Politische Verfolgung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Kommunalwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 17: Zeile 17:
 
In allen diesen Fällen ist politische Verfolgung allerdings gegeben, wenn die staatlichen Kräfte den Kampf in einer Weise führen, die auf die physische Vernichtung von auf der Gegenseite stehenden oder ihr zugerechneten und nach asylerheblichen Merkmalen bestimmten Personen gerichtet ist, obwohl diese keinen Widerstand mehr leisten wollen oder können oder an dem militärischen Geschehen nicht oder nicht mehr beteiligt sind, vollends wenn ihre Handlungen in die gezielte physische Vernichtung oder Zerstörung der ethnischen, kulturellen oder religiösen Identität eines nach asylerheblichen Merkmalen bestimmten Bevölkerungsteils umschlagen.<ref>{{BVerfG 2 BvR 502/86}} Amtlicher Leitsatz 4 Teil 2</ref>
 
In allen diesen Fällen ist politische Verfolgung allerdings gegeben, wenn die staatlichen Kräfte den Kampf in einer Weise führen, die auf die physische Vernichtung von auf der Gegenseite stehenden oder ihr zugerechneten und nach asylerheblichen Merkmalen bestimmten Personen gerichtet ist, obwohl diese keinen Widerstand mehr leisten wollen oder können oder an dem militärischen Geschehen nicht oder nicht mehr beteiligt sind, vollends wenn ihre Handlungen in die gezielte physische Vernichtung oder Zerstörung der ethnischen, kulturellen oder religiösen Identität eines nach asylerheblichen Merkmalen bestimmten Bevölkerungsteils umschlagen.<ref>{{BVerfG 2 BvR 502/86}} Amtlicher Leitsatz 4 Teil 2</ref>
  
Wer von nur regionaler politischer Verfolgung betroffen ist, ist erst dann politisch Verfolgter im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG, wenn er dadurch landesweit in eine ausweglose Lage versetzt wird. Das ist der Fall, wenn er in anderen Teilen seines Heimatstaates eine zumutbare Zuflucht nicht finden kann ([[inländische Fluchtalternative]]).<ref>{{BVerfG 2 BvR 502/86}} Amtlicher Leitsatz 5a</ref>
+
"Wer von nur regionaler politischer Verfolgung betroffen ist, ist erst dann politisch Verfolgter im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG, wenn er dadurch landesweit in eine ausweglose Lage versetzt wird. Das ist der Fall, wenn er in anderen Teilen seines Heimatstaates eine zumutbare Zuflucht nicht finden kann ([[inländische Fluchtalternative]])."<ref>{{BVerfG 2 BvR 502/86}} Amtlicher Leitsatz 5a</ref>
  
Eine inländische Fluchtalternative setzt voraus, daß der Asylsuchende in den in Betracht kommenden Gebieten vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist und ihm jedenfalls dort auch keine anderen Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutsbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen, sofern diese existentielle Gefährdung am Herkunftsort so nicht bestünde.<ref>{{BVerfG 2 BvR 502/86}} Amtlicher Leitsatz 5b</ref><noinclude>  
+
"Eine inländische Fluchtalternative setzt voraus, daß der Asylsuchende in den in Betracht kommenden Gebieten vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist und ihm jedenfalls dort auch keine anderen Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutsbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen, sofern diese existentielle Gefährdung am Herkunftsort so nicht bestünde."<ref>{{BVerfG 2 BvR 502/86}} Amtlicher Leitsatz 5b</ref><noinclude>  
  
 
==Institutionen==
 
==Institutionen==

Version vom 18. Januar 2017, 21:15 Uhr

"Eine Verfolgung stellt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann als politische dar, wenn sie im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen um die Gestaltung und Eigenart der allgemeinen Ordnung des Zusammenlebens von Menschen und Menschengruppen steht, also - im Unterschied etwa zu einer privaten Verfolgung - einen öffentlichen Bezug hat und von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht ausgeht, der der Verletzte unterworfen ist."<ref>BVerfG, Beschluss vom 10.08.2000 - 2 BvR 260/98, 2 BvR 1353/98 Abs. 12</ref>

Politische Verfolgung ist somit grundsätzlich staatliche Verfolgung.<ref>BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 - 2 BvR 502/86; 2 BvR 961/86; 2 BvR 1000/86 Amtlicher Leitsatz 1</ref>

"Dem steht nicht entgegen, dass dem Staat solche staatsähnlichen Organisationen gleichstehen, die den jeweiligen Staat verdrängt haben oder denen dieser das Feld überlassen hat und die ihn daher insoweit ersetzen."<ref>BVerfG, Beschluss vom 10.08.2000 - 2 BvR 260/98, 2 BvR 1353/98 Abs. 12</ref>

"Eine Verfolgung ist dann eine politische, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an

  • seine politische Überzeugung,
  • seine religiöse Grundentscheidung oder an
  • für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen,

gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen."<ref>BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 - 2 BvR 502/86; 2 BvR 961/86; 2 BvR 1000/86 Amtlicher Leitsatz 2 (Aufzählungszeichen durch den Verfasser des Kommunalwiki-Artikels)</ref>

"Auch eine staatliche Verfolgung von Taten, die aus sich heraus eine Umsetzung politischer Überzeugung darstellen, kann grundsätzlich politische Verfolgung sein, und zwar auch dann, wenn der Staat hierdurch das Rechtsgut des eigenen Bestandes oder seiner politischen Identität verteidigt. Es bedarf einer besonderen Begründung, um sie gleichwohl aus dem Bereich politischer Verfolgung herausfallen zu lassen."<ref>BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 - 2 BvR 502/86; 2 BvR 961/86; 2 BvR 1000/86 Amtlicher Leitsatz 3</ref>

"Voraussetzung für eine vom Staat ausgehende oder ihm zurechenbare Verfolgung ist die effektive Gebietsgewalt des Staates im Sinne wirksamer hoheitlicher Überlegenheit. Daher fehlt es an der Möglichkeit politischer Verfolgung, solange der Staat bei offenem Bürgerkrieg im umkämpften Gebiet faktisch nurmehr die Rolle einer militärisch kämpfenden Bürgerkriegspartei einnimmt, als übergreifende effektive Ordnungsmacht aber nicht mehr besteht. Gleiches gilt in bestimmten Krisensituationen eines Guerilla-Bürgerkriegs."<ref>BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 - 2 BvR 502/86; 2 BvR 961/86; 2 BvR 1000/86 Amtlicher Leitsatz 4 Teil 1</ref>

In allen diesen Fällen ist politische Verfolgung allerdings gegeben, wenn die staatlichen Kräfte den Kampf in einer Weise führen, die auf die physische Vernichtung von auf der Gegenseite stehenden oder ihr zugerechneten und nach asylerheblichen Merkmalen bestimmten Personen gerichtet ist, obwohl diese keinen Widerstand mehr leisten wollen oder können oder an dem militärischen Geschehen nicht oder nicht mehr beteiligt sind, vollends wenn ihre Handlungen in die gezielte physische Vernichtung oder Zerstörung der ethnischen, kulturellen oder religiösen Identität eines nach asylerheblichen Merkmalen bestimmten Bevölkerungsteils umschlagen.<ref>BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 - 2 BvR 502/86; 2 BvR 961/86; 2 BvR 1000/86 Amtlicher Leitsatz 4 Teil 2</ref>

"Wer von nur regionaler politischer Verfolgung betroffen ist, ist erst dann politisch Verfolgter im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG, wenn er dadurch landesweit in eine ausweglose Lage versetzt wird. Das ist der Fall, wenn er in anderen Teilen seines Heimatstaates eine zumutbare Zuflucht nicht finden kann (inländische Fluchtalternative)."<ref>BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 - 2 BvR 502/86; 2 BvR 961/86; 2 BvR 1000/86 Amtlicher Leitsatz 5a</ref>

"Eine inländische Fluchtalternative setzt voraus, daß der Asylsuchende in den in Betracht kommenden Gebieten vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist und ihm jedenfalls dort auch keine anderen Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutsbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen, sofern diese existentielle Gefährdung am Herkunftsort so nicht bestünde."<ref>BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 - 2 BvR 502/86; 2 BvR 961/86; 2 BvR 1000/86 Amtlicher Leitsatz 5b</ref>

Institutionen

Normen

Charta der Grundrechte der Europäischen Union

Grundgesetz (GG)

Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK)

Rechtsprechung

Bundesverfassungsgericht (BVerfG)

Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)

Publikationen

Fachbücher

  • Hubert Heinhold, Recht für Flüchtlinge, Ein Leitfaden durch das Asyl- und Ausländerrecht, Loeper Literaturverlag, 7. Aufl. 2015

Fachaufsätze

  • Christian Biermann, Der „Asylkompromiss“ und das Bundesverfassungsgericht, Jura 1997, 522
  • Friedrich Schoch, Das neue Asylrecht gemäß Art. 16a GG, DVBl. 1993, 1161-1170

Siehe auch

Fußnoten

<references/>