Vorbefasstes Unternehmen

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Hat ein Unternehmen oder ein mit ihm in Verbindung stehendes Unternehmen den öffentlichen Auftraggeber beraten oder war auf andere Art und Weise an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens beteiligt (vorbefasstes Unternehmen), so ergreift der öffentliche Auftraggeber angemessene Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieses Unternehmens nicht verzerrt wird. (VgV § 7 Abs. 1)

Die Maßnahmen nach Absatz 1 umfassen insbesondere die Unterrichtung der anderen am Vergabeverfahren teilnehmenden Unternehmen in Bezug auf die einschlägigen Informationen, die im Zusammenhang mit der Einbeziehung des vorbefassten Unternehmens in der Vorbereitung des Vergabeverfahrens ausgetauscht wurden oder daraus resultieren, und die Festlegung angemessener Fristen für den Eingang der Angebote und Teilnahmeanträge. (VgV § 7 Abs. 2)

Vor einem Ausschluss nach GWB § 124 Absatz 1 Nummer 6 ist dem vorbefassten Unternehmen die Möglichkeit zu geben nachzuweisen, dass seine Beteiligung an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens den Wettbewerb nicht verzerren kann.

Normen

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

Vergabeverordnung (VgV)

Rechtsprechung

Oberlandesgerichte

Vergabekammern

  • VK Bund, Beschluss vom 24.05.2012 - VK 3-45/12: "Hat ein Bieter vor Einleitung des Vergabeverfahrens den Auftraggeber beraten oder sonst unterstützt, verpflichtet § 4 Abs. 5 VOF den Auftraggeber sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieses Bieters nicht verfälscht wird. Beteiligt sich ein Projektant an einer Ausschreibung, verfügt er über einen Informationsvorsprung vor allen anderen Bietern. Es droht eine Beeinträchtigung des Grundsatzes des chancengleichen Wettbewerbs. Der EuGH beurteilt die Beteiligung von Projektanten grundsätzlich als Gefährdung eines leistungsfähigen Wettbewerbs (EuGH, Urteil vom 3. März 2005, C-21/03; vgl. auch OLG München, Beschluss vom 10. Februar 2011, Verg 24/10). Allerdings soll nach der Rechtsprechung der Ausschluss eines Projektanten gerade nicht die zwangsläufige Folge sein. Als ultima ratio kann ein vorbefasster Bieter nur dann ausgeschlossen werden, wenn eine Wettbewerbsverfälschung durch Ausgleich des Informationsvorsprungs des Projektanten nicht erfolgen kann."
  • VK Nordbayern, Beschluss vom 04.05.2009 - 21.VK-3194-06/09: Kein grundsätzlicher Ausschluss des vorbefassten Bewerbers vom Wettbewerb
  • VK Bund, Beschluss vom 01.09.2005 - VK 1-98/05: "Der Grundsatz der Gleichbehandlung verlangt nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist<ref>(EuGH, Urteil vom 3. März 2005, aaO., Rz. 27 m.w.N.)</ref>. Zwar befindet sich eine Person, die mit Forschungs-, Planungs- oder Entwicklungsarbeiten für Dienstleistungen hinsichtlich eines öffentlichen Auftrags betraut war, in Bezug auf die Teilnahme am Verfahren zur Vergabe dieses Auftrags nicht notwendig in der gleichen Situation wie jemand, der keine derartigen Arbeiten ausgeführt hat<ref>(EuGH, Urteil vom 3. März 2005, aaO., Rz. 28)</ref>. Eine Person, die bestimmte vorbereitende Aufgaben ausgeführt hat, kann nämlich zum Einen wegen der Informationen, die sie im Hinblick auf den fraglichen öffentlichen Auftrag erlangen konnte, bei der Erstellung ihres Angebots begünstigt sein. Alle Bieter müssen aber bei der Erstellung ihrer Angebote über die gleichen Chancen verfügen<ref>(EuGH, Urteil vom 3. März 2005, aaO., Rz. 29 m.w.N.)</ref>. Zum Anderen kann sie sich in einer Lage befinden, die möglicherweise insoweit auf einen Interessenkonflikt hinausläuft, als sie die Bedingungen für den fraglichen öffentlichen Auftrag, und sei es unbeabsichtigt, in einem für sie günstigen Sinne beeinflussen kann, wenn sie selbst Bieter für diesen Auftrag ist. Eine solche Situation wäre geeignet, den Wettbewerb zwischen den Bietern zu verfälschen<ref>(EuGH, Urteil vom 3. März 2005, aaO., Rz. 30)</ref>. Jedenfalls gebietet es der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 der EG-Richtlinie 92/50, dass die vorbefasste Person die Möglichkeit hat, zu beweisen, dass nach den Umständen des Einzelfalls die von ihr erworbene Erfahrung den Wettbewerb nicht hat verfälschen können<ref>(EuGH, Urteil vom 3. März 2005, aaO., Rz.36)</ref>. Aus diesen Grundsätzen ergibt sich, dass die Vergabestelle verpflichtet ist, die aus der im Vorfeld der Vergabe erbrachten Projektantenleistung gewonnenen Informationen allen potenziellen Teilnehmern bekannt zu machen. Sie trifft die Pflicht, alle Teilnehmer mit den gleichen Informationen zu versorgen<ref>(vgl. EuGH, Urteil vom 4. Dezember 2003, Rs. C-448/01; EuGH, Urteil vom 12. Dezember 2002, Rs. C-470/99)</ref>. Dies kann u.a. durch umfassende, transparente Verdingungsunterlagen erfolgen, die alle im Vorfeld einzelnen Teilnehmern bekannten Informationen enthalten. Die Vergabestelle muss zudem ausreichend lange Fristen zur Bearbeitung der Verdingungsunterlagen gewähren, um Wettbewerbsvorteile auszugleichen,"<ref>S. 17 f.</ref>

Siehe auch

Fußnoten

<references/>