zu bewahren und der Zeitung den Informationsfluß zu erhalten, fällt ins Gewicht, daß sich die Pressefreiheit auch auf das Redaktionsgeheimnis sowie das Vertrauensverhältnis zwischen Presse und Informant erstreckt<ref>vgl. BVerfGE 20, 162 [176]</ref>. Ob es besondere arbeitsrechtliche Gründe geben kann, die Publikation anonymer Zuschriften in Werkszeitungen zu unterbinden, ist keine Frage des Schutzbereichs der Pressefreiheit, sondern ihrer Schranken."<ref>BVerfG, Beschluss vom 08.10.1996 - 1 BvR 1183/90 Rdnr. 28</ref>

Zitate

  • "Durchsuchungen und Beschlagnahmen in einem Ermittlungsverfahren gegen Presseangehörige sind verfassungsrechtlich unzulässig, wenn sie ausschließlich oder vorwiegend dem Zweck dienen, die Person des Informanten zu ermitteln (Bestätigung von BVerfGE 20, 162 [191 f., 217])."<ref>Amtlicher Leitsatz BVerfG, Urteil vom 27.02.2007 - 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06 - Cicero</ref>
  • "Die bloße Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses im Sinne des § 353 b StGB durch einen Journalisten reicht im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht aus, um einen den strafprozessualen Ermächtigungen zur Durchsuchung und Beschlagnahme genügenden Verdacht der Beihilfe des Journalisten zum Geheimnisverrat zu begründen."<ref>Amtlicher Leitsatz BVerfG, Urteil vom 27.02.2007 - 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06 - Cicero</ref>
  • "Soweit Meinungsäußerungen Dritter, die den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG genießen, in einem Presseorgan veröffentlicht werden, schließt die Pressefreiheit diesen Schutz mit ein: Einem Presseorgan darf die Veröffentlichung einer fremden Meinungsäußerung nicht verboten werden, wenn dem Meinungsträger selbst ihre Äußerung und Verbreitung zu gestatten ist. In diesem Umfang kann sich das Presseunternehmen auf eine Verletzung der Meinungsfreiheit Dritter in einer gerichtlichen Auseinandersetzung berufen. Das gilt auch in einem Zivilrechtsstreit über wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche."<ref>BVerfG, Urteil vom 12.12.2000 - 1 BvR 1762/95 und 1 BvR 1787/95 Rdnr. 39</ref>

Normen

Rechtsprechung

Publikationen

  • Haller, Recherchieren, 7. Aufl. 2008, UVK Verlag Konstanz, ISBN 9783896694348
  • Soehring, Presserecht, 4. Aufl. 2010, Verlag Dr. Otto Schmidt Köln, ISBN 9783504671044

Siehe auch

Fußnoten

<references />